Klassische Musik - verstaubt oder doch modern?
Egal ob echte Klassik Fans unter euch sind, oder nicht. Ich würde gerne Mal eure Meinung zu klassischer Musik hören. Natürlich ist das Geschmackssache und es gefällt nicht jeden, aber ich bin doch der Meinung, dass diese Musik nicht nur alt, langweilig und staubig ist, wie viele vielleicht denken.
Ich muss zugeben, als richtiger "Klassikfan" würde ich mich auch nicht gerade bezeichnen. Eigentlich höre ich lieber eine ganz andere Musikrichtung. Aber in letzter Zeit bin ich so über das eine oder andere gestolpert und musste mit Erstaunen feststellen, dass es mir durchaus gefallen hat. Sicherlich nicht alles, aber manches gefällt mir so gut, dass ich das in zwischen in Dauerschleife höre. Ich habe eine alte Bartholdy CD ausgekramt und wenn ich so richtig miese Laune habe, dann dröhn ich mich mit bisschen Klassik zu und alles ist gut! Außerdem habe ich gemerkt, dass solche Musik mir beim Schreiben hilft. Da ich gerade an einem eigenen Weihnachtsprogramm schreibe, brauche ich ab und an mal eine Inspiration und mit Klassik funktioniert das super.
Mich würden eure Erfahrungen mit klassischer Musik interessieren. Alles ist erlaubt, so lang ihr fair und nett bleibt! Und zum Schluss möchte ich euch mein Lieblingsstück natürlich auch nicht vorenthalten! Das Palladio von Karl Jenkins: Klick.
Also als Fan würde ich mich ganz sicher nicht bezeichnen und ich kann klassische Musik auch nicht immer hören. Aber manchmal ist es schon ganz angenehm und dann bitte nicht zu lange. Beethoven ist natürlich ein großartiger Komponist, da kann man nichts dagegen sagen und ich denke das man sich bestimmte Stücke einfach mal angehört haben sollte.
Davon mal abgesehen schaue ich ab und an ganz gerne Balett und was wäre Balett ohne klassische Musik? Ich liebe ja Schwanensee. Und beim Putzen macht sich klassische Musik auch immer ganz gut. Warum auch immer.
Zuerst mal muss ich etwas klug schwätzen und belehren. Landläufig sagt man schon für gewöhnlich "Klassik" zu anspruchsvoller Musik, die nichts mit Pop, Rock, Jazz, Techno, Volksmusik zu tun hat. Ich verstehe auch, was Du meinst. Aber richtig verwendet ist dieser Begriff trotzdem nicht.
Zur Begriffsklärung:
Streng genommen ist die Klassik nur eine Epoche der alten Musik und kein Überbegriff für alte Musik im Allgemeinen. Die Epoche heißt: "Wiener Klassik" und dauerte von 1780–1827. Typische Komponisten dieser Zeit sind: Beethoven, Mozart, Haydn und von Dittersdorf.
Karl Jenkins ist ein Zeitgenosse von uns. Er wurde 1944 geboren und gehört folglich streng genommen nicht zur Klassik. Er ist ein moderner Komponist. Seine Suite Palladio, die aus der Diamentenwerbung bekannt ist, ist auch kein klassisches Werk, sondern trägt deutliche moderne Züge. Klar hat er das eine oder andere Stilmittel aus vergangenen Epochen entlehnt. Und das hört sich auch toll an. Der gute alte Felix Mendelssohn Bartholdy ist auch kein Komponist der Klassik, sondern der Epoche namens Romantik.
Es gibt da in Deutschland auch einen Radiosender (www.klassikradio.de), der sich Klassikradio nennt und nicht nur Klassik spielt. Genau genommen gehen die mit ihrer Namenswahl mit dem Begriff "Klassik" auch unpräzise um. Dieser Sender spielt natürlich auch Klassik, aber auch viele moderne Kompositionen wie das von Dir geliebte Palladio und auch Filmkompositionen. Also alles leicht verdauliche Kompositionen. Die Musikauswahl dieses Senders könnte Dir gefallen.
Wie Du Dir vielleicht gedacht hast, ich höre auch gerne das, was Du als Klassik bezeichnest. Und ich schere mich nicht darum, ob das nun modern ist, oder nicht. Diese Kompositionen sind ein Stück Kulturgut und damit zeitlos. Diese Musik begleitet mich schon, seit ich Kind bin und ich liebe viele Stücke. Meine Mutter hat mir berichtet, dass ich als kleines Windelkind schon zum Radio geflitzt bin und da so lange am Senderwahlknopf gedreht habe, bis ich solche Musik hörte.
