Negative Sätze aus der Kindheit prägen

vom 11.07.2009, 23:35 Uhr

Kennt ihr das vielleicht von euren Eltern oder haben eure Eltern euch erzählt, dass ihnen solche Sätze wie "Mädchen können das sowieso nicht" ,"Jungens weinen nicht, "dazu bist du zu dumm oder zu klein oder nicht stark genug" usw. ?

Ich musste mir solche Sätze oft in meiner Kindheit anhören und ich denke auch heute noch sehr viel an diese Sätze. Oft kommt dann auch der Spruch von mir "Das kann ich nicht, da bin ich zu blöd für" oder "Ich bin ne Frau, das kann ich nicht, weil ich zu schwach bin" usw. Ich habe schon gemerkt, dass mich solche Sätze auch beeinflusst haben. Egal, ob es bei der Berufswahl war (ich wollte Automechanikerin werden und das wurde mir verboten, weil es ein Jungenberuf war) oder auch so im Leben.

Solche Sätze habe ich immer bei meinen Kindern vermieden, weil ich es auch sehr schlimm empfand, wenn meine Mutter zu mir sagte, dass ich zu dumm für irgendwas bin. Denkt ihr, dass solche Sätze einen Menschen wirklich so prägen kann, dass er sie ein Leben lang nicht vergisst und auch danach lebt, weil ihm das als Kind schon immer gesagt wurde? Musstet ihr euch auch solche Sätze anhören? Wie geht ihr dann damit um? Ist euer Selbstbewusstsein dadurch in den Keller gegangen oder machten euch diese Sätze erst Recht stark fürs Leben?

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Ja, leider prägen solche Äußerungen. Ich habe während meines Studiums gelernt das man Kinder wie eine unbeschriebene Software vorstellen kann: alles was auf diese Software geschrieben wird, kann nur sehr schwer oder gar nicht gelöscht werden. Kindheitserlebnisse prägen uns und machen uns zu dem was wir sind,

Ich glaube es ist wichtig, solche Äußerungen zu hinterfragen. Irgendwann kommt man in diese Situation. Man muss sich klar machen, dass Eltern nicht immer Recht haben und das man auf die Meinung der Umwelt keinen Wert legen darf. Was Mädchen machen dürfen oder nicht, dass muss ganz bei dir legen. Frauen dürfen alles machen, was Männer auch machen dürfen (und andersherum).

Wenn einem das bewusst ist, dann kann man sich nach und nach davon befreien.

» TruppsRT » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

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Ich finde es, um das zum Anfang mal zu sagen, sowieso sinnlos, alle Menschen in einen Topf zu werfen. Meiner Meinung nach sind alle Menschen viel zu unterschiedlich, um allen gleiche psychische Reaktionen anzuhängen. Selbst, wenn man annehmen müsste, dass es bestimmte psychische Wirkungsweisen gibt, die normal sind, so gibt es ja immer noch psychisch anormale Menschen, bei denen es dann wieder anders ist. Also für mich gibt es keine eine Schublade, in die alle Menschen passen.

Ob es nun allerdings daran liegt, dass ich psychisch unnormal sein könnte, dass ich Entmutigungen eigentlich eher als Ansporn gesehen habe, weiß ich nicht. Aber es war einfach so. Wann immer ich irgendwelche Unterstellungen vorgeworfen bekommen hatte, oder wann immer man mir sagte, ich könne dieses oder jenes nicht, war ich trotzig genug, zu beweisen, dass es eben nicht so ist. Natürlich nicht um jeden Preis, aber wenn ich wusste, ich kann es sehr wohl, dann war ich eben trotzig. Ist vielleicht auch sehr abhängig davon, wie stur man nun allgemein ist oder nicht.

Sprüche, wie die, die du hier genannt hast, kenne ich zu genüge. Ich habe öfters von meinem gewalttätigen Vater vorgeworfen bekommen, "dumm", "verblödet" oder "nutzlos" zu sein. Ständig wurde mir gesagt, ich würde sowieso nichts können. Mit sechzehn Jahren wollte man mich fast nötigen, die Schule abzubrechen, mit dem "Argument", ich sei sowieso viel zu dumm, mein Abitur zu machen. Und das, obwohl ich zu der Zeit immer einen Notendurchschnitt von 1,9 in den Zeugnissen hatte, aber die Realität zählte ja nicht. Außerdem musste ich mir regelmäßig anhören, ich sei potthässlich und daher könnte mich ja niemand mögen.

