Umstrittene Abmahnanwalt Gravenreuth nimmt sich das Leben

Es ist nicht von Bedeutung, was man persönlich von den Machenschaften des Münchner Anwalts Günter Werner Freiherr von Gravenreuth gehalten hat. Er hat jedenfalls seit den 80er Jahren regelmäßig von sich reden gemacht und wie kaum ein anderer polarisiert. Wobei er eigentlich immerzu die Rolle des Buhmannes übernommen hat. Und er hat sich in dieser Rolle des Provokateurs - seinen Bekundungen und zahlreichen Forenbeiträgen in verschiedensten Foren nach - gefallen.

Jetzt hat er sich vermutlich selbst verzweifelt genug gefühlt, um seinem Leben ein Ende zu setzen. Ganz wie die Jahre zuvor nicht ohne eine entsprechend begleitende Ankündigung im Netz. Und obwohl man dies ernst genommen hatte, kam die Polizei leider zu spät, um die Tat zu verhindern.

Ich persönlich bedauere den Tod und bin schon fassungslos, da ich nicht dachte, dass sich jemand wie von Gravenreuth so sehr in die Ecke gedrängt fühlen kann. Er hat zwar mit seinen Aktionen einfach nicht erkannt, wann der Bogen überspannt war - er hätte demnächst eigentlich eine Freiheitsstrafe anzutreten gehabt. Aber ob das allein für den 61jährigen den Ausschlag gegeben hat, sich das Leben zu nehmen?

Es geht mit ihm schon ein Stück weit Zeitgeschichte dahin. Denn seien es die verfolgten Comics, seine Tanja-Idee oder auch die Explorer-Abmahnungen - er hat die (vermeintlichen aber auch existierenden) Lücken im Rechtssystem für sich zu nutzen gewusst und sich so seinen Namen gemacht. Wenn er sicher auch nie positiv aufgefallen ist. Schade - und wenigstens seine letzte Entscheidung ist unzweifelhaft ein Fehler gewesen!

Ich muss ehrlich sagen, dass ich diesen Herren überhaupt nicht kenne. Zwar sind mir einige der sogenannten Abmahnanwälte bekannt, aber dieser nicht.

Ich sehe das auch aus zwei Blickwinkeln. Zum einen gebe ich dir absolut recht: wenn es Lücken im Rechtssystem gibt, dann kann es durchaus positiv sein, wenn man dise aufdeckt. Sonst machen am Ende alle was sie wollen. Das er dabei natürlich nicht an Beliebtheit gewinnt ist klar.

Ich vermute daher auch, dass er starken psychischen Druck von Außen zu spüren bekommen hat. Ich stelle es mir schwer vor, wenn man gemieden oder gar verachtet wird. Fakt ist: hätte er nicht abgemahnt, hätte es ein anderer Anwalt getan.

Ich bedaure es generell (oder in den meisten Fällen), wenn ein Mensch keinen anderen Weg sieht, als sich selber zu richten. Und da ist dieser Herr keine Ausnahme.

Er und seine Taten waren wirklich sehr umstritten. Ich finde es nicht ok, wenn man sich als arme Schülerin ausgibt, um pubertierende Jugendliche zum Raubkopieren zu animieren.

Doch auch später hörte man immer wieder von Gravenreuth, der selbst anscheinend enge Kontakte zur Cracker-Szene hatte. Meistens hörte man nichts gutes. Seine Gefängnisstrafe war gerechtfertigt, denn die Aktion mit der Zeitung schlug dem Fass den Boden aus. Die schlimmsten Kriminellen sind die, die meinen, sie handeln legal. Dass es nicht so war, dass wusste nun jeder.

Gravenreuth hätte seine Gefängnisstrafe antreten sollen, er zog den Freitod vor. Sein Leben hatte er wohl schon vor langer Zeit verwirkt, er hat sicher viele dunkle Geheimnisse ins Grab genommen. Ich hoffe, er kann wenigstens noch als abschreckendes Beispiel dienen, wozu es führen kann, wenn man seine Macht missbraucht, und sich eventuell noch mehr Macht einbildet, als man besitzt.

Lücken im Rechtssystem hat er sicher nicht ausgenutzt, um sie aufzudecken, sondern um sie einfach bis zum Anschlag auszunutzen. Ich glaube ja an das gute im Menschen, aber wenn man die Berichte über solche Leute liest, dann gerät dieser Glaube schon ins Wanken. Möge er in Frieden ruhen, und sein Schaffen für andere nicht erstrebenswert sein.

derpunkt hat geschrieben:Er hat zwar mit seinen Aktionen einfach nicht erkannt, wann der Bogen überspannt war - er hätte demnächst eigentlich eine Freiheitsstrafe anzutreten gehabt. Aber ob das allein für den 61jährigen den Ausschlag gegeben hat, sich das Leben zu nehmen?