Kind will ununterbrochen Lob!

vom 11.02.2010, 07:59 Uhr

Hallo,

ich arbeite als Kindergärtnerin in einem ziemlich großen Kindergarten und neulich hat mir eine Kollegin von einem vier Jahre altem Kind aus ihrer Gruppe erzählt. Die Mutter des Jungen ist generell etwas schwierig/eigenartig und will nur als Beispiel im Hochsommer (bei 35 Grad) nicht, dass ihr Kind im Garten des Kindergartens pritschelt und badet oder ohne Schuhe im Sand spielt.

Nun hat sich der Junge seit einigen Wochen angewöhnt, permanent nach Lob zu fordern. Er fragt nach jeder kleinen Leistung, ob er tüchtig ist und ob er brav war. Das geht mittlerweile sogar schon so weit, dass er meine Kollegin bei der Begrüßung (also, wenn er gerade in den Kindergarten gekommen ist) fragt, ob er tüchtig ist. Als meine Kollegin daraufhin sagte, dass sie das nicht beurteilen kann, weil er doch gerade erst in den Kindergarten gekommen ist, bekam sie nur einen schiefen Blick der Mutter.

Mich würde nun interessieren, wie ihr das mit Lob so handhabt? Ich habe ja selbst einen Sohn der knapp 2,5 Jahre alt ist und denke, dass ich ebenfalls das eine oder andere Mal etwas zu viel lobe. Es ist aber bei Weitem nicht so, dass ich es permanent sage oder dass unser Sohn danach fragt. Ich lobe ihn einfach, wenn er etwas schwieriges geschafft oder etwas Neues gelernt hat. ISt dsa übertrieben?

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» Nipfi » Beiträge: 3076 » Talkpoints: 8,28 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Sowas ist immer Ansichtssache was zu viel oder zu wenig ist. Auch meine Kinder mit 7 Jahren fordern manchmal ein Lob ein und wenn ich es gerechtfertigt finde, dann bekommen sie es natürlich auch.

Wenn eine Mutter ihr Kind im Sommer nicht mit Wasser spielen lässt, dann ist das ihre Entscheidung. Auch wenn ihr das etwas komisch findet. Meine Kinder wollten im Kindergarten an solchen Spielen auch nie teilnehmen. Kann also sein, das es auch das Kind nicht möchte und allein in der Mitteilung von der Mutter die Fomulierung dessen ein wenig unglücklich war, so das ihr denkt, es liegt an der Mutter. Wobei mir auffällt, das bei euch anscheinend sehr viele schwierige Eltern sind.

Was das einfordern vom Lob angeht, so kann ich nur vermuten, das seine Mutter/Eltern ziemlich rar damit umgehen und der Sohn das ständig einfordern muss, um überhaupt ein gutes Wort aus der Richtung zu bekommen. Das sich das auch auf andere Menschen projeziert ist dann ganz normal. Er ist es ja von zu Hause aus so gewohnt.

Da bleibt euch nur ein Gespräch mit der Mutter, wo mal geklärt wird, wie das so zu Hause läuft. Nur sollte das ohne Vorhaltungen passieren und mit kleinen Tipps, wie die Mutter es besser machen kann. Ich weiss, das viele Eltern mit dem Verteilen von Loben sparsam umgehen, weil sie es einfach nicht anders aus ihrer Kindheit kennen.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


Es wird ja oft behauptet, dass vor allem kleine Kinder mit negativer Rückmeldung gar nichts anzufangen wüssten und nur anhand von andauerndem Lob bei richtigem Verhalten unterscheiden lernen, was richtig ist und was falsch. Das halte ich offen gesagt für Blödsinn. Ich habe auch schon im Kindergarten gearbeitet und den Eindruck, dass die Kinder mit Verboten und Strafen für Fehlverhalten durchaus etwas anzufangen wussten. Das nur nebenbei.

Viele Eltern hängen dieser Theorie jedoch begeistert an und überhäufen ihre Kinder mit Lob und Belohnungen. Da wird, übertrieben dargestellt, jeder Pups den ein Kind lässt mit überschwänglicher Begeisterung kommentiert. Das stärkt das Selbstbewusstsein eines Kindes, was ja auch richtig und wichtig ist. Nur leider wird dem Kind überhaupt nicht beigebracht, wie man mit Kritik umgeht. Irgendwann kommt es aber zwangsläufig in eine Situation, wo nicht jede noch so kleine Leistung wie ein Formel1 Sieg gefeiert wird, sondern auch vieles einfach für selbstverständlich erachtet wird. Und Fehler werden eben mit Kritik kommentiert. Das ist für Kinder, die nur Lob kennen dann oft ein Schock.

