Mehr Schonvermögen für Hartz IV

vom 27.07.2009, 09:13 Uhr

Bundesarbeitsminister Scholz fordert mehr Schonvermögen für Empfänger von Hartz IV - Leistungen. Bisher darf ein Empfänger nur 250 Euro pro Lebensjahr behalten, darüber hinaus maximal 16250 Euro Rentenvorsorge, die aber auch erst im Rentenalter für den Empfänger ausgezahlt werden können.

Sollte jemand über mehr Vermögen verfügen, so erhält er keine Leistungen. Und das kann in manchen Fällen mit dramatischen Folgen enden: Wohneigentum muss verkauft werden, das Vermögen aufgebraucht sein und erst danach werden Sozialleistungen gezahlt. So kann schnell aus einem Hausbesitzer im Mittelstand eine kurz vor dem Ruin stehende Familie werden.

Sinn der Anhebung der Freibeträge soll es sein solche Szenarien zu vermeiden. Schließlich ist niemand damit gedient, wenn jemand statt in seinem eigenen Haus zu wohnen, nachdem er alles verkauft hat, nun auch noch auf Wohngeld angewiesen ist, was ja auch wieder der Staat zahlen muss. Diese Forderung wurde übrigens vor Monaten schon einmal aufgebracht, damals diskutierte man in allen Parteien tatsächlich auch noch sinnvoll über eine Erhöhung. Jetzt - im Wahlkampf - wird ein solcher Vorschlag natürlich rigoros abgelehnt.

Man sollte sich einmal aber auch klar machen, was das geringe Schonvermögen für jeden Einzelnen bedeuten kann. Wer heute 50 Jahre alt ist und seinen Job verliert, der hat relativ schlechte Karten schnell wieder einen Job zu finden. Hat er ein Haus für sich und seine Familie erhält er überhaupt keine Gelder, dass kann letztlich soweit gehen, dass er sich von seinem Haus trennen muss, irgendwo zur Miete wohnen muss und somit das gesamte Schaffen seines Lebens wieder verliert, weil die Sicherung falsch organisiert ist.

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» betty » Beiträge: 1460 » Talkpoints: 0,13 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Wo hast du denn das mit den 250 Euro je Lebensjahr her? Als wir von Österreich nach Deutschland zurückkamen (Mein Mann war 2 Jahre arbeitsmässig dort, leider zahlte der Arbeitgeber dann keine Gehälter mehr, so dass uns nur ein Rückzug nach Deutschland blieb), bezogen wir auch 4 Monate lang Sozialgelder - und da hat niemand was von solchen Grenzen erzählt. Auch nicht beim Guthaben auf dem Girokonto, dass wir dort hatten für Miete und Kaution. Entweder wissen die Mitarbeiter im Amt selbst fast nichts davon oder nehmen es einfach so hin.

Übrigens brauch niemand gleich sein Haus zu verkaufen, wenn er arbeitslos wird. Ist es nicht grad eine Luxusvilla, dann übernimmt das Amt sogar offene Ratenzahlungen für die Kredite für gewisse Zeiträume. Das ist dann in etwa so, als ob sie Miete für eine Wohnung zahlen würden. Das ist natürlich regional unterschiedlich - so kann auch mal eine 11-köpfige Familie aus dem Eigenheim (ein selbst hergerichteter Bauernhof, daher noch Kredite darauf laufend) "gezwungen" werden, dieses zu veräußern und eine Mietwohnung zu suchen.

Allerdings möchte ich in solch einem Fall gern den Vermieter sehen, der nicht nur so eine Bleibe anbietet, sondern auch an eine Familie mit so vielen Kindern vermietet! Wohnt eine Person in einem Haus mietfrei und hat sonst kein Einkommen, dann ist es sogar möglich, dass sie Hartz4 erhält - allerdings ohne Mietzuschüsse. Und dabei spielt es keine Rolle, was für ein Haus das ist. Auch eine Villa mit Pool wäre hier denkbar. So einen Fall gab es auch vor einigen Jahren mal, der durch die Presse ging.

Ganz allgemein kann man wohl also sagen, das es immer von Fall zu Fall, von Region zu Region, vo Mitarbeiter zu Mitarbeiter abhängt, was wer wie wo genehmigt oder nicht.

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» Mandylein » Beiträge: 1521 » Talkpoints: 10,39 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


@mandylein: Da hast Du natürlich recht, eine Familie mit so vielen Kindern hat aber auch schon einen so großen Anspruch auf Wohnraum, dass eine "normale" Wohnung kaun zu finden sein dürfte. Daher kann in so einem Einzelfall durchaus der "Bauernhof" die günstigste Lösung sein.