Was ist nun aus mir geworden? Ich fühle mich absolut nicht hässlich und führe seit über sechs Jahren, seit meinem 16. Lebensjahr, eine absolut glückliche Beziehung. Ich habe ein gutes Abitur gemacht und dann ein Studium begonnen.

Ich hatte mich nie unterkriegen lassen. Ich war genervt von diesen ganzen Sprüchen, die ich meine gesamte Kindheit und Jugend hören musste, aber ich habe sie nie ernst genommen. Ich wusste doch selbst, dass ich nicht dumm bin, also wieso sollte ich das bitteschön glauben, wenn es mir einer unterstellt? Vielleicht bin ich arrogant, aber wenn es so ist, dann hat wohl genau das mich davor "gerettet", mich von all diesen dummen Unterstellungen völlig klein machen zu lassen.

Dass einen solche Sprüche prägen, ist klar. Ich denke heute auch manchmal daran zurück. Aber meine Reaktion ist nicht, dem einfach Recht zu geben. Im Gegenteil, ich ärgere mich darüber, so strohdumme, aggressive Eltern gehabt zu haben. Auf die Idee, zuzustimmen, dass ich dumm sei, faul oder hässlich, käme ich niemals.

Und ich wurde nicht einmal dazu erzogen, zu widersprechen, im Gegenteil. Ich denke, da merkt man, dass eben jeder Mensch einen eigenen, angeborenen Charakter hat. Andere Menschen hätten in meiner Situationen vielleicht schon längst verzagt.

Ich denke mir manchmal, ich hätte ohne diese Sprüche sicher eine stressfreiere Kindheit und Jugend gehabt. Und ich würde, wenn ich Kinder hätte, diesen diese Vorwürfe auch auf jeden Fall ersparen. Und dennoch habe ich mich einfach damit abgefunden, dass meine Kindheit und Jugend nun einmal so waren, wie sie waren. Ich mache mir daraus nichts mehr. Wieso sollte ich denn jetzt auch noch heulen und mich daran aufhalten? An der Vergangenheit lässt sich sowieso nicht mehr ändern. Da brauche ich das, was mich damals störte, doch nicht mitnehmen, sodass es mir wohl auch noch das Heute versauen würde. Nein danke.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Dass solche Sprüche prägen, das wurde ja schon häufiger nachgewiesen. Darüber brauchen wir wohl eher nicht mehr zu diskutieren. Interessanter ist es wohl dagegen, was es aus den Kindern macht. Und auch da ist es wohl nichts Neues, dass solche Sprüche manche Kinder entmutigen, andere dagegen anspornt.

Bei mir war es so, dass ich (ähnlich wie Wawa) immer wieder Sprüche einstecken musste, die irgendwelche Punkte kritisierten, die ich gerade nicht erfüllen konnte. Mit einem Zeugnisdurchschnitt von 1,0 war zwar an den schulischen Leistungen nicht wirklich zu mäkeln. Da kamen dann aber Beleidigungen wie von wegen ich sei viel zu dick und solle nicht so viel essen. Oder ein Mädchen solle gut kochen können, eine Eins in eigentlichen "Jungenfächern" sei uninteressant usw. usf.

Das hat mich dann mit 14 in ziemliche Bedrängnis gebracht. Bis dahin habe ich mich immer bemüht Lehren aus den Beleidigungen zu ziehen und trotzdem meine Talente zu nutzen. Nach dieser Bedrängnis habe ich diese Beleidigungen an mir abprallen lassen und bin einfach nur stur weitergegangen und habe das eher als Ansporn gesehen und mich entsprechend entwickelt.

Bei meinem Kind vermeide ich solche Sprüche auch immer, bisher ganz gut. Allerdings wurde mir schon gesagt, dass ich in bestimmten Situationen ruhig noch mehr loben könnte. Vielleicht ist dieser Mangel auch meiner eigenen Erziehung geschuldet. Schlimm finde ich aber, dass ich häufiger mal entdecke, dass mein Sohn von den eigenen Großeltern auch öfter solche Sprüche zu hören bekommt. Wenigstens bin ich durch die eigenen Erfahrungen selbstbewusst genug einfach dazwischen zu gehen und bestimmte Sachen richtig zu stellen. Beispielsweise, dass Jungen durchaus weinen dürfen und es keine typischen Jungen- oder Mädchenspiele gibt.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich denke auch, dass solche Sätze einen für das spätere Leben prägen. Daher finde ich es ganz wichtig, dass man sich vorher gut überlegt, was man zu seinen Kindern sagt. Denn man hat ja selbst in Erinnerung, wie sowas ist.