Je mehr du dich mit solchen Kompositionen beschäftigst, und je mehr Du von Harmonielehre verstehst, desto mehr wirst Du diese Musik genießen können. Und eines Tages stellst Du vielleicht erstaunt fest, dass Du sogar anspruchsvolle Kompositionen, wie das Frühlingsopfer von Stravinsky verstehst und wertschätzen kannst. Ich wünsche Dir viele schöne musikalische Entdeckungen auf Deiner Reise durch die Musik!
Hallo trüffelsucher,
du machst deinem Namen alle Ehre! Tut mir leid, dass ich mit diesem Begriff so "grob" umgegangen bin, aber ich glaube, dass die meisten Laien, so wie ich, den Begriff für diese Musikrichtung verwenden. Aber wenn das Palladio nicht zur Klassik gehört, zu welcher Musikrichtung denn dann?
Oder wie soll man diese Musikrichtung, denn dann scachgerecht bezeichnen? Man kennt doch nicht von jedem Werk dessen Epoche aus dem Kopf. Ok, Wiener Klassik und Romantik sowie Barock, das krieg ich schon noch auf die Reihe, aber für diese ganzen Synfonien und Konzerte, Kantaten und was weiß ich nicht noch alles, muss es doch als Musikrichtung einen Einheitlichen Begriff geben. So wie Pop oder Jazz eben, du verstehst?
Aber Name hin oder her, mich freut es zu hören, das auch dir diese Art von Musik gefällt. Also ich werde bestimmt noch ein wenig mehr damit beschäftigen, aber das mit der Harmonielehre ist da so eine Sache für sich, befürchte ich.
Hallo Katjaactress,
du musst Dich doch nicht gleich entschuldigen! Die meisten Menschen benutzen den Begriff so wie Du das tust, da hast Du recht. Deshalb hatte ich auch das Beispiel "Klassikradio" gebracht, weil auch die den Begriff schwammig verwenden. Und das ist im Alltagssprachgebrauch auch voll im grünen Bereich. Das war auch keine Aufforderung, dass Du das in Zukunft zu ändern hast. Meine Klugschwätzerei war nur dafür gedacht, dass Du im Grunde weißt, dass die Alltagssprache da unpräzise ist. Da Du ja gefragt hast, gebe ich Dir mal eine Begriffsklärung. Dass das ganze eine Krümelkackerei wird, weiß ich selbst. Aber so ist das nun mal mit den Fachwissenschaften. Kleinste Unterschiede in der Bezeichnung bergen manchmal große Bedeutungsunterschiede. So auch hier. Ich mache also meinem Namen mal wieder eine Ehre und halte Dir einen kleine Vortrag, weil Du mich gefragt hast, wie man das nun richtig benennt:
Du schriebst:
Ich muss zugeben, als richtiger "Klassikfan" würde ich mich auch nicht gerade bezeichnen.
und
Ich würde gerne Mal eure Meinung zu klassischer Musik hören.
Also, genaugenommen schmeißt Du da zwei unterschiedliche Dinge in einen Topf. Wenn Du schreibst, "Klassikfan", dann ist das ein Fan der Klassik. Also wie ich schon schrieb, der Wiener Klassik. Wenn Du schreibst, unsere Meinung zu "klassischer Musik" interessiert Dich, dann hast Du das getroffen, was Du meinst.
"Klassische Musik" ist ein Oberbegriff für alle alte Musik und moderne Musik, die in einer alten Stilrichtung komponiert ist. Klassische Musik umfasst die Stilrichtungen ab dem Mittelalter. Aus dem Mittelalter kennst Du vielleicht den Minnesang und die Gregorianik. Zeitlich umfasst der Begriff "klassische Musik" auch diejenigen Werke, die in der Moderne komponiert wurden und die an die Stilrichtungen wie Barock, Romantik, Klassik etc. angenähert klingen.
Klassik und klassische Musik klingt ziemlich ähnlich. Wenn Du Verwechslungen und Missverständnissen vorbeugen willst, dann solltest Du zu Musik wie die von Carl Jenkins oder Filmkomponisten wie Ennio Morricone einfach "Neue Musik" sagen. Ich weiß, das klingt aus Sicht der Alltagssprache auch wieder blöd, ist aber der präzisere Ausdruck für Musik wie das Palladio, als der Ausdruck "klassische Musik". Neue Musik klingt Alltagssprachlich so, als wäre es die neueste CD in den Charts. Aber das ist nicht gemeint.
