Mit einem Zeugen Jehovas die Ehe schließen - Was ist anders?

Seit vielen Jahren besuchen uns 2 Zeugen Jehovas. Es handelt sich um Männer im Alter von Mitte 30, die unser Leben praktisch begleitet haben. Ich habe jedes Mal sehr viele private Probleme mit ihnen besprochen bevor wir auf ihre religiöse Überzeugung gekommen sind.

Mittlerweile sind mein Mann und ich geschieden und ich bin einem der beiden Zeugen Jehovas menschlich so nahe gekommen, dass wir uns in einander verliebt haben. Er will aber keine Beziehung ohne Ehe. Was genau bedeutet es für mich, mit einem Zeugen Jehovas die Ehe einzugehen?

Grundsätzlich sollte dich doch schon irritieren, dass dich dieser Mann zwar heiraten will, ohne diesen formalen Akt aber keine Beziehung mit dir eingehen will. Das allein ist doch schon ziemlich problematisch und ich würde mich auf keinen Fall so unter Druck setzen lassen. Ich bin komplett gegen Religiosität, da sie meiner Meinung nach nur ein Mittel ist, um die Bevölkerung dumm zu halten (wie man gerade bei Jehovas Zeugen oft sieht) und im Widerspruch zu Wissenschaft und Forschung steht. An deinem Fall wird wieder deutlich, welchen Einfluss irgendein Glaube (dabei spielt es keine Rollen an welches Wesen man glauben möchte) auf das Leben der Menschen haben kann. Ihr seid offenbar zwei Menschen, die sich sehr gerne haben. Nun würden die meisten Leute sich darüber freuen, einen tollen Gefährten gefunden zu haben. Nun steht für diesen Mann aber offensichtlich der Glaube über seinen persönlichen Wünschen, so dass er dich erst heiraten möchte. Das ergibt doch keinen Sinn. Wie kann man jemanden heiraten, den man nicht kennt? Nach ein paar netten Gesprächen wird man einander kaum kennen und ich finde es wichtig, sich zu kennen, bevor man eine Ehe eingeht.

Falls du blind vor Liebe nun am liebsten direkt heiraten willst, solltest du dir klar darüber sein, dass die Zeugen Jehovas ein antiquiertes Weltbild vertreten, in dem die Frau dem Mann untergeordnet ist. Sex vor der Ehe gilt natürlich direkt als Sünde und eine Scheidung ist nur erlaubt, wenn einer der Partner (oder gar beide) Ehebruch begangen haben. Wenn du diesen Mann heiratest, sollte dir außerdem klar sein, dass von dir mehr oder weniger erwartet wird, dass du dich ebenfalls in die Gemeinde integrierst und im Idealfall den Glauben deines Mannes annimmst. Wie sehr das forciert wird, kann ich nicht sagen.

Ich finde es schlimm, dass Menschen sich solche Zwänge auferlegen und auferlegen lassen anstatt frei und selbstbestimmt zu leben.

Die Ehe an sich wird nicht viel anders sein, als die von anderen Religionen, ausser dass du "unter" dem Mann stehst und das du zu tun hast, was der Mann sagt. Eine Beziehung mit einem Zeugen Jehova ist nicht möglich, wenn man nicht verheiratet ist, weil es eine Sünde ist Sex zu haben vor der Ehe. Wenn du dich mit Händchen halten und Küsse zufrieden gibst, dann kannst du auch eine Beziehung zu ihm haben. Aber damit gibt sich euch kein Zeuge Jehova zufrieden und deswegen will er auch heiraten.

Den ersten Sex mit ihm wirst du wohl dann in der Hochzeitsnacht haben. Das kann gut gehen. Aber du solltest bedenken, dass Sex zwar nicht alles in einer Ehe und in einer Beziehung ist, es aber dazugehört und was ist, wenn ihr sexmäßig absolut nicht auf einer Wellenlänge seid? Was ist, wenn er andere Vorstellungen vom Sex hat als du? Verhütung ist bei einem Zeugen Jehova auch nicht unbedingt gegeben. Die wirklich gläubigen Zeugen haben nur Sex, wenn sie Kinder zeugen wollen. Sex in der Schwangerschaft lehnen sogar viele Zeugen Jehova ab, weil der Sex nur dann vor Jehova zu rechtfertigen ist, wenn man vor hat schwanger zu werden.

