Finanzsituation bei deutschen Fussballclubs

vom 20.10.2009, 14:13 Uhr

Tagtäglich gibt es Berichte über insolvente deutsche Fussballvereine, oder auch nur angeblich insolvente Clubs. Zurzeit führt da Schalke 04 die Hitliste an, aber das allgemein angeführte Nachlizensierungsverfahren betrifft ja insgesamt zwanzig Clubs, alle mit mehr oder weniger leeren Kassen und entsprechenden oder eben nicht entsprechenden Gegenwerten.

Insgesamt empfinde ich die Diskussion darüber an vielen Stellen als lächerlich und überflüssig. Wenn wir uns die Verschuldungslage ausländischer Clubs, nicht nur die prominenten Beispiele wie Real, sondern in Italien eine fast bankrotte zweite Liga, anschauen, dann sehen wir ein Problem, daß sich quer durch Europa zieht: Wie läßt sich der Wert eines Clubs eigentlich tatsächlich objektiv ermitteln? Wir können in Deutschland ja nicht ernsthaft über Fussballclubs herziehen, wenn gleichzeitig unsere Staatsverschuldung auf neuem Rekordhoch ist und nur deshalb weiter erhöht wird, um Steuererleichterungen als Wahlgeschenke durchzuziehen. Das funktioniert ja nur, weil der Staat scheinbar ordentliche Sicherheiten hat. Welche Sicherheiten hat also eine Club?

Da wird es dann schwierig. Stadionwert, Grundstücke etc, alles klar. Aber ist der Marktwert eines Spielers sein tatsächlicher Wert, gerade in Zeiten von Bosman u.ä.? Und was ist mit Merchandisingwerten, möglichen Einnahmen durch Erfolg, jahrzehntelange Einnahmen durch Dauerkarten etcetc.. ? Ganz im Ernst, der Wert eines Clubs läßt sich nur im Rahmen der allgemeinen Lizenzregeln des DFB und nicht durch Medienspekulationen bemessen. Und da geht es los: Diese Regeln müssen offenliegen und offen diskutiert werden, und da darf auch ein salary cap kein Tabu sein.

Und wenn es nicht auf UEFA- oder FIFA-Ebene geht, was solls? Die finanzielle Benachteiligung der Bundesliga gibt es doch sowieso bereits und gerade diese Saison sehen wir doch, daß junge, nicht so teure Mannschaften auch Erfolge feiern können. Sicher müssen wir dann um europäische Erfolge vielleicht länger kämpfen, aber diese endlosen Diskussionen um Megastars wie Riberry, will er bleiben oder nicht, streitet er mit dem Trainer oder nicht, daß interessiert echte Fans doch gar nicht.

Wenn ich wieder ein Derby zwischen Jungs meiner Gegend und denen aus anderen Gegenden sehen kann (wie geil war Streit zwischen Neuer und Großkreutz) verzichte ich sowohl auf europäische, mit Werbeblöcken zerhackte Pseudoereignisse als auch auf superteure Diven. Also laßt den DFB strenge Grenzen für alle setzen und diese überwachen und die Medien konzentrieren sich wieder aufs Fußball gucken. Nicht wahr, Herr Töpperwien? :D

» rüdiger2006 » Beiträge: 5 » Talkpoints: 3,55 »



Also mal ganz ehrlich, ich finde diese Betrachtung sehr oberflächlich und kann nur in einigen Punkten zustimmen. Fangen wir mal mit den Schulden der Klubs an. Wie jetzt? -Vergessen? Ich möchte das mal mit etwas anderen als der Lage der Bundesrepublik Deutschland vergleichen:

Ich habe in den letzten Jahren eine Million Schulden gemacht, habe dafür die neusten Sachen und kann mit meinen Nachbarn allemals mithalten. Neulich wurde ich von etlichen Banken, welche mich immer zu meiner aktuellen Lage beurteilen, kritisiert. Viele Freunde finden zu Recht, aber, jetzt mal ganz ehrlich, schaut euch meine Nachbarn an, die sind noch viel schlimmer. Und, eine Straße weiter, da haben die zweistellige Millionenbeträge Schulden, dagegen bin ich nichts. Also, was regen die sich so auf, wenn es doch so viel schlimmere gibt. Und, mal ganz ehrlich, über meine Zukunft denk ich nicht nach. Warum auch, es gibt ja welche, die noch viel schlimmer sind als ich!!!

Das alles ist natürlich frei erfunden, soll aber die Einstellung mal ein bisschen kritisch darstellen. Also, ich finde diesen Vergleich sehr passend. Die deutschen Schulden hingegen waren für den Wiederaufbau und die heutige Wirtschaftslage nötig! Und ganz ehrlich, wenn ich andere Länder anschaue. Sicher, nicht alle Ausgabe waren gerechtfertigt. Ich finde, mein Vergleich war zwar sehr weit hergeholt, und manche mögen sogar finden zu weit, aber, das ist wohl noch Ansichtssache! Aber, entschuldigung mal, die BRD mit einem Fußballklub, da ist das Maß der Dinge alle mal überschritten.