Lange Rede, kurzer Sinn: Lob ist für die Entwicklung eines Kindes sehr wichtig und gar zu geizig sollte man nicht damit sein. Aber man darf es eben auch nicht übertreiben. So wie du den Umgang mit deinem Sohn schilderst, Nipfi, scheinst du aber das richtige Maß zu halten. Lob ist angebracht, wenn er etwas Besonderes geleistet hat oder etwas alltägliches besonders gut gemacht hat.

Was eueren Schützling im Kindergarten angeht, finde ich das Verhalten schon ein bischen bedenklich. Wenn seine Mutter deine Kollegin mit schiefen Blicken bedenkt, wenn diese ihren Sohn nicht schon zur Begrüßung mit Lobhymnen überhäuft, wäre wohl ein Gespräch mal angebracht. Es muss ja einen Grund haben, dass der Junge andauernd Rückmeldung verlangt und scheinbar nichts ohne die Aufmerksamkeit eines Erwachsenen tun kann. Ich würde da auch gegensteuern, denn dem nachzugeben, nutzt ihm langfristig auch nichts. Auch wenn er erst vier Jahre alt ist, muss er Selbstständigkeit lernen. Zumal häufiges Lob ihn irgendwann auch nicht mehr befriedigen wird, weshalb er irgendwann andauernd fragen wird. Und auch harmlose Kritik ihn dann doppelt hart treffen wird.

Am besten wäre es wohl der Mutter mitzuteilen, was euch aufgefallen ist und nachzufragen, wie er sich zu Hause verhält. Vielleicht nimmt sie euer Hilfsangebot ja auch dankbar an, weil sie selber nicht recht weiß, was sie damit anzufangen weiß.

» Sorcya » Beiträge: 2904 » Talkpoints: 0,01 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Ich schließe mich meinen Vorrednern schonmal an, denn auch ich finde, dass Lob wichtig ist für ein Kind. Das so ein positives Umfeld geschaffen wird, in dem sich das Kind optimal entwickeln kann. Aber ich denke auch, dass da eine wohl durchdachte Dosierung sehr wichtig ist. Wenn man immer und in sämtlichen Situationen mit Lob um sich wirft, ob das Kind danach verlangt oder nicht, dann kann das auch vom Kind schnell als Selbstverständlichkeit angesehen werden und ist so dann kein Ansporn mehr eine Sache gut zu machen.

Gerade in dem von dir geschilderten Fall ist das wirklich nicht zum Wohle des Kindes, wenn man den ständigen Forderungen nach Lob nachgeben würde. Denn gerade ein Lob soll doch dann eingesetzt werden, wenn ein Kind zum Beispiel etwas tolles geschafft hat oder möglicherweise bei etwas geholfen hat (am besten noch von allein). Da gibt es unzählige Situationen, in denen Lob ein toller Ansporn sein kann. Aber wenn es ständig einefordert wird, geht der Sinn und Zweck des Lobs verloren. So sehe ich das jedenfalls und würde es so handhaben.

Vorallem muss ja auch Spielraum für Fehler gelassen werden, die das Kind macht. Man kann nicht immer nur loben. Manchmal geht auch etwas schef und da muss man dann mit dem Kind gemeinsam nach einer besseren Lösung suchen. Dabei soll sich das Kind dann aber nicht schlecht fühlen, nur wenn es mal nicht gelobt worden ist, weil es das ständig gewöhnt ist.

Nur am Rande: Vielleicht sollte deine Kollegin das Kind dann loben, wenn es etwas tolles erreicht hat und mal nicht danach verlangt (wenn sie es nicht längst so macht). Vielleicht bekommt der Junge dann mit der Zeit mit, dass das Nachfragen nicht das ist, was ihm das Lob einbringt sondern ganz andere wichtige Dinge, die das Kind vollbringen kann.

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» Yazz » Beiträge: 1325 » Talkpoints: 10,38 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Da stimmt irgendwas nicht mit dem Jungen. Er möchte immer Lob weil er sehr unsicher ist. Da bin ich sicher. Entweder bekommt er daheim viel Druck oder Ärger oder er wird daheim ebenso dauernd gelobt. Aber ich denke eher das die Erwartung an den Jungen sehr hoch sind und er das deshalb immer frägt. Vielleicht sagt die Mutter immer: Du musst das können und dies tun. Er ist unsicher und möchte von daher sicher nur Bestätigung. Vielleicht ist es aber nur eine Macke die wieder vergeht. Man muß abwarten was passiert und wenn nicht dann soll die Erzieherin die Mutter ansprechen wenn es sie sehr stört.

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» MoneFö » Beiträge: 2938 » Talkpoints: -3,73 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Ich glaube, ich lobe meinen Sohn manchmal zu wenig. Allerdings hat er auch so ein ausgeprägtes Selbstbewußtsein, dass er mir oft auch zuvorkommt und dann sagt "das habe ich super gemacht" oder dergleichen. Ich könnte zugegeben öfter loben, aber vom permanenten Loben halte ich auch nichts. Irgendwann nutzt sich das doch ab und das Kind fühlt sich vielleicht gar nicht mehr bestätigt, weil es ständig alles super und toll macht - das muss auch nicht sein, finde ich.