Nochmal zum Vergleich: Klassische Musik umspannt eine Zeit vom Mittelalter bis jetzt. Der Begriff Neue Musik umspannt "nur" die Zeit des 20. und 21. Jahrhunderts. Gemeint ist damit natürlich nicht jegliche Musik, die in dieser Zeit komponiert wurde, sondern nur Musik von kompositorischen Wert und ernst zu nehmenden Inhalten. Dieses Kriterium, dass der Inhalt ernst zu nehmen sein muss, wird auch kurz E-Musik genannt. Spätestens hier triffst Du auf einen großen Streit innerhalb der Musikwissenschaftler. Ab wann kann man eine Musik als ernst zu nehmende künstlerische Leistung sehen? Beispielsweise haben die Beatles einige wunderbar durchkomponierte Stücke, oder beispielsweise auch Pink Floyd. Diese fallen aber nicht unter die Kategorie E-Musik, also ernst zu nehmende Musik, da sie zu Kommerz- und Unterhaltungszwecken komponiert wurde.
Spätestens hier komme ich auch wieder mit der Einordnung von deinem Lieblinsstück Palladio in Konflikt. Dieses Werk wurde von Jenkins, laut Wikipedia, als Auftragswerk für diese Diamantenwerbung komponiert. Also fällt das Stück, trotz kompositorisch anspruchsvoller Struktur aus dem Bereich E-Musik heraus. Streng genommen müsste man es nun in den Bereich F-Musik einordnen. F-Musik ist funktionale Musik. Das heißt, sie wurde mit einer bestimmten Funktion, hier dem Werbezweck, komponiert.
Weil das mit der E-, U- und F-Musik so wenig präzise unterteilbar ist, ist diese Einteilung unter Musikwissenschaftlern umstritten. Manche sagen sogar, dass so eine Einteilung total blödsinnig ist.
Zurück zum Begriff "Neue Musik". Wenn Du Dich da mal beliest, wirst Du sehen, dass das auch kein homogener Begriff ist, sondern ein Überbegriff für ganz viele musikalische Strömungen, die es in den letzten 100 Jahren gab. Gerade ab den 1970er Jahren gab es plötzlich eine Entwicklung, dass die Komponisten sehr individuell komponierten und sich nicht mehr an gängige Stile hielten. Ab da wird die genaue Klassifikation eines Musiksstücks sehr sehr schwer.
Karl Jenkins ist sowieso ein Unikum. Er arbeitete ja auch bei der Band Adiemus mit, diese Werke nehme ich jetzt mal zur Beschreibung seines Stils mit auf. Seine Musik ist von sehr sehr vielen Einflüssen geprägt. Man hört bei seinen Stücken auch Einflüsse der Pop- und - Rockmusik, von der irischen Musik und von Weltmusik heraus. Die Bassmelodie, die das Streichorchester bei Palladio spielt, ist nämlich vom Klang her ziemlich modern. Meine erste Assoziation war, dass er da möglicherweise von der Carmina Burana von Carl Orff inspiriert wurde. Was ich mit Bassmelodie in den Streichern meine, wird Dir klarer, wenn Du diese Interpretation von Palladio anhörst. Die Bassmelodie wird von den Streichern gespielt und eine elektrische Harfe übernimmt den eigentlichen Melodieteil. Es ist übrigens ein hübsche Interpretation mit der elektrischen Harfe, finde ich.
Wenn Du Dir sein Stück "Adiemus" anhörst, wirst Du feststellen, dass man keinen Text verstehst. Das ist nicht etwa eine unbekannte afrikanische Sprache. Das kommt daher, dass er eine Kunstsprache ohne Wortbedeutung benutzt. Er geht hier rein Lautmalerisch vor. Auch das ist nicht typisch für alte Musik. Früher in der alten Musik sagte der Text, meines Wissens, immer etwas aus. Präziser kann man im Stil das Palladio nicht einordnen, da wie gesagt Karl Jenkins einen ziemlich eigenständigen Stil hat. Vielleicht haben allerdings unsere Nachfahren eines Tages so viel zeitlichen Abstand zu unserer Epoche, dass sie sich eine präzise Klassifikation einfallen lassen. Heute gibt es noch keine, so weit ich weiß.
Man muss natürlich nicht alle Stilrichtungen kennen. Da kann ich Dich beruhigen. Es gibt nämlich ziemlich viele, abhängig davon, wie präzise du die Musik einteilen willst. Auch ich kenne nicht alle Stilrichtungen, obwohl ich von mir behaupte, dass ich mich überdurchschnittlich gut mit E-Musik auskenne. Auch ich weiß nicht immer, dieses Stück wurde im Jahr X komponiert und fällt deshalb in die Stilrichtung Y. Zumal teilweise die Musikstile sich auch nicht mit einem exakten Zeitlichen Schnitt abgelöst haben und einige Jahre nebeneinander her existiert haben. Aber das ist nicht weiter dramatisch, weil man ja alles nachlesen kann, was man wissen will.
