Altes Schild: Strafe / Bußgeld muss man nicht bezahlen
Seit der neuesten Novelle der Straßenverkehrsordnung müssen möglicherweise viele Knöllchen, Verwarnung und Bußgelder nicht mehr bezahlt werden. Denn: Schuldig macht sich nur noch der, der bei einem gültigen Verkehrszeichen einen Verstoß begeht, nicht aber bei einem ungültigen. Seit der neuesten Novelle der Straßenverkehrsordnung gelten jedoch alle Schilder und Verkehrszeichen als ungültig - und viele Gemeinden haben mangels Geld noch nicht auf diese umgestellt.
Insgesamt sind 88 verschiedene Verkehrszeichen betroffen, die nicht mehr dem neuen Design ab 1992 entsprechen und nun nicht mehr als amtliche Kennzeichen gelten - von Schildern hinsichtlich Parkverbot, Halteverbot, Abbiegepfeilen, Zebrastreifen sowie Geschwindigkeitsbeschränkungen, auch wenn die Unterschiede meist nur sehr gering ausfallen. Welche Verkehrszeichen betroffen sind kann man hier nachsehen und ggfs. gegen einen ergangenen Bescheid Einspruch einlegen und so nicht zahlen müssen und/oder eine Strafe in Flensburg vermeiden.
In den neuen Bundesländern gilt dies möglicherweise nicht, denn laut dem Einigungsvertrag sind hier auch noch die alten Verkehrszeichen gültig.
Das wurde hier in diesem Thread schon mal angesprochen Verkehrsschilder sind nicht mehr gültig - Was nun? und ich muss ehrlich sagen, dass ich die neuen Verkehrsschilder gar nicht unbedingt von den alten Verkehrsschilder so direkt unterscheiden könnte. So sehr verschieden sind sie ja auch nicht. In dem Thread, den ich verlinkt habe ist auch ein link zu einer Seite mit dem Vergleich zu den neuen Schildern.
Wenn ich an den Verkehrsschildern vorbeifahre, da sehe ich nicht, ob das Flugzeug auch so darauf ist, dass man es als neues Schild sehen kann oder der Frosch Konturen aufweist. Auch sehe ich nicht, ob das Männchen auf dem Schild ein Strichmännchen ist oder eine Mütze auf hat. Also würde ich mich eigentlich dann auch daran halten.
Aber wie ist es, wenn ich die Schilder mißachte und dann Einspruch einlege? Muss ich das dann per Foto dokumentieren, dass es noch ein altes Schild war? Wenn das Schild in der Zwischenzeit ausgewechselt wurde, habe ich dann ja schlechte Karten? Ich finde die Regelung, dass man dem Bußgeldbescheid entgehen kann schon ein wenig konfus. Denn Verkehrsregeln sollten doch trotzdem noch gelten. Auch wenn die Schilder sich ein klein wenig geändert haben. Gravierend haben sie sich ja nicht geändert.
Das "Problem" aber ist in solchen Fällen immer der Richtervorbehalt. Natürlich kann man gegen Bußgelder Einspruch erheben, weil die dazu führenden Schilder nicht den neuen Schildern entsprechen. Aber wenn dann z.B. die Kommune den Einspruch ablehnt (was sehr wahrscheinlich ist), wird letztlich ein Richter entscheiden müssen.
Ist jetzt hier ein Schild angebracht, welches eben tatsächlich aus subjektiver und objektiver Sicht Gefahren vermeidet/abwendet oder die Sicherheit erhöht (30er Zone vor einer Schule, Parkverbot in sehr engen Straßen), denke ich nicht, dass ein Richter den Autofahrer frei spricht und sehr wohl auch auf die Verantwortung und Fürsorgepflicht des Kraftfahrzeuglenkers verweist.
Dann hat man neben dem Bußgeld auch noch die Verfahrenskosten (und die Anwaltskosten) zu tragen. Eigentlich macht so ein Weg also nur Sinn, wenn es darum geht, nach einem (gravierenden) Verstoß den Führerschein zu retten (und auch da nur sinnvoll, wenn man existenziell auf diesen angewiesen ist!). Will man nur schlauer sein als die Behörden, sollte man aber wenigstens eine kulante Verkehrsrechtschutzversicherung abgeschlossen haben. Hier sollte also immer der Nutzen im Verhältnis zum Risiko abgewogen werden.
Diamante hat geschrieben:Aber wie ist es, wenn ich die Schilder mißachte und dann Einspruch einlege? Muss ich das dann per Foto dokumentieren, dass es noch ein altes Schild war? Wenn das Schild in der Zwischenzeit ausgewechselt wurde, habe ich dann ja schlechte Karten?
In der Regel wird so etwas seitens der Kommune (die dafür zuständig ist) dokumentiert - wir leben immernoch in einem Bürokratenstaat . Aber wenn man sicher gehen möchte ist ein Bild + Zeuge natürlich immer die beste Lösung.
