Migrantenkinder mit gleicher Qualifikation benachteiligt

vom 15.10.2009, 11:33 Uhr

Eine Studie der OECD hat nun bestätigt was Vertreter von Integrationsverbänden schon seit Jahren ohne Beleg angeprangert haben: Selbst bei gleicher Qualifikation verfügen Kinder die zwei Elternteile mit Migrantenhintergrund haben über die schlechteren Karrierechancen. So hätten beispielsweise 90 Prozent der hochqualifizierten Deutschen einen Arbeitsplatz - bei denen mit Migrationshintergrund liegt diese Quote jedoch nur noch bei 81 Prozent - und das obwohl beide Gruppen den Bildungsabschluss in der Regel im Inland erworben haben und dieser damit qualitativ gleichwertig ist.

Schwerer wiegt die Ungleichbehandlung lediglich in Belgien und Österreich. Die Schweiz konnte sich als das Land profilien in dem die Nachteile für Einwandererkinder denkbar gering sind. Bei Geringqualifizierten ist die Differenz wesentlich geringer. Hier findet kaum noch eine sichtbare Benachteiligung von Migrantenkindern statt. Jedoch sind sie in der öffentlichen Verwaltung deutlich unterrepräsentiert: Lediglich 3 Prozent der Migrantenkinder arbeiten später einmal hier, aber zehn Prozent der Deutschen. Dies ist in Westeuropa die branchenweit größte Diskrepanz.

» TuDios » Beiträge: 1475 » Talkpoints: 4,83 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich selbst bin Migrantenkind- und ich kann diese Meinung nicht teilen. Bis jetzt ist es so gewesen, dass ich die Jobs, um die ich mich beworben habe und die ich auch wirklich gewollt habe, auch bekommen habe.
Es könnte aber unter Umständen daran liegen, dass ich ein "europäisches" Migrantekind bin. Es kann sein, dass es bei türkischen oder arabischen Migrantenkindern anders ist.

» delfin45 » Beiträge: 80 » Talkpoints: 0,37 »


Hallo TuDios,

Mich wundert dieses Ergebnis nicht. Verwunderlich ist eher, dass einige Menschen erst teure Studien benötigen, bis sie soetwas glauben. Ich möchte jetzt, als "Person mit Migrationshintergrund", oder, einfacher gesagt, Kind mit einme ausländischen Elternteil, kein Mitleid bekommen. Aber tatsächlich ist es so, dass Ausländer von manchen Menschen benachteiligt werden, nur, weil sie Ausländer sind. Das ist einfach eine Tatsache, und weil es die Ungleichbehandlung von Menschen bedeutet, für mich auch kritikwürdig.

Ich denke, der Grund ist ganz einfach Intoleranz gegenüber Andersartigkeit oder aber auch Ausländerfeindlichkeit. Dass es diese, nicht nur in Deutschland, gibt, das kann keiner abstreiten. Es ist einfach so, dass es immer einige Zeitgenossen gibt, und zwar in jedem Land, die etwas gegen "Fremde" haben. Das sind nicht nur Ausländer, die dann da angefeindet werden, sondern auch Einheimische mit "ausländischem" Aussehen, oder aber auch Subkulturen, wie beispielsweise Punks. Auch innerhalb eines Landes kann es gegenüber Menschen aus anderen Landesteilen Anfeindungen geben. Und die Folge solcher Feindgefühle ist dann natürlich auch eine Ungleichbehandlung.

So kann es durchaus sein, dass ein Lehrer ein ausländisches Kind, obwohl es nicht schlechter ist, als ein deutsches, und obwohl es nichts Schlimmes angestellt hat, einfach nicht leiden kann, und dann dem Kind eben die schlechteren Zensuren gibt, als einem deutschen Kind mit demselben Verhalten und denselben Leistungen. Und es gibt mit Sicherheit auch Firmen, die, wenn sie beispielsweise zwei Bewerbungen vorliegen hätten, mit derselben Qualifikation, eher den "deutsch" aussehenden Bewerber wählen würden, als den, der beispielsweise zwar die deutsche Staatsbürgerschaft hat, aber arabisch aussieht. Da gibt es eben viele Vorurteile, und die spielen da mit hinein. Sicher werden viele Chefs nicht offen ausländerfeindlich einen Ausländer wegen seiner Nationalität ablehnen, aber man kann ja immer Ausreden vorschieben.

