Väter in Karenz

vom 16.03.2010, 21:48 Uhr

Weil ich gerade einen Beitrag über Gender geschrieben habe, und es da kurz auch um die Thematik der Kinderbetreuung ging, wollte ich euch fragen, was ihr davon haltet, wenn Väter auch in Karenz gehen. Die Möglichkeit gibt es ja, zumindest in Österreich, aber ich denke auch in Deutschland. (Bitte richtigstellen, falls ich da falsch liegen sollte!)

Ich finde es großartig, dass es die Möglichkeit gibt, dass seit einiger Zeit auch Väter zu Hause bleiben können und so wesentlich mehr zur Kinderbetreuung beitragen können. Es gibt sicherlich genügend Männer, die sich das auch gut vorstellen könnten und nichts dagegen hätten.

Tatsache und Realität ist jedoch, dass ein verschwindend geringer Prozentsatz dieses Angebot in Anspruch nimmt. Warum ist das so und woran könnte das liegen? Ich könnte mir vorstellen, dass der finanzielle Aspekt weiterhin eine sehr große Rolle spielt. Es ist nunmal noch immer so, dass statistisch gesehen, der Mann ein höheres Einkommen hat als die Frau, demnach ist es wirtschaftlich gesehen sicherlich sinnvoll, wenn die klassische Rollenverteilung aufrecht erhalten bleibt.

Ich persönlich muss aber auch zugeben, dass obwohl ich Befürworterin der Väterkarenz bin, es persönlich nicht haben wollen würde. Ich bin derzeit in Karenz, mein Sohn ist zur Zeit 14,5 Monate und auch wenn mir manchmal die Decke sprichwörtlich auf den Kopf fällt und ich mich nach meiner Arbeitszeit sehne, würde ich es nicht wollen, die klassischen Rollen zu tauschen. Ich würde es emotional nicht schaffen, wobei ich keinerlei Bedenken hätte, dass es Väter nicht genauso gut schaffen. Vielleicht ist dieser emotionale Punkt auch ein Grund dafür, dass so wenig Familien diese Möglichkeit in Betracht ziehen.

Ich persönlich kenne auch keinen einzigen Mann, der in Karenz gegangen ist. Kennt ihr wen oder ist hier vielleicht sogar ein Mann, der dieses Angebot in Anspruch genommen hat! Wie sind eure Erfahrungen damit? Angenommen, ihr könnt den finanziellen Punkt weglassen und beide würden gleich verdienen. Würdet ihr es dann weiterhin so wie jetzt handhaben oder doch anders?

Eine einzige Freundin kenne ich, die die Väterkarenz auch im praktischen Sinne in Betracht ziehen würde. Dazu muss man sagen, dass sie noch nichteinmal ernsthaft an Familienplanung gedacht hat, mit Kindern nicht viel anfangen kann obwohl sie sich doch irgendwann einmal eine Familie wünscht und sie extreme Workaholikerin ist und sich auch in ihrem Bereich in eine sehr hohe Ebene gearbeitet hat. Bei ihnen wäre der finanzielle Punkt also wirklich komplett egal, ich glaube sogar, dass sie mehr verdient als er. Zum Glück ist er auch der gleichen Ansicht und hätte nichts gegen eine Väterkarenz einzuwenden. Ich bin ja schon gespannt, ob sie auch noch so denken wird, wenn sie wirklich einmal schwanger werden sollte und die Hormone ihren Lauf nehmen!

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» tournesol » Beiträge: 7760 » Talkpoints: 69,99 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Das hier in erster Linie der finanzielle Aspekt im Fordergrund stehen soll, verdeckt ein wenig die Tatsache, dass eine solche Elternzeit für Männer durchaus auch Nachteile im folgenden Berufsleben bedeuten kann. Wir sind gesellschaftlich noch lange nicht so weit, dass ein dann wieder einsteigender Mann ernst genommen wird. Mindestens hinter der Hand wird dieser nämlich eher als Weichei gesehen, der der harten Berufswelt die heimelige Familie vorgezogen hat und das Image wird er so schnell nicht mehr los.

