Abmahnung nicht gerechtfertigt bei Vergesslichkeiten
Wem einmal kleinere Vergesslichkeiten während der Arbeit passieren kann deswegen nicht gleich eine Abmahnung erhalten – dazu gibt es zwar noch kein Urteil aber einen Vergleich vor dem Arbeitsgericht Frankfurt.
Geklagt hatte ein Fluglotse gegen die Flughafengesellschaft Fraport, welche ihm eine Abmahnung aussprach, da dieser oft mehrfach und in Folge vergaß, die täglichen schriftlichen Anweisungen und Hinweise seiner Vorgesetzten laut Vorschrift mit seinem Zeichen zu versehen – dies wurde von der Fraport als "sicherheitsrelevanten Pflichtenverstoß" gewertet, da eben laut Vorschrift alle Fluglotsen dazu verpflichtet seien, alle Anweisungen mit einem Handzeichen zu versehen um kenntlich zu machen, dass sie diese zur Kenntnis genommen haben.
Da die entscheidende Richterin in einer Abmahnung auf diese Verstoß hin keine Verhältnismäßigkeit sah, vor allem da eine Kollegin des Fluglotsen deswegen nur ermahnt worden war, einigte man sich vor Gericht in einem Vergleich darauf, die Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen.
Find ich aber schwierig, echt sehr schwierig sogar, Vergesslichkeit zu definieren. Ist es dann auch eine Art Vergesslichkeit, wenn man Dinge ständig falsch macht, Programm/Maschinen falsch bedient, weil man vergessen hat wie es richtig funktioniert? Ich meine, Leute die so vergesslich sind, dass sie schwerwiegende Fehler begehen, sind für ein Unternehmen ja nicht mehr tragbar.
Hallo,
tragbare und fatale Vergesslichkeit kann man wahrscheinlich gar nicht so pauschal definieren, sondern muss das von Fall zu Fall neu betrachten.
Ich mit meiner pathologischen Vergesslichkeit habe ja grundsätzlich erstmal Verständnis für Vergesslichkeit aller Arten. Aber Du hast schon recht, ab einem gewissen Maß ist das für ein Unternehmen natürlich nicht mehr tragbar.
Aber in diesem besonderen Fall hatte ja eine Kollegin für genau diese Art von Vergesslichkeit nur eine Ermahnung bekommen.
Andererseits kann sogar ich nicht verstehen, wie man das Kürzel unter den Anweisungen vergessen kann. Da ließen sich doch relativ einfach Erinnerungshilfen errichten? Und was passiert, wenn etwas passiert? Dann kann der Lotse nicht nachweisen, dass er, wie es wohl seine Aufgabe zu sein scheint, diese täglichen Anweisungen auch wirklich gelesen hat. Bekommt er dann nicht größeren Ärger?
Nun ja, vielleicht sollte ich mich besser wieder dem Kampf gegen meine eigene Vergesslichkeit widmen, bevor ich mir über die der anderen den Kopf zerbreche...
Viele Grüße vom
regentrudchen
Hihi, eben das meinte ich ja. Wie der Fluglotse so etwas wichtiges vergessen kann (der wird ja da auch nicht erst seit einer Woche gearbeitet haben!) ist mir wirklich ein Rätsel und man stellt sich da schon die Frage, ob da noch als Vergesslichkeit durchgehen kann. Vielleicht ist viel mehr auch eine Charaktereigenschaft dieses Fluglotsen, die eben nicht tragbar ist, weil sie seinem Arbeitgeber ein schlechtes Gefühl gibt.
Vergisst die Arzthelferin, welche Mittel sie einem bestimmten Patienten spritzen soll, ist das natürlich extrem tragisch, wäre vermutlich dann auch einfach nur Vergesslichkeit.
Grüße zurück!
regentrudchen hat geschrieben:Andererseits kann sogar ich nicht verstehen, wie man das Kürzel unter den Anweisungen vergessen kann. Da ließen sich doch relativ einfach Erinnerungshilfen errichten?
Kann ich auch nicht nachvollziehen. Denn irgendwie sind diese Anweisungen ja auch eine Handlungsanleitung, die eben auch dem Fluglotsen Sicherheit geben sollen.
Dass man da vielleicht einmal etwas vergisst, vielleicht auch gerade in der ersten Zeit im neuen Job, mag vorkommen. Aber mehrmals und in Folge, das hat ja schon fast was von Trägheit.
Sippschaft hat geschrieben:Vielleicht ist viel mehr auch eine Charaktereigenschaft dieses Fluglotsen, die eben nicht tragbar ist, weil sie seinem Arbeitgeber ein schlechtes Gefühl gibt.
Glaub ich auch, und deswegen Abmahnung und später Kündigung.
regentrudchen hat geschrieben:Aber in diesem besonderen Fall hatte ja eine Kollegin für genau diese Art von Vergesslichkeit nur eine Ermahnung bekommen.
Mein ehemaliger Chef ist dann gleich tätig geworden und hat mir ein paar Schreibblöcke und Stifte auf den Schreibtisch gelegt, damit ich Anweisungen und Abgesprochenes gleich notieren konnte
Peinlich aber äußerst hilfreich
Um mal das Raten zu beenden - natürlich geht das als unerhebliche Vergesslichkeit durch, da das Abzeichnen der Anweisungen eben nicht eine schwerwiegende Sache ist. Hier besteht, bei gelegentlichen Vergesslichkeiten und nicht bei einem dauernden Fehlverhalten, neben dem Punkt, den ich gleich hervorhebe, eben kein schwerwiegender Verstoß.
