Übertriebene Film Gewalt eher akzeptiert als realistische?

vom 24.12.2009, 01:41 Uhr

Klar gibt es Menschen, es dürften sogar sehr viele sein, die Gewalt in Filmen und Serien für jüngere Zuschauer, Kinder und Jugendliche, allgemein verabscheuen und sie am liebsten komplett verboten sähen. Dass bei einer bestimmten geistigen Entwicklung, die bis zu einem bestimmten Alter bestehen dürfte, Gewaltdarstellungen schlecht verarbeitet werden können, und dass ein Umfeld, das von Gewalt (auch medialer, fiktiver) geprägt ist, auf manche Menschen nicht die besten Auswirkungen haben könnte, egal, wie alt sie sind, das wird ja auch öfters geäußert.

Nur frage ich mich, ob man nicht bei Gewalt mit zweierlei Maß misst, sowohl die allgemein Bevölkerung, als auch solche Institutionen wie die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien, oder die "Freie Medien-Selbstkontrolle", die Medien prüfen sollen und Empfehlungen aussprechen sollen, ab welchem Alter diese Medien konsumiert werden dürften.

Und zwar habe ich das Gefühl, dass doch viele Menschen bei "humoristisch" dargestellter, völlig übertriebener Gewalt, die überzogen und unrealistisch dargestellt wird, doch eher weniger kritisch sind, als bei realistischeren Darstellungen. Würde in einer Kinderserie ein Ritter einem anderen mit dem Schwert eine blutende Wunde verursachen, wäre das Geschrei doch bei den meisten Menschen größer, als wenn Maus Jerry die Katze Tom mit einem Hammer platt haut und danach durch ein Sieb drückt. Was davon an sich grausamer wäre, darüber kann man sich streiten.

Ja, ich weiß, dass es auch Menschen gibt, die Tom und Jerry inakzeptabel für Kinder finden. Es gibt auch Menschen, die jegliche Art von Gewalt in Medien für Kinder und Jugendliche ablehnen. Dennoch habe ich das Gefühl, bei unrealistischer Gewalt seien viele Eltern weniger streng. Und auch, wenn ich mir einmal ansehe, was für Altersfreigaben bestimmte Medien bekommen, dann bekommen Medien mit "comicartiger" Gewalt doch oftmals eine Freigabe für jüngere Kinder, als es bei, zum Teil fast schon harmloseren, realistischeren Gewaltdarstellungen der Fall wäre.

Woran liegt das? Meint man, übertriebene Gewalt könnten auch schon Kinder eindeutig als fiktiv erkennen, realistische Darstellungen hingegen nicht? Soll das eine weniger "gefährlicher" für die kindliche Entwicklung sein, als das andere? Und wie ist das mit der Bundesprüfstelle, gibt es da eine offizielle Regelung, das überzogene Gewalt weniger schlecht zu bewerten sei? Wieso bekommt der blödste, unrealistischste, Splatter dann eine Freigabe nur für Erwachsene? ;)

Ich habe einmal die Begründung gehört, übertriebene Gewalt ließe sich durch Kinder nicht nachmachen, und sei daher eben weniger schlimm. Aber selbst, wenn man jemanden mit einer Pfanne nicht mit einem Schlag platt wie eine Flunder schlagen kann, wäre nicht das Schlagen mit der Pfanne an sich nachmachbar und schon schädlich genug? Und Kämpfe mit Lichtschwertern, die ja wohl eindeutig nicht direkt nachspielbar sind, gelten dann dennoch als besonders schlimm?

Und ist diese verharmlosende Gewalt, die zum Teil folgenlos dargestellt wird (Katze Tom wird plattgehauen und steht danach gleich wieder auf und ist unverletzt), nicht eigentlich noch schädlicher für Kinder, als wenn man realistische Folgen (Wer mit dem Schwert getroffen wird, blutet und hat Schmerzen) darstellen würde? Würde die Darstellung der Folgen nicht eher lehren, dass Gewalt schlechte Folgen hat, und somit Gewalt eindeutig negativ darstellen? Würden Kinder davon dann nicht eher von gewalttätigem Verhalten abgebracht werden, als wenn man immer vorgaukelt "Gewalt hat keine Folgen"?

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Es kommt schon auf die Art an. In dem anderen Thread kam das Beispiel bei Kill Bill. Allgemein ist der Film doch recht brutal und obwohl ich Gewalt verabscheue finde ich, dass sämtliche Quentin- Filme sehr gelungen sind. Es ist die Art, wie er sie macht und man weiß genau, dass der Wahnsinn im Vordergrund steht. Den gibt es nunmal auch real nur kann man ihn so nicht darstellen.

Da finde ich es schlimmer, wenn man in Filmen oder Serien Tote seziert oder auch operiert. SAW fande ich auch schon reichlich abartig, eben weil es realistisch dargestellt war, wenn auch abartig. Da fande ich Kill Bill doch irgendwie besser, obwohl kein Deut weniger brutal, wenn man es so will.

Den Trickfilm, den man bei den Simpsons sieht (Itchy und Scratchy oder so) den finde ich auch abartig. Sicherlich weiß man, dass es Zeichentrickfiguren sind, noch dazu welche aus einem Zeichentrickfilm - aber abartig ist es doch, wenn die sich da gegenseitig die Gliedmaßen abschlagen.