Ich sage auch oft, dass ich etwas nicht kann, weil ich zu dumm dafür bin. Oder das ich nichts kann. Aber es sind ja nicht nur die negativen Sachen, die einen prägen und die man nicht mehr vergisst. Wenn es Gewitter gab und ordentlich donnerte, hat meine Oma immer gesagt, dass die Engelchen im Himmel mit einem Kohlenwagen fahren und es deswegen so poltert.

So kam es, dass wir bei Gewittern nie Angst hatten. Sie hat uns auch gesagt, dass die Engelchen Plätzchen backen, wenn der Himmel vom Abendrot ganz rot geleuchtet hat. Sowas vergisst man dann auch nicht.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge


Meine Mutter hat sowas sehr selten gesagt und wenn dann nur, wenn sie sehr wütend war. Sie hat Schränke schneller und ordentlich aufgebaut, als die meisten Männer das können - und das obwohl sie eine zierliche, kleine Person ist. Umzüge meistern war auch nicht das Problem.

Sowas wie: "Da kommst du nicht dran, weil du zu klein bist" ist normal. Und Kinder sind in der Regel einfach oftmals zu klein um bestimmte Dinge erreichen zu können. Das kann mitunter ja auch praktisch sein.

Meine Tanzlehrerin hat mal festgestellt, dass ich einfach zu langsam bin, um zu tanzen - da war ich shcon gekränkt. Tatsächlich war es aber so. Und die Choreografien konnt ich mir auch nicht merken. Mit 15 bin ich dann zum Thaibo und hab mich selbst therapiert :D die Choreografien waren nämlich weitaus schwerer und anstrengender.

Ach, ich weiß noch als meine Mutter mal in Rage meinte, dass ich gar ncht niedlich wäre, wenn ich nicht so schöne, lange Haare hätte (die gingen bis zum Po). Hintergrund war, dass ich zu dem Zeitpunkt ein bischen pummelig war und sie mich dazu bringen wollte, mehr darauf zu achten.

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» winny2311 » Beiträge: 15159 » Talkpoints: 4,91 » Auszeichnung für 15000 Beiträge


Diese Entschuldigungen, die ich Richtung Körpermaß oder Gewicht gingen, kenne ich auch. Von meiner Mutter musste ich mir immer anhören, dass ich zu dick sei. Eine zeitlang war ich tatsächlich dick, aber selbst, als ich abnahm, war meine Mutter noch der Meinung, ich sei zu dick. Sie meinte sogar, als ich schon 10kg abgenommen hatte und dann Normalgewicht hatte, dass ich nicht nur zu dick sei, sondern sogar immer dicker werden würde. Dabei hatte ich im Gewicht und im Körperumfang absolut abgenommen. Aber so ist das wohl, wenn man die Realität gar nicht mehr sehen will, weil man sich wohl andauernd einredet, dass die eigene Tochter eben immer hässlich und dick sein müsste.

Dazu sagen kann ich dann auch noch, dass Beschuldigungen wie "Du bist viel zu dick!" oder "Du wirst immer dicker!" mich absolut nicht motiviert haben, abzunehmen. Gerade, dass behauptet wurde, ich würde immer dicker werden, obwohl ich eigentlich abgenommen hatte, und zwar nicht gerade wenig, war eigentlich sehr viel eher demotivierend. Abgenommen habe ich dann doch nur, weil ich selbst es wollte. Das Gerede meiner Mutter war eher kontraproduktiv und hat es erschwert. Unterstützung hätte anders ausgesehen.

Zudem kann ich mir vorstellen, dass einige Jugendliche unter solchen Beschuldigungen dann noch mehr in sich hinein fressen würden, beispielsweise Schokolade, um die Auswirkungen des Stress zu reduzieren. Es ist ja bekannt, dass Schokolade Stoffe enthält, die die Stimmung verbessern.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Solche Aussagen kenne ich bei meinen Eltern eigentlich nicht so wirklich. Jedenfalls nicht so, das sie mich negativ beeinflusst hätten. Zumal sie mir nie aufgewungen haben mich wie ein Mädchen zu benehmen. Nur bei grösseren Feiern wurde mir vorher nahe gelegt, das ich mich auch mal entsprechend kleiden darf. Wobei ich das auch von allein gemacht habe.

