Was ist Borderline?

vom 13.07.2009, 21:49 Uhr

Hallo,

ich weiß, die Frage ist etwas blöd, aber ich weiß nicht so genau was Borderline ist.

Kann mir jemand erklären, was die Krankheit Borderline bedeutet, denn ich sehe da keinen Unterschied zwischen einer Depression und der Krankheit Borderline und ich würde gerne alles wichtige zu dieser Krankheit wissen.

Benutzeravatar

» Marina_1 » Beiträge: 1090 » Talkpoints: 56,17 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Von der Weltgesundheitsorganisation WHO gibt es 9 Kriterien die auf eine Borderline- Erkrankung schliessen lassen. Damit ein Arzt diese Diagnose stellen kann, müssen mindestens 5 Kriterien erfüllt sein. Die Kriterien kannst du hier nachlesen: Boderline- Kriterien

Da ich ja Betroffene bin kann ich da noch einiges zu erzählen. Ach ja bei mir fing im Grunde auch alles mit einer "harmlosen" Depression an und endete dann bei der Diagnose Borderline. Ich muss dazu aber sagen, das ich eher ein verschlossener Typ bin und wenig von mir preisgebe. Da eine Diagnose zu stellen ist schwer. Zumindest dürfte es für meinen damaligen Neurologen/Psychiater schwer gewesen sein. Der mir aber aufgrund von Suzidalität zu einem Klinikaufenthalt riet und das verdeutlichte als ich ihm von Selbstverletzendem Verhalten erzählt habe. In der Klinik ( war damals nur eine Tagesklinik) wurde an sich schon im Aufnahmegespräch ein Verdacht auf Borderline gestellt.

Mein momentan behandelnder Arzt und auch Psychotherapeut klärte mich an sich als Erster wirklich einigermassen über die Krankheit auf. Als er das tat stand die Diagnose schon 3 Jahre.

Wie ich in einem anderen Thread schon sagte, ist Borderline eine Persönlichkeitsstörung. Oder halt eine Persönlichkeitsentwicklungsstörung. Die Entwicklung der Persönlichkeit ist gestört, um es ganz grob zu sein. Und man hat enorme Probleme damit Emotionen zu regulieren.

Eigenschaften können sein:
- Man kann Gefühle die man empfindet nicht benenen.
- Und die Gefühle können nicht kontrolliert werden.

Borderline heisst für Betroffene auch Angst vorm Alleinsein zu haben. Aber es heisst auch, grosse Angst davor zu haben, andere Menschen an sich ranzulassen. In meinem Fall heisst das, das ich halt kaum über Gefühle sprechen kann. Was die Arbeit für die professionelle Seite nicht einfach macht. Auf der anderen Seite habe ich enorme Angst davor verlassen zu werden. Bestes Beispiel ist hier eine Frau aus dem professionellen Bereich die mich an sich seit Diagnosestellung kennt. Ich habe regelmässig Gespräche bei ihr. Aber sie muss mir immer wieder versichern, das sie ihren Stelle nicht aufgibt. Gut sie kennt das nun von mir und ich bin nach weit über einem Jahr regelmässigen Nachfragen auch soweit ihr das zu glauben. Auf der anderen Seite gibt es ganz viele Sachen die ich ihr gar nicht erzählen könnte. Wobei sie auch der einzige Mensch in meinem Umfeld ist, der mir am Gesicht ansieht, wenn was nicht stimmt.

Borderline heisst für Betroffene auch, ganz plötzlich unter enorm hoher Anspannung zu stehen ohne das man weiss warum. Ich vergleiche das immer mit dem Himmelhochjauchzend- zuTodebetrübt. Das kann ich innerhalb weniger Sekunden. Ohne das ich weiss warum. "Normalos" merken an sich wenn die Stimmung sinkt. Ich meistens nicht.

Bei Borderlinern kann es vorkommen, das sie ihren eigenen Körper nicht mehr so ganz spüren. Man ist dann wie weggetreten. Ich kenne diese Zustände zum Glück nicht im ganzen Ausmass. Aber ich weiss von anderen, das man teilweise über Stunden quasi einen Filmriss hat. Oder man sich fühlt, als wenn man nicht im eigenen Körper steckt.

Borderline KANN auch heissen, das man sich selbst verletzt damit halt diese hohe Anspannung weggeht und/ oder das man halt wieder ein eigenes Körpergefühl bekommt. Ich habe bewusst kann geschrieben. Die meisten verbinden mit Borderliner: ach der/die ritzt. Das kann, muss aber nicht sein. Es ist an sich nur eines von vielen Kriterien. Wobei Selbstverletzung sicherlich auch unterschiedlich ausgelegt werden kann.

Depressionen sind oft ein Teil von Borderline. Ich selbst würde mich als depressiv bezeichnen. Aber das ist nur ein Teil von mir. Wobei halt Depressionen biologisch erklärbar sind. Irgendein Botenstoff der nicht stimmt oder so. Und man bei der Erforschung von Borderline noch lange nicht soweit ist.

Depressionen sind halt so Sachen wie niedergeschlagen sein, traurig sein, sich zurückziehen, in stark depressiven Phasen nicht mehr aus dem Bett kommen etc. Wobei halt Depressionen heilbar sind (Ausnahmen bestätigen die Regel). Und man halt auch mit Medikamenten nachhelfen kann. Borderline ist nicht heilbar. Man kann lernen damit zu leben. Man kann lernen mit seinen Gefühlen, die halt extrem von einer in die andere Richtung schwanken, umzugehen. Man kann lernen Warnzeichen zu erkennen und den Fall nach Unten zu bremsen. Was aber auch harte Arbeit und einen langen Weg bedeutet.