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» winny2311 » Beiträge: 15159 » Talkpoints: 4,91 » Auszeichnung für 15000 Beiträge


Bei Filmen weiß man nunmal ab einem gewissen Alter, dass es eben "nur Film" ist. Und nicht selten sind die Kampfszenen in Filmen ja auch reichlich unrealistisch. Da haut der Held schon mal fünf oder zehn bewaffnete Männer nieder, bekommt allenfalls eine Schramme ab und rennt weiter, um den nächsten Bösewicht umzuhauen. Und Explosionen finden für gewöhnlich auch nur hinter dem Helden statt, eventuell wird er noch von der Druckwelle durch die Luft geschleudert, kommt elegant auf den Füßen auf oder rollt sich so ab, dass er gleich aufspringen und weiterlaufen kann. Mir fällt kein Film ein, in dem dem Helden die Frontzähne ausgeschlagen wurden oder wo er mit den echten Folgen einer Gehirnerschütterung zu kämpfen hatte.

Meines Erachtens bringt es nichts, Kindern diese Filme vorzuenthalten, denn dann gucken sie sie irgendwann doch woanders. Weil die Eltern irgendwann eben nicht mehr die totale Aufsicht haben, je selbstständiger die Kinder werden.

Übrigens kommen auch in Märchen und Märchenverfilmungen reichlich Gewaltszenen vor oder gruselige Szenen. In Hänsel und Gretel wird die Hexe in den Ofen geschubst und verbrannt. Sieht man natürlich nicht detailgetreu, aber es wird deutlich, was passiert. Finde ich auch ziemlich heftig. Trotzdem laufen Märchenverfilmungen im Kinderprogramm.

Ich würde es eher bei sehr jungen Kindern davon abhängig machen, was das Kind ansonsten mitbekommt und sieht. Wenn es die täglichen Nachrichten sieht, kann es auch sämtliche Filme gucken; denn in der Tagesschau, Punkt 12 und wie die Magazine alle heißen, wird über echte Gewalt berichtet und stets ziemlich ausführlich beschrieben, was für Fälle es sind.

» Morgaine » Beiträge: 2701 » Talkpoints: 9,09 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Winny2311, ich weiß nicht, ob ich mich besonders missverständlich ausgedrückt habe, oder ob du in Gedanken einfach zu weit vom Thema abgeschweift bist, aber hier geht es eigentlich um Kinder. ;) Also darum, was man Kindern (keinen Teenies, sondern eher jüngeren Kindern) eher zumutet, realistisch wirkende Gewalt, oder unrealistisch wirkende, auch, wenn diese an sich vielleicht extremer ist.

Um die persönlichen Präferenzen gerade erwachsener Zuschauer kümmere ich mich weniger, denn jeder hat halt einen anderen Geschmack und kann sich anschauen, was er will. Aber was würdest du beispielsweise meinen, was Kinder an Gewaltdarstellungen eher ertragen würden? Oder meinst du, es ist sowieso gleich schlimm oder nicht schlimm, ob realistisch oder unrealistisch?

Morgaine, Filme, in denen der Held die Schneidezähne ausgeschlagen bekommt, fallen mir jetzt auch nicht ein. Aber bei einigen Disney-Filmen (Zeichentrick, nicht die Realfilme, die es von Disney ja auch gibt) gibt es wohl Szenen, wo jemand verletzt wird. Nicht zu schlimm, aber beispielsweise eben so, dass er eine blutende Schramme hat. Solche Szenen wurden bei mehreren Filmen (beispielsweise Tarzan) für die deutsche Fassung weggeschnitten, mit der Begründung, das sei für Kinder zu gewalttätig.

Aber gleichzeitig ist dann die zum Beispiel bei Tom und Jerry übliche, unrealistische Gewalt, wohl in Ordnung und wird ungeschnitten im deutschen Fernsehen gesendet. Das wundert mich eben. Kann ein kleines Kind (und hier geht es wirklich um Knirpse) da so genau unterscheiden, ob Gewalt realistisch oder unrealistisch ist?

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



winny2311 hat geschrieben:
Den Trickfilm, den man bei den Simpsons sieht (Itchy und Scratchy oder so) den finde ich auch abartig. Sicherlich weiß man, dass es Zeichentrickfiguren sind, noch dazu welche aus einem Zeichentrickfilm - aber abartig ist es doch, wenn die sich da gegenseitig die Gliedmaßen abschlagen.


Itchy und Scratchy sind ja eben auch als eine Art Parodie auf die Gewalt in Kinderserien gedacht und daher so brutal dargestellt. Sie wollen etwas kritisieren. Übrigens finde ich auch nicht, dass die Simpsons (genauso wie Southpark etc.) etwas für Kinder sind.
Da ich ja auch noch fast ein Kind bin mit meinen 18 Jahren, kann ich sagen, dass übertriebene Darstellungen wie in Tom und Jerry keine Auswirkungen auf mich hatten. Formulierungen in Märchen wie "der Wolf fraß sie mit Haut und Haaren" gruselten mich viel mehr, da es eben um real existierende Gestalten, Mädchen und Wolf, ging.
Heute finde ich Darstellungen wie irgendwelche Schießszenen in Actionfilmen auch viel weniger schlimm als reale Darstellungen. Vor allem, wenn ich weiß, dass das so auch wirklich passiert ist, wie z.B. bei Filmen über die Nazizeit wie "Schindlers Liste", schocken mich Gewaltszenen erheblich mehr.

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