247 Tage: der Fall Marco Weiss

Der Fall Marco Weiss war im Jahr 2007 in allen Medien. Damals wurde Marco Weiss als 17-jähriger in der Türkei verhaftet. Als Anklage wurde ihm die Vergewaltigung einer 13-jährigen Engländerin vorgeworfen. Er saß dann 247 Tage lang in einem türkischen Gefängnis, bevor er auf Kaution freigelassen wurde. Von dem Vorwurf der Vergewaltigung wurde er freigesprochen, bekam aber wegen sexuellen Missbrauchs eine Bewährungsstrafe. Nach wie vor bestreitet er die Vorwürfe.

Über diese 247 Tage im Gefängnis wird jetzt von SAT1 ein Film mit dem Namen „247 Tage“ gedreht. Darin spielt Veronica Ferres die Mutter von Marco Weiss. Die Dreharbeiten dazu starten jetzt auf Malta, auch in der Heimat von Marco Weiss, in Niedersachsen, wird gedreht werden. Veronica Ferres sagt über ihre Rolle, dass es eine schwere Rolle ist, sie muss das im Fernsehen rüberbringen, was die Familie in der schweren Zeit durchlebt habe. Sie selbst habe die ganze Geschichte im Fernsehen intensiv miterlebt und hat sich über das türkische Strafrecht doch recht gewundert.

Der Fall von Marco hat mich wirklich interessiert und ich habe die Geschehnisse in der Zeit auch immer mit verfolgt. Man hat ihn auch vor einiger Zeit mal besucht um zu sehen, ob er sich wieder gut eingelebt hat und um zu zeigen, was aus ihm geworden ist.

Ich bin meistens der Meinung, dass man schwer sagen kann, ob jemand schuldig ist oder nicht, wenn man nicht selbst bei den Gerichtsverhandlungen dabei war oder den Menschen persönlich kennt. Aber hier hatte ich wirklich den Eindruck, als wäre an den Aussagen des Mädchens und deren Eltern etwas faul.

Ich bin mir sicher, dass dieser Film recht interessant sein dürfte und ich hoffe sehr, dass er zur Abwechslung mal die Wahrheit wiederspiegelt und nicht noch extra Sachen reingebracht werden, die so nie geschehen sind, nur um die Sache vielleicht noch interessanter zu machen.

Ich denke aber doch, dass Marco und seine Familie da ein Auge drüber haben werden und gewisse Sachen richtig stellen, wenn etwas nicht stimmen sollte. Gut finde ich übrigens auch die Besetzung.

Ich finde es irgendwie merkwürdig, dass darüber nun ein Spielfilm gedreht wird. Die meisten von uns werden sich ja noch an den Fall erinnert, weil er ja auch bevorzugt von der Klatschpresse immer wieder aufgegriffen wurde. Da ist es doch eigenartig, das ganze jetzt schon als gestellte Geschichte zu sehen.

Problematisch finde ich dabei auch, dass dieser Fall ja doch recht stark polarisiert. Es wird immer Leute geben, die Marco als unschuldiges Lamm sehen, und andere, die ihn für einen Straftäter halten. Der Film wird vermutlich, gerade wenn man nach der Besetzung urteilt, nicht auf Klischees und übertriebene Stellungnahmen verzichten, was so kurz nach dem Fall verheerend wirken kann.

Klingt für mich irgendwie nach einem typischen Sat.1-TV-Drama. Eine reale Begebenheit (man erinnere sich nur an "Die Luftbrücke") wird mediengerecht aufgearbeitet und dramatisiert. Da passt natürlich Veronica Ferres prima hinein. Leider spricht mich diese "übliche" Besetzung gar nicht an, da ich sie für eine schlechte Charakter-Mimin halte, die außer einem besorgt-mitleidigen Gesichtausdruck nicht viel kann, bzw. es nicht zeigt. Da wird es schwer für sie, in einer so dramatischen Rolle wie dieser, nicht wieder in dieses Klischee reinzustolpern.

Das finde ich persönlich sehr schade, denn das Thema "Marco" hat ja vor drei Jahren zu sehr viel Aufruhr und Irritationen gegenüber dem türkischen Strafsystem und den Haftbedingungen geführt, und mich dadurch auch sehr interessiert. Wahrscheinlich aber wird sich der "echte" Marco aus der Filmproduktion raushalten, bzw. raushalten müssen, denn Sat 1 hat bereits in der Vergangenheit bewiesen, dass sie auf genaue Geschichtsrekonstruktion zugunsten der Dramatugie und einiger Liebesszenen verzichtet.

War ja letztlich nur eine Frage der Zeit, wann auch dieses Thema aufgegriffen wird um mal wieder eine Geschichte nach einer "wahren Begebenheit" zu bringen. Das Ganze wird dann wohl auch als "Weltpremiere" angekündigt werden. Bin mir aber nicht sicher, ob der Streifen auch in England die Zuschauer an den Bildschirmen fesseln würde.

Mir tut hier aber der Betroffene ein wenig leid, weil hier noch mal aus seiner Geschichte Profit geschlagen wird. An und für sich nichts Verwerfliches in unserer Gesellschaft. Aber ich unterstelle mal, dass er davon am wenigsten profitieren wird.

Ganz davon abgesehen, dass ja letztlich nach dem Vorwurf trotz des Freispruchs immer ein Makel hängen bleibt. Und wenn jetzt eine langsam schon fast vergessene Geschichte einfach der Quote wegen aufgewärmt wird (schließlich kann es kaum um Aufklärung gehen, solange das Opfer hier nicht ebenfalls Gehör findet), muss das für den Marco Weiss nicht von Vorteil sein.