Neue Praxisgebühr in Diskussion

vom 07.06.2010, 13:20 Uhr

Die gesetzlichen Krankenkassen stehen in der Kreide - mal wieder. Und nun hat die CSU zur Lösung dieses Problems folgenden Vorschlag unterbreitet: Praxisgebühr für jeden Arztbesuch. Wie hoch diese Gebühr am Ende ausfallen soll, wird noch verhandelt (~5€).

Als ich davon gehört habe, konnte ich nur den Kopf schütteln. Klar, den Krankenkassen geht es schlecht und irgendwer muss das finanzielle Defizit bezahlen, aber ob das der richtige Weg ist? Scheinbar ging es den Kassen ein halbes Jahr nach Erheben der Praxisgebühr gut und danach kamen wieder die roten Zahlen angelaufen. Warum sollte das dieses Mal nicht wieder genauso vor sich gehen? Und vor allem: Wo kommen die roten Zahlen denn plötzlich wieder her, wenn es ein halbes Jahr gut ging?

Statistisch gesehen geht der Deutsche überdurchschnittlich oft zum Arzt und verursacht dadurch auch überdurchschnittlich viele Kosten für die Krankenkassen. Logischerweise kann man einsparen, wenn man das Praxisverhalten der Patienten Richtung "nur wenn notwendig" verschiebt. Abhilfe davon hat man sich durch die momentane Praxisgebühr versprochen, die ich im Nachhinein aus oben genanntem Grund auch nachvollziehen kann. Diese jedoch noch auszuweiten halte ich für Humbug. Vor allem solange man erst auf Umwegen zu dem Facharzt gehen darf, der auch wirklich für das eigene Leiden ausgebildet ist (den Rattenschwanz habe ich erst kürzlich erlebt: vom Allgemeinarzt zum Keiferorthopäden, von dort zum Zahnarzt und am besten auch noch zum HNOler).

Meiner Meinung nach lässt es sich an anderer Stelle viel besser einsparen, beispielsweise an Zulagen für Raucher, Alkoholiker, berufliche Risikogruppen (wobei das teilweise schon gemacht wird), etc. Natürlich ist dazu ein gewisser Eingriff in die Privatsphäre notwendig, um das auch überprüfen zu können und der eine oder andere wird sich über diskriminierende Politik gegenüber "Randgruppen" aufregen, doch ist das ein Ansatz, der auch jene Versicherten trifft, die mit größerer Wahrscheinlichkeit Mehrkosten verursachen. Aber Rauchen ist nunmal gesundheitsschädlich - Punkt. Wenn sich jährlich 10 Millionen Deutsche zum Spaß den Arm brechen würden, dann würden sich die Krankenkassen dafür doch sicher auch etwas einfallen lassen...

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» Muttersoehnchen » Beiträge: 134 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ob sie das tatsächlich durchsetzen bleibt erstmal abzuwarten. So ganz glaube ich nämlich noch nicht daran. Aber eine Frage, die ich zu diesem Modell mal hätte, ist folgende: Wie soll das denn für chronisch kranke Menschen geregelt werden? Ich selbst etwa habe ein Schilddrüsenleiden, weshalb ich alle drei Monate meinen Hausarzt aufsuchen muss, um die Blutwerte überprüfen zu lassen und gegebenenfalls meine Medikation anzupassen. Sonst gehe ich eigentlich nur zur Vorsorge beim Frauen- Haut- und Zahnarzt, insofern wären die Kosten für mich noch zu verkraften. Es gibt ja aber leider auch etliche (nicht selbst verschuldete Erkrankungen) die häufigere Arztbesuche erfordern. Ist für diese Menschen eine eigene Regelung angedacht, etwa in Form einer monatlichen Pauschale oder sollen die auch jedes Mal zahlen müssen?

