Krampfhaft auf Kalorien achten = Krankheit?
Seit einigen Wochen beginnt meine große Tochter beim Einkaufen zu fragen, wie viele Kalorien die einzelnen Sachen haben und isst auch nicht mehr alles, vor allem die fetteren Sachen. Ich mache mir Sorgen, dass sich da vielleicht eine Störung entwickeln könnte, was ja auch sehr gefährlich ist.
Wie gehe ich damit denn am besten um? Wenn man sie direkt anspricht schaltet sie auf stur und hört gar nicht mehr richtig hin, aber ich möchte auch nicht einfach warten, was weiter passiert, das ist mir bei solchen Themen einfach zu heikel.
Aus solchem Verhalten kann sich natürlich sehr leicht eine Essstörung entwickeln. Am Besten man versucht das Kind in der nächsten Zeit erstmal nur zu beobachten. Isst das Kind deutlich weniger? Isst es womöglich zuwenig? Wenn man Kinder sofort auf solche Dinge anspricht, kann es oft passieren, dass sie auf stur schalten und absichtlich das Verhalten beibehalten. Wenn das Kind aber wirklich zu wenig isst und damit auch nicht aufhört, sollte man natürlich eingreifen. Hierzu eignen sich sehr gut Jugendbücher und Filme, die die Geschichten magersüchtiger Mädchen erzählen. In den meisten Bibliotheken findet sich eine große Auswahl solcher Bücher. Hier kann dem Kind beim Lesen selbst deutlich werden, wie gefährlich sein Verhalten werden kann.
Ich kann hierzu das Buch Engel haben keinen Hunger von Brigitte Biermann und Luft zum Frühstück von Jana Frey empfehlen. Besonders das letztgenannte Buch, hat auch mir geholfen. Auch dieser Website findet man zahlreiche Reporte über Mädchen die an Anorexie leiden. Das kann dabei behilflich sein, die Krankheit richtig zu verstehen und sich ein eigenes BIld davon zu machen.
Es kann auch helfen, sich mit dem Kind selbst mal vor den Computer zu setzen und mal gemeinsam ein bisschen nachzuforschen. Meine Cousine hatte vor einigen Jahren auch eine solche Phase, sie ist jedoch schnell vergangen. Ich weiss nicht, ob es geholfen hat, aber meine Tante hat sich damals auch mit ihr über das Thema informiert. Man kann dem Kind zum Beispiel erst einmal zeigen, dass die Werte die man beim Berechnen des BMI rausbekommt, nur für Erwachsene gelten und nicht für Jugendliche. Hat das Kind also zum Beispiel einen sehr hohen BMI, obwohl es ganz normalgewichtig aussieht, sollte man es darüber aufklären, dass es nicht übergewichtig ist.
Weiterhin kann man sich auch gemeinsam über die Folgen von Essstörungen informieren. Das Kind muss natürlich bereit sein, sich mit dem Thema auseinander zusetzen, ansonsten funktioniert das ganze nicht. Im Internet findet man zahlreiche Websites, die über die Folgen und Gefahren von Magersuche aufklären. Meist wirkt das viel besser, als wenn man dem Kind sagt, dass es essen soll, weil sonst das und das passiert. Hier hat das Kind die ganzen Informationen vor Augen und sehr oft gibt es auch Bilder von magersüchtigen und essgestörten Mädchen, die auch sehr abschreckend wirken. Es gibt auch viele Berichte von Mädchen, die das ganze schon einmal durchlebt haben und nun andere Menschen darauf aufmerksammachen möchten. Oft wird dem Kind bewusst, wie gefährlich sein Verhalten sein kann.
Sollte auch das nicht helfen und sollten sich die ersten Mangelerscheinungen oder Gewichtsverlust bemerkbar machen, hilft nur noch ein Therapeut oder Arzt. Man sollte hierbei nicht zu lange warten, sonst steigert sich das KInd immer mehr und mehr hinein. Wenn man schnell reagiert, lässt sich meistens das Schlimmste vermeiden.
Ich weiß zwar nicht wie alt deine Tochter ist, aber ich gehe mal davon aus, dass sie in ihrer Pubertät ist, so zwischen 14-16? Bei meiner Schwester gab es in dieser Zeit ähnliche Probleme. Sie wollte nicht, dass meine Mutter mit so viel Öl brät, es musste Fett arme Milch gekauft werden, wir durften nur noch Philadelphia light kaufen etc.. Im Grunde drehte sich alles nur noch um Kalorien, Fettanteil und abnehmen, man sollte allerdings nicht zu vorschnell reagieren. Meine Schwester ist heute eine ausgeglichene, wohlgenährte Frau, die darüber lacht, wie sie Kalorien gezählt hat.
In einem bestimmten Alter haben Mädchen den Hang dazu Stellen und Dinge an ihrem Körper zu entdecken, die nicht 'perfekt' sind oder als perfekt angesehen werden. Vielleicht hast du selber auch so eine Phase durchgemacht, bloß hast sie jetzt verdrängt. Meiner Meinung nach solltest du deine Tochter ein bisschen Kalorien zählen und ein bisschen am Essen herummäkeln lassen, solange es sich in Grenzen hält ist es keine Essstörung. Vielleicht hat sie einen Jungen oder ein Mädchen entdeckt was ihr gefällt und möchte besonders gut aussehen.
Wenn es dir allerdings Sorgen bereitet und du erkennst, dass sie merklich abnimmt und dass in einem rapiden Tempo solltest du natürlich einen Arzt konsultieren. Doch vorerst ist vielleicht Beobachten und ein wenig Geduld das Angebrachteste.
Ich hatte auch schon einmal so eine Kalorienzähl-Phase. Ich kann mir vorstellen, dass das bei mir auch schon an der Grenze zur Sucht war. Da habe ich wirklich nur noch auf Kalorienwerte geachtet, andauernd nachgezählt, was ich schon heute zu mir genommen habe und wie viel ich eventuell noch darf, und so weiter. Von allen Dingen wurde penibel aufgeschrieben, wie viele Kalorien sie hätten, nicht nur für die Hauptmahlzeiten, sondern schon für einzelne Hustenbonbons. Auf der Waage stand ich natürlich auch mehrfach täglich.
Ich habe dabei natürlich auch abgenommen, sogar ganz ordendlich, was bei meinem damals tatsächlich bestehenden Übergewicht auch gar nicht so schlecht war. Nur psychisch, das habe ich selbst gemerkt, war ich von Tag zu Tag immer angeknackster. Da kam dann aber auch schnell die Erkenntnis, so geht es nicht weiter. Mein Freund stand mir dann auch bei, und so bin ich da wieder heraus gekommen. Zum Glück auch recht schnell, daher meine ich auch, war das noch keine Sucht, wenn aber auch kurz davor.
Ja, meine Frage wäre nun, hast du so etwas bei deiner Tochter auch mitbekommen? Oder redet sie "nur" ab und zu von Kalorien, möchte wissen, wie viele Kalorien ein Nahrungsmittel hat, und achtet auf kalorienreduzierte Speisen? Das an sich finde ich gar nicht krank. Nur, wenn der Kopf sich dann kaum mehr um etwas Anderes dreht und sie untergewichtig wird, dann solltest du dir Sorgen machen.
Wobei es ja auch so ist, dass man auch ohne Untergewicht diesen Kalorienzähl-Wahn entwickelt hat. Das finde ich dann zumindest psychisch auch nicht gesund. Vielleicht solltest du darauf auch achten, also, ob sie das ganze schon zwanghaft angeht. Da würde ich dann wohl auch eingreifen, selbst, wenn sie noch nicht abgemagert ist.
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