Nur jede sechste DDR Marke hat überlebt
Wie berichtet wurde hat die „Empirische Gesellschaftsforschung“ aus Hamburg festgestellt dass nur jede sechste DDR Marke die Wende überlebt hat. Von ungefähr siebenhundert damaligen Konsumartikel vom Fernseher bis zur Tafel Schokolade existieren heute noch etwa Einhundertzwanzig.
Diese Aussage hat mich gleich zweimal überrascht. Zum einen wurde mir klar was wir für arme Würstchen waren, jedes mittelprächtig sortierte Warenhaus hat heutzutage sicherlich mehr an Marken anzubieten und zum anderen dass es immer noch einhundertzwanzig Marken sind die es zu kaufen gibt. Hier dachte ich eigentlich dass es nicht mehr als fünfzig sein könnten. Die bekanntesten Marken wie Rotkäppchen, Halloren oder Nivea haben sich ja auch ganz gut etabliert, kleinere Sachen wie Krügerol und Nudossi kennt und kauft kaum jemand und im ehemaligen Westen schon garnicht obwohl sie hier im Osten in fast jedem Supermarkt stehen. Die Ergebnisse wurden durch Nachforschungen bei den Patentämtern, der Handwerkskammern und durch Recherche im Internet ermittelt.
Ich persönlich kaufe an ehemaligen Ostprodukten eigentlich nur Schierker Feuerstein für meine Frau, Hasseröder Bier für mich und gelegentlich Rotkäppchensekt für Familienfeiern wobei ich mit der Qualität des Sektes in letzter Zeit nicht mehr so zufrieden bin. Ich hatte neulich als Geschenk einen Präsentkorb zusammengestellt mit einer Auswahl dieser Produkte, der Wiedererkennungswert war hoch doch als es ans probieren ging gab es doch lange Gesichter. Schlagersüßtafel, Vitacola, Hallorenkugeln und Goldbrand trafen doch nicht mehr so den Zeitgeschmack. Ich denke auch mal wenn diese Generation ausstirbt und die Hersteller nicht mehr auf den ehemaligen Bekanntheitsgrad setzen können wird es schwer für die einhundertzwanzig letzten Vertreter ihrer Art zu überleben.
Was habt ihr für Gedanken wenn ihr diese Studie lest, geht es euch wie mir? Was kauft ihr noch regelmäßig so an ehemaligen Ostprodukten und wenn ja warum?
hooker hat geschrieben:Nudossi kennt und kauft kaum jemand und im ehemaligen Westen schon garnicht obwohl sie hier im Osten in fast jedem Supermarkt stehen.
Da muss ich Dich korrigieren, vielleicht liegen dir da ja auch andere Zahlen vor, aber in den zwei Städten im tiefsten, westlichen Westen in denen ich lange lebte konnte man zumindest in den Supermärkten Nudossi finden und es wurde sogar von Nichtossis gekauft - auch wenn die bestimmt nicht wussten, dass es eigentlich eine alte DDR Marke ist.
Ansonsten fallen mit auf jeden Fall, neben den Biermarken die sich gut halten konnten, noch Knusperflocken ein. Die kennt und kauft man sogar oft in der Westverwandtschaft meiner Freundin, trotz der stilechten DDR Verpackung (was das äußere angeht). Gleiches gilt für Halloren, auch wenn die eher selten gekauft werden.
Bei vielen Sachen war man aber ehrlich gesagt froh, dass das weg war: ich denke nur an das Klopapier Marke "Reibeisen" und anderer, qualitativ absolut minderwertiger Schrott den man sich heute nicht einmal mehr aus (N)ostalgie antun würde.
Dass gerade die Schlagersüßtafeln überlebt haben liegt wohl auch nur daran, dass hier die Rezeptur "überarbeitet" (um nicht zu sagen: ausgetauscht) wurde: wer würde sich denn heute noch eine Schokolade (!) mit 7 % Kakaogehalt und jeder Menge Substitutionsgütern wie eine Menge Hartfett oder gemahlene Erbsen antun?
Dass gerade die Schlagersüßtafeln überlebt haben liegt wohl auch nur daran, dass hier die Rezeptur "überarbeitet" (um nicht zu sagen: ausgetauscht) wurde: wer würde sich denn heute noch eine Schokolade (!) mit 7 % Kakaogehalt und jeder Menge Substitutionsgütern wie eine Menge Hartfett oder gemahlene Erbsen antun?
Genau, damals nannte man das wertvolle Surogate (also Ersatzstoffe), heute würde man es vielleicht als Cerealien und das Beste aus entrahmter Milch nennen oder so ähnlich. Ich habe übrigens eine Rolle von dem erwähnten Toilettenpapier zur ewigen Erinnerung aufgehoben. Früher habe ich mich immer gewundert warum der Westbesuch sein eigenes Toilettenpapier mitbrachte und meine Witze darüber gemacht, heute ist mir das klar.
Ich glaube nicht, dass die wirklich guten Marken aussterben. Rotkäppchen ist doch wirklich recht etabliert und eine Qualitätsverschlechterung konnte ich eigentlich noch nicht feststellen. Hier wird er fast ausschließlich getrunken und das nicht nur im Bekanntenkreis. Auch wasche ich nach wie vor mit Spee und das gern, weil einfach die Qualität und der Preis stimmen.
Dazu kommt auch noch Florena. Eine Marke, von der es wirklich recht innovative und gute Produkte gibt. Natürlich auch die guten Halberstädter Würstchen. Zu DDR Zeiten nur unter dem Ladentisch erhältlich.
