Tanja Kinkel und ein ganz aussergewöhnliches Buch

Hallo Lesefreunde,
Im Zuge meines Lesehungers bin ich über ein Buch gestoßen, das mich aufgrund seiner Üppigkeit und Vollkommenheit äußerst mitgerissen hat. Das Buch heißt "Die Puppenspieler", stammt aus der Feder von Tanja Kinkel und aus dem Jahre 1993. Es lässt sich aber auch nach Jahren immer noch gut lesen. Ich bin quasi der lebende Beweis dafür

Worum es geht? Nun, das Buch beginnt dramatisch mit der Verbrennung einer angeblichen Hexe. Wie wir sogleich erfahren, war diese "Hexe" Mutter eines kleinen Sohnes, der durch diese Aktion der Kirche und der heiligen Inquisition zum Vollwaisen wird. An dies am Tag schwört er Rache für den Tod seiner Mutter. Er will der Kirche und den Inquisitoren beweisen, dass es keine Hexen gibt. Zunächst allerdings erleben wir mit Richard, so heißt der Junge, eine Kindheit, die abgesehen von diesen traumatischen Ereignissen, nicht schöner sein könnte. Er hat das große Glück, eine Tante zu haben, die in eine reiche Familie ein geheiratet hat, nämlich in die Familie Fugger. Inhaber eines der größten Handelsimperien der damaligen Zeit.

Richard ist in der günstigen Lage, stets gefördert zu werde. Er erlernt die Schreibkunst, lernt zu rechnen und kann immer öfter beweisen, wie viel doch in ihm steckt. Als auch sein Onkel auf diese Intelligenz und Gabe aufmerksam wird, beschließt er, ihn nach Florenz zu schicken, um dort als Handlanger für ihn zu fungieren. Richard lernt auf dieser Reise sehr viel, und entdeckt auch, wie viel Wissen es noch zu erkunden gibt. Er saugt neues wie ein Schwamm in sich auf und als er auch noch ein Mädchen kennenlernt, scheint alles perfekt. Doch wie das Leben so spielt, muss er auch hier einige Irrwege auf sich nehmen, um zu sich zu kommen.

Für mich ein sehr lustvoller und lesenswerter Roman. Die Charaktere sind liebevoll gestaltet und entwickeln sich im Verlauf der Geschichte gut weiter. Zudem bekommt man Einblicke in das mittelalterliche Leben, hört Fakten über die Fugger und die Medicis und hat so einen anschaulichen Geschichtsunterricht. Denn die Zahlen und Fakten stimmen natürlich schon mit den geschichtlichen Ereignissen überein. Die Geschichte rund um Richard ist frei erfunden, aber das Zeitgerüst beruht auf den tatsächlichen Zahlen.

Kennt ihr den Roman und wenn ja, wart ihr auch gefangen in der Geschichte? Ich bin von Themen rund um die Kirche und Inquisition immer gefesselt und so erging es mir bei diesem Roman ebenfalls. Kennt ihr andere, lesenswerte Bücher von Tanja Kinkel? Oder würdet ihr mir von Folgeromanen abraten?

Ich habe dieses auch Buch schon mehrere Male gelesen und es gefällt mir immer noch sehr gut. Besonders was Mittelalterliteratur angeht, ist ja momentan jede Menge Schund auf dem Markt weil jeder drittklassige Autor versucht auf den Zug aufzuspringen. Nicht so Tanja Kinkel. Deren Werk ist sehr gut recherchiert, viele ihrer Figuren gab es tatsächlich und auch die Lebensumstände waren in etwa so, wie sie es schildert. Natürlich hat auch sie sich so einige künstlerische Freiheiten genehmigt, aber sie liefert keinen himmelschreienden, romatisierten Blödsinn ab, wie so manch anderer.

Allerdings ist dieses Werk mit seiner Handlung am Ende des 15. Jahrhunderts ja schon mehr in die Anfangsphase der Renaissance einzuordnen als ins Hochmittelalter. Vor allem die Kunstförderunge durch die Medici, die Kinkel so schön schildert markiert den Anbeginn der Neuzeit. Auch die Hexenverbrennungen, gegen die Richard so vehement kämpft, hatten ihren Höhepunkt im 16. Jahrhundert, bis dahin hatten die Kirche und die Inquisition eher Ketzer verfolgt, der "Malleus Maleficarum", das Handbuch zur Frauenverfolgung, war ja erst 1489 veröffentlicht worden.

Die Geschichte die Kinkel hier erzählt hat mir immer total gut gefallen, obwohl ich sagen muss, dass ich Richards Geliebte immer schon abgelehnt habe und es lieber gesehen hätte, wenn er sich gegen sie entschieden hätte. Die Faszination, die sie auf ihn ausübt, konnte ich nie nachvollziehen. Dennoch hat mir die Handlung gut gefallen und die Art, wie die Autorin reale Personen und Ereignisse ins Geschehen einflicht, macht das Buch so spannend und interessant, wie es ist. Jedem, der sich ein bisschen für die Frührenaissance, Kirche oder auch Florenz und die Medici interessiert kann man dieses Buch als leichte Kost zum Einstieg gut empfehlen, weil eben auch viel echte Information darin steckt. Gerade, was die ereignisgeschichtlichen Tatsachen angeht, hat Tanja Kinkel kaum etwas dazugeflunkert.

Ich kenne das Buch auch, das ist bestimmt 15 Jahre her. Inzwischen habe ich es bestimmt 3 mal gelesen und ich finde es immer wieder gut. "Die Puppenspieler" war mein erster historischer Roman, bis dahin hatte ich mehr eine Vorliebe für Thriller und Krimis. Seitdem bin ich ein Anhänger dieses Genres. Ich fand auch toll, das man einiges über die Fugger lernen konnte, einige Personen habe ich sogar nachgeschlagen um mehr über sie zu erfahren. Vor ein paar Jahren bin ich zufällig mal nach Augsburg gekommen, ich habe mich an das Buch erinnert und habe mir die Zeit genommen, die Fuggersiedlung in Augsburg zu besichtigen.

Wie man auch in dem Buch "Die Puppenspieler" lernt, waren die Fugger durch geschickt arrangierte Heirat und einen guten Geschäftssinn zu unermesslichem Reichtum gelangt. Jakob Fugger hat zu seiner Zeit ein bisschen Reichtum an die ärmsten Menschen weiter, indem er eine ihnen eine Siedlung baute, in der die Menschen für eine verschwindend geringe Miete wohnen konnten. Die Siedlung gibt es auch heute noch, ebenso die Stiftung. Wer das Buch mag, dem kann ich die Besichtigung der Siedlung nur ans Herz legen.