Polens Präsident Lech Kaczynski stirbt bei Flugzeugabsturz
Vielleicht habt ihr es bereits gehört, heute morgen ist in der Nähe der russischen Stadt Smolensk der polnische Präsident Lech Kaczynski mit seinem Dienstflugzeug abgestürzt und dabei ums Leben gekommen. Bei dem Absturz kamen alle 131 Insassen ums Leben. Darunter waren auch seine Ehefrau, der Zentralbankpräsident von Polen Slawomir Skrzypek sowie Franciszek Gagor, der Generalstabschef und der stellvertretende Außenminister Andrzej Kremer.
Grund für den Flug war eine Gedenkfeier bei Katyn. Regierungschef Donald Tusk rief das Kabinett nach der Meldung sofort zu einer Sondersitzung zusammen und übernimmt vorerst die Geschäfte des Präsidenten.
Eine solche Meldung ist natürlich schockierend. Wäre auch ein "gewöhnlicher" Flugzeugabsturz, bei dem keine prominenten Opfer zu beklagen wären allerdings auch. Doch hier verliert Europa mit Kaczynski ein Korrektiv, wenigstens was den drohenden Revisionismus angeht, mit dem man die Ergebnisse des Zweiten Weltkriegs zu revidieren versucht. Und da kann man - unabhängig von der Meinung die man sonst über den Präsidenten hatte - nicht widersprechen.
Außerdem bewahrheitet sich eine Weisheit, dass man eben die "Elite" bzw. sein Humankapital eben nicht in einem solchen Risiko aussetzt. Es ist immer von einem Unglück auszugehen, und wenn es im Falle von z.B. Fußballteams nicht praktikabel ist, jeden Spieler einzeln reisen zu lassen, wäre das bei der politischen "Elite" schon eher angebracht. Fliegen z.B. Obama und Biden zusammen? Oder Merkel und Westerwelle?
Auch wenn in den kommenden Wochen nun Ratlosigkeit und Verwirrung innerhalb der politischen Kaste in Polen herrschen wird und ganz sicher (politische) Kämpfe um die Neuverteilung der Macht ausbrechen werden, sollte nun die Trauer vorherrschen dürfen, die ein solches Unglück zwangsläufig nach sich ziehen sollte. Mein Beileid jedenfalls den überlebenden Angehörigen.
Ich war heute morgen ziemlich geschockt als ich diese Nachricht zuerst gelesen und dann gehört habe. Die Tragik an der ganzen Geschichte ist, dass nicht nur der Präsident, sondern viele andere Politiker, Intellektuelle, Militärs und Hinterbliebene das Massakers von Katyn gestorben sind. Der ehemalige polnische Präsident und Friedensnobelpreisträger Lech Walensa sprach sogar davon, dass die Elite des Landes gestorben sei.
Vor allem der Ort der Tragödie wirkt wie eine böser, fast schon zynischer Zufall der Geschichte. Gerade die Stelle, an der tausende polnische Militärs und Intellektuelle von den Sowjets während des zweiten Weltkrieges getötet worden sind, wurde wieder zum Verhängnis für die polnische Nation. Gerade dann, als man anfing sich mit den Russen auszusöhnen und die Geschichte zu verarbeiten hat das Schicksal erbarmungslos zugeschlagen. Der ehemalige polnische Präsident Kwasniewcki hat heute im polnischen Fernsehen gesagt, dass dieser Ort wie verflucht für die Polen sei. Auf jeden Fall haben sich nun zwei Tragödien dort abgespielt.
Man darf sich aber von den jetzigen Aussagen nicht täuschen lassen. Lech Kaczynski war in Polen nicht unumstritten und nicht überall beliebt. Mit seiner sehr konervativ-katholisch und europafeindlich geprägten Politik hat er zunehmden Wähler verloren. Den größten Zuspruch hatte er zuletzt nur noch bei vielen älteren und sehr konservativen Wählern. Seine Chancen bei der bevorstehenden Wahl im November wiedergewählt zu werden wurden als eher gering bezeichnet.
Nichts desto trotz oder vielleicht gerade deswegen hat die gesamte polnische Bevölkerung auf seinen Tod und den Tod der restlichen Passagiere mit so einer ungeheuerlichen Trauer reagiert. Das polnische Volk neigt zum Märtyrertum. Eigentlich kein Wunder, wenn man sich die Geschichte dieses Landes, dass dreimal von der Landkarte verschwunden war, anschaut. Es scheint momentan aber so, als wenn das polnische Volk, egal wie gespalten es ist, sich in seiner Trauer vereint.
Nun wird der Präsident des Sejm (polnisches Parlament) Bronislaw Komorowski, die Amtsgeschäfte vorübergehend übernehmen. Laut polnischer Verfassung muss er innerhalb der nächsten zweieinhalb Monate einen Termin für Neuwahlen festlegen. Das Kuriose ist, dass genau dieser Komorowski, der Gegner von Kaczinski bei der Präsidentschaftswahl geworden wäre. Viele Beobachter haben einen harten Wahlkampf vorhergesagt. Nun darf man gespannt sein, ob der Zwillingsbruder des verstorbenen Präsidenten kandidieren wird.
Das alles spielt momentan aber überhaupt keine Rolle. Erstmal heißt es, dass Geschehene zu verarbeiten und der Trauer Platz zu machen. Nach so einer nationalen Tragödie kann es kein sofortiges zurück zur Normalität geben. Ich hoffe nur, dass die russische Führung ihr Versprechen einhält und dieses Unglück lückenlos aufklären wird. So wie es momentan ausschaut, war es ein zusammenkommen unglücklicher Umstände und vermutlich ein Pilotenfehler, also ein erbarmungsloser Schlag des Schicksals.
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