Berufung im Fall um die Verbrennung eines Anne Frank Buches

Vielleicht kennen einige von euch den Fall. Ich glaube es war im letzten Jahr bei einer Sonnenwendefeier in einem Kulturverein irgendwo in Sachsen - Anhalt. Da haben einige Rechtsradikale ein Anne Frank Tagebuch verbrannt und dabei wohl irgendwelche Nazi Parolen geschrien.

Die Leute wurden dann wegen Volksverhetzung und Verunglimpfung des Andenkens Verstorbene angeklagt und vom Gericht zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Jetzt haben vier der Verurteilten Berufung eingelegt und ab Oktober geht der Fall dann in die zweite Runde.

Das skandalöse an dem Fall war damals, dass die Polizei nicht wusste was sie machen sollte. Es wurde erst verspätet angefangen zu ermitteln, da die Polizisten Anne Frank garnicht kannten und deshalb nicht wussten was an der Verbrennung des Buches jetzt schlimm sei.

Oh mein Gott, wie kann man denn so etwas vollkommen Grundlegendes nicht wissen. Und ich dachte die Polizei stellt nur noch Leute mit Abi oder Fachabi ein. Naja scheint ja nicht viel gebracht zu haben.

Naja, auf den Abschluss kann man das nicht beziehen. Ich kann mich nicht erinnern irgendwann bisher in der Schule was zum Thema Anne Frank gemacht zu haben, das habe ich alles außerhalb der schule mitbekommen.

Allerdings schon erschreckend und auch irgendwie erschreckend, ich finde das Buch ist eines der wirklich wichtigsten "Erben" dieser Zeit.

Ich finde, die Angeklagten bzw. Verurteilten können froh sein, dass sie nur eine Bewahrungstrafe bekommen haben. Meiner Meinung nach gehören solche Nazis (oder, um einen anderen Begriff zu benutzen, "Rechtsradikale") hinter Schloss und Riegel! Und das Ganze nennt sich dann auch noch "Kulturverein"! Wer solch ein Gedankengut und solche Parolen durch die Gegend schreit und das dann auch noch als Kultur bezeichnet, sollte sich nicht frei unter die Gesellschaft mischen dürfen...

Dass die Polizisten keine Ahnung hatten, was da überhaupt vor sich ging, ist dabei auch nicht gerade hilfreich. Ich muss jedoch auch fraxmesh zustimmen: Bei uns im evangelischen Religionunterricht ist das Lesen des Tagebuches der Anne Frank im Lehrplan vorgesehen, ich als Katholik habe jedoch in der Schule nicht wirklich was zu Anne Frank gelernt.

Hoffentlich wird die Strafe im Berufungprozess für die vier Angeklagten nicht niedriger ausfallen als sie jetzt schon ist, denn das würde die Tat noch verharmlosen.

Also ich weiß auch wer Anne Frank ist - und die ganze Wandschrank Story - stand im Lesebuch der 6. Klasse, also ein Auszug aus dem Buch, und wir mussten uns das auch durchlesen. Aber liegt vielleicht am Gymnasium. Auf der anderen Seite: Warum sollten Rechtsradikale ein Buch verbrennen, gegen dass sie nichts haben sollten? Dort wird ja auch nicht mein Kampf oder der Völkische Beobachter ins Feuer geworfen, sondern eben Literatur, die sich als "entartet" ansehen, um auf einen aktuellen Vorfall an zuspielen .

Ist es denn strafbar, ein jedes Buch zu verbrennen, das eine Biographie, Memoiren oder ähnliches, was auf einen einzelnen Menschen verweist, darstellt? Ich frage mich das gerade, ob man da nur bei bestimmen Büchern solche Ausnahmen macht, oder ob das allgemein so gehandhabt wird.

Wenn ich beispielsweise ein Buch von oder über Siegmund Freund verbrennen würde, würde das irgendwen interessieren? Ich bezweifle es ein wenig.

Auch, wenn ich mit Radikalen, egal, ob rechts oder links, nicht zufrieden bin, genau genommen ihre Taten sogar verdamme und ihre Denkweisen nicht für die klügsten halte, so erscheint es mir schon etwas seltsam, wenn man es ganz objektiv betrachtet wird, dass Leute verurteilt werden, weil sie ein Buch anzündeten.

Das mit dem Schreien rechtsradikaler Parolen ist eine andere Sache, das ist logischerweise strafbar und das sehe ich auch so ein. Aber wo steht, dass das Verbrennen eines Buches strafbar wäre, und zwar dann auch noch als "Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener"? Oder kommt das immer auf den Gesamtkontext, auf das Drumherum bei der Verbrennung, an?