Anne Will: sonst keiner...

Die Sommerpause von Anne Will ist vorbei, sie ist zurück. Aber der Rest der Talkgäste schien noch nicht ganz aus dem Urlaub zurück zu sein.

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück für die SPD und Christian Wulff, Ministerpräsident von Niedersachsen) führten Wahlkampf, zumindest eo eine Art davon. Und es ist die langweiligste Art, die es wohl je gegeben hat. Gründe mag es dafür viele geben, einer ist sicherlich in der Großen Koalition selbst zu suchen. Der Frust der letzten vier Jahre sitzt scheinbar so tief, dass es allen Beteiligten sehr schwer fällt, sich aus diesem Trott zu lösen.

Für mich jedenfalls sehr beeindruckend: Peer Steinbrück. Es scheint mir sogar so, als ob er zu den wenigen Politikern gehört, die über den Dingen stehen. Und das ist in diesem Fall durchaus positiv gemeint. Er hat die nötige Gelassenheit, den Witz und die Ironie, aber auch das Wissen, um im wichtigen Moment sich durchzusetzen. So war es dann auch sein Schlußwort, dass der Sendung ein nachdenkliches Ende aufdrückte:

"Wenn Du Dich nicht um mich kümmerst, verlass ich Dich. Deine Demokratie."

Ah, noch jemand der sich das gestern angesehen hat - meiner Meinung nach ein ziemliches Possenspiel, vor allem von Herrn Wulff! Ich war da aber auch von Anfang an leicht voreingenommen, denn: Den Steinbrück, den mag ich irgendwie, genau wie den Gysi / Lafontaine - wahrscheinlich wegen der direkten, eher kantigen Art und weil rhetorisches Talent da ist - denen ich aus meiner Sicht immer nur vorwerfen kann, dass sie in der "falschen" Partei sind . Wulff ist mir zu glattgeleckt und aus meiner Sicht der Typ "netter Schwiegersohn und Strebertyp".

Den Schlagabtausch fand ich teilweise sehr unterhaltsam, vor allem wegen Steinbrück, teilweise auch wegen Trittin, der mir teils zu defensiv auf die Vorwürfe von Trittin reagiert hat (mein Unwort des Abends: Trittinzeit). Sehr amüsant war auch Wulffs anscheinend ernsthafte Meinung, dass er nur die CDU und FDP als bürgerliche Parteien sieht mit der indirekten Abwertung aller anderen - umso amüsanter die Reaktionen von Steinbrück und Trittin, sowie die Spitze, dass diese "bürgerlichen" Parteien sich im Dritten Reich nicht gerade mit Ruhm als Hitlerhelfer bekleckert haben im Gegensatz zu Parteien und Strömungen, die Wulff nicht als bürgerlich sieht.

Den Abschreibevorwurf gegen die SPD fand ich auch sehr, sehr witzig - vor allem seitens eines CDUlers, wovon die CDU sich in der Vergangenheit ja nicht gerade frei sprechen kann. Naja, da denke ich immer an "was interessiert mich mein Geschwätz von gestern...". Und von diesen Punkten gab es meiner Meinung nach viele, vor allem seitens Herrn Wulff, was die Diskussion unnötig abdriften ließ in hohles Gerede und Konter auf Wulff.

Den FDP Part fand ich auch sehr interessant, vor allem:
- dass die CDU die FDP zu einer Koalitionsaussage nötigen will, aber sich selbst schön alle Türchen offenhält,
- die FDP mit teils (aus Sicht des FInanzministers, nicht der SPD) amüsanten Projekten Stimmung macht und
- Steinbrück sich selbst nicht erklären kann, wie die FDP ernsthaft über die eigene Stammwählerschaft Punkte bei denen machen kann, die durch ihr derzeitiges Programm eindeutig mehrbelastet bzw. abgestraft werden.

Ob die FDP das Potenzial was sie jetzt haben halten können bezweifel ich - vor allem in Anbetracht des letzten Punktes, wenn dies von den anderen Parteien auch entsprechend im Wahlkampf vermittelt und nicht nur nebenbei mal angesprochen wird.