Betonkrebs - Unglaublicher Pfusch beim Autobahnbau

vom 12.05.2010, 13:54 Uhr

Gestern ging es über die Medien, dass zahlreiche Autobahnen, die wie die A9 nach der Wiedervereinigung komplett neu gemacht wurden inzwischen, teil 6-8 Jahre nach der Fertigstellung schon vom so genannten Betonkrebs befallen sind. Die Betonschicht reißt und die Autobahnen sind mit Sicherheit bald für die Totalsanierung fällig.

Um Missverständnisse zu vermeiden: Es geht hier nicht darum, dass viele Straßen durch den harten Winter gelitten haben. Betonkrebs kommt angeblich deshalb zu stande, dass nicht die richtige Mischung verwendet wurde. Irgendwie reagieren im Beton alkalische Bestandteile mit dem Zement. Der Fachmann nennt das wohl Alkali-Kieselsäure-Reaktion. Die Folgen davon sind, dass die betroffenen Autobahnen allesamt komplett saniert werden müssen, weil sich der Beton nach und nach in Krümel verwandelt.

Das ironische daran ist, dass die Baufirmen dem Staat zugesichert hatten, dass die Nachwendeautobahnen gute dreißig Jahre halten würden. Nach einem knappen drittel der Standzeit, treten nun schon massive Schäden auf. Dies ist wohl typisch für Betonkrebs, dass Schäden erst nach 6 - 10 Jahren zu Tage treten. Dann ist meist auch schon die Gewährleistungsfrist der Bauunternehmen abgelaufen. Da drängt sich doch der Verdacht auf, dass Bauunternehmer möglicherweise genau diesen Fakt dreist und schamlos ausnützen.

Betroffen von Betonkrebs sind wohl 350 Autobahnkilometer. Rund 100 000 € kostet wohl alleine die Streckenkontrolle innerhalb der nächsten Zeit. Die Sanierungskosten werden wohl in die Milliarden steigen. Ich bin über so einen kläglichen Pfusch entrüstet.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge



trüffelsucher hat geschrieben:Ich bin über so einen kläglichen Pfusch entrüstet.

Viel mehr entrüstet bin ich über die Tatsache, dass hier niemand zur Rechenschaft gezogen werden wird. Weder diejenigen, die die Ausschreibung aufgesetzt haben, auch nicht diejenigen, die den Auftrag vergeben haben. Und auch nicht die, die während der Bauphase die Arbeiten kontrolliert haben (wobei ich nicht weiß, inwieweit man hier hätte regulierend eingreifen können).

Es ist doch immer das gleiche. Bei diesen Aufträgen, die bzgl. ihres Wertes riesige Summen erreichen, passiert es immer wieder, dass Ungereimtheiten auftauchen. Sei es beim Bau von Schienen, U-Bahnen oder Straßen. Ebenso wenn es um ein System für die Autobahn Maut (für LKWs) geht oder um ein globales Softwaresystem für die Arbeitsagenturen.

Gemein ist den Projekten neben den Budgetüberschreitungen und dem - nach marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten - Scheitern gemessen am Plan, dass hier der Auftraggeber beliebig Geld zur Verfügung zu haben scheint. Und der Auftraggeber ist in den seltensten Fällen ein privatwirtschaftlich geführtes Unternehmen.

Es gibt Tage, da wünsche ich mir wirklich, bei so einem Entscheidungsprozess alle entscheidenden Details gezeigt zu bekommen, einfach um mich über die Korrektheit der Auftragsvergabe und Abwicklung (wirklich bei der Planung des Vorhabens - also deutlich vor beginnen der Ausschreibung - bis zur Entscheidungsfindung, wer nun den Zuschlag bekommt und natürlich zur Kontrolle der Arbeiten und der Abnahme) zu überzeugen.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Ich finde an diesen Projekten etwas anderes ganz schlimm. Nämlich, dass das jetzt bekannte Problem zumindest im Raum Halle scheinbar schon von Anfang an hätte vermieden werden können. Wie es in Hessen aussieht, wo dieses Problem ja auch ein Thema ist, wäre interessant zu wissen.

Denn zumindest für den den ostdeutschen Raum meldete sich schon im September 1992 ein promovierter Geologe zu Wort, der sich nach Bekanntwerden der Pläne zur Verlängerung der A14 zu Wort meldete. Da er um die Risiken der Beton-Beimischungen aus dem Hallenser Raum wusste, hatte er den damaligen Verantwortlichen im Bundesbauministerium diesbezüglich seine Hilfe angeboten.

Übrigens wurden schon einige Versuche gestartet, wie man denn am besten dieses Problem bekämpfen kann, zwei Methoden wurden favorisiert und schon mal getestet, Kosten pro Kilometer ca. 108.000 Euro. Welche der beiden Methoden nun wirklich erfolgversprechend ist, wird nun ausgewertet.

Im übrigen habe ich es so verstanden, dass nicht die ausführenden Unternehmen eine so lange Lebenserwartung versprochen haben, sondern Ingenieure davon ausgehen, wenn eben die Mischung in Ordnung ist.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



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