Ich finde Neuverschuldung in gewissen Maße für den Aufbau eines Klubs OK. Ja, vielleicht muss es sein. Bis 15 Million - bitte schön. Wenn man PERSPEKTIVE hat, soll es so sein. Denn dann kann man es auch nach und nach Abbezahlen. aber 100 Millionen zu vergessen weil es in Italien nicht besser ist? - Wie ist die Finanzkrise u.a. noch mal entstanden?

Zustimmen muss ich allerdings, dass man den Mannschaftswert sehr schlecht einschätzen kann und, das dieser von vielen Sportzeitschriften etwas weit hergeholt ist!

Nicht zustimmen kann ich, dass sich die Medien nur auf die sportliche Situation der Fußballklubs beschränken sollten. Die Medien wissen schon, was sie schreiben und ob es die Leute interessiert. Und zum Glück gibt es ja (so gut wie uneingeschränkte) Pressefreiheit! Sicherlich wäre es allerdings recht hilfreich, wenn der DFB und die FIFA die Regeln etwas straffen würde und eindeutig klare Linien vorgeben könnten.

Genug geschrieben! Das ist alles sicherlich Ansichtssache. Ich kann mir gut vorstellen, dass in diesen Themen die Meinungen weit auseinander reichen. Aber Internetforen sind wie geschaffen zum diskutieren!

» Achtung! » Beiträge: 8 » Talkpoints: -0,02 »


rüdiger2006 hat geschrieben:Ganz im Ernst, der Wert eines Clubs läßt sich nur im Rahmen der allgemeinen Lizenzregeln des DFB und nicht durch Medienspekulationen bemessen.

Schlag mal das Märchenbuch am besten ganz schnell wieder zu. Zunächst erst mal was grundsätzliches. Die Lizensierung der Profivereine führt die DFL durch und nicht der DFB. Der DFB ist für den Amateurbereich zuständig, allen voran die 3. und 4. Liga. Und da hat er in den letzten Jahren genug Schaden angerichtet.

Allein seit Einführung der 3.Bundesliga, also vor etwas mehr als 1 Jahr ging das Chaos doch schon los. Die Hälfte der Vereine zittert sich durch die Saison ohne zu wissen, wie lange das Geld nun reicht. Emden musst letzte Saison zurückziehen, weil sie kein neues Stadion bauen konnten (eine Auflage, die sie seit Jahren vom DFB bekommen!), Braunschweig musste den Stadionnamen von stadteigenen Firmen kurz vor Abgabeschluss der Lizenzunterlagen verkaufen um die Etatlücke zu decken. Düsseldorf ist ebenso nahezu Pleite und darf deswegen jetzt ohne Miete zahlen zu müssen in ihrem Stadion spielen. Dresden haut dem DFB jedes Jahr aufs neue die Taschen voll, wieviel Schulden sie nun wirklich haben und kommt nur über die Runden, weil sie die Stadt mit einem neuen teuren Stadion, was leer stehen würde erpressen können und von dort Millionenkredite bekommen. Der jetzige Zweitligist Union Berlin schaffte den Aufstieg nur, weil sie in der Relegationssaison nahezu alles was nicht zum direkten Spielbetrieb gehört rausgeschmissen haben.

Und in der vierten Liga könnte ich jetzt noch ewig so weitermachen. In der Regionalliga Nord droht beim Goslarer SC schon seit dem 7. Spieltag das Licht auszugehen, Türkyiemspor Berlin dementiert seit 1 Woche heftig, dass sie sich die Liga nicht mehr leisten können und zurückziehen. Und wir sind erst im Oktober!

Also soviel erstmal dazu, dass nur die weisen Leute vom DFB den Wert eines Vereins bewerten könnnte, obwohl sie nicht mal vernünftig in Bilanzen schauen können.

Und auch sonst sehe ich deinen Beitrag recht kritisch. Egal ob es sich nun um einen Fussballverein oder ein anderes Unternehmen handelt, schlussendlich kann jeder nur das Geld ausgeben, was er einnimt. Mit einem Stadion oder einem Grundstück kann ich keinen Spieler und keinen ANnestellten bezahlen, dafür braucht man schon Geld. Und wieviel so ein Stadion dann wert ist, wenn es denn überhaupt dem Verein gehört, sollten schon die bemessen, die dafür ihr Geld geben, also Banken oder andere Kreditgeber.

Ebenso ist es eigentlich recht egal, wie hoch ausländische Vereine verschuldet sind. Wenn ich kein Geld habe, bringt es mir nichts, dass ein anderer noch mehr kein Geld hat. Nicht umsonst steigen ja bei vielen Vereinen immer mehr Miliardäre ein. Weil sie billig zu haben sind und sich keiner mehr ihren Eingriffen erwehren kann, weil die Alternative eben Pleite heißt. Und ich möchte nicht, dass mein Verein am Nabel einer einzigen Person hängt und machen muss, was dieser will.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



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