Selbsthilfegruppe auch online anbieten sinnvoll

vom 11.03.2010, 21:53 Uhr

Ich möchte eine Selbsthilfegruppe für Kaufsüchtige ins Leben rufen und habe auch schon sehr viele Anfragen dazu. Die Betroffenen wollen einfach sich zwanglos über ihre speziellen Probleme unterhalten und nach Lösungsmöglichkeiten dabei suchen. Das ist natürlich auch mein Ziel dabei, denn hier können die Betroffenen über Sachen sprechen, die sie sonst so nicht weiter geben würden.

Allerdings gab es auch einige Anfragen zwecks einer sogenannten Diskussion per Internet. Manchen Personen fällt es schwer, sich in einer Gruppe zuöffnen und überhaupt über das doch etwas brisante Thema zu reden. Die Leute meinten im Internet per Forum oder Webseite wäre dieses dann anonym möglich und man bekäme so auch die gewünschte Hilfe und wichtige Tipps und Ratschläge dazu. Ist diese Variante nun wirklich eine ideale Lösung? Ich möchte dazu einfach mal die Meinung der Leute wissen, die nicht so direkt mit der Problematik wie ich verbunden sind. Das würde mir bei der Entscheidung wirklich weiter helfen.

Benutzeravatar

» karlchen66 » Beiträge: 3563 » Talkpoints: 51,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Eine Selbsthilfegruppe online zu machen ist zwar für Betroffene erst mal ungezwungener und anonym, aber auch riskant. Denn eine solche Gruppe sollte auch psychologisch betreut werden und wenn du keine Fachkraft in diesem Forum zur Seite stehen hast, dann würde ich sowas nicht machen. Ein Psychologe wird sich aber kaum finden lassen, wenn du keinen in deinem Bekanntenkreis hast, der diese Aufgabe auch ehrenamtlich machen würde.

Selbsthilfegruppen können einen ohne psychologische Hilfe auch runterziehen und alles beschönigen. Denn du weißt ja auch nicht, we am anderen Ende der Leitung sitzt und wer in die Tasten haut um seine Probleme kunt zu tun. Ein allegemeines Forum, wo über Gott und die Welt gequatscht wird mit einem Bereich für dieses Problem würde ich da besser finden. Denn da erwartet ein Mensch, der zum Beispiel an einer Kaufsucht leidet nicht unbedingt, dass ihm auch wirklich geholfen wird. Ratschläge von jemanden, der von dieser Sucht nichts versteht können da sehr schnell nach hinten los gehen, wenn so eine Selbsthilfegruppe die nur über psychische Probleme "quatscht" ins Netz gestellt wird.

Ich persönlich halte sehr viel von Selbsthilfegruppen. Aber diese Gruppen haben immer eine Ansprechperson, die wirklich vom Fach ist und auch falsche Tipps korigiert.

Benutzeravatar

» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge


Ich würde jetzt auch mal so spontan sagen, dass das Internet sicherlich eine gute Möglichkeit ist, sich über Probleme auszutauschen. Hier gibt es ja auch viele, die ihre kleinen Sorgen und Ärgernisse, aber auch Freuden, hier mitteilen und sich Rat holen. Das ist für viele einfacher, als mit echten Menschen darüber zu reden, wenn es womöglich etwas peinliches ist, manch einer hat auch vielleicht niemanden sonst.

Aber gerade bei Selbsthilfegruppen spielt die Anonymität eine wichtige Rolle. Viele Leute schämen sich ihrer Suchterkrankungen oder anderen Probleme. Für solche Menschen ist es manchmal sehr schwer persönlich zu solchen Treffen zu gehen und sich von Angesicht zu Angesicht mit anderen auszutauschen. Zwar sind die meisten Leute, auf die sie dort treffen, ebenfalls von den gleichen Problemen betroffen, trotzdem ist die Hemmschwelle da oft groß. Viele denken: "Womöglich treffe ich wen, den ich kenne, das wäre so peinlich!"