Zudem, genau lesen bitte, wurde eine Kollegin des Klägers welche den gleichen Verstoß begang nur mit einer Ermahnung bescholten und nicht mit einer Abmahnung, auch hier ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt oder man könnte auch von "betrieblicher Übung" ausgehen, die dann eben auch für einen anderen Mitarbeiter gilt.
Vergesslichkeiten zu definieren ist nicht schwieirg, sondern hierfür gibt es im Arbeitsrecht eng gefasste Rahmen - was soll an einer Vergesslichkeit schwer zu definieren sein? Nichts. Der Lotse hat die Anweisungen zur Kenntnis genommen und so seine Pflicht erfüllt, aber in manchen Fällen vergessen, dies mit seinem Handzeichen zur Dokumentation zu bestätigen. Den Nachweis ist mündlich recht einfach zu erbringen, wenn man den Lotsen fragt, was in der Anweisung stand - wenn er es nicht weiß, hat er es nicht gelesen.
Und erneut: Es handelt sich eben nicht um einen schwerwiegenden Fehler, der dazu führt das er für das Unternehmen nicht mehr tragbar ist. Zudem, zum Nachdenken, aber ich gebe die Antwort lieber gleich mit, warum hätte sich das Unternehmen bei einem nicht mehr tragbaren Mitarbeiter auf einen Vergleich einigen sollen? Eben weil dieses Verhalten noch tragbar ist und man die Möglichkeit sieht, sich deswegen zu einigen.
JotJot hat geschrieben:Glaub ich auch, und deswegen Abmahnung und später Kündigung
Wie gesagt, erst lesen! Es gab eine Abmahnung, welche durch den gerichtlichen Vergleich wieder zurückgenommen wurde, also keine Abmahnung und keine Kündigung, was bereits aus dem Eröffnungspost hervorgeht.
Hab mich wohl etwas unglücklich ausgedrückt.
Ich hab es schon gelesen, bezog mich aber auf's Sippschafts Posting:
Vielleicht ist viel mehr auch eine Charaktereigenschaft dieses Fluglotsen, die eben nicht tragbar ist, weil sie seinem Arbeitgeber ein schlechtes Gefühl gibt.
Wie oft hat sich denn die Kollegin dieses Verhalten erlaubt und wie oft der Kläger?
Und wenn ein Mitarbeiter nicht mehr tragbar, dann kann ihm ja auch nicht mehr so ohne weiteres gekündigt werden. Deshalb sicher der (gescheiterte) Versuch, ihn abzumahnen und dann später auch wirksam kündigen zu können. Weil ohne Abmahnung kann ein Arbeitnehmer auch gegen eine ordentliche Kündigung erfolgreich klagen
Subbotnik hat geschrieben:
Und erneut: Es handelt sich eben nicht um einen schwerwiegenden Fehler, der dazu führt das er für das Unternehmen nicht mehr tragbar ist. Zudem, zum Nachdenken, aber ich gebe die Antwort lieber gleich mit, warum hätte sich das Unternehmen bei einem nicht mehr tragbaren Mitarbeiter auf einen Vergleich einigen sollen? Eben weil dieses Verhalten noch tragbar ist und man die Möglichkeit sieht, sich deswegen zu einigen.
Hallo,
letztendlich kann ich so wenig beurteilen, ob genau dieses Verhalten bei genau diesem Lotsen ein schwerwiegender Fehler war, dass ich darüber mal nicht weiter spekuliere. Aber es wäre sicher interessant, weitere Details zu erfahren. Wer weiß, was im Vorfeld schon alles passiert ist? Aber nein, ich wollte ja nicht weiter spekulieren...
Allersdings möchte ich noch etwas zu der Frage schreiben, warum sich das Unternehmen auf einen Vergleich hätte einlassen sollen, wenn es nicht im Unrecht gewesen wäre. Ich weiß nicht, ob Du schon mal mit einem Gericht zu tun hattest, aber es ist mitnichten so, dass immer "die Gerechtigkeit siegt"...! Manchmal laufen Verfahren auch so ungünstig für eine Partei, dass diese nur noch verlieren kann, obwohl genau das dann nicht "gerecht" ist. Da reicht schon ein glaubwürdiger Zeuge, der voreingenommen ist...
Ich möchte damit nicht behaupten, dass es hier so ist. Aber grundsätzlich ist die Rechtssprechung halt manchmal auch mit Glück, bzw. Unglück haben verbunden...
Viele Grüße vom
regentrudchen
regentrudchen hat geschrieben:Manchmal laufen Verfahren auch so ungünstig für eine Partei, dass diese nur noch verlieren kann, obwohl genau das dann nicht "gerecht" ist.
Natürlich, das Lieblingszitat einer meiner Rechtsprofessoren ist ja auch: "Recht haben und Recht bekommen sind zwei verschiedene Sachen.". Man kann sich im Grunde nur damit beruhigen, dass das Kapital, im Gegensatz zu den Amis, hier noch keine 50 % bei der Rechtssprechung ausmachen, also ein sehr teurer Anwalt und eine große Kanzlei nicht nur deswegen einen kleineren vor Gericht aus der Bahn kugeln.
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