Auch, wenn es in Deutschland leider viele Menschen gibt, die sich daneben benehmen, gerade auch ghettoisiert lebende Menschen, egal, ob arme Deutsche oder arme Ausländer, ist das Fehlverhalten einiger Ausländer, egal, wie viele es sind, kein Grund, alle Ausländer zu diskriminieren. Nachvollziehen kann ich es, wenn Menschen verallgemeinern, aber ich akzeptiere es nicht als Entschuldigung für Ausländerfeindlichkeit. Die ist für mich mit nichts zu entschuldigen. Es bleibt nämlich Unrecht, einen sozialen, rechtschaffenden, völlig "normalen" Ausländer zu diskriminieren, nur, weil er Ausländer ist. Egal, wie viele asoziale, kriminelle, nicht "normale" Ausländer es gibt. Meiner Meinung nach sollten Menschen lernen, zu differenzieren, statt alle Ausländer in eine Schublade zu werfen und damit einzelnen Ausländern Chancen zu verbauen, obwohl diese gar nichts Schlimmes angestellt haben.

Übrigens habe ich sogar am eigenen Leib solche Erfahrungen machen müssen. Ich hörte tatsächlich bei der feierlichen Übergabe des Abiturs, bei der auch die Notendurchschnitte laut vorgelesen wurde, einige Eltern tuscheln, als ich mein Abitur bekam, dass es doch nicht sein könne, dass ein Ausländer (ich bin ostasiatischer Abstammung und sehe dementsprechen äußerlich auch ostasiatisch aus) einen besseren Notenschnitt haben könne, als die meisten deutschen Abiturienten. Ich war nämlich beim Durchschnitt weit vorne dabei. Das erschien einigen Eltern wohl nicht möglich. Das sind genau die Vorurteile gegenüber Ausländern, die ich meine, und die dann auch dafür sorgen, dass man Ausländern beispielsweise manchmal weniger gerne einen Arbeitsplatz gibt. Das dumme Vorurteil, dass Ausländer weniger leisten würden, dümmer seien, oder was weiß ich.

Als weiteres Beispiel kann ich anführen, dass man mir beispielsweise nicht zutraut, die deutsche Sprache korrekt zu sprechen und zu verstehen. Es wurmt mich jedes Mal, wenn ich jemanden auf der Straße in bestem Hochdeutsch anspreche, und der mit in Kindersprache antwortet, weil er glaubt, ich könne erwachsenes Normdeutsch nicht verstehen. Viele machen ja dreisterweise sogar mit ihrem Baby-Gebrabbel ("Du gehen bis Straße XY, dann du gehen rechte Seite") weiter, wenn ich ihnen bereits versichert habe, dass ich auch gewöhnliches Deutsch verstehe. Auch noch ein Beispiel dafür, dass man die Fähigkeiten von Ausländern, gerade die sprachlichen, unterschätzt.

Was können wir dagegen nun tun? Als Ausländer kann man wohl nur versuchen, zu zeigen, was man kann, und somit versuchen, Vorurteile abzubauen. Und die Menschen, die Vorurteile haben, sollten auch selbst am Abbau dieser arbeiten. Aber wie kommen diese Menschen dazu, wenn sie oft ja selbst nicht merken, dass sie Vorurteile haben? Viele wollen es ja auch gar nicht wahr haben, wenn man sie darauf aufmerksam macht. Was tut man dagegen, wenn jemand es einfach nicht wahr haben will?

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Natürlich kommt es mal vor, dass ein Kind, ein Mensch mit Migrationshintergrund benachteilgt wird. Aber genauso kann es vorkommen, dass ein gebürtiger Deutscher benachteilgt wird. Wenn Benachteiligung vorkommt, müssen wir uns fragen, wieso. Es ist einfach , zu einfach, gleich alles auf "Ausländerfeindlichkeit" / "Fremdenhass" zu schieben. Manchmal mag das stimmen, aber es stimmt eben nicht immer. Leider neigen viele Menschen mit Migrationshintergrund dazu, gleich die Ausländerfeindlichkeitskeule hervorzuholen, wenn sie das Gefühl haben, ihnen sei Unrecht getan worden.

Ich habe die Erfahrung gemacht, über die gleiche Lehrerin zu hören, sie sei zu ausländerfreundlich und würde deutschen Kindern eher die schlechte Note geben als ausländischen. Von ausländischen Eltern hörte ich, sie sei zu ausländerfeindlich und würde bei gleicher Leistung ausländische Kinder schlechter benoten. Ich habe sie als Lehrerin kennengelernt, bei der nur Disziplin , Lesitungsbereitschaft und Lernwille zählten. Wer das hatte bzw. zeigte, bekam auch gute Noten. Die Farbe der Haut oder des Passes hat sie nie interessiert.

