Wer darf den Bundespräsident wählen?

vom 24.05.2009, 17:36 Uhr

Die Wahl zum Bundespräsidenten ist ja nun schon vorbei. Unser Horst Köhler ist nun wieder als Bundespräsident gewählt worden. Aber ich habe mich gefragt wer eigentlich den Bundespräsidenten wählen darf.

Und warum dürfen wir nicht alle den Bundespräsidenten wählen? Vielleicht kann mich mal jemand hier aufklären.

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» lissy02 » Beiträge: 621 » Talkpoints: -0,03 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Wie du hier Verfassungsschema sehen kannst, wird der Bundespräsident von der Bundesversammlung gewählt, die einzig und alleine zu diesem Zweck gebildet wird.

Die Bundesversammlung wird zur Hälfte aus Vertretern der Bundesländer, zur Hälfte aus Vertretern des Bundestages gebildet. Eine absolute Mehrheit ist dann für die Wahl des Präsidenten nötig, Köhler hat dies mit jeweils 50,1 Prozent erreicht.

Warum das Volk den Präsidenten nicht wählen kann obwohl Köhler sich selbst dafür ausspricht weiß ich auch nicht, aber vermutlich haben die Abgeordneten einfach keine Lust Kompetenzen an das Volk abzutreten.

» TuDios » Beiträge: 1475 » Talkpoints: 4,83 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


lissy02 hat geschrieben:Und warum dürfen wir nicht alle den Bundespräsidenten wählen?

Weil die meisten schon dafür zu dämlich sind, ihre eigene Steuererklärung richtig auszufüllen, sich nicht beim Einkaufen über`s Ohr hauen zu lassen oder überhaupt zu wissen, was sie am Wahltag überhaupt wählen. Das merkt man immer wunderbar daran, dass die wenigsten überhaupt eine Ahnung davon haben was abseits vom Wahlprogramm im Parteiprogramm steht und was diese oder jene Partei überhaupt in den letzten Monaten aktiv verändert hat (oder versuchte).

Direkte Demokratie funktioniert nun einmal nur in Ländern wo das Staatsvolk nicht mehrheitlich aus politisch völlig ungebildeten Menschen besteht (also z. B. nicht in Deutschland) - würden die alle direkt wählen dürfen, na viel Spaß! Deshalb würden Volksentscheide die Lage hierzulande (ewig-wirkende politische Stagnation) z. B. ebenfalls noch verschlimmern, da muss man nur bei einem intelligenten Programm (was man lesen sollte) als Gegenmeinung "Ist scheiße - ihr werdet alle arm!" auf eine Tafel schmieren und schon hat man 30 % Gegenstimmen sicher, ganz egal ob das nun stimmt oder nicht.

Zwar ist das Amt des Bundespräsidenten kein wichtiges - aber warum will immer jeder Hansdampf alles direkt wählen und darüber abstimmen wenn er nicht einmal die einfachsten Dinge in der Politik versteht?

Als Gegenfrage: Für welches politische Profil steht denn Horst Köhler (CDU reicht nicht aus :wink:), zu welchen Sachverhalten hat er denn welche Meinung und wie ist seine Haltung zu bestimmten Schwerpunktthemen (Wirtschaftspolitik, Inneres, Äußeres usw.)?

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» Subbotnik » Beiträge: 9308 » Talkpoints: -7,05 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Also ich kann mich dem nicht ganz anschließen Subbotnik. Zum einen zeigen ja Staaten wie die USA seit hunderten Jahren, dass auch politisch völlig ungebildete Menschen ein Staatsoberhaupt wählen können und lagen dabei auch ab und an gar nicht so verkehrt. Und zum anderen besteht die Bundesversammlung ja auch nicht nur aus Politikern. Die Ländervertreter können ja gemäß den Mehrheitsverhältnissen von den Parteien bestimmt werden.

Und wenn dann dort Sportler oder sonst was für Promis wählen sind ja auch genug dabei, denen ich zumindest nicht vorbehaltsfrei politisches Engagement und Wissen bescheinigen würde.