Ich könnte mir vorstellen, dass das Kind entweder a) ständig von der Mutter gelobt wird und diese Bestätigung nun auch kontinuierlich im Kindergarten will oder b) dass er an sich ein sehr schwaches Selbstbewußtsein hat und einfach immer Bestätigung von seinem Umfeld möchte, wobei ich Ersteres wahrscheinlicher finde.

Ich finde das Ganze schon sehr seltsam und stelle mir das für die Erzieherinnen auch ziemlich nervig vor. Mich würde auch mal interessieren, wie das Kind umgekehrt mit Kritik umgeht, denn man kann ja nicht immer Lobeshymnen singen und es wird ja auch mal Situationen geben, wo es sich danebenbenimmt. Unter Umständen traut man sich dann gar nicht mehr, das Kind zu tadeln, da das Kind dann am Boden zerstört ist und die Mutter sich darüber aufregt. Eine verzwickte Situation.

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» netti78 » Beiträge: 3238 » Talkpoints: 18,35 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


Also wenn das Kind durch und durch für alles was er tut, gelobt werden möchte, dann macht meiner Ansicht nach die Mutter etwas falsch. Es kann vielleicht sein, dass sie ihm entweder zu viel oder aber zu wenig Aufmerksamkeit schenkt. Daher sollte dringend einmal mit der Mutter des Jungen ein Gespräch geführt werden. Auch würde ich kein Blatt vor den Mund nehmen und das Gespräch mit einem freundlichen, aber sehr bestimmten: "Ich habe vorher vernommen, dass sie mich schief angeschaut haben, als ich gemeint habe, dass ich nicht beurteilen kann, ob ihr Sohn tüchtig war. Da wir in erster Linie dafür da sind, die Erziehung der Eltern zu unterstüzten und zu ergänzen, wäre es mir sehr wichtig auf welche Werte Sie in der Erziehung achten und wie das bei Ihnen mit dem Lob gehandhabt wird." Die Mutter wird dann wohl kaum noch aus können und muss erklären, wie sie es macht und gerne hätte. Dann machst du das eben so und alle sind zufrieden.

Ich habe die Erfahrung gemacht, als ich noch Praktikantin im Kindergarten war und die Kinder mit einer Zeichnung gekommen sind und ich dann gesagt habe, dass die Zeichnung schön ist, sind dieselben Kinder immer wieder mit einer noch schlampigeren Zeichnung gekommen, nur um zu hören, dass sie es gut gemacht haben. Das zeigt, dass es eigentlich nur gelobt werden sollte, wenn die Zeichnung für das Kind selber überdurchschnittlich gut oder eben fortschrittlich war, also das Kind sich dabei sehr viel Mühe gegeben hat. Es macht doch auch viel mehr Spaß für etwas gelobt zu werden, für das man sich Mühe gegeben hat, denn die Talente, die einem so oder so in die Wiege gelegt werden, dafür muss man sich ja nicht wirklich anstrengen.

Du solltest der Mutter, wenn sie fordert, man sollte ihren Jungen ganz oft loben, das genau so erklären, dass eben der Junge dann schon gelobt werden möchte, wenn er auch nur eine klitzekleine Sache leistet und dass das dann nicht gut ist, weil der Junge dann keine Fortschritte mehr macht. Ich denke, dass auch die engstirnigste Mutter das verstehen wird, wenn ihr das von einer Frau erklärt wird, die, wie du, vom Fach ist.

» nordseekrabbe » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



In Anbetracht so vieler schwieriger Eltern (aus Deiner Sicht) frage ich mich, wie es bei Eurer Einrichtung mit der Kommunikation zwischen Eltern und Erziehern aussieht?! Denn ich fürchte fast, dass viele schwierige Eltern nur Missverständnisse sind, die sich in einer Elternversammlung oder Einzelgesprächen schnell klären ließen. Viele Aussagen oder auch Gesten lassen sich schnell mal missdeuten, gerade wenn es nur eine kurze Zeit zum Austausch gibt.

Das richtige Maß Lob zu finden ist gar nicht so einfach: zuviel Lob ist sicherlich nicht gut, weil das Kind dann irgendwann seine Leistungen nicht mehr realistisch einschätzen kann. Zu wenig Lob ist aber auch nicht gut, denn Lob ist schließlich auch Bestätigung. Ich weiß nun nicht, ob ich mein Kind zu viel oder zu selten lobe, eher wohl zu selten wurde mir mal gesagt.

In dem konkreten Fall kann man wohl kaum als Außenstehender sagen, dass der Junge einfach zu viel gelobt wird. Klar ist es schon eher merkwürdig, dass der Junge ständig Lob einfordert. Da kann aber nur ein Gespräch mit den Eltern oder zumindest der Mutter Klarheit schaffen.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


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