Ich habe ausländische Eltern kennengelernt, die die nicht vorhandenen Rechtschreibkenntnisse iher Kinder und die daraus resultierenden schlechten Zensuren mit Ausländerfeindlichkeit des Lehrers erklärten.
Was ich sagen möchte, man sollte erst einmal sich, seine Leistung, sein Können bzw. das seiner Kinder hinterfragen, bevor man auf den bösen Lehrer schimpft und ihm Ausländerfeindlichkeit vorwirft. Manchmal hängt es einfach auch nu an der fehlenden Sympathie. Nicht jeder Mensch kann mit jedem gut. So gibt es sicher auch Lehrer, die mit einem ausländischen Kind nicht gut auskommen, sich dafür aber mit einem anderen ausländischen Kind umso besser verstehen. Sind diese Lehrer dann ausländerfeindlich? Ich denke nicht.

Ähnlich ist es bei der Arbeitssuche. Ich bin ziemlich sichr, dass einen Personalchef in erster Linie Können und Leistungsbereitschaft interessieren. Natürlich muss man auch als Person ins Team passen und darauf muss der Personalchef auch achten. Was nützt einem z.B. ein Bewerber, der ein Superdiplom hat und auch bereit ist zu arbeiten, aber durchblicken lässt, dass er wegen seines kulturellen Hintergrundes von Frauen nicht besonders viel hält- und in der Firma ist der Frauenanteil bei über 50%? Wie soll der Personalchef in diesem Falle reagieren? Wenn er sich dann gegen diesen Bewerber entscheidet, ist das Ausländerfeindlichkeit oder der Versuch, dass gute Betriebsklima zu erhalten und keine Unruhe zu erzeugen?

Ich kann mir auch vorstellen, dass sich ein Personalchef Gedanken macht, was der muslimische Bewerber im Ramadan macht - nicht, weil der Personalchef gegen Muslime ist, sondern, weil ihn interessiert, wie es mit der Leistung ist. Um Leistung zu bringen muss man dem Körper Essen und vor allem Flüssigkeit zuführen, wenn das jemand einen Monat tagsüber nicht macht, darf sich der Personalchef schon fragen wie es zu dieser Zeit mit der Leistungsfähigkeit ist, er muss ihn schließlich auch in diesem Monat bezahlen. Natürlich kann man auch in solchen Fällen Lösungen finden, aber da müssen beide Seiten zu Kompromissen bereit sein.

Was wir aber auch nicht vergessen dürfen, neben manchmal negativ auftretender Diskriminierung von Menschen mit Migartionshintergrund, gibt es auch Beispiele positiver Diskriminierung, die zu Lasten eines deutschen Bewerbers gehen, der die gleiche Qualifikation hat. Internationale Konzerne wollen auch eine internationale Belegsdchaft. Da gibt es aber auch den Arzt, der lieber eine türkische oder russische Arzthelferin einstellt, um türkische oder russische Patienten in die Praxis zu locken, obwohl es da Kandidatinnen mit besserer Qualifiation gegeben hat. Da beschwert sich dann niemand.

» delfin45 » Beiträge: 80 » Talkpoints: 0,37 »



Natürlich gibt es auch Ausländer, die sich einbilden, andauernd benachteiligt zu sein, und natürlich können Ausländer als Bewerber aus verschiedensten Gründen abgelehnt werden, die nicht mit ihrer Nationalität zutun haben. Aber in einigen Beispielen ist die Ausländerfeindlichkeit tatsächlich allzu deutlich. Oder was würdest du sagen, wenn jemand Äußerungen macht, dass ein Ausländer doch immer schlechter oder dümmer sei als ein Deutscher, und man dem Deutschen daher den Vorzug geben müsse? Ich habe auch schon von Fällen gehört, bei denen man einem ausländischen Bewerber direkt im Vorfeld, ohne ihn und seine Gewohnheiten halbwegs zu kennen, sagte: "Ausländer nehmen wir in diesem Betrieb nicht an, die haben eine andere Kultur und bringen nur alles durcheinander."

