Beichtgeheimnis und Gewissen

vom 03.06.2009, 13:56 Uhr

In dem Buch, das ich zuletzt gelesen habe, wurde unter anderem das Beichtgeheimnis diskutiert. Ein Priester darf das, was ihm in der Beichte anvertraut worden ist, keines Falls an Dritte weiter tragen, auch nicht nach dem Ableben des Beichtenden. Dies soll natürlich dazu dienen, das Vertrauensverhältnis zwischen Beichtvater und Beichtendem zu gewährleisten und dem "Sünder" somit eine Möglichkeit zu erhalten, ich seine Missetaten von der Seele zu reden.

Bei den üblichen Sünden, sie dort auf den Tisch kommen, finde ich das auch unbedenklich. Ich bin zwar nicht katholisch, aber ich gehe mal davon aus, dass viel des täglichen Gespräches eher aus Kleinigkeiten, wie ich habe gelogen, masturbiert, meiner Mutter Geld aus dem Portemonnaie geklaut, meinen Mann betrogen und Dinge in der Art sind. Vielleicht sind es auch etwas größere Vorkommnisse, die man im Beichtstuhl offen legt, aber wohl doch häufig Geschichten, die man guten Gewissens für sich behalten kann.

Was aber passiert, wenn ein Vergewaltiger seine Tagen gesteht? Oder ein Mörder, vielleicht ein sadistischer Serienkiller? Oder noch schlimmer, ein Mord wird geplant, kann also noch verhindert werden. Ein Vater der beichtet, seine Kinder zu missbrauchen und freimütig einräumt, dass er das auch weiterhin tun wird, weil er einen Zwang verspürt oder weil es ihm schlichtweg Spaß bereitet. Eine Mutter, die ihre Kinder verprügelt. Das sind ja alles Dinge, die ein Priester durch seine Aussage unterbinden könnte. Aber das darf er nicht, denn damit würde er das Beichtgeheimnis verletzen. Er muss in Kauf nehmen, dass Menschen leiden und sterben und er darum weiß, ohne einzuschreiten.

Als ich das las, war ich verdammt froh, dass ich keine Geistliche bin und diese Entscheidung nicht treffen muss. Für mich wäre eine solche Verantwortung zu viel, ich würde entweder mein Schweigegelübde brechen und daran verzweifeln oder es halten und wegen der Schuld, die ich damit auf mich lade untergehen. Vermutlich würde ich ersteres tun, denn ich könnte nicht damit leben, dass Kinder misshandelt oder sexuell missbraucht, obwohl ich davon weiß, aber den Täter schütze. Das könnte ich einfach nicht, obwohl ich auch verstehen kann, dass es ein Beichtgeheimnis geben muss, weil sonst niemand mehr auch nur kleine Sünden beichten könnte. Ich bin wie gesagt sehr froh, dass ich keine solche Bürde tragen muss.

» Sorcya » Beiträge: 2904 » Talkpoints: 0,01 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Hallo!

Über das gleiche Thema wurde bereits hier diskutiert Ist das Beichtgeheimnis wirklich sinnvoll? . Die meisten sind wohl der Meinung, dass jemand , der ein so schlimmes Verbrechen begeht kaum so gläubig ist, auch beichten zu gehen. Ich bin da anderer Meinung und denke, dass grade diese Leute auch trotz ihrer Gewalt ein Gewissenhaben und es dadurch versuchen zu erleichtern.

Benutzeravatar

» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge


Genau aus diesem Grund mag ich die Beichte nicht, sie ist so widersprüchlich: Einerseits reden Menschen sich ihre bösen Taten von der Seele, aber andererseits belasten sie damit einen anderen Menschen, der diese dunklen Geheimnisse nicht loswerden kann und darf.

Ich denke schon, dass auch Leute, die schlimme Straftaten begangen haben, zur Beichte gehen. Meiner Ansicht nach gibt es viele Menschen, die ihr Schandtaten gerne loswerden wollen und Vergebung durch Gott erhoffen. In diese Richtung hat das Beichtgeheimnis natürlich schon seinen Sinn, es geht darum, dass die Menschen sich erleichtern können, eben Beichten, damit sie sich mit sich selber besser fühlen.

Aber ich finde, dass Leute, die eine Straftat begangen haben, ruhig ein schlechtes Gewissen haben sollen. Sie haben im Schlimmsten Fall schließlich anderen Menschen etwas angetan, da sollten sie nicht noch mit einem reinen Gewissen herumlaufen können, nur weil es dich Beichte gibt. Ich finde das daher nicht gut. Ein Täter, der sich vielleicht wegen seinem schlechten Gewissen irgendwann möglicherweise der Polizei gestellt hätte, fühlt sich entlastet durch „Gott“. Für mich eine alberne Vorstellung, aber wirklich wahr.

Und wie gesagt: Sie laden das schlechte Gewissen eigentlich nur auf den Pfarrer um, er muss mit dem Wissen, das er mitgeteilt bekommt, leben und das stelle ich mir auch nicht ganz einfach vor. Und das finde ich gegenüber dem Pfarrer nicht fair. Und gehen wir einfach mal vom Ernstfall aus: ein psychisch labiler Mensch hat einen anderen umgebracht und beichtet seine Tat dem Pfarrer. Damit ist man im Prinzip Mitwisser, auch wenn man es nicht weiter erzählen darf. Wer weiß, ob der Täter nicht irgendwann durchdreht und auch dem Pfarrer selber etwas antut. Also ich würde mich da als Mitwisser nicht gut fühlen.

Benutzeravatar

» JulietMay » Beiträge: 1078 » Talkpoints: -0,56 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^