Ich durfte sogar ohne Diskussionen einen Männerberuf erlernen. Deswegen habe ich da heute auch keine Beeinflussungen in meinen Leben. Versuche aber Aussagen in dieser Richtung meinen Kindern auch als Positives mitzuteilen. Also nicht, das sie für etwas zu dumm sind, sondern das sie dies eben erst noch lernen müssen. Kombiniert mit der Aussage, das eben nicht jeder Mensch alles kann.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


er so ist das wohl, wenn man die Realität gar nicht mehr sehen will, weil man sich wohl andauernd einredet, dass die eigene Tochter eben immer hässlich und dick sein müsste.

Naja, ich glaube nicht, dass zum mindeste meine Mutter sich für mich geschämt hätte, weil ich eben trotz allem nicht häßlich war. Fett war ich auch nicht, ich hatte eben noch Babyspeck, den andere bereits verloren hatten. Wie alt war ich wohl, schätzungsweise so in der ersten - zweiten Klasse. Sie wollte nur nicht, dass mich mal jemand hänselt. Und wieso sollte man warten, bis genau das eintrifft.

Wenn ein Kind in dem Alter essen will, tut es das, dass hat eine Mutter weniger mehr in der Hand. Sicher lenkt man es, aber durch Schule und Hort usw. kann man das eben nicht immer. Also muss man dem Kind aufzeigen, dass es gewisse Dinge herunterschrauben muss. Nur weiß man das in der Form als Kind nicht. Da sieht man dann eben nur, dass die Mutter einen nicht hübsch findet, weil man pummelig ist. Solche Sätze brennen sich eben trotzdem ein.

Später fand mich meine Mutter dann übrigens zu dünn, da sind dann auch ein paar unschöne Sätze gefallen. Müttern kann mans eben nicht Recht machen :D

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» winny2311 » Beiträge: 15159 » Talkpoints: 4,91 » Auszeichnung für 15000 Beiträge


Hier ging es ja nicht um deine Mutter, sondern eher um meine. Und die hatte mir, wie gesagt, auch, nachdem ich schon 10kg abgenommen hatte, immer noch vorgeworfen, dass ich ja immer dicker werden würde. Also dass ich zunehmen würde, statt, wie es wirklich war, abnahm. Das ging dann doch wohl absolut an der Realität vorbei.

Sie hat auch immer vor ihren Freundinnen darüber gejammert, wieso ausgerechnet sie so ein dickes Kind haben müsste, das würde doch niemals einen Mann finden, und so weiter. Ihre Freundinnen konnten das übrigens auch nicht verstehen und haben immer wieder gesagt, dass ich doch gar nicht dick sei, aber meine Mutter hat sich nicht davon abbringen lassen, das immer wieder über mich zu behaupten. Und das sehe ich persönlich als Realitätsverlust und ich finde auch, sie hat sich da immer wieder eingeredet, dass ich doch dick und hässlich sei und mich deswegen niemand mögen könnte.

Ich halte es übrigens nicht für einen guten Mobbingschutz, Kindern selbst zu sagen, dass sie dick(lich) seien. Eher sollte man sie bestärken, zu sich selbst zu stehen, egal, was andere sagen. Gerade, wenn es "Babyspeck" ist, der sich nicht so leicht beseitigen lässt. Denn Mobbing kann es immer geben. Ist einer nicht dick, dann hat er halt abstehende Ohren, einen Leberfleck im Gesicht, "die falsche Kleidung" oder sogar Eltern mit "dem falschen Beruf". Kinder können andere Kinder für wirklich alles hänseln! Statt also alles zu entfernen, was zur Hänsel-Grundlage werden könnte, sollte man das Kind dazu bestärken, selbstbewusst zu sein. Denn würde man einfach versuchen, Hänsel-Gründe zu entfernen, dann wäre vom Kind ja nichts mehr übrig, weil wirklich alles für Hänseleien verwendet werden kann.

Dass bei wirklichem Übergewicht etwas unternommen werden sollte, dürfte wohl klar sein. Aber ich glaube auch, dass man da das Kind lieber ermutigen sollte, die toben und Sport zu machen, statt ihm vorzuwerfen, dick zu sein. Vorwürfe bedeuten nur Stress und eventuell Trotzreaktionen und dann nimmt man eher zu als ab. Daher finde ich Kritik immer kontraproduktiv, oder zumindest weniger produktiv, als Ermutigungen. Aber das ist hier ja nicht das Thema.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


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