Radiohead -
Laut dem Online Musikmagazin Gigwise.com wurde das neue Radiohead Album "In Rainbows" bereits 1,2 Millionen heruntergeladen. Das besondere daran war dass sich Fans selbst über den Verkaufspreis Gedanken machen konnten. Das heißt ob 0 Euro oder paar tausend stand völlig dem Downloader frei.
Laut der Financial Times haben über die Hälfte der Nutzer Geld gezahlt. Die Band hat auch von solchen Zahlen gesprochen. Aber es geht ihr keineswegs um die Revolution der Musikindustrie, viel eher wollte man den Leak des Albums vorbeugen, dass erst im Januar 08 auf CD im Handel erscheinen soll. Die Qualität einer CD sei immer noch nicht vergleichbar, und würde mit dem richtigen Vertrieb auch noch hohe Verkaufszahlen bescheren.
Radiohead war nicht die erste Band, die diese neue Vertriebsmöglichkeit testet, aber eine die populär genug ist, um das System wirklich auszuprobieren. Weitere Künstler hatten sich auch schon in den letzten Monaten über die Verträge mit Plattenfirmen beschwert, so gab zum Beispiel Trent Reznor, der Nine Inch Nails, letzte Woche bekannt, dass er endlich ohne Vertrag sei und sich nun direkt an den Fan wenden kann.
Seine Idee "Sechs Dollar per Paypal und dafür kann man direkt ein neues Album laden, ohne lästige Wartezeiten durch Plattenfirmen, die auf einen bestimmten Erscheinungstag warten, die Bitrate lässt sich frei wählen, und wer was haptisches möchte bekommt für etwas mehr Geld noch eine CD mit einem schönen Artwork, aber nur auf Wunsch". Was meint ihr von dieser neuen Vertriebsform? Revolution? Kein Potenzial?
Ich denke das ist ein zweischneidiges Schwert. Einerseits war es nur eine Frage der Zeit bis auch etabliertere Bands anfangen die Möglichkeiten des Internets für direkten Vertrieb ihrer Musik zu nutzen und ich sehe das eigentlich auch ganz positiv. Vor allem das von Trent Reznor vorgeschlagene Modell klingt doch auch für den Konsumenten klasse! Und zwar hauptsächlich deshalb weil es wirklich fair ist! Es kann einfach nicht angehen dass diese großen Plattenfirmen ihre Künstler teilweise so ausbeuten und die Fans bis aufs letzte ausquetschen.
Die Preise für neu erscheinende CDs sind seit Jahren nur gestiegen und alternative Vertriebsmodelle wurden nicht konsequent genug durchgezogen oder waren eifach nur überteuert. Bestes Beispiel: Online MP3-Verkauf. Lade ich mir online ein Album mit sagen wir mal 15 Songs herunter kann ich mir auch gleich die CD kaufen. Die ist genauso teuer, sieht schick aus und kann nicht durch einen Festplattencrash verloren gehen. Wären MP3s deutlich günstiger, würden die Verkäufe da auch deutlich besser laufen.
Nächste Sache: Die Preispolitik vieler Plattenfirmen was CDs angeht ist genauso schlimm. Da bekommt man eine einfache nicht besonders hübsch aufgemachte CD mit langweiligem Booklet und 12 Songs drauf für nicht selten um die 18 Euro. Dass das vielen Leuten zu fett ist, finde ich nachvollziehbar. Dass es auch besser geht zeigen vor allem Plattenfirmen im Metal-Bereich: Hier gibt es zu neuen Alben regelmäßig, toll aufgemachte Digipacks mit schicken umfangreichen Booklets und nicht selten noch eine Bonus-CD oder DVD obendrauf. Dafür bin ich dann auch gerne bereit das entsprechende Geld auf den Tisch zu legen.
Aber zurück zu dem "neuen" Geschäftsmodell, das eigentlich garnicht neu ist. Ähnliche günstige Selbstvertriebs- und "Zahl-soviel-du-willst"-Modelle gab es schon des öfteren. Und zwar durchaus auch von bekannteren Künstlern. So hat beispielsweise Stephen King mal ein Buch in Episoden herausgebracht, dass nur online erschienen ist und hat dann immer nach Eingang einer gewissen Summe eine neue veröffentlicht.
Der Vorteil dieser Modelle ist offensichtlich: Es gibt auf der einen Seite den Künstler und auf der anderen den Käufer und keine Plattenfirmen die auch kräftig an der Musik verdienen wollen dazwischen. Das Problem daran ist allerdings auch schnell gefunden: Gerade jüngere und noch nicht ganz so bekannte/erfolgreiche Bands haben mit diesem Geschäftsmodell nahezu keine Chance. Denn welcher Nachwuchskünstler hat schon das Geld um eine solche Produktion vorzufinanzieren?
Wer eventuell selbst eine Band hat wird das Problem kennen: Für selbstgemachte Aufnahmen fehlt meist gutes Equipment und entsprechende Kenntnisse um wirklich brauchbare Aufnahmen zu produzieren. Studioaufenthalte bringen natürlich qualitativ hochwertigere Aufnahmen hervor sind aber extrem teuer und entstehen dadurch auch nicht selten unter hohem Zeitdruck. Da bleibt in Sachen Qualität dann schon so manches auf der Strecke. Von professionellen Aufnahmen wie man sie von den großen der Branche kennt ist sowas natürlich weit entfernt. Hier fehlen dann schlicht und ergreifend die finanzkräftigen Geldgeber. Und das ist nun mal die Plattenindustrie.
Kurzum: Für etablierte Bands die schon entsprechendes Geld verdient haben um eine solche Produktion vorzufinanzieren bringt ein solches Geschäftsmodell natürlich den großen Vorteil, der größeren künstlerischen Freiheit und Unabhängigkeit. Für Nachwuchskünstler ist sowas aber leider keine echte Alternative.
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