Selbstbestimmung vs. Fremdbestimmung im Alltag per Gesetz
Mir geht es um Folgendes: Es werden so viele Gesetze erlassen, um den Menschen vor sich selbst zu schützen. Mit "vor sich selbst" meine ich "vor der eigenen Idiotie". So ist es verboten, ohne Gurt zu fahren. Heute in der Zeitung las ich von einer diskutierten Helmpflicht beim Skifahren. Davon gibt es so einiges. Das sind Situationen, bei denen ich absolut keine Fremdgefährdung erkennen. Der Einzige, der gefährdet wird, ist der Mensch selber, der sich blödsinnigerweise unbedingt anders verhalten will. Oder wird tatsächlich vom Fall ausgegangen, dass ein Unfallgegner sich Vorwürfe machen könnte, wenn sein Kontrahent wegen Unangeschnalltseins stirbt; und diesen Selbstvorwürfen soll vorgesorgt werden? Ich bezweifle, dass so weit gedacht wird.
Andererseits (deshalb kommt mir der Gedanke) gibt es im Moment beispielsweise in meiner Stadt erhöhtes Gewaltaufkommen am Wochenende, an einer bestimmten Ecke. Ich muss dazu sagen, das ist eine Kleinstadt, keine "Ghettos", die Beteiligten sind nicht durchweg "am Rande der Gesellschaft". Nun, in dieser Ecke, vor zwei, drei Kneipen/Clubs treffen sich die jungen Damen und Herren und besaufen sich; werden dann aggressiv und vermöbeln andere (würden sie sich gegenseitig eins auf die Omme geben, wär mir das ja egal), pinkeln in alle Ecken und rauben in unmittelbarer Nähe auch Menschen auf dem Weg nach Hause aus. Natürlich wird eingegriffen - wenn es zu spät ist.
Den Leuten da einfach den Alkoholkonsum zu verbieten (wohl nicht der einzige Faktor, aber der verstärkenste) - das würde gegen die Persönlichkeitsrechte verstoßen. Wenn ich von meiner Kneipe A in Spelunke B möchte, nehme ich den längeren Weg in Kauf, weil ich mich an dem "Brennpunkt" nicht vorbei traue. Niemand kommt auf den Gedanken, den Leuten eine Handlung zu verbieten, die nachgewiesenermaßen aggressiv macht. Und nicht, weil die sich ihren Körper oder ihre Zukunft kaputt machen können, wenn sie sich abschießen - sondern einfach, weil andere bedroht und verletzt werden.
Kennt ihr andere Beispiele, wo man fremdbestimmt (gesetzlich) wird, obwohl man nur sich selbst gefährdet (und das nur aus Idiotie und nicht aus "Unzurechnungsfähigkeit" bei psychischer Krankheit z.B.)? Oder seid ihr der Meinung, dass man Menschen vor sich selbst schützen sollte, die es einfach nicht besser wissen/anders wollen?
Naja, ganz so einfach ist es ja nun nicht. Die Gesetze, die du fremdbestimmt nennst, wie zum Beispiel das Verbot, unangeschnallt Auto zu fahren (und so viele gibt es davon gar nicht), dienen eben dazu, Menschenleben zu schützen, was vom Gesetzgeber ja nun mal versucht wird. Ob es dabei um das eigene Leben oder das anderer geht, ist zunächst mal egal, der Sinn des Gesetzes ist eben einfach, unnötige Gefahren zu verhindern.
Ich denke, dass diese Gesetze außerdem die Leute darauf hinweisen sollen, wie gefährlich es ist, sie nicht zu beachten, also zum Beispiel ohne Gurt zu fahren. Die meisten Menschen sind nun mal so, dass sie Dinge erst lernen, wenn sie selbst negative Erfahrungen gemacht haben.
Ob nun Alkoholkonsum illegal sein sollte, ist eigentlich ein anderes Thema. Die meisten Leute werden sicher der Meinung sein, dass dies nicht richtig wäre, weil der Konsum von Alkohol an sich, nicht gefährlich ist, sondern erst der Missbrauch - dann entweder durch Häufigkeit oder durch Menge des Konsums. Du könntest natürlich argumentieren, dass auch beim Fahren ohne Gurt meistens nichts passiert, der Unterschied ist aber, dass man beim Alkohol selbst kontrollieren kann, wie viel man trinkt und ob man sich dadurch gefährdet, während dies beim Autofahren ohne Gurt nicht möglich ist.
Hier denke ich, überziehst Du den Begriff der Fremdbestimmung bzw. weichst ihn auf. Denn das ist jetzt nicht wirkliche Fremdbestimmung im eigentlichen Sinn. Aber richtig ist natürlich, dass diese Gesetze dazu da sind, den Menschen zu schützen, der sich selbst nicht schützen würde. Gurtmuffel als Beispiel.
Hier kommt aber noch ein Aspekt mit rein! Es geht nicht nur um den Schutz des Menschen! Durch das erhöhte Verkehrsaufkommen und die steigende Anzahl an Unfällen sah man sich schlicht gezwungen, auch gegen die steigenden Kosten der Unfälle vor zu gehen. Schließlich kostet es auch Geld, Unfallopfer zu versorgen. Offenbar ist es so, dass im Falle eines Unfalls die Verletzungen durch das Angurten weniger gravierend sind sowie öfter keine Folgeschäden mit sich bringen, was wieder die Allgemeinheit entlastet.
Ebenso die Helmpflicht beim Motorradfahren. Hier wird ja auch der Fahrer geschützt. Gäbe es die Helmpflicht nicht, würden trotz der Gefahren auch hier vermutlich genügend Fahrer zu finden sein, die von der Existenz von Schutzengeln überzeugt sind, so dass sie eben ohne Helm fahren würden.
Und solche Regelungen gehören noch (sehr lange) nicht unter den Begriff Fremdbestimmt.
Gut, der Begriff Fremdbestimmung ist hier ein wenig unpassend, das habe ich mir auch schon gedacht. Aber doch eigentlich auch nur, weil es um solche "Lappalien" geht, oder? Vielleicht müssten wir uns dann erst mal auf eine Definition von Fremdbestimmung einigen oder uns zumindest klar sein, wie der andere das sieht. Für mich ist es Fremdbestimmung, aber eben eine, die nicht viel ausmacht, weil sie erstens nur etwas bestimmt, was ich auch ohne machen würde und zweitens eben weil es sich um Bagatellen handelt.
An Dinge wie Versicherungs- und/oder Krankenhausgebühren hatte ich noch nicht gedacht. Dann würde man mit seiner Idiotie ja doch wieder andere mit "reinreißen". Das sehe ich ein und halte ich für ein gutes Argument. Aber ob das nicht nur ein netter Nebeneffekt ist? Oder meinst du, das wurde bewusst kalkuliert?
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