Und selbst wenn, bei der Bundestagswahl, die im Prinzip ja wichtiger ist, dürfen doch auch alle ran an die Wahlurne und über das Schicksal des Landes entscheiden. Was wäre nun so schlimm daran, wenn sie nun alle 5 Jahre einmal öfter aufgefordert werden? Wer keine Lust hat mitzuwirken, geht halt nicht zur Wahl, klappt doch bisher ganz gut.

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



In den USA wird das Staatsoberhaupt doch nicht direkt gewählt - Du hast hier doch gleich mehrere Hürden, die das Volk von einer Direktwahl ausschließen, auch wenn es um drei Ecken vielleicht den Charakter einer Direktwahl hat. Nur da ist so gesehen selbst unsere Bundesversammlung fast noch einen Tick direkter, da weniger manipulativ. Bei der Präsidentenwahl hier in den USA gab es schon mehr als einen Fall (nicht nur George W.), wo der Kandidat der Minderheit Präsident wurde.

Im Grunde sind die USA eigentlich das beste Beispiel, warum man das Wahlrecht von politisch ungebildeten Menschen beschneiden sollte :wink:, wenn man da an ein paar prominente Blüten des letzten Jahrhunderts denkt.

Natürlich besteht die Bundesversammlung nicht nur aus Politikern, aber die Anzahl der Nichtpolitiker ist doch stets im sehr überschaubaren Bereich - die meisten die dort nominiert werden sind doch fast immer nur "Zähler", sprich: jene, deren Wahlentscheidung und Parteizugehörigkeit schon vorher feststeht, Umfallkandidaten werden doch bewusst nicht eingeschoben um den Ausgang nicht zu gefährden. Die meisten dieser Promis sind auch eindeutig den verschiedenen Parteien (dank ihres Parteibuchs) zuzuordnen und auch politisch eingebunden, wie es z. B. bei Inge Meysel der Fall war.

Wie gut es klappt, wenn viele nicht wählen gehen die keine Lust haben sieht man vor allen Dingen in den Länderparlamenten wo alle später fast vom Stuhl gefallen sind, welche Parteien dort auf einmal welche Anteile hatten :wink: - denn bestimmte schaffen es immer wieder ihre Wähler zu mobilisieren. Auch wenn der Bundespräsident im Grunde unwichtig und nur eine Grußfigur ist wäre der Schaden wohl alles andere als niedrig wenn es mal anders laufen würden.

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» Subbotnik » Beiträge: 9308 » Talkpoints: -7,05 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Subbotnik hat geschrieben:Auch wenn der Bundespräsident im Grunde unwichtig und nur eine Grußfigur ist wäre der Schaden wohl alles andere als niedrig wenn es mal anders laufen würden.

Dafür könnte man doch aber die Bewerbungskriterien dementsprechend zuschneiden und muss das Volk nicht gleich aussperren. Genauso sehe ich das mit den Nichtwählern etwas anders. Die extremen Parteien, darunter vorallem die rechten schaffen es auch bei niedriger Wahlbeteiligung eben nicht ihre Wähler stärker zu mobilisieren als etablierte Parteien. Dies ist in meinen Augen eine Medienmeinung, zumindest wenn sie im Zusammenhang mit den Einzügen von rechtsextremen Parteien in Parlamente getätigt wird.

Ich selbst komme aus Sachsen-Anhalt, wo die DVU einmal 13% erlangt hat. Das hatte aber überhaupt nichts damit zu tun, dass die DVU IHRE Wähler stärker mobilisieren konnte. Das hat sie bei dieser Wahl nicht und erst recht nie wieder danach. Sie hatte einfach nur gut 10% auf Grund einer starken Unzufriedenheit unter den Wählern gegenüber den etablierten Parteien erhalten. Die Leute die sonst widerwillig ihr Kreuz an der gleichen Stelle wie immer machen oder mal zu einer anderen Partei schwenken oder gleich zu Hause bleiben, haben damals ihr Kreuz bei der DVU gemacht um einen Denkzettel auszusprechen. Das ganze hatte sich danach ja auch trotz weiter fallenden Wahlbeteiligung bei der nächsten Wahl wieder erledigt gehabt, weil diese Protestwähler fertig mit protestieren waren.

