Dragonfly oder: Kann eine Libelle New York ernähren?
"115. Stock: Weizenfeld, Erdbeerplantage, Schafkoppel und Molkerei", so könnte die Liftansage im höchsten Bauernhof der Welt lauten.
"Dragonfly" (dt. Libelle) lautet das neueste Megaprojekt des belgischen Architekten Vincent Callebaut. Die Idee dahinter: In Zeiten knapper Ressourcen und einer stetig wachsenden Bevölkerung in Großstädten (bis 2025 sollen in den Ballungsräumen 5,5 Milliarden Menschen leben), gibt's bald zu wenig Platz, um Nahrung wie bisher auf riesigen Feldern anzubauen.
Der vertikalen Landwirtschaft in Hochhäusern gehört nach Meinung vieler Experten die Zukunft. So entstehen derzeit in New York City die ersten Prototypen von Dickseon Despommiers 30-stöckigen Wolkenkratzerfarmen.
Vincent Callebaut setzt noch eins drauf: "Dragonfly" ist dem Flügel einer Libelle nachempfunden und thront 600 Meter hoch über dem East River. Auf 132 Stockwerken und insgesamt 350.000 Quadratmetern ist PLatz für 28 verschiedene Flächen für den Anbau von Obst, Gemüse und Getreide sowie für die Haltung von Fleisch- und Milchvieh.
Das Besondere: In der organischen Baustruktur aus Glas und Stahl, bei der zwei "Libellenflügel" eng nebeneinander stehen, ist die Energieerzeugung mit Solar- und Windanlagen bereits integriert. Auch alles, was an Müll anfällt, wird zu 100 Prozent wieder verwertet, Regenwasser gefiltert. Der Baustart für die Rekord-Farm ist noch offen.
Und so soll da Ganze dann etwa aussehen: Klick.
Wenn ich mir das Bild einmal anschaue finde ich das Gebäude einfach nur deplatziert und einfach zu groß um wirklich umgesetzt zu werden.
Als Machbarkeitsstudie sicherlich reizvoll, aber ich kann mir nicht vorstellen das sowas die Zukunft der Lebensmittelversorgung darstellen soll. Mehrstöckige Farmen beherbergen sicherlich ein großes Potenzial, alleine von der gewonnen Landfläche, aber dann eher in niedrigerem Rahmen und nicht auf 132 Stockwerke verteilt.
In den westlichen Ländern wird die Lebensmittelversorgung keine so große Rolle spielen. Wir produzieren jetzt schon einen riesigen Überschuss und die Bevölkerungszahlen stagnieren ja fast. Natürlich werden die Städte immer noch größer, aber der gesamte Flächenverbrauch wird nicht wesentlich höher.
Problematisch ist höchstens die Versorgung in den Entwicklungsländern, in denen die Bevölkerungszahlen explodieren und dementsprechend auch die städtischen Gebiete. Aber hier werden solche Megaprojekte erst recht nicht wirtschaftlich sein; wenn man das Geld in die konventionelle Landwirtschaft steckt. Das ist natürlich auch nicht ganz unproblematisch.
Daher denke ich nicht, dass solche Projekte in näherer Zukunft wirklich sinnvoll umgesetzt werden. Als verrückte Idee, die von einem reichen Geldgeber finanziert wird, könnte so etwas mal entstehen, aber nicht um wirklich eine städtische Gesellschaft zu versorgen.
Interessant sind solche Projekte in Hinsicht auf zB Besiedelung anderer Planeten (dann allerdings als komplett geschlossene Kreisläufe) oder Nahrungsgewinnung in Gegenden, die mit Freilandwirtschaft eher ein klimatisches problemhaben (zB Städte wie Dubai, wo ein hoher Lebensstandard herrscht, aber alles rangekarrt werden muss).
Eine mögliche künftige Einsatzfläche wären auch künstliche Inseln,die dadurch weniger abhängig durch Außenversorgung werden würden und damit auch anStellen planbar, die aus heutiger Sicht noch weniger attraktiv sind.
Der interessante Faktor ist daran eigentlich, wie man Systeme erschafft, die sich gegenseitig supporten, d.h. sich zB gegenseitig Schädlinge vom Hals halten oder die Reste des anderen verwerten.
Also ich muss gestehen, das Anblick dieses Projekts ist schon beeindruckend. Die Frage nach der Realisierbarkeit ist eine andere, das Gebäude an sich ist imposant.
Mir drängt sich da aber ein ganz anderer Aspekt als der der Realisierbarkeit auf: ist das sinnvoll? Wenn Städte von solchen lebensmittelerzeugenden Großfarmen abhängen dauert es sicher nicht lange, bis eben diese als Ziele terroristischer Gruppierungen ins Visier genommen werden. Lege die Lebensmittelversorgung eines Landes/ einer Stadt lahm und es ist nur eine Frage der Zeit, bis eben jene Region ausser Gefecht gesetetzt ist. Mach das in vielen Städten/ Ländern, und ein globales Chaos bricht aus.
Solche großen, zentralen Versorgungsknoten sind immer ein "beliebter" Angriffspunkt, warum also auch noch die Lebensmittelversorgung von solchen riesiegen Anlagen abhängig machen?
Zudem: ist das moralisch vertretbar, Tieren ihr ganzes Leben lang frische Luft und echtes Tageslicht vorzuenthalten? So wie ich das verstanden habe ist alles ja ein zusammenhängender Komplex, das würde also wieder in Massentierhaltung in Reinform enden. An die Umweltverschmutzung die solch ein riesen Komplex wieder einmal verursacht, möchte ich gar nicht denken. Diesen am Laufen zu halten erfordert zudem Unmengen an Energie.
Ich verstehe nicht, warum man in solche Mega-Projekte investiert anstatt sich an die heimische Landwirtschaft zu wenden und dort unterstützend eingreift? Es muss ja möglich sein, die Lebensmittelversorgung zu gewährleisten und gleichzeitig die Natur zu schonen und auf natürliche Art und Weise für versorgung zu sorgen.
Wenn ich mir das Bild so ansehe, dann finde ich es auch beeindruckend. Allerdings ist es wohl eher auf optische "Schönheit" ausgelegt, denn auf einen sinnvollen Zweck.
Sicherlich, wenn man dort mehrstöckig Nahrungsmittel anbauen könnte, dann wäre das nicht sinnlos. Aber man könnte das Gebäude anders bauen, sodass beispielsweise mehr Nutzfläche entsteht, und auch so, dass die Standfestigkeit besser ist. Dazu wäre dann wahrscheinlich eine eher eckige Form sinnvoller, und nicht so eine ungewöhnlich geschwungene. Die ist einfach irgendwie nicht kompakt, und ich muss ehrlich sagen, bei Erdbeben oder Stürmen würde ich mir um die Standfestigkeit Sorgen machen. Aber das planen viele Architekten, gerade die "Stars" unter ihnen, ja nicht selbst, sondern machen eigentlich andere Menschen. Die dürfen sich dann mit den seltsamen Designvorlagen der "Star-Architekten" herumärgern.
Zu der Haltung von Tieren nur in Innenräumen würde ich allerdings auch gerne meine Bedenken äußern. Man denke man an Legebatterien, diese "Eier-Fabriken" sind ja auch oft mehrstöckig. Die Lebensbedingungen für die Tiere sind dort schrecklich. Da aber immer mehr Leute auf soetwas achten, glaube ich nicht, dass so eine Tierhaltung sich auf Dauer zusetzen würde. Gerade in der Zukunft müsste, auch bei Platzproblemen, soetwas eigentlich eher abnehmen.
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