Außerdem ist mit einem Wechsel nicht so schnell zu rechnen, da den meisten Kommunen einfach das Geld für so etwas fehlt und aufgrund der Rechtslage verschiedene Kommunen schon dazu übergegangen sind, die Erhebung von Strafen vorerst auszusetzen.
Diamante hat geschrieben:Ich finde die Regelung, dass man dem Bußgeldbescheid entgehen kann schon ein wenig konfus. Denn Verkehrsregeln sollten doch trotzdem noch gelten. Auch wenn die Schilder sich ein klein wenig geändert haben.
Die Schilder haben sich insofern geändert, dass sie keine amtlich gültigen Zeichen mehr sind und damit "aus dem Rennen". Sie würden ja wieder Gültigkeit erlangen, wenn man sie erneuert. Diese Lücke ist im Grunde dadurch entstanden, dass man in der neuen Novelle den vorherigen Passus nicht mehr aufgenommen hat, dass die alten Schilder weiterhin gelten. Deswegen haben auch schon diverse Gemeinden eine Nachbesserung angemahnt, da sie mangels Finanzen nicht in der Lage sind, ihren Pflichten zum Austausch nachzukommen.
derpunkt hat geschrieben:Ist jetzt hier ein Schild angebracht, welches eben tatsächlich aus subjektiver und objektiver Sicht Gefahren vermeidet/abwendet oder die Sicherheit erhöht (30er Zone vor einer Schule, Parkverbot in sehr engen Straßen), denke ich nicht, dass ein Richter den Autofahrer frei spricht und sehr wohl auch auf die Verantwortung und Fürsorgepflicht des Kraftfahrzeuglenkers verweist.
Nein, siehe oben. Wir sind letztendlich immernoch ein Bürokratenstaat was in diesem Fall zu Ungunsten der Kommunen ausfällt. Es gelten nur amtliche Kennzeichen - daran kann auch ein Richter nichts ändern, der sich letztendlich auch nicht fundamental über geltendes Recht hinwegsetzen darf. Der Richtervorbehalt ist hier außerdem nur eingeschränkt anwendbar.
Subbotnik hat geschrieben:Nein, siehe oben. Wir sind letztendlich immernoch ein Bürokratenstaat was in diesem Fall zu Ungunsten der Kommunen ausfällt. Es gelten nur amtliche Kennzeichen - daran kann auch ein Richter nichts ändern, der sich letztendlich auch nicht fundamental über geltendes Recht hinwegsetzen darf. Der Richtervorbehalt ist hier außerdem nur eingeschränkt anwendbar.
OK, das sehe ich anders. zum einen was den Richtervorbehalt angeht. Aber auch, was die Schilder an sich angehen. Es ist doch so, dass das Verkehrsschild selbst schon einen Verwaltungsakt darstellt (geregelt im Verwaltungsverfahrensgesetz). Und da gibt es tatsächlich die Möglichkeit der Umdeutung von eben solchen Verwaltungsakten! Das hat dann auch nichts mit Willkür oder fehlendem Rechtsstaat zu tun.
Und eine der Voraussetzungen zur möglichen Umdeutungen (es gibt zahlreiche weitere Möglichkeiten!) ist die, wenn ein Verwaltungsakt die gleiche Zielrichtung verfolgt, wie sie der fehlerhafte Verwaltungsakt hatte und es zu keinem inneren Widerspruch der Regelinhalte kommen würde. Und genau dies ist z.B. bei einem alten Parkverbotsschild im Zusammenhang mit einem neuen Parkverbotsschild so.
Mit so einem Urteil gegen den Bürger kann natürlich die Kommune die Auflage bekommen, die fehlerhaften Schilder (bzw. das fehlerhafte Schild, welches zum Streit führte) durch ein neues zu ersetzen. Das bringt aber dem Falschparker auch nichts bzgl. des verhängten Strafzettels.
Auch wenn ich hier als juristischer Laie predige, sehe ich erhebliche Risiken darin, bei vollem Bewusstsein und ohne Not gegen Vorgaben von Verkehrszeichen zu verstoßen, mit der scheinbaren Gewissheit, hier auf Grund eines fehlerhaften Verwaltungsakts auch vor jedem Richter Recht zu bekommen. Es verhält sich auch sonst so, dass nur weil eine Handlung nicht verboten ist, man sich im Falle eines dadurch verursachten Schadens schadlos halten kann. Es sei mal das Beispiel genannt, dass man als Autofahrer mit angepasster Geschwindigkeit fahren muss. Das bedeute eben auch z.B. das langsame Fahren, obgleich kein Verkehrschild eine Geschwindigkeit von 100 Km/h verbieten würde. Kommt es so auf Grund von unangepasster Geschwindigkeit zu einem Unfall, ist der Fahrer eben auch bzgl. der Schuldfrage mit dabei.
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