Bei Frauen ist es schlich traditionell schon immer so gewesen, so dass diese hiermit keine Probleme haben. Wohl aber natürlich, wenn es darum geht, möglichst schnell wieder Anschluss zu finden bzw. entsprechend verantwortungsvolle Aufgaben zu bekommen. Auch hier ist immer im Hinterkopf, dass diese Frau ein Kind zu betreuen hat und das auch tut und damit nicht mehr voll einsatzfähig ist! Es mag ausnahmen geben, aber die kenne ich persönlich nicht!

Die Idee, von politischer Seite eine stärkere Einbindung der Väter in Sachen Erziehung der Kinder zu fördern, ist nämlich meiner Meinung nach sehr gut. Leider macht man hier immer die Rechnung ohne den Wirt. Denn eine Verordnung, nun einfach z.B. kinderfreundlicher zu sein, kann nicht dafür sorgen, entsprechendes zu verinnerlichen. Das sind Prozesse, die zig Jahrzehnte brauchen, sofern sie jemals überhaupt verinnerlicht werden. Die Vorstellung also, dass auch Väter zu Hause bleiben, wird also noch über Generationen eher die Ausnahme sein. Wobei wirtschaftliche Krisen die entsprechende Einstellung befördern könnten. Nach dem Motto: Lieber Vater sein statt als arbeitslos zu gelten.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Der Cousin meines Freundes ist bei seine zweiten Kind in Elternzeit gegangen. Beim ersten Sohn blieb die Mutter daheim, beim zweiten er. Beim dritten wäre sie dann wohl wieder dran. :wink:

Dieser Cousin ist Feuerwehrmann, ein wohl recht männerdominierter Beruf, aber die wenigsten seiner Kollegen fanden es komisch oder gar schlecht, dass er freiwillig daheim blieb. Ein paar Machos haben natürlich ihre dummen Sprüche gerissen, aber die Mehrheit seiner Kollegen fand das super und vorbildlich, immerhin war seine Frau ja beim ersten Kind in Mutterschutz gegangen. Er ist auch wirklich gut mit seinen Söhnen klar gekommen. Die Muttermilch hatte seine Frau abgepumpt, weil Stillen natürlich nicht ging, wenn sie unterwegs war und alles andere war sowieso kein Problem für ihn.

Bei der Sekretärin meines Vaters ist auch der Vater der Kinder zu Hause geblieben, allerdings etwas weniger freiwillig. Er ist Bauarbeiter und beide Kinder wurden zufällig so geboren, dass er ohnehin saisonbedingt daheim war. Da wäre es natürlich blödsinnig gewesen von seiner Frau zu verlangen in Elternzeit zu gehen, wenn er eh nicht arbeiten gehen konnte. Das wäre auch finanziell gar nicht gegangen. Darum hat er in beiden Fällen die Elternzeit genommen und das Betreuungsgeld bekommen, während seine Frau nach den paar Wochen Mutterschutz wieder zu arbeiten anfing. Zunächst war er nicht sehr erfreut, kam dann aber doch sehr gut damit zurecht und war beim zweiten Kind richtig zufrieden damit. Auch bei ihm hat es weniger Hohn und Spott gebracht, als man vielleicht auf Anhieb in der Baubrance erwarten würde, obwohl das noch in den Neunzigern war und da disebezüglich sicherlich noch mehr Intoleranz herrschte als heute.

Wenn es bei uns mal soweit ist, werde es wohl ich sein, die die Elternzeit nimmt. Mein Freund wäre zwar durchaus auch dazu bereit, wenn auch vielleicht nur ein paar Monate und kein ganzes Jahr oder gar zwei, da würde ihm die Decke auf den Kopf fallen. Zutrauen würde ich ihm das auch ohne weiteres, er hat schon einiges an Erfahrung mit der Kinderpflege sammeln können und den Rest lernt er zur Not auch noch. Allerdings werde ich auch "nur" Lehrerin, von einer echten Karriere, auf die ich verzichte, kann da ohnehin keine Rede sein. Aufstiegschancen bestehen bei mir darin vielleicht Schulleiterin zu werden, worauf ich nun echt gar keinen Wert lege, darum verliere ich durch ein oder zwei Jahre Elternzeit wirklich rein gar nichts. Mein Freund würde schon gern etwas höher hinaus, da wird das leider immer noch nicht gern gesehen. Und vermutlich werde ich sogar noch verbeamtet, da sieht es auch immer noch ein wenig anders aus als in der freien Wirtschaft, traurig aber wahr.