» Sorcya » Beiträge: 2904 » Talkpoints: 0,01 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Du redest doch jetzt hauptsächlich von der gesetzlichen Krankenversicherung? Da ist es bisher doch gerade so, dass die Leute Ihren Beitrag an die Krankenversicherung zu zahlen haben, um damit den Leuten, die krank sind, geholfen werden kann. Dein Vorschlag würde dem überhaupt nicht entsprechen, auch gibt es in der gesetzlichen Krankenversicherung keine Zulagen für berufliche Risikogruppen.

Das hätte meiner Meinung nach auch nichts mehr mit einer "sozialen Versicherung" zu tun. Alkoholismus ist ebenso eine Krankheit, wie andere Krankheiten auch. Gibt es für Dich etwa auch keine psychischen Erkrankungen? Dann überlege doch mal, wie viele Alkoholiker vielleicht auch an einer anderen Erkrankung erkrankt sind? Ich finde dein Gedanken in vielerlei Hinsicht nicht zu Ende gedacht. Es gibt viele Erkrankte die angewiesen sind auf Verschwiegenheit. Möchtest Du, dass sämtliche Mitarbeiter einer Krankenkasse sich deinen gesundheitlichen Werdegang anschauen können? Ganz detailliert mit deinen persönlichen Schwächen und "Behinderungen"? Das ist überhaupt nicht verantwortbar.

Wenn Du wirklich wissen möchtest, wie die Gelder der Krankenkasse verteilt sind und werden, beschäftige Dich zum Beispiel mit dem Risikostrukturausgleich.

» ygil » Beiträge: 2551 » Talkpoints: 37,52 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Also wenn man von dem eigentlichen Problem keine Ahnung hat sollte man keinen solchen Thread eröffnen. Fakt ist nämlich nun einmal unumstritten, dass die hier genannten Randgruppen überhaupt nicht als sogenannter Kostentreiber gelten. Es handelt sich dabei lediglich um sogenannte Süchtige, die in der Mehrzahl als eine Art von Dunkelziffer gelten. Diese Leute machen nämlich nicht gegen ihre Sucht. Daher nehmen sie auch keine medizinischen Leistungen in Anspruch.

Lies dir winmal den Suchtreport der Bundesregierung durch und versuche diesen dann auch richtig zu deuten. Die Süchtigen sind nämlich überhaupt nicht das eigentliche Problem an der Kostenexplosion im gesamten Gesundheitswesen. Ich würde dir dringend raten, deinen Thread hier erst einmal richtig zu stellen und selbst detaillierte Infos dazu zu lesen. Dein Thread macht teilweise keinen Sinn.

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» karlchen66 » Beiträge: 3563 » Talkpoints: 51,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Ich würde es als Frechheit empfinden, wenn ich jedes Mal 5 Euro Praxisgebühr zahlen soll, wenn ich zum Arzt gehe. Ich bin der Meinung, dass ich eh schon genügend Abzüge für meine Krankenkasse zahlen muss und ich dafür auch kaum Leistungen bekomme. Natürlich ist die Notfallmedizin und die Technik in den Krankenhäusern teuer, aber wann benötige ich sie mal?

Ich bin chronisch krank und benötige verschiedene Medikamente, von denen ich die meisten eh nicht bezahlt bekomme. So muss ich schon ein bis zweimal im Quartal zum Arzt gehen, nur weil ich ein Rezept benötige, um dann meine Medikamente zu bezahlen. Da würde eine solche Praxisgebühr nur alles unnötig verteuern. Außerdem bekommt man selten die große Packung verschrieben, sodass man dann wieder zum Arzt muss.

Daneben wird auch erst immer eine Beschwerde behandelt, bevor man sich an die nächste Krankheit macht. Wenn ich mein Knie verdreht habe, wird das behandelt, und wenn ich dazu noch etwas anderes habe, habe ich bis jetzt immer einen neuen Termin ausmachen müssen. Somit muss ich mehrmals zum Arzt, ob ich will oder nicht. Ich finde, es sollte jeder erst einmal zum Hausarzt gehen, der dann entscheidet, wohin man weiter überwiesen wird. Dieses Hausarztmodel spart viel Geld und beugt unnötigen Arztbesuchen vor.