Wenn man den Bewerber nicht einmal kennt, und gar nicht weiß, was er denn für eine Kultur hat, sondern ihn nur wegen eines ausländischen Aussehens oder Namens ablehnt, was ist das denn mehr als dumme Vorurteile gegenüber Ausländern? Also tu bitte nicht so, als gäbe es gar keine Diskriminierung. Wie ich schrieb, betrifft das nicht nur Ausländer, sondern alle Menschen, die irgendwie als "von der Norm abweichend" gelten. Das habe ich auch schon geschrieben. Es ist egal, ob Ausländer, Katholiken oder Punks. Es gibt eben Gruppen, die gelten als "unerwünscht" in bestimmten Gegenden, und die werden dann nur wegen bestimmter Dinge abgelehnt, obwohl sie damit niemandem schaden (um solche Dinge geht es hier, wenn jedoch beispielsweise kriminelles Verhalten vorliegt, dann ist die Person natürlich abzulehnen, aber auch unabhängig davon, ob sie Deutscher oder Ausländer ist). Ausländer sind eben so eine Gruppe bei einigen Deutschen, da muss man sich nichts vormachen.

Da du diese "Mentalitätsunterschiede" schon angesprochen hast: Ja, es gibt Menschen, die kulturell in Deutschland etwas problematisch sind. Beispielsweise einige Männer aus dem arabischen Raum, die niemals auf die Anweisungen einer Frau hören würden, was dann im Beruf natürlich oft problematisch ist. Aber so sind längst nicht alle! Es gibt genügend Türken, die haben noch die türkische Staatsbürgerschaft, obwohl sie in der zweiten oder sogar dritten Generation hier leben. Da gibt es viele, die reden nicht einmal mehr türkisch und von türkischen Gebräuchen wissen sie auch nicht mehr viel. Übrigens dürfte das ein Großteil der "hochqualifizierten ausländischen Arbeitskräfte" sein, um die es hier geht.

Die Ausländer jedenfalls früher an meinem Gymnasium, die hätte man nur rein äußerlich von Deutschen unterscheiden können. Meinen Erfahrungen nach sind es nicht solche Leute, die dann beispielsweise Frauen erniedrigen, sondern das sind die, die dann auch in Sachen Bildung nicht so fortgeschritten sind. Natürlich will ich nicht sagen, dass es nicht ein paar gut ausgebildete Ausländer gäbe, die vielleicht dennoch frauenfeindlich sind, aber es sind längst nicht alle. Da muss ein Mensch doch unterscheiden, und wenn er es nicht tut, dann sind das ganz einfach Vorurteile gegenüber Ausländern. Übrigens gibt es auch frauenfeindliche Deutsche.

Das mit den Feiertagen und Fastenzeiten, was du hier anspricht, finde ich aber auch ein wenig kritisch. Ich kann nachvollziehen, dass man bei fastenden Muslimen vielleicht davon ausgeht, dass sie in der Zeit weniger leisten. Das kann ich schon verstehen. Aber es fasten eben nicht alle Ausländer. Ebenso gibt es Christen, die fasten. Würde man daher von vorn herein, ohne sich persönlich mit dem Individuum zu befassen, alle Christen ablehnen? Und wenn ein strenger Katholik sich alle katholischen Feiertage wirklich frei nehmen würde, dann wären das auch viele Ausfälle. Aber auf solche Ideen kommt man bei deutschen Bewerbern ja kaum.

Da aber auch bei Ausländern die Religiösität immer stärker abnimmt, sollte man sich nicht darauf verlassen, dass ein Türke sich unbedingt an den Ramadan hält. Man sollte einfach nicht verallgemeinern, denn genau das ist ja wieder die Basis von Vorurteilen. Und die sollten eher bekämpft werden. Aber darf man überhaupt bei Bewerbungsgesprächen nach der Religion fragen? Manches würde das vielleicht erleichtern, wobei es dann sicherlich auch wieder Antipathien und Sympathien aufgrund der Religion gäbe, was dann auch wieder nicht fair wäre.

Und dass sich keiner über die Bevorzugung von Ausländern aufregt, stimmt auch nicht. Das tun sogar sehr viele Leute. Dafür, dass Ausländer kaum bevorzugt werden, sind es jedenfalls eine Menge. Denn so viele Bereiche, in denen eine ausländische Herkunft als vorteilhaft betrachtet wird, gibt es nun auch nicht.

Nebenbei bemerkt: Es geht hier um gleich qualifizierte deutsche und ausländische Menschen. Hier also mit "nicht vorhandenen Rechtschreinkenntnissen" von Ausländern anzukommen, ist kein Argument. Gleich qualifiziert schließt doch mit ein, dass die Ausländer genau dieselben Sprachkenntnisse haben und auch gleich gut in der Schule oder Ausbildung waren.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


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