Warum verdienen Friseure/innen so wenig?
Hallo,
in den Medien hört man ja immer wieder das Friseure/innen so dermaßen schlecht verdienen dass manche sogar nebenbei noch Stütze bekommen. Allerdings will mir das nicht einleuchten.
Wenn ich zum Friseur gehe lasse ich locker 70 Euro für Färben und Schneiden da. Die Produktkosten können nicht so wahnsinnig hoch sein, bleibt also noch eine Menge über. Wenn man sich dann mal ausrechent was die an Umsatz machen. Das ganze steht doch in gar keinem Verhältnis zu dem Lohn! Wer kann mir das erklären?
Rechne einfach mal aus, wie viel Zeit die Friseurin für Dich benötigt. Wenn sie z.B. ca. 1,5 Stunden für Dich braucht, sind dies gerade noch 45 Euro pro Stunde. Allerdings ist dies ja inkl. der Mehrwertsteuer - die müsstest Du von den 70 Euro noch abziehen! Und dann muss noch der Laden (Ladenmiete) und die Ausrüstung bezahlt werden. Zusätzlich wird der Inhaber des Geschäfts auch noch bezahlt werden. Da ist doch ganz klar, dass nur ein relativ geringer Stundenlohn für die eigentliche Arbeitskraft übrig bleiben kann.
Ich bin mit noch nicht einmal sicher, wie unverhältnismäßig der Lohn ist. Vor allem bei den 10-Euro-pro-Haarschnitt Anbietern. Allerdings ist es durchaus ein Skandal, wenn man von diesem Lohn dann leben und für das Alter vorsorgen soll. Leider geht man noch oft davon aus, dass der Job sowieso von Frauen gemacht wird, welche dann zu Hause noch den gut verdienenden Ehemann im Rücken hat.
Eine staatliche Subventionierung des Gewerbes durch eine Absenkung der Mehrwertsteuer auf 7% würde jedoch nur die Gewinne der Besitzer vergrößern und nicht die Löhne der Angestellten. Hier wäre eine starke gewerkschaftliche Organisation hilfreich. Da aber in absehbarer Zeit nicht davon auszugehen ist, dass sich Friseure und Friseurinnen entsprechend organisieren, sollte der Staat mit entsprechenden Mindestlohnregelungen regulierend eingreifen. Übrigens ist dies ein Eingriff, der dann nicht mit dem (fragwürdigen) Argument der europäischen Konkurrenzfähigkeit angegriffen werden kann. Jedenfalls denke ich, dass hier die wenigsten Hamburger mal kurz nach Polen oder Frankreich ausweichen, weil der Friseur in der Hansestadt auf Grund der Mindestlöhne nicht mehr bezahlbar ist.
Die meisten Friseurinnen sind ja Angestellt. Sie verdienen also weiß Gott nicht die 70€, die du da bezahlst. Die Rechnung meiner Vorschreiberin macht da schon Sinn: gehen wir von 2 Stunden aus in denen die Friseurin 70€ verdient. Abzüglich der Farbe von etwa 20€ (bei langen Haaren sind pro Tube 10€ normal). Sind 50€ also 25€ in der Stunde. Das kommt hin. Männerhaarschnitte kostet so um die 10-12€ und dauern eine halbe Stunde etwa. Bei acht Stunden Arbeitstag sind das 200€. Keine normalsterbliche Friseurin steht aber am Ende mit 5600€ brutto im Monat da.
Warum? Eben weil sie eine Angestellte ist. Der Inhaber des Salons zahlt imens hohe Summen. Wasser, Strom, Gas, Farbe, Material. Die meisten verdienen doch tatsächlich nur 6€ die Stunde! Frechheit? Nun mehr kann man als Inhaber wohl auch gar nicht zahlen. Und ein Friseur mit nur der Chefin ist kaum rentabel, weil diese nicht so viel schneiden kann, wie sie müsste.
Es ist doch nicht nur bei Friseurinnen so, dass man viel bezahlt aber die Angestellte kaum einen Lohn bekommt, ist beim Kellner auch ähnlich. Aber das hat nicht immer nur mit den bösen Geschäftsinhabern zu tun, die unbedingt das mächtige Geld haben wollen und nach der 10 Mio nicht genug bekommen. Viele haben hier schon geschrieben, dass man diese Rechnung teilen kann mit den Fixkosten, Arbeitsmaterialien, Stundensatz, etc.
Als nächstes musst du bedenken, dass für kurze Haare bei Männern oder sonstige Leistungen nicht groß bezahlt wird. Für eine kurze Männerfrisur wird dann auch manchmal fast eine Stunde benötigt, mit Begrüßung, Hinsetzen, die Länge bestimmen, Quatschen, Bezahlung, etc. und man bezahlt dafür cirka 10€. Hier bleibt für einen Angestelltenlohn kein Geld über, daher muss das Geld von Haare färben, etc. diese Tätigkeiten unterstützen, also eine Mischkalkulation.
Und zu guter Letzt musst du noch bedenken, dass nicht durchgehend gearbeitet wird, bei uns sind die Friseursalons oft den Vormittag lang leer, allerdings möchte die Angestelltin auch für diese Zeit bezahlt werden, also Ausgaben ohne Einnahmen.
Wie bei jedem Job kommt hier doch einiges an Faktoren zusammen - die Horrorlöhne von 4 - 6 Euro zahlt man fast nur in Ostdeutschland, ansonsten bekommen Friseure gerne bis zu 11 Euro pro Stunde und haben so ein recht normales Einkommen von 1400 bis 1700 Euro. Daneben gibt es auch Friseure, die ein vielfaches von dem verdienen - aber das sind dann die Ausnahmen und "Starfriseure" bzw. Promifriseure.
Und in Ostdeutschland muss da halt noch einiges zugeschossen werden, denn ein Lohn von 600 - 900 Euro ist zugegeben ein Witz! Allerdings kosten hier auch die Haarschnitte wesentlich weniger, da bekommst Du deinen 70 Euro Haarschnitt meist für 40 Euro und weniger. Der Grund ist klar, denn da wo es wenig Geld gibt kann man auch nicht viel Ausgeben und spart meist an so Dingen wie dem Friseur.
Du glaubst doch nicht, das die Friseure in den zehn, elf und zwölf Euro Läden einen Stundenlohn von elf Euro bekommen, oder? Diese Läden schiessen wie die Pilze aus der Erde und überlaufen das geschäft, sind immer recht gut besucht, aber die Arbeitskräfte dort haben kaum genug um zu leben, die Arbeit ist dort dementsprechend.
Ich sage für mich, das ein Haarschnitt auch was kosten darf, für mich als Mann bin ich bereit, bis zu 25 Euro auszugeben, aber damit bin ich schon ein Einzelfall, viele andere Männer wollen einfach nichts ausgeben (ist ja unnötig) und das spiegelt sich eben in der Gesellschaft und in den Geschäften und damit auch im Lohn wieder.
Da, wo ich wohne, gibt es zentral vier Fachgeschäfte, drei weitere günstigere Ableger und dann ummengen an den Billigläden, die, die kaum besucht sind, sind die billigen, weil eben der Haarschnitt danach aussieht, komischerweise halten die sich aber - weiß der Geier, warum das so ist.
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