Daneben darf es nicht so weit kommen, dass man sich überlegen muss, ob man sich einen zweiten Arztbesuch überhaupt leisten kann. Ich gehöre sicher nicht zu denen, die wegen jeder Kleinigkeit zum Arzt rennen, ich möchte aber nicht vorher eine Kosten-Nutzen-Analyse erstellen müssen. Davon abgesehen, was soll die Verwaltung der eingenommen Praxisgebühr überhaupt kosten. Wenn ich meinem Arzt glaube, ist die Verwaltung meiner 10 Euro Praxisgebühr pro Quartal eh schon teurer, wie die Einnahme selbst.

» urilemmi » Beiträge: 2263 » Talkpoints: 7,31 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


ygil hat geschrieben:Du redest doch jetzt hauptsächlich von der gesetzlichen Krankenversicherung? Da ist es bisher doch gerade so, dass die Leute Ihren Beitrag an die Krankenversicherung zu zahlen haben, um damit den Leuten, die krank sind, geholfen werden kann.

Ja, ich rede von den Gesetzlichen und prinzipiell ist deiner Aussage auch nicht zu widersprechen. Trotzdem finde ich, dass unter erhöhtem, selbstverschuldetem Gesundheitsrisiko eine Zulage berechtigt wäre, was im Großen und Ganzen zwar nur Symptombekämpfung (zu wenig Geld in den Kassen) ist, aber vorerst (vielleicht auch langfristig) Abhilfe schaffen oder dazu beitragen könnte. Die wahren Gründe für den Haushaltsdefizit zu bekämpfen wäre natürlich wesentlich besser und Ansätze in dieser Hinsicht gibt es auch zu genüge. Dennoch konnte man mit den bisherigen Maßnahmen die aktuelle Entwicklung nicht verhindern, was neue Vorgehensweisen nahe legt.

Übrigens: In den privaten Krankenkassen gibt es "Gefahrenzulagen". Und die Privaten stehen meines Wissens nach auch besser da als die Gesetzlichen (was auch diverse andere Gründe haben mag - ich wollte nur einen Denkanstoß liefern).

karlchen66 hat geschrieben:Fakt ist nämlich nun einmal unumstritten, dass die hier genannten Randgruppen überhaupt nicht als sogenannter Kostentreiber gelten. Es handelt sich dabei lediglich um sogenannte Süchtige, die in der Mehrzahl als eine Art von Dunkelziffer gelten. Diese Leute machen nämlich nicht gegen ihre Sucht. Daher nehmen sie auch keine medizinischen Leistungen in Anspruch.

Ich habe nie behauptet, dass die Süchtigen verantwortlich für die Kostenexplosion sind. Es ging mir darum, dass Mehrkosten, die verhindert werden könnten (durch kein Rauchen, durch einen geregelten Alkoholkonsum, etc.), auch von jenen Personen getragen werden sollten, die sie Verursachen. Erkrankungen beispielsweise aufgrund von übermäßigem Alkoholkonsum sind erwiesen.

Der Einwand mit dem Eingriff in die Privatssphäre (ygil) ist berechtigt und steht unter anderem zur Diskussion (deshalb wurde dieser sinnlose Thread ja eröffnet). Aber gerade du (karlchen66) als Suchtberater (hab ich das richtig in Erinnerung?) o.Ä. solltest doch am besten Wissen, dass nicht jede Beratung für Süchtige von den Süchtigen tatsächlich angenommen wird. Das heißt für mich: Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Sucht unverschuldet ist, dann ist es am Ende selbstverschuldet, wenn man Hilfe ablehnt.

Offensichtlich lässt sich kein weiterer Lösungsvorschlag (trotz aller Kritik) in den Posts erkennen. Dass die Praxisgebühr Version 2.0 jedoch strittig ist, sollten diverse Argumente in diesem Thread gezeigt haben - für die Gebühr hat sich jedenfalls noch keiner ausgesprochen.