Darum finde ich das generell eine gute Idee. Eine Anlaufstelle zu haben, wo man ich austauschen kann, ist wichtig, wenn man seine Krankheit bekämpfen will. Und vielleicht hilft so ein Internetchat oder Forum zu genau diesem Thema den Betroffenen ihre Hemmschwellen abzubauen und irgendwann auch zu "echten" Selbsthilfegruppen zu gehen. Denn auch über Probleme zu reden kann man üben. Wenn man seine Sorgen erstmal vernünftig formuliert hat, fällt es sicher leichter auch darüber zu sprechen und nicht nur darüber zu schreiben. Und die, die sich doch nicht trauen haben so wenigstens einen Einrichtung, an die sie sich wenden können und wo die Tipps bekommen, wie sie mit der Krankheit umgehen.

Es gibt sicher auch schon einige solcher Seiten, z.B für Opfer häuslicher Gewalt, Alkoholsucht und so weiter. Vermutlich gibt es auch schon einige für von Kaufsucht betroffenene, aber das spricht ja nicht dagegen, dass du eine weitere gründest. Ich finde deine Idee echt gut und denke schon, dass sich das lohnen würde. Aber du solltest dir da, wenn möglich, jemanden vom Fach mit ins Boot holen, der den Usern auch professionelle Hilfestellung geben kann.

» Sorcya » Beiträge: 2904 » Talkpoints: 0,01 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Ich habe zwar keine Kaufsucht oder irgendeine andere Sucht, aber ich kann mir deine Idee schon recht nett beziehungsweise sinnvoll vorstellen. Ich denke, dass es schon viele Personen gibt, die sich anonym in einem Forum melden um ihr Problem zu erörtern.

Ich denke, dass der erste Schritt oft eine große Hürde sein kann. Sich Hilfe zum Beispiel bei einem Therapeuten zu suchen, dauert bei vielen Betroffenen oft lange. Der Weg kann aber auch recht umständlich sein. Zunächst einmal muss man sich informieren, welche Hilfe die passendste wäre, beziehungsweise wo man sich am besten hinwenden kann. Dann muss man eine Kontaktmöglichkeit ausfindig machen und dann muss man in der Regel erst einmal einen Termin ausmachen. Das kann oft lange dauern.

Eine Internetplattform wäre da sicher ein unbürokratischer und schneller Weg zumindest für die erste Zeit. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass man dort dann gleich geballt Informationen über sein Problem erhalten kann, da ja auch viele andere Betroffene dort zu finden sind.

Ich kann es mir auch leichter vorstellen, sich anonym bei Gleichgesinnten zu outen, als eben bei einem Therapeuten anzurufen und das Problem schildern. Ich war zwar wie gesagt noch nie in so einer Situation, aber ich glaube, dass ich da vor diesem ersten Schritt Hemmungen hätte, auch wenn die wohl unbegründet wären.

Vielleicht können sich die Forenteilnehmer auch gegenseitig unterstützen und motivieren.

Hast du vor, das Forum kostenlos zur Verfügung zu stellen oder mit einem Mitgliedsbeitrag?

Eine Bekannte von mir hat vor einiger Zeit ebenfalls ein Internetforum gegründet, wo sich Asexuelle austauschen und kennenlernen können. Sie hat die Webseite dann auch noch erweitet auf andere eher außergewöhnliche Beziehungen. Sie hatte zwar einige Anlaufschwierigkeiten, aber die Seite ist im Werden. Um mehr Mitglieder zu bekommen, bietet sie das Forum derzeit mit einer Aktion noch kostenlos an, hat jedoch vor dies später einmal zu ändern.

Benutzeravatar

» tournesol » Beiträge: 7760 » Talkpoints: 69,99 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Ich finde die Anonymität des Internets auch manchmal als schützend. Gerade wenn man krank ist und wenn man generell Probleme hat, über Sachen, die einen beschäftigen zu sprechen. Mittlerweile stehe ich aber Internetforen und Gruppen, deinem einem Austausch über Krankenheiten eine Plattform bieten sollen, eher kritisch gegenüber.