Und was viele Borderliner begleitet ( auch hier kann, muss nicht sein) ist ein extremer Hang zur Suizidaltität.

Ich hoffe ich konnte dir weiterhelfen. Wenn noch Fragen offen sind, beantworte ich die gerne.

Und eine Bitte an Jeden der nun denkt: Ach das könnt ich haben. Bitte macht keine Selbstdiagnosen. Dazu ist die Diagnose auch einfach zu heikel. Wer meint das zu haben, sollte das auf alle Fälle durch einen Nervenarzt abklären lassen. Wie man das macht etc., da kann ich gerne Ratschläge zu geben.

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge


Ich selbst leider nicht an Borderline, bin aber seit Jahren per Internet mit LittleSister befreundet. Bis jetzt haben wir es auch nur geschafft einmal zu telefonieren. Der restliche Kontakt lief per Mail zwischen uns ab.

Anfangs wusste ich ja nicht, das sie psychisch krank ist. Und konnte damit auch lange nicht wirklich umgehen. Ich habe mich ihr gegenüber so verhalten, wie ich es auch bei allen anderen Freunden gemacht habe. Das gab zwischen uns mehr als einmal heftige, schriftliche Auseinandersetzungen. Und nicht nur einmal war der Kontakt komplett auf Eis gelegt.

Ich konnte nicht nachvollziehen, das sie als Person mit einer psychischen Erkrankung, viele Dinge anders aufnimmt. Demzufolge konnte ich auch viele Dinge nicht akzeptieren. Aber ich habe dann auch immer den Kontakt vermisst. Und bin heute noch froh, das ich vor 2 oder 3 Jahren nicht auf eine dritte Person gehört habe. Diese wollte mir nämlich einreden, das ich nie mit LittleSister klarkommen würde. Einfach eben weil sie psychisch krank ist.

Nun den Kontakt habe ich dann doch wieder versucht und ich habe gelernt, das wir besser miteinander klar kommen, wenn ich nachfrage. Einfach um sie besser verstehen zu können. Sie erklärt mir vieles, wobei ich da sicherlich auch nicht alles verstehe. Aber damit läuft vieles besser. Zumindest ist das meine Sichtweise zu unserer Freundschaft. Und ich habe auch manchmal das Gefühl, das ihr die Fragen von mir auch helfen.

Sprich mit einem Borderliner den richtigen Umgang zu finden ist nicht unbedingt einfach. Aber wenn man begriffen hat, das man vieles nicht so sagen kann, wie man es gewohnt ist, dann kann man einen gemeinsamen Konsenz finden, der wie bei uns eben eine Freundschaft bedeutet, auch wenn sie nur virtuell statt findet.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



Oh, ich möchte hier gerne anmerken, dass man nicht generell sagen kann, wie man sich einem Borderliner gegenüber verhalten soll oder muss. Das ist von Person zu Person verschieden, es gibt sicherlich ein paar Punkte die man vermeiden sollte, aber es sagt einem ja auch eigentlich schon der gesunden Menschenverstand, dass man einen Borderliner beispielsweise nicht auslachen sollte, weil man das ganze selber nicht versteht oder so etwas.

Benutzeravatar

» crissi » Beiträge: 1137 » Talkpoints: -9,86 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Einen Leitfaden: Wie geht man mit einem Borderliner um? gibt es sicherlich nicht. Jeder ist anders und doch sind wir irgendwo gleich. Klingt wiedersprüchlich, ich weiss. Ich habe für mich die Erfahrung gemacht, das man sich untereinander ( Borderliner unter sich) anders versteht, als mit anderem Menschen. Das Verständnis untereinander ist zum Grossteil ( auch nicht immer) einfach anders. Wobei ich an sich Wert darauf lege, das es Sachen gibt, über die muss man untereinander nicht Reden. Ich kann es zum Beispiel auf dem Tod nicht ab, wenn mir ein Borderliner sagt: ach du verletzt dich ja nicht schlimm genug, oder derjenige mir Tipps gibt, wo und wie man sich am besten selbstvereletzt, Tipps zum Thema wie nimmt man sich das Leben und ähnliches gibt. Solchen Leuten gehe ich aus dem Weg. Ich finde, man muss sich nicht gegenseitig runterziehen.

Der Umgang mit Borderlinern ist sicherlich nicht einfach. Und ich selbst, weiss auch nicht immer mehr, wie man mit "Normalos" umgeht. Wobei ich den Ausdruck hasse, mein Therapeut den aber praktisch jede Woche anbringt. Für mich sind viele Sachen normal. Wobei ich auch durchaus in der Lage bin zu erklären, warum ich nun so reagiere. Und das ist dann oftmals auch für andere nachvollziehbar.

Für mich war die Diagnose nicht einfach. Oder ist sie immer noch nicht. Ich war bei Diagnosestellung schon über 30 Jahre alt. Noch dazu auch in einem Elternhaus aufgewachsen, in dem es psychische Erkrankungen nicht gibt. Und halt auch immer an die falsche professionelle Hilfe geraten bin. Mittlerweile bin ich da weiter.

Mir ist es wichtig geworden, da in irgendeiner Form aufzuklären. Ich kanns ehrlich gesagt nicht mehr lesen, wenn alle Welt ( ja ich übertreibe) immer bei dem Wort Borderline gleich böse brüllt.

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge


Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^