Ehemaliger SS-Mann muss wegen 3 Morden vor Gericht

vom 08.12.2009, 18:06 Uhr

Ein früherer SS- Mann hat nun gestanden, dass er 1944 drei Menschen in den Niederlanden getötet hat. Dabei sagte er aus, dass er nicht bewusst ein solches Verbrechen begangen hat.

Kann man einen Menschen nach 65 Jahren immer noch für solche Taten verurteilen? Der Mann lebt inzwischen in einem Altersheim und verbringt dort seinen Lebensabend. Natürlich kann man den Einwand haben, dass er drei Menschenleben ausgelöscht hat, doch hat er nur das getan, was ihm befohlen worden war. Hätte er diesen und andere Befehle verweigert, hätte er vermutlich mit seinem eigenen Leben bezahlen müssen. Wie seht ihr das?

Benutzeravatar

» NathKath88 » Beiträge: 375 » Talkpoints: -0,02 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ein sehr schwieriges Thema. Bestrafungen sind ja nicht aus Rache da, sondern darum, dass er nicht mehr eine solche Tat begehen wird. Da er aber eh schon kurz vor seinem Lebensende ist, glaube ich nicht, dass das jetzt noch nötig ist. Wenn es wirklich so ist, dass er gezwungen wurde diese drei Menschen zu töten, dann wird er sein ganzes Leben lang durch ein schlechtes Gewissen geprägt gewesen sein und das ist auch sehr hart. Einen alten Mann deswegen jetzt noch ins Gefängnis zu stecken, halte ich für moralisch sehr unkorrekt.

» chino » Beiträge: 50 » Talkpoints: 20,47 »


Natürlich ist in dem Fall einiges versäumt wurden. So ist es aus meiner Sicht ein Skandal, dass er nicht vorher in die Niederlande ausgeliefert wurde, wo er bereits verurteilt wurde.

Ich weiß zwar nicht, wie die rechtliche Lage genau in Deutschland aussieht, aber meines Wissens nach kann eine Strafe trotz Verurteilung ausgesetzt werden, wenn es der Zustand des verurteilten nicht erlaubt. Ich bin deshalb definitiv dafür, dass der Mann sich für die Taten verantworten muss und er offiziell als Täter deklariert wird. Ich halte es keinesfalls moralisch inkorrekt die Menschen auch im hohen Alter ins Gefängnis zu stecken, wenn sie zu ihrem eigenen Wohl Unrecht getan haben. Ich halte es lediglich für moralisch bedenklich, dass in der Nachkriegszeit die Motivation die Täter als Opfer zu deklarieren doch sehr hoch. Die Argumentation man hätte keine Wahl gehabt, ist bei den meisten heuchlerischer Selbstschutz

Die Argumentation, er habe lediglich Befehle befolgt ist meiner Meinung nach nicht stichhaltig. Hätte er das Unrecht erkannt, dann hätte er einen anderen Weg als die SS eingeschlagen. Der Mann hat schlichtweg opertun gehandelt und wollte sein eigenes Wohl. Die Morde hat er billigend in Kauf genommen - so hat er die Taten eben nicht als Verbrechen wahrgenommen. Nun versucht die Verteidigung so zu argumentieren, dass er den Mord begangen habe, um selber nicht hingerichtet zu werden. Diese Argumentation ist meiner Logik zur Folge doch spätestens an dem Punkt zu ende an dem er ein Gewissenskonflikt leugnet.

Außerdem ist es fraglich, ob eine Verweigerung wirklich die Todesstrafe zur Folge hätte. Es gibt keinen bestätigten Fall, bei dem eine Mordverweigerung zur Hinrichtung führte.

Benutzeravatar

» mich » Beiträge: 665 » Talkpoints: 2,91 » Auszeichnung für 500 Beiträge



@NathKath88 & chino
Ok, da das Thema schon oft vorkam, siehe Demjanjuk, helfen hier erfahrungsgemäß ja meist Holzhammerargumente ;). Wenn jemand eure Eltern / Familien ermordet und erst mit 80 Jahren gefasst wird würdet ihr dann auch sagen: "Ok, der ist jetzt schon so alt, es hat mich nicht wirklich gestört - lasst ihn laufen!"?

Und nur mal generell zu dem Fall: Es geht hier um den gebürtigen SS Mann Heinrich Boere, mittlerweile Deutscher, der damals als SS Mann beim Sonderkommando Silbertanne Zivilisten ermordete, die dem Widerstand zugeordnet wurden. Dass er nicht bewusst ein Verbrechen begangen hat ist schon wegen 3 Gründen ein Witz:
- Morde begeht man nicht unbewusst, sonst wäre es fahrlässige Tötung,
- Boere war ein Kollaborateur, der bewusst und aktiv mit den Nazis zusammengearbeitet hat und
- für das Sonderkommando Silbertanne wurde man nicht eingezogen, sondern man musste sich freiwillig melden was Boere getan hatte!

Dazu kommt, dass Boere die Morde bereits 1946 gestanden hatte und bereits 1949 dafür zum Tod in Amsterdam verurteilt wurde (später abgeändert in lebenslange Haft) - er musste nur deswegen nicht in den Knast, weil er nach Deutschland geflohen und dort untergetaucht ist!