Ich habe, wie ja eh bekannt ist, eine Borderline- Persönlichkeitsstörung. Zu der stehe ich auch relativ offen, trotzdem gibt es an sich schon Sachen, über die ich mich im realen Leben einfach nicht austauschen kann und möchte. Das war sicherlich einer von vielen Gründen mich vor Jahren in einem Borderline- Forum zu registrieren. Das Forum läuft über einen Verein. Einem Verein von Betroffenen für Betroffene. Diverse "Obergurus" ( sprich bekannte Ärzte) der Borderline- Ärzteszene sind in dem Verein zwar Mitglieder und haben auch Unterforen, in denen man ihnen "direkt" Fragen stellen kann, aber sie greifen an sich nicht in das eigentliche Forengeschehen ein. Sprich in Diskussionen werden sie nie eingreifen. Und sich auch nicht äussern. Die Foren in denen sie Ansprechpartner sind, können nur begrenzt genutzt werden. Man kann da Fragen stellen, aber die werden ausschliesslich nur von den angesprochenen Ärzten beantwortet. Auch als Threaderöffner kann man dann im selben Thema nicht weiterfragen. Sprich Diskussionen gibt es in den Unterforen nicht.

Ich war dort mal relativ aktiv. Irgendwann war mir das Board nur noch tot moderiert. Hier bei Talkteria ist klar, wenn man das und das macht, kann das und das passieren. Nachvollziehbar. Dort handelt zeitweise jeder Moderator anders. Und Mit- Moderatoren werden/ wurden anders behandelt, als einfache User. Klar muss es in einem solchen Forum Regeln geben. kann ich nachvollziehen und so weiter. Trotzdem fand ich manche Handlungen von Seitens des Teams einfach nicht in Ordnung.

Ausserdem habe ich oftmals festgestellt, das manche Sachen auch einfach runterziehen. Wobei es dort Unterforen gibt, für die man sich extra bewerben muss und einem auch klar ist, was einen da erwarten kann. Und es auch, in meinen Augen, Diskussionen gibt, bei denen es nur mit offenen Worten geht. Die aber zum Teil unterbunden werden, durch die Moderatoren. Einfaches Beispiel. Borderline wird durchaus auch mediamentös behandelt. Klar wird dann auch mal nachgefragt, ob wer das und das Medikament kennt und wie andere damit zurecht kamen. Nur bringt das in meinen Augen wenig, wenn man die Dosierung nicht nennen darf. Auf der anderen Seite besteht halt gerade bei Borderliner auch oftmals eine Suchtproblematik. Gerade auch was Medikamente betrifft. Deshalb halte ich es an sich schon für richtig, Medikamentendiskussionen zu unterbinden. Aber auf der anderen Seite finde ich es halt auch sinnlos, zu sagen, ich nehme das Medikament auch und mir hilft es nicht. Vielleicht würde es in einer höheren Dosierung aber helfen?

Ich habe mich ausserdem in einer Community in einer Borderline- Gruppe angemeldet. Ich suchte an sich den Austausch mit Betroffenen. Hier finde ich den Austausch noch schwieriger. Bisher lese ich nur mit und bin an sich schockiert.

Generell ist ein virtueller Austausch sicherlich nicht schlecht. Da ich aber Kaufsucht an sich auch eher im Bereich psychische Erkrankungen einordnen würde, sind da einige Dinge gesondert zu beachten. Und das sollte dir klar sein. Vorallem auch die rechtliche Seite.

Ob unbedingt Fachpersonal dabei sein sollte, ist immer so eine Sache für sich. Es ist immer ein Unterschied, ob man sich unter Betroffenen austauscht, oder ob da eventuell Fachpersonal mitliest ( und auch aktiv schreibt) das man eventuell real kennt.

Es gab mal eine Zeit, da hätte ich es toll gefunden, wenn jemand aus meinem Kreis der Helfenden auch in dem Forum aktiv gewesen wäre. Heute bin ich eher froh einen Rückzugsort zu haben, an dem ich auch über Probleme schreiben könnte, die ich eben real nicht aussprechen mag oder kann.

Ich habe hier bei Talkteria auch bewusst schon Themen eingestellt, die in einem Borderline- Forum vielleicht besser aufgehoben gewesen wären. Aber ich wollte einfach auch mal die Sicht von Nicht- Betroffenen lesen. Und ich denke das das auch ganz wichtig für den eigenen Weg sein kann. Für mich ist es manchmal wichtiger auch mal zu sehen, wie "Normalos" mit was umgehen, was für mich Realität ist.