Entweder bekommst du dann jedes Jahr ein Kind oder es gibt kein Sex. Du solltest mit diesem Mann darüber reden, was sich für dich ändern würde und wie er zu den Zeugen Jehovas steht und inwieweit er sich von den Zeugen Jehovas "einspannen" lässt. Auch wenn viele sagen, dass es "nur" eine Glaubensgemeinschaft ist, sind für mich persönlich die Zeugen Jehovas eine Sekte, die einen manipulieren und die Situation ausnutzen, wenn man seelische Probleme hat. Also pass lieber auf.

Hm also das der Mann nur eine Beziehung mit dir haben will, wenn ihr heiratet finde ich schon etwas komisch. Meint er damit, das ihr erst heiraten müsst, um zusammen sein zu können oder meint er allgemein, das er dich auch erst kennenlernen will und dann in absehbarer Zeit heiraten möchte? Weil ohne ein vorheriges richtiges Kennenlernen würde ich niemals heiraten und grad weil du ja erst geschieden bist, würde ich an deiner Stelle erstmal das freie Leben geniessen und alles verarbeiten. Das kann man ja auch , wenn man jemanden näher kommt.

Ich habe eine sehr gute Freundin, wo die ganze Familie Zeugen Jehovas sind und ich finde bis auf ein paar Kleinigkeiten eigentlich keine grosse Unterschiede zu meinem Leben als Katholik. Denke mal es ist heutzutage auch nicht mehr so extrem. Ich weiss nur, das sie halt die Feiertage etwas anders handhaben als wir, aber das ist ja auch jedem selber überlassen wie man das handhaben möchte.

Allgemein denke ich, ist es heutzutage doch egal, welche Religion jeder hat, wenn man zusammenpasst, dann passt es und ich denke wir haben alle den gleichen Gott, nur bei den einen heisst er halt anders und die Art des Glaubens ist vielleicht bei dem einen intensiver bzw. in manchen Sachen unterschiedlich, aber ich würde meine Liebe niemals religionsabhängig machen, denn ich denke, auch wenn zwei sehr gläubige Menschen einen Weg finden, ihre Liebe und ihren Glauben miteinander zu regeln. Daher denke ich, das die Ehe mit einem ZJ nicht unbedingt anders sein wird, als mit deinem Exmann. Er hat vieleicht etwas andere Ansichten, was den Glauben angeht, aber das muss ja auch nix negatives sein.

Ich wünsch dir auf jedenfall viel Glück in deine neuen Liebe und am besten ihr redet vorher über eure Vorstellungen einer Beziehung immer offen und ehrlich miteinander, dann wird das schon klappen.

Ich hatte einen Jungen bei mir im Sportverein, der ehemaliger Zeuge Jehova war und sich in der Pubertät von dieser Kirche weitgehend abgewandt hat. Allerdings hatte er das seinen Eltern noch nicht wirklich gestanden und ging den Eltern zu liebe noch zu diesen Versammlungen. Ich habe mir mal so diverse von seinen Religionsbüchern angesehen, mir von ihm den Alltag eines Zeugen schildern lassen und mir mal so eine Zusammenkunft im Gotteshaus mit angesehen. Obwohl ich nur mal eben mit ihm als weibliche Begleitung dabei war, wurde ich gleich von der ganzen Gemeinde bestürmt, den jungen Mann doch zu heiraten, was ich etwas unheimlich fand, da wir einfach nur so gemeinsam da hin gegangen waren. Aber offensichtlich wurde das schon als Eintrittswillen gewertet.