Die 250 Euro pro Lebensjahr kann ich Dir zwar grad nicht im Gesetzestag zeigen, könnt ein den HArtz iV-Gesetzen drin stehen. Aber es gibt gerade im Hinblick auf die aktuelle Diskussion etliche Seiten, die darauf hinweisen: Klick.

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» betty » Beiträge: 1460 » Talkpoints: 0,13 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Die Anhebung des Schonvermögens ist eine schwierige Sache. Einerseits will man Millionären ja nicht noch Hartz4 zahlen, andererseit will man auch nicht diejenigen bestrafen, die sparsam gelebt haben um sich etwas auf die hohe Kante zu legen anstatt alles zu verprassen. 250 € pro Lebensjahr sind meiner Meinung nach deutlich zu wenig.

Vom eigenen Haus muss sich aber soweit ich weiß (und ich kenne ein paar Leute, die das betrifft) keiner trennen, solange es nicht die schon angesprochene Luxusvilla ist.

» istdasso » Beiträge: 211 » Talkpoints: -0,29 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Hallo Mandylein, zwar kann ich nicht aus eigener Erfahrung sprechen, aber eine gute Bekannte hat das ganze Prozedere durch und dort musste für die ganze Familie angegeben werden, welche Vermögenswerte wer besitzt. Dabei kam dann heraus, dass da einige Versicherungen die Grenzen sprengten, nur waren die als Sicherheiten für den Hauskredit nicht so einfach auflösbar. Diese Familie wurde auch nicht im Vorfeld über Schonvermögen aufgeklärt.

Von dieser Bekannten weiß ich auch, dass nur die Zinsen für bestimmte Kredite übernommen werden, nicht aber Tilgungen. Alles andere wird nur als Darlehen gewährt, da mit der Rückzahlung des Darlehens ja auch wieder Sparvermögen angelegt wird.

@betty, ob man ein Haus schnell los wird, ist wohl von der Region abhängig. Generell ist ein selbst genutztes Eigenheim kein Vermögen, dass berücksichtigt werden muss - das steht so auch im Gesetz. Im Prinzip sind Mieter und Besitzer da fast gleich gestellt. Lediglich, wenn es unangemessen groß ist, dann kann es problematisch werden. In unserem Landkreis werden nur die angemessenen Kosten der Unterkunft übernommen. Schlimmstenfalls bleibt man also auf einem Teil der Nebenkosten sitzen, was dann letzten Endes schon dazu führen kann, dass man das Haus verliert. Aber das ist dann eine längere Kette.

Trotzdem denke ich, dass eine Anhebung des Schonvermögens schon sinnvoll wäre. Allerdings sollte eine solche Änderungen in den entsprechenden Gesetzen dieses Mal wirklich gut durchdacht werden, damit es nicht wieder irgendwelches Kuddelmuddel gibt, dass noch dazu recht lebensfremd ist.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Von draus`vom Walde komm ich her - ich muss Euch sagen es wahlkampft sehr. Und statt dem Weihnachtsgeschenk hat Guido Westerwelle - bekanntermaßen ein Liberaler - eine Verdreifachung des Schonvermögens bei Hartz IV-Empfängern vorgeschlagen.

Gerade erst noch wurden die Vorschläge des Arbeitsministers Scholz als unbezahlbar, als reine Wahlkampfpropaganda abgetan. Und kaum hat sich der Sturm im Wasserglas gelegt, da kommt der liberale Obertaktiker Westerwelle auf genau die gleiche Idee! Gut, er formuliert es etwas anders, aber inhaltlich sind kaum Unterschiede festzustellen.

"Das ist das Mindeste, was man tun muss."

So wird er in der Berliner Zeitung zitiert (Interview auch online nachlesbar). Sein Ansatzpunkt ist der, dass es für diejenigen die vorgesorgt haben ungerecht sei und es zudem auch den Anreiz zur Vorsorge nehme, wenn man im Notfall keine Sicherheit über das eingezahlte Vermögen hat. Eigentlich auch egal, wie man es begründet. Es ist an der Zeit das Schonvermögen zu erhöhen. Und vielleicht erhöhren es jetzt auch die (angeblich so) christlichen Parteien (die mit dem C) und überdenken ihre Position.

Zu wünschen wäre es uns allen, nicht nur den Betroffenen, sondern dies wäre endlich auch wieder ein Schritt zu mehr Gerechtigkeit in unserer Sozialpolitik. Damit diejenigen, die sich in den letzten Jahren etwas erarbeitet haben - und die dieses nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt haben - auch behalten können.

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» betty » Beiträge: 1460 » Talkpoints: 0,13 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


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