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge


Diamante hat geschrieben:Selbsthilfegruppen können einen ohne psychologische Hilfe auch runterziehen und alles beschönigen. Denn du weißt ja auch nicht, we am anderen Ende der Leitung sitzt und wer in die Tasten haut um seine Probleme kunt zu tun. Ein allegemeines Forum, wo über Gott und die Welt gequatscht wird mit einem Bereich für dieses Problem würde ich da besser finden. Denn da erwartet ein Mensch, der zum Beispiel an einer Kaufsucht leidet nicht unbedingt, dass ihm auch wirklich geholfen wird. Ratschläge von jemanden, der von dieser Sucht nichts versteht können da sehr schnell nach hinten los gehen, wenn so eine Selbsthilfegruppe die nur über psychische Probleme "quatscht" ins Netz gestellt wird.

Also die Selbsthilfegruppe besser gesagt das Treffen findet ohne Psychologen statt, denn ansonsten würde kein Betroffener dort erscheinen. Die betroffenen Personen wissen nichts über ihre eigene Sucht, dass müssen sie erst einmal praktisch verstehen. Sie müssen erst einmal ihre jetzige Situation mitteilen können und das ist der schwerste Schritt. Wenn man darüber nicht offen reden kann, wird man überhaupt nichts ändern können.

Ein allgemeines Forum wird es daher nicht sein, denn es muss schon über die Sucht direkt mit den einzelnen Unterpunkten gesprochen werden. Ein Beispiel soll einmal das Schuldnerforum sein, denn hier geht es nur um Schulden aller Art. Bei jeden einzelnen Betroffenen wird die Art der Hilfe auch anders aussehen, denn jeder Fall ist unterschiedlich. Es gibt dafür nie eine Universallösung.

@tournesol
Selbstverständlich wird es für alle völlig kostenlos sein. Wichtig ist hierbei auch die komplette Einbeziehung der Angehörigen. In der ersten Phase können die Angehörigen mit der gesamten Situation nichts anfangen. Im schlimmsten Fall reißt dann der Kontakt auch komplett ab. Hier muss erst einmal gründlich über diese Sucht informiert werden.

Auch für die Angehörigen ändert sich die Situation in einigen alltäglichen Dingen keine Frage. Aber dazu müssen sie auch innerlich bereit sein, ansonsten hilft es nicht weiter. Und ich sage es immer wieder auch diese Sucht ist nicht heilbar. Auch Rückschläge sind hier der Normalfall. Allerdings freue ich mich über jeden, der wieder ein ganz normales Leben mit dieser Sucht führen kann. Das ist für mich dann der schönste Lohn und auch eine Bestätigung meiner Arbeit.

Benutzeravatar

» karlchen66 » Beiträge: 3563 » Talkpoints: 51,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Ich denke schon das es auch sinnvoll wäre, das ganze online anzubieten. Dann hätten mehr Menschen Zugang und können Hilfe erwarten. Ich würde es einfach zweigleisig machen, einmal normal und einmal online.

Ich denke hier an die Menschen die nicht so mobil sind oder wo es weit und breit keine anderen Selbsthilfegruppen gibt. Hier wäre das Internet doch eine super Lösung. Ich weiß noch das ich für eine Bekannte im Internet eine Selbsthilfegruppe gesucht habe, doch die einzige die zu finden war, war über 200 Kilometer von uns entfernt.

Ich denke das durch die Onlinemöglichkeit mehr Menschen auf diese Hilfe zurückgreifen können und das dadurch mehr Menschen geholfen werden kann.

» wiesel » Beiträge: 1303 » Talkpoints: 0,26 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Das ist auch mein Gedankengang dabei, denn auch der spezielle Umgang mit dieser Sucht ist von Region zu Region verschieden. In Bayern gibt es beispielsweise spezielle Kliniken dafür. Hier liegen auch daher eine Vielzahl von Erfahrungen vor, die man im Online Bereich effektiv verwenden kann.

Das Hilfsangebot bezieht sich auf alle Bereiche des persönlichen Lebens der Betroffenen. Das ist schließlich auch der Kernpunkt unserer Arbeit. Natürlich ist hier auch der Zeitfaktor entscheidend, denn eine Betreuung kann sich unter Umständen bis zu 8 Jahren hinziehen.

Benutzeravatar

» karlchen66 » Beiträge: 3563 » Talkpoints: 51,03 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^