Studienende - Mieses Zeugnis, was kann ich tun?
Da hat man jahrelang studiert, sich auf den Hosenboden gesetzt (oder auch nicht) und am Ende hält man ein Zeugnis in der Hand, mit dem man sich kaum Chancen ausrechnen kann und das Arbeitgeber nicht dazu bewegt, einen mit Kusshand direkt von der Uni in die Firma zu holen. Was macht man jetzt, wo alles vorbei ist und keine Chance mehr auf Nachbesserung besteht?
So blöd wie es klingt: Man muss den Spieß umdrehen, wenn der Prophet nicht zum Berg kommt muss eben der Prophet zum Berg, was bedeutet, dass man nun Eigeninitiative beweisen muss und offensiv und direkt auf Unternehmen zugehen sollte – am Besten mit einem harten Fell, denn auf viele Absagen sollte man sich bei einem miesen Hochschulabschluss einstellen.
Das heißt in der Praxis: Bei Unternehmen anrufen und Unternehmen auch ohne Termin aufzusuchen und nachhaken ob der Abteilungsleiter mal 5 Minuten Zeit für ein Gespräch hätte. Dieser Wunsch wird erfahrungsgemäß selten abgeschlagen, auch wenn man so nicht gleich ans Ziel kommt und sich auch auf Absagen einstellen sollte. Warum nicht einfach die bequemere schriftliche Bewerbung schicken? Weil man die auch bequemer ablehnen kann, vor allem wenn man nur mit dem Anschreiben und dem miesen Zeugnis „vorsprechen“ kann.
In einem Gespräch lässt sich direkter und deutlicher beweisen, ob man die nötigen Schlüsselkompetenzen und die entsprechende Persönlichkeit trotz schlechter Noten für den Job wirklich besitzt. Denn die zählen bei vielen mehr als bloßes Theoriewissen und gute Noten. Man sollte sich natürlich im Gespräch gut präsentieren können, denn eine graue Maus kommt auch hier nicht weit. Mit guten Praktikumsnoten oder hochwertigen Praktika sowie einem guten Arbeitszeugnis kann man auch meist stärker punkten und so schlechte Noten leichter ausgleichen – denn die meisten Arbeitgeber haben die Auffassung: „Ah ein Student, den müssen wir sowieso erst ein halbes Jahr richtig in die Praxis einarbeiten, weil er nur Theorie beherrscht und sonst nichts kann.“ – Zeit ist bares Geld, vor allem bei teuren und besser bezahlten Akademikern und wenn einem Arbeitgeber hier die Aussicht lockt, einen erfahrenen und vor allem praxiserfahrenen Arbeitnehmer mit den entsprechenden Fähigkeiten zu bekommen, der ihm diese teure Zeit spart, ist das ein starkes Plus.
Man sollte auf keinen Fall, auf keinen (!!!), von sich aus erklären, warum die Noten nicht so gut sind wie sie sein sollten – das wird schnell als Flucht nach vorn und als Ausrede verstanden und lenkt die Aufmerksamkeit noch stärker darauf, da so jemand vielleicht auch so versucht, seine Schwächen während der Arbeit immer nur so zu erklären anstatt an ihnen etwas zu ändern.
Wenn die direkte Bitte um ein kurzes Gespräch keinen Erfolg hat, gibt es noch weitere Anlaufstellen für schlechte Studenten, Kontakt zu Arbeitgebern herzustellen, beispielsweise Messen, Vorträge von Unternehmen oder Kongresse. In Pausen herrscht meistens eine recht lockere Atmosphäre zwischen Kaffee und Kollegen und hier kommt man meist leicht ins Gespräch – hier sollte man Präsenz zeigen um die eigene Kompetenz und die eigenen Stärken herauszuarbeiten und herauszustellen.
Und natürlich gilt hier das, was auch bei anderen Bewerbungen selbstverständlich ist – über das Unternehmen, das mögliche zukünftige Aufgabenfeld und was in der Stellenausschreibung gefragt ist, informieren und sich konkret darauf vorbereiten. Dann ist man, zusammen mit guten Praktika und Arbeitszeugnissen, schon gut gerüstet, die Stelle vielleicht doch zu bekommen – schlechte Chancen hat man als schlechter Absolvent wirklich nur bei Stellen welche ein genau umrissenes Profil mit speziellen Fachkenntnissen verlangen, denn hier zählen die Noten stärker als Praktika und Erfahrungen.
Ich muss auch sagen, dass Praktika, die nahe am Tätigkeitsfeld der gewünschten Stelle liegen für zukünftige Arbeitgeber fast interessanter sind als die Noten. Gut ist natürlich, wenn man außer den Pflichtpraktika noch andere Praktika nachweisen kann. Ich selbst hab gute Erfahrungen damit gemacht, in meinem späteren Beruf schon während des Studiums zu arbeiten. Das ist nicht nur gut für die Studi-Kasse, sondern man kann dann vielleicht auch das eine oder andere Referenzprojekt vorweisen. In jedem Fall aber Berufserfahrung, so macht man sich für den zukünftigen Arbeitgeber schneller bezahlt.
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