NathKath88 hat geschrieben:Hätte er diesen und andere Befehle verweigert, hätte er vermutlich mit seinem eigenen Leben bezahlen müssen.

Der dümmste Nazimythos überhaupt! Es wurde kein einziger (!) von über 19 - 21 Millionen Soldaten von Wehrmacht, Sondertruppen und Hilfstruppen jemals wegen Verweigerung eines solchen Befehls bestraft, exekutiert oder vor ein Militärgericht gestellt, es gab nicht einmal disziplinarische Strafen oder Vermerke dafür - ganz zu schweigen von denen, die sich freiwillig dafür meldeten!

chino hat geschrieben:dann wird er sein ganzes Leben lang durch ein schlechtes Gewissen geprägt gewesen sein und das ist auch sehr hart.

Klar, deswegen ist man dann ja auch noch anschließend Stolz auf seinen Dienst bei der SS - natürlich mit schlechtem Gewissen ;).

Benutzeravatar

» Subbotnik » Beiträge: 9308 » Talkpoints: -7,05 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Mhhh also ein schwieriges Thema. Ich kann nur meine persönliche Meinung dazu beitragen und in wie weit die Gesetztgebung da noch greift/greifen könnte weis ich auch nicht. Ich sehe das aus zwei Perspektiven.

Auf der einen Seite glaube ich schon, dass es einige Menschen gab die sich aus "Angst" der Diktatur gefügt haben um nicht ihr eigenes Leben oder das ihrer Familien zu gefährden. Sich gegen das dritte Reich zu stellen, stellte für die Betroffenen in jeder Hinsicht eine Gefahr da. Dabei ist es nicht von Bedeutung ob aktiv oder passiv.

Die andere Seite ist, dass im nachhinein immer wieder betont wurde, man habe sich nur den Befehlen untergeben und hatte keine andere Wahl. Mir persönlich ist diese "Ausrede" zu platt. Ich glaube, dass sich eine menge SS Männer sich mit der "Entschuldigung" aus der Situation schleichen wollen/wollten um nicht im nachhinein dafür die Verantwortung zu tragen.

Viele wussten z.B wirklich nicht, was in den sogenannten "Arbeitslagern" vor sich ging, meist waren es ausgesuchte Männer die solche Lager verwalteten und auch die Exekutionen varanlassten oder selber ausführten. Viele aus den "Vertrauenskreisen" haben sich freiwillig gemeldet. Das gemeine "Soldatenvolk" wurde für diese Aufgabenbereich meist nicht beauftragt, sie kämpften an der Front. Von daher kann ich es nicht wirklich ernst nehmen wenn gerade Männer der SS (in dessen Eliteeinheiten eh nur die Korruptesten kamen) sagen, sie haben nur einen Befehl ausgeführt.

Ich mache in diesem Fall kein Unterschied ob der Mensch der sich zu verantworten hat 20 oder 80 ist. Das alter sollte nicht vor Strafe schützen. Für mich ist das keine Frage der Moral sondern der Verantwortung des eigenen Handelns. ich würde zustimmen, den menschen auch jetzt noch für seine Taten zur Verantwortung zu ziehen.

» FreeRiderOff » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Midgaardslang am 09.12.2009, 11:21, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen

Ich finde es absolut richtig, dass dieser Mann auch nach so vielen Jahren noch für seine Taten zur Rechenschaft gezogen wird. Natürlich hat er jetzt nicht mehr so viel von der Strafe, je nachdem wieviel er absitzen muss. Ich finde es unmöglich, dass dieser Mann nicht schon früher ausgeliefert wurde, so dass man ihm viel früher den Prozess hätte machen können.

Ich denke, dass man Menschen auch für das Befolgen von Befehlen belangen kann. Natürlich hätte es Probleme gegeben, wenn er die Befehle nicht befolgt hätte, allerdings denke ich nicht, dass er mit seinem Leben hätte bezahlen müssen. Wahrscheinlich hätte man ihn ausgetauscht gegen einen SS-Mann, der die kranke Ideologie mit einem noch glühenderen Eifer verbreitete.

Dieser Mann hat getötet und dafür muss er eine Strafe erhalten. Er hat sicher nicht so gehandelt, um sein Leben zu retten, sondern um seine Position innerhalb der SS zu sichern. Nach dem Krieg tauchten plötzlich einige Menschen auf, die teilweise in hohen Positionen der SS und anderen Einrichtungen gesessen haben und aussagten, sie hätten ja keine andere Wahl gehabt. Diese Argumentation kann ich nicht ganz nachvollziehen. In viele Positionen wurde man nicht einfach reingeschubst, sondern musste sich seinen Stand erst verdienen und dafür ein bestimmtes Verhalten zeigen. Wer sich konform verhalten und aktiv an dieser Tötungsmaschinerie mitgearbeitet hat, kann nicht viele Jahre später erzählen, dass er nur ein kleines Licht war und keine andere Wahl hatte.

Es mag sein, dass der Mann seine Taten mittlerweile ehrlich (!) bereut. Allerdings zählt für mich dennoch die Tat an sich und zwar zu dem Zeitpunkt, zu dem sie begangen wurde. Ich denke nicht, dass er die Taten vor 65 Jahren wirklich bereut hat.

Benutzeravatar

» Cologneboy2009 » Beiträge: 14210 » Talkpoints: -1,06 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^