Mehr unfreiwillig wurde mir dann erklärt, was auf mich als angebliche Zukünftige zukommen würde. Ich habe damals nicht wirklich aufmerksam zugehört, da ich die Vorstellung ziemlich grotesk empfand. Ich bin selbst gläubig erzogen, aber mit der Kultur der Zeugen kam ich überhaupt nicht klar. Der Gottesdienst ist fast wie eine Stunde Schulunterricht, man wird permanent belehrt und indoktriniert. Zumindest war das in der Gemeinde so, die ich einmal besichtigt habe. Vielleicht ist meine Erfahrung ja nicht repräsentativ. Auf jeden Fall würde ich das jedem auch mal raten, an so einer Zusammenkunft vor einer Eheschließung teil zu nehmen, damit man weiß, worauf man sich einlässt und ob man mit der ganzen Gemeindekultur klar kommt.

Damals wurde mir auch erklärt, dass ich auch in die Glaubensgemeinschaft eintreten müsste, wenn ich heiraten wolle. Da ich diesen Jungen nicht heiraten wollte, konnte ich darüber nur lächeln. Ernsthaft konnte ich mir das einfach nicht vorstellen,diesen Glauben zu übernehmen, auch wenn ich verliebt gewesen wäre nicht. Alleine schon die Vorstellung, dass man dann Zeit seines Lebens auch mit dieser Wachturm-Zeitschrift in der Hand auf öffentlichen Plätzen steht und von Tür zu Tür gehen muss um Leute zu bequatschen, das wäre absolut nicht mein Ding gewesen.

Mal ganz abgesehen von den ganzen Regelungen rund um die Sexualität in der Ehe über die ich mir noch gar keinen Kopf gemacht habe gab es für mich ein absolutes Argument, das für mich einen Übertritt auch prinzipiell undenkbar machte: Als gläubiger Zeuge muss man Bluttransfusionen ablehnen. Das heißt, dass man den eigenen Kindern immer eine Marke umhängen muss, auf der man den Ärzten schriftlich untersagt, dem eigenen Kind im Notfall eine Bluttransfusion zu verabreichen. Das könnte ich mir nie verzeihen, wenn mein Kind aufgrund meines Glaubens einen Unfall nicht überlebt. Das wäre mir einfach zu viel. Und bei der verregelten Sexualität ist es ja allzu wahrscheinlich dass man in so einer Ehe mindestens ein Kind bekommen würde. Den eigenen Standpunkt dazu muss aber jeder selbst beziehen, wie sehr einem diese Überzeugungen gefallen, dass man dafür das Leben der eigenen Kinder und auch das eigene Leben aufs Spiel setzen will.

Da ich auch in einem Haushalt von Zeugen Jehovas aufgewachsen bin, kann ich aus Erfahrung sprechen. Eins möchte ich erstmal vorweg sagen - mit 18 habe ich mich davon losgesagt und bin sehr froh darüber. Wer weiß, wo ich heute wäre, vermutlich mit einem Zeugen verheiratet und verkümmert. Aber nun zu Deiner Frage. Es kommt darauf an, wie Deine Einstellung zu dieser Glaubensgemeinschaft ist.

Wenn Du damit klarkommst, dass er oder eventuell auch Ihr beide zwei bis dreimal wöchentlich in Zusammenkünfte geht, Ihr kein Weihnachten und keine Geburtstage mehr feiert und kaum oder nur die nötigsten weltlichen Kontakte pflegt, mag es funktionieren. Mit weltlich meine ich jetzt Menschen, die keine Zeugen Jehovas sind. Bei denen gibt es ja auch kein Sex vor der Ehe, was vermutlich der Grund ist, weshalb er Dich heiraten will.

Ich weiß ja nicht, inwieweit Du Dich schon mit den Grundsätzen der Zeugen Jehovas und deren Lebenseinstellung beschäftigt hast, aber wenn Du ein freiheitsliebender Mensch bist, der keine Einschränkungen im Leben hinnehmen möchte und sich nicht, wie es in der Bibel heißt, dem Manne unterwerfen möchte, solltest Du es lassen...