Schwören / Schwur vor Gericht

vom 15.12.2009, 12:27 Uhr

Bei diesem Thema Schwören: Auf das Leben der Kinder wurde ja das Schwören vor Gericht schon am Rande angesprochen. Wenn man den Krimiserien oder auch den Gerichtserien glauben kann, kann man sich aussuchen, ob man auf die Bibel schwört oder eben einfach nur so einen vereidigt wird.

Ich frage mich aber, warum man überhaupt vor Gericht schwören muss. Für mich wäre es selbstverständlich, dass man vor Gericht (und auch so im Leben) die Wahrheit sagt. Warum wird aber das Schwören per Eid mehr bestraft, als ohne? Warum sagt man nicht gleich, dass es Pflicht ist, die Wahrheit zu sagen und ansonsten ist es eben ein Meineid?

Wenn A nun vor Gericht steht und schwören soll und gefragt wird, ob er auf die Bibel schwören will, wird das dann mehr bestraft oder ist es egal, ob man einen Meineid per Bibel schwört oder ohne? Warum wird gefragt, ob man auf die Bibel schwören will?

Ich meine, dass es vor Gericht egal sein sollte, ob man schwört oder nicht. Es sollte immer gleich bestraft werden, wenn man die Unwahrheit sagt. Aber warum werden solche Unterschiede gemacht? Oder ist das nur im Fernsehen so? Ich war bisher nur einmal als Zeuge vor Gericht und da war nichts mit Schwören. Da war klar, dass man eben die Wahrheit sagen muss.

Benutzeravatar

» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Diamante hat geschrieben:Ich frage mich aber, warum man überhaupt vor Gericht schwören muss.

Macht man überhaupt nicht, man legt einen Eid ab. Geschworen wird nur in Vorabendserien. Schwören müssen andere, nicht mehr jedoch in Deutschland.

Diamante hat geschrieben:Für mich wäre es selbstverständlich, dass man vor Gericht (und auch so im Leben) die Wahrheit sagt.

Ist doch Unsinn, warum sollte sich z. B. ein Zeuge freiwillig selbst belasten? So dumm ist keiner dem ich bisher begegnet bin unb selbst nicht ganz unschuldig war. Da ein Richter teilweise nur auf der Basis von Zeugenaussagen urteilen kann und sich vor einem Fehlurteil schützen möchte - gerade wenn nicht klar ist, was eigentlich Sache ist (Anklage / Verteidigung sagen etwas unterschiedliches aus) - lässt er manchmal Zeugen zusätzlich den Eid auf ihre Aussage ableisten. Und so eine drohende Freiheitsstrafe bei Meineid lockert dann doch noch oft die Zunge. Eine Aussage muss nur nach bestem Wissen und Gewissen abgegeben werden, hier kann man also auch lügen.

Dazu kommt, was auch immer schön falsch dargestellt wird, dass man nicht jeden Depp im Prozess Sack Reis umgefallen ja / nein einen Eid ablegen lässt - das liegt einfach daran, dass man sonst zig Verfahren wegen fahrlässigen Meineids anstoßen könnte, da Menschen vergesslich sind oder aus Wohlwollen Sachen vergessen haben. Vereidigt werden fast immer diejenigen Zeugen, die man einer Falschaussage verdächtigt um sie mit einer drohender Freiheitsstrafe für eine Gefälligkeitsaussage mehr oder weniger zur Einsicht zu bewegen - und das klappt in der Regel auch, was denkst Du, wieviele "Umdreher" ich da allein schon gesehen habe.

Diamante hat geschrieben:Warum wird aber das Schwören per Eid mehr bestraft, als ohne? Warum sagt man nicht gleich, dass es Pflicht ist, die Wahrheit zu sagen und ansonsten ist es eben ein Meineid?

Siehe oben - oder einfaches Beispiel: Man fragt: "Wann ist der Sack Reis denn umgefallen?" - "Am Montag, glaube ich..." - "Hm, der 21.05.1986 war aber überhaupt kein Montag..." = fahrlässiger Meineid.

Ganz so sieht`s dann zwar nicht aus, aber vom Prinzip her.

Diamante hat geschrieben:Wenn A nun vor Gericht steht und schwören soll und gefragt wird, ob er auf die Bibel schwören will, wird das dann mehr bestraft oder ist es egal, ob man einen Meineid per Bibel schwört oder ohne? Warum wird gefragt, ob man auf die Bibel schwören will?

Das ist völlig egal, man kann auch auf eine Rolle Klopapier den Eid ablegen oder das Wetter - denn man legt keinen Eid auf die Bibel ab, sondern nur auf Gott (oder eben nicht). Und wenn Religiöse halt noch gegenüber ihrer Fantasiegestalt die Unwahrheit sagen ist das halt ihr Problem, aber manche meinen so glaubwürdiger rüberzukommen.

Der Ablauf ist immer der gleiche bei einem Eid: Der Richter leiert nach § 66d StPO seinen Satz "Sie bekräftigen im Bewusstsein Ihrer Verantwortung vor Gericht, daß Sie nach bestem Wissen die reine Wahrheit gesagt und nichts verschwiegen haben?" runter und der Zeuge sagt entweder "Ja" oder "Ja, so wahr mir Gott helfe!".

Diamante hat geschrieben:Ich meine, dass es vor Gericht egal sein sollte, ob man schwört oder nicht.

Unsinn, siehe oben. Warum sollte sich ein Zeuge denn freiwillig selbst belasten? Gerade wenn es nicht um Kleinigkeiten geht wie Nachbars Blumentopf kommen da sonst schnell so einige Sachen zusammen, die einen selbst in den Bau bringen können nur weil man jemand anderen belastet und dann z. B. zugeben müsste "Achja, ich war auch darin verwickelt.".

Diamante hat geschrieben:Es sollte immer gleich bestraft werden, wenn man die Unwahrheit sagt.

Man sagt laufend die Unwahrheit, die Wahrheit zu sagen liegt nicht in der Natur des Menschen und wird auch gesellschaftlich geächtet. Allein deswegen, weil das menschliche Gehirn Fakten nach Wichtigkeit sortiert und sich kaum Details merkt, zweitens, weil Aussagen immer einen Teil Sympathie / Antipathie beinhalten und drittens, weil man sich selber nicht entblößen will. Oder was würde man eher zugeben wenn er gefragt wird warum er zufällig in der Nähe war: a) "Ich war halt gerade auf dem Weg zu ..., und habe mich dann während der Tat erschrocken hinter dem Busch versteckt" oder b) "Ich musste so dringend auf`s Klo, da hab ich halt schnell in den Busch gekackt und es von da zufällig gesehen..." - letzteres wäre zwar die Wahrheit, aber man würde sich der Lächerlichkeit preisgeben ;).

Und rigorose Kreuzverhöre, wie sie hier in den USA teilweise üblich sind um Zeugen mit Details einzuschüchtern oder vor der Jury unglaubwürdig zu machen, sind in Deutschland nicht üblich.

Diamante hat geschrieben:Ich war bisher nur einmal als Zeuge vor Gericht und da war nichts mit Schwören. Da war klar, dass man eben die Wahrheit sagen muss.

Wir haben ja in Deutschland auch keine echten Schwurgerichte mehr, und dass da die Zeugen die Wahrheit sagen ist auch nicht klar - man gibt halt nur eine Aussage ab die naturgemäß fehlerbelastet ist und nur bei Zweifeln am reinen Wahrheitsgehalt beeidigt werden muss.

Benutzeravatar

» Subbotnik » Beiträge: 9308 » Talkpoints: -7,05 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^