Außerdem bin ich direkt scharf darauf die ersten Monate komplett mit meinem Kind zu verbringen. Ich konnte an meinen Patenkindern, unserem Neffen und anderen Kindern in meinem Umfeld wunderbar beobachten, dass sich Kinder nie wieder so schnell entwickeln, wie in den ersten Lebensmonaten. Das möchte ich auf keinen Fall verpassen, weil ich tagsüber außer Haus bin. Wenn sie erstmal etwas größer sind, geht die Entwicklung nicht mehr so rasant, dann werde ich auch liebend gerne wieder arbeiten gehen. Aber diese erste Zeit möchte in um nichts in der Welt verpassen. Arbeiten kann ich noch mein ganzes Leben, aber diese Phase kommt niemals wieder.

» Sorcya » Beiträge: 2904 » Talkpoints: 0,01 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Ich wohne in einer sehr speziellen Gemeinde in Israel, in der sowohl Väter als auch Mütter eine Elternzeit nehmen können. Es besteht auch die Möglichkeit, das zu kombinieren, sodass beide Eltern jeweils die Hälfte der Woche arbeiten und die andere Hälfte zu Hause beim Kind bleiben. Das ist wohl die Wahl, die die meisten Familien bevorzugen würden, weil so beide Eltern Zeit mit dem Kind verbringen und trotzdem im Berufsleben bleiben können, allerdings klappt das auch hier nicht immer ganz so, wie man es sich wünscht.

Ich denke, dass sowohl hier als auch in Deutschland und Österreich einer der Hauptgründe dafür, dass eher Frauen eine Babypause machen, schon ist, dass der Mann häufig mehr verdient und/oder eine wichtigere Position im Job hat. Es ist vielleicht gesetzlich vorgeschrieben, dass ein Arbeitgeber Arbeitnehmern beider Geschlechter eine Elternzeit gewährleisten muss, aber ich denke, dass trotzdem häufig eher bei einem Mann dadurch Nachteile im Job entstehen würden.

Ein weiterer Grund ist sicher, dass trotz aller Gleichberechtigung viele Menschen es doch immer noch als natürlicher ansehen, wenn neugeborene Babys zunächst einmal von der Mutter betreut werden. Ich muss auch ganz ehrlich sagen, dass ich persönlich wahrscheinlich nicht wieder anfangen würde zu arbeiten, damit mein Freund bei unserem Kind bleiben kann. Irgendwie würde ich mich dabei doch komisch fühlen.

» channale » Beiträge: 1371 » Talkpoints: 37,37 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich kann mit dem Begriff Karenz recht wenig anfangen. Ist das dasselbe wie der Mutterschutz oder wie die Elternzeit in Deutschland?

In Mutterschutz kann man in Deutschland ja als Frau sechs Wochen vor der Geburt gehen, muss man aber nicht, wenn man nicht will. Allerdings muss man acht Wochen nach der Geburt des Kindes als Mutter daheim bleiben.

Wie lange die Elternzeit in Deutschland mittlerweile geregelt ist, weiss ich leider nicht wirklich. Ich blick da nicht mehr durch. Allerdings kenne ich es an sich schon so, das auch der Vater einen Teil der Elternzeit gerne übernimmt. Der Vater meines Patenkindes hat das auch gemacht und wurde deshalb auch nicht schief angesehen. Und er hat wohl auch beim zweiten Kind einen Teil der Elternzeit genommen.

Ich denke, es ist nun mal meistens so, das der Mann in einer Beziehung mehr verdient und deshalb die Elternzeit meistens von der Mutter genommen wird. Alleine schon aus finanziellen Gründen. Wobei es ja mittlerweile wohl auch das Modell gibt, das beide Elternteile gleichzeitig Elternzeit nehmen können.

Ich kenne aber auch Leute, bei denen klar ist, wenn sie mal Kinder bekommen, das der Mann daheim bleibt, weil einfach sie mehr verdient.

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge


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