Es ist mit der E-Musik genau wie mit der anspruchsvollen Literatur. Wenn man ein wenig über den historischen Hintergrund und die Biografie des Künstlers weiß, hat man noch mehr Genuss, da einem Dinge auffallen, die einem sonst leicht verborgen bleiben. Das war jetzt eine geballte Ladung Information. Lass Dich also von meinen Spitzfindigkeiten nicht irritieren. Das wichtigste ist immer der Hörgenuss!
Mein Gott, schön, wie ihr Euch einigen konntet. Ich benutze das Wort "Klassik" auch einfach so, wie es Katjaactress und der Rest der unwissenden Masse: Klassik ist für mich alles mit Orchester, Orgel, einzelnen Streichern und anderen Instrumenten. Mit Gesang verbinde ich das nicht so, wobei beim "Ave Maria" der Gesang natürlich dazu gehört und das ist für mich auch Klassik, weil es nunmal weder Hip Hop noch Techno oder Rock ist.
Ein eingefleischter Klassikfan bin ich auch nicht, aber auch ich höre mir manche Stücke sehr gerne an. An ellenlange Sinfonien komme ich nicht so heran, aber das einzelne Stück höre ich mir manchmal gerne an. Übrigens schon seitdem ich denken kann. Und zwar fing alles mit "Für Elise" von Beethoven an. Meine ältere Schwester hatte früher einen Barbiekosmetiktisch oder eine ganze Kosmetikanlage, ich weiß es nicht mehr. Jedenfalls war da eine kleine Spieluhr eingebaut, die immer jenes Lied spielte, wenn man auf den Knopf irgendwo drückte. Seitdem begleitet mich dieses Lied und ich liebe es. Vor allem der Anfang davon, der sicherlich bekannteste Teil von "Für Elise".
Dann mag ich auch "Bilder einer Ausstellung" von Modest Mussorgsky sehr gerne, vor allem "Die Hütte der Baba Jaga". Das haben wir früher in der Grundschule mal behandelt und die Hexe Baba Jaga fand ich schon immer faszinierend. Wir sollten uns ihre Hütte und die Hexe selbst ganz genau vorstellen, während wir das anhören sollten und durften. Ich habe dabei immer das Hexenhäuschen mit den Hühnerbeinen wild durch den Wald hüpfen sehen und die Baba Jaga spielte dazu auf ihrer Bratpfanne ihren besten Song. Und ich sehe es heute noch vor mir, wenn ich dieses Stück höre.
Außerdem mag ich die Nussknacker Suite von Tchaikovsky wahnsinnig gerne. Ich sehe da zwar weit und breit keine Nussknacker vor meinem inneren Auge, aber es hat etwas sehr Geheimnisvolles an sich. Es spitzt sich so schön zu, das gefällt mir sehr gut.
Dann gefällt mir noch "Die Moldau" von Smetana, auch wieder besonders die ersten Minuten, den bekanntesten Teil davon. "Freude schöner Götterfunken" ist ebenfalls eines meiner Lieblingsstücke und noch einige andere Werke wie die "Feuerwerksmusik" und "Halleluja" aus dem Messias von Händel, etc.
Ich denke mal es hängt auch stark vom Betrachter und seinen Interessen ab ob er klassische Musik als verstaubt oder ewig modern ansieht, es ist halt Geschmackssache. Ich mag auch nicht alles aus früheren Zeiten aber Vivaldi, Mozart und Co. empfinde ich immer noch als moderne Musik.
Ich war neulich zu einem Konzert mit Cecilia Bartoli die den ganzen Abend Kastratenmusik (unter anderem Farinelli) aus dem 16. und 17. Jahrhundert darbot und zum Teil durch historische Instrumente aus dieser Zeit begleitet wurde. Es war hinreißend gesungen, aber zweienhalb Stunden waren für mich einfach ein bischen zu viel. Hier hätte ich mir etwas mehr Abwechslung gewünscht. Ich will damit sagen, die Menge machts. Hin und wieder mal ein paar klassische Stücke hören, dann wird es dem Ohr auch nicht zu langweilig und man empfindet die Musik eher als Wohltat für die Ohren und man kann sich auch leichter damit identifizieren. Hört man immer das selbe klingt es schnell verstaubt. Wer es nicht glauben will kann ja mal eine komplette Abba- CD einlegen und auch komplett durchhören und danach per Zufallsgenerator einen bunten Mix aus allem möglichen Musikrichtungen durchspielen lassen. Das Ergebnis ist verblüffend.
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