Stimmt, auf einiges kann man gut verzichten, hat sich aber eh nicht gehalten.
berthe hat geschrieben:Ich glaube nicht, dass die wirklich guten Marken aussterben. Rotkäppchen ist doch wirklich recht etabliert und eine Qualitätsverschlechterung konnte ich eigentlich noch nicht feststellen.
Wobei selbst Rotkäppchen Anfang der 90iger Jahre vor dem Aus stand. Dass man heute in Deutschland Marktführer ist, hätte wohl damals niemand geglaubt.
Ich glaube einfach, dass es bei einigen Marken gewisse Qualitätsprobleme gab, einfach weil ja auch nicht jeder Rohstoff in ausreichender Menge vorhanden war und vieles ersetzt werden musste. Da war dann gegen die Westprodukte nicht anzukommen. Dazu kommen dann eben ein zweifelshaftes Klischee als Ostprodukt. Vom Wessi als minderwertig angesehen und der Ossi wollte erstmal die neuen Sachen haben. Und dann natürlich auch der Erfahrungsmangel im Führen eines marktwirtschaftlichen agierenden Unternehmens.
Da blieben sicher auch viele Gute Produkte auf der Strecke. Und da sich auch bei vielen die Rezeptur geändert hat und man im Osten oft hört, dass es früher anders geschmeckt hat, kann man wohl bei vielen Sachen auch gar nicht mehr von echten Ostprodukten sprechen. Vielmehr sind es Produkte, die im Osten hergestellt werden.
Und 120 Marken kann ich mir schon vorstellen, auch wenn mein eigenes Erinnerungsvermögen eher blass ist, da ich nicht so alt war zu Ostzeiten Aber genug Biermarken gibt es ja auch. Ob nun Hasseröder, Freiberger oder Sternburger um nur einige zu nennen. Oder das gute alte Fit mit dem wir immer abgespült haben. Mein Bruder meinte auch mal man könne es trinken, was ihm nicht so bekam. Oder die gute alte Vita-Cola, die langsam wieder im Kommen ist. Also wenn man etwas überlegt, fallen einem schon so einige Sachen ein, die es immer noch zu kaufen gibt, wenn auch fast immer mit neuem Besitzer, der nicht mehr unbedingt aus dem Osten kommt.
Ich denke auch, dass sich einige Marken/Produkte weiterhin halten werden. Denn viele haben sich inzwischen doch ganz gut am Markt etabliert. Nicht nur am Ostdeutschen. Einige Marken kommen vielleicht sogar noch einmal wieder. Das MZ Werk in Zschopau wurde 2005 auch schon einmal geschlossen und nun 2009 unter neuer Herrschaft wieder eröffnet. In vielen neuen Dingen steckt also immer noch etwas altes.
Ich wohne im Osten und bin oft froh, dass es noch einige Produkte "von früher" gibt. Nudossi finde ich z.B. um Längen besser als Nutella. Inzwischen habe ich mein Kind davon auch schon überzeugt. Auch kommt mir keine andere Cola als Vita ins Haus. Alle anderen schmecken mir einfach nur viel zu süß. Köstritzer Schwarzbier gibt es inzwischen auch in fast jeder Kneipe, egal wo die sich in Deutschland befindet. Rotkäppchen ist natürlich inzwischen ganz groß und auch andere Dinge sind gut verbreitet. Im Osten besinnt man sich einfach wieder zurück und im Westen ist man dafür inzwischen offen. Wenn die Qualität/der Geschmack stimmt, setzt es sich eben doch durch.
Ich finde auch, dass man nicht unbedingt so pauschal sagen kann, dass Ostmarken keine Zukunft haben. Gerade das Beispiel Rotkäppchensekt (der bei einem Sekttest den dritten Platz bekommen hat und als Preis-Leistungssieger überzeugt hat) oder Bautzner Senf zeigen doch, dass es Ostprodukte sogar zum Marktführer schaffen.
Ich liebe vor allem Haloren Kugeln und Knusperflocken. Da wird immer kräftig aufgefüllt, wenn ich zuhause bin. Hier in Bavarien gibt es das nämlich leider nur in ausgewählten Supermärkten, während ich es zuhause bei meinen Eltern auch im Discounter um die Ecke bekomme.
Fit und Florena sind doch auch Ostmarken, die sich meiner Meinung wirklich gut etabliert haben.
Ich nenne einmal ein Beispiel aus meiner Heimatstadt Greifswald. In DDR Zeiten konnte man das Greifswalder Bier hier käuflich erwerben und nach der Wende wurde die Produktion dann eingestellt. Da wir aber eine Universitätsstadt sind, haben einige pfiffige Leute diese Biermarke wieder zum Leben erweckt. Jetzt kann man es auch wieder käuflich erwerben und der Urgeschmack wurde sogar erhalten.
Natürlich hat sich das Design der Flaschen total verändert und natürlich auch der Preis, aber alles andere ist so geblieben. Wenn man wirklich speziell nach ehemalige Erzeugnisse aus der DDR sucht, wird man auch etwas fündig. Klar, die meisten Produkte erkennt man von der Optik nicht auf den ersten Blick wieder, aber es gibt sie noch. Ein anderes Beispiel ist die Ostsee Zeitung. Hier ist der Titel überhaupt nicht verändert worden, sondern nur der Inhalt. Und zusätzlich wurde ein Regionalteil speziell für Greifswald mit eingearbeitet.
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