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» Muttersoehnchen » Beiträge: 134 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 100 Beiträge


So eine neue Form von Praxisgebühr ist nun wirklich nicht nachvollziehbar und trifft wohl auch nicht die richtige Gruppe. Für jeden Arztbesuch zu zahlen ist eine absolute Frechheit und sicherlich werden dann auch einige Menschen weniger zum Arzt gehen, aber das heisst doch auch nur, dass auch ernsthafte Krankheiten verschleppt werden.

Man stelle sich mal vor ein Mensch erkältet sich und geht zum Arzt, damit hätten wir die ersten 5 €. Okay hier hätte er vielleicht noch nicht zum Arzt gehen müssen, aber das muss jeder selbst entscheiden. Dann kauft man ja oft für eine Erkältung nochmal ein paar Medikamente also nochmal 10€ dazu. Dann verschlimmert sich die Erkältung vielleicht noch und man geht nochmal zum Arzt und bezahlt wieder 5€ und bekommt vielleicht noch Antibiotika verschrieben, die auch 5€ kosten. Tja in so einem Fall muss man öfters auch nochmal zur Kontrolle zum Arzt, also nochmal so 5-10€ zusätzlich bis der Mensch wieder gesund und fit ist und den Arzt nicht mehr braucht. Krank sein ist so schon eine finanzielle Belastung aber dann noch für jeden Arztbesuch bezahlen ist einfach wucher.

Sicherlich würde man mit so einer Regelung fördern, dass die Leute erstmal drüber nachdenkn bevor sie zum Arzt gehen, allerdings kann es doch auch wesentlich schlimmer ausgehen und die finanziellen Kosten für eine einzelne Familie wären doch enorm nach dieser neuen Regelung, oder wie ist es dann mit welchen die halt tatsächlich ein paar Wehwechen haben? Ich muss zum Beispiel 2x im Jahr zum Pulmologen also schon mal 10€, dann muss ich wegen meiner Zähne auch in regelmäßige Behandlung, die würden mich nach der Regelung so um die 20€ im Jahr kosten. Dazu kommen noch Sachen wie Frauenarzt (20€) und andere Spezialisten. In diesen Kosten sind ja noch gar nicht Medikamente oder normale Arztbesuche enthalten. Das halte ich wirklich für unmöglich und ich bin sicher, dass es fördern würde, dass man auch im ernsthaften Sachen nicht zum Arzt geht und dies kann ja auch nicht im Interesse der Krankenkasse sein, denn das kostet letztlich ja nur noch mehr.

Komplett anschließen kann ich mich deiner Meinung im Punkt Extrabeiträge für Raucher. Da bin ich auch schon sehr lange für, denn das ist ja doch ein enormer Extrapunkt und vor allem Selbstverschuldet. Es gehen ja wirklich Unsummen in Behandlungen und Operationen von Rauchern, bei denen man sicher ist, dass diese ohne Rauchen nciht nötig gewesen wären. Auch krankhafter Alkoholismus und damit verbundene Leberprobleme oder dergleichen sind enorme Punkte. Allerdings muss man da auch immer sehr vorsichtig sein, denn was ist mit dem der bis vor 10 Jahren geraucht hat, dies aber nicht mehr tut. Muss dieser Extrabeiträge zahlen oder nicht? Muss jemand Extrabeiträge zahlen der erst ein Jahr raucht? Also ich denke die Einteilung und Regelung in dem Bereich ist sehr schwer. Sicherlich wird es aber irgendwann darauf hinauslaufen, dass Krankenkassen in solch einem Fall Extragebühren verlangen kann. Nur wird es dann vermutlich nicht bei diesen beiden Bereichen bleiben.

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» pichimaus » Beiträge: 2016 » Talkpoints: 6,99 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



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