Dieses Grundprinzip liegt doch bei fast jedem Einzug in ein Länderparlament zu Grunde. Die einzige "extreme" Partei die wirklich ihre Wähler mobilisiert ist die PDS bzw. jetzt Linke und ob diese Partei als extrem zu werten ist sei mal dahingestellt.

Was ich damit sagen will ist im Prinzip eins. Wenn es mal soweit kommen sollte, dass wir eine Direktwahl hätten und es einen extremen Kandidaten geben würde (egal ob rechts oder links), würde dieser nur Erfolg haben, wenn es die anderen zulassen und ihr Volk vernachlässigen oder an ihm vorbei regieren/repräsentieren. Und dann wäre es, wenn man das zu Ende denkt nur folgerichtig, dass sie einen entsprechenden Denkzettel verpasst kriegen.

Und selbst wenn ein extremen Kandidat antreten würde und einen erheblichen Stimmanteil bekommen würde, was wäre daran so schlimm. Also klar würde ich es aus meiner Sicht schlimm finden, wenn sich die Leute von solchen Menschen blenden lassen würden und diese wählen würde, aber an der Außendarstellung? Es gibt doch soviele Länder in denen linksextreme oder rechtsextreme Kandidaten antreten und für genug Lärm sorgen. Schau doch einfach mal nach Frankreich mit ihrem Le Pen, der seit 1988 immer zweistellige Ergebnisse erreicht. In der Schweiz ist die SVP stärkste Partei, die Österreicher hatten Haider. Selbst in Israel gibt es teils recht radikale Parteien. Hat das diesen Ländern nachhaltig geschadet?

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


Ok, jetzt sind wir schon bei veränderten Bewerbungskriterien und einer halb umgebauten Verfassung (Wahlstruktur) - aber bei Direktwahlen dürfte noch sehr viel mehr anfallen um "unerfreuliche Ergebnisse" auszublenden :wink:. Und das alles im Grunde nur, damit viele eine Person wählen können, die im Grunde sowieso nichts zu sagen hat - also viel Lärm um nichts.

Dazu kommt: Man müsste auch hier extra Kosten für einen Wahlkampf einplanen und die Parteien zusätzlich finanziell stärken, denn Horst Köhler hätte es bei einer Direktwahl ja noch leicht als bekannter Kandidat, aber was ist wenn man jemanden wählen soll den man überhaupt nicht kennt? Und gerade beim Bundespräsidenten wurden ja meist Kandidaten vorgeschlagen nachdem der Alte pflichtgemäß gehen musste, die kaum einer vorher gekannt hat (siehe Horst Köhler).

Was die Minderheiten angeht: Ich meine hier keine Einmalerfolge wie der der DVU in Sachsen-Anhalt, sondern dass egal wie hoch die Wahlbeteiligung liegt die Parteien der Linken und Rechten ihre Stammwählerschaft in Relation gesehen immer stärker an die Urnen bringen können als die großen Volksparteien - und das ist keine Medienmeinung sondern eben ein Fakt.

Wenn nur 60 % der eigentlichen SPD / CDU Wähler zur Wahl gehen, gehen trotzdem 70 % der Linkspartei / NPD, auch wenn sonst alle vielleicht 90 % schaffen. Da gibt es auch statistische Erhebungen drüber, dass je mehr eine Partei einen Status einer Volkspartei hat und je mehr sie in der Mitte steht, desto geringer ist die Wahlbereitschaft der Stammwähler (hier vertraut man wohl immer auf die anderen, die ja auch wählen gehen :wink:).

Und zu den Beispielen: Alle Länder haben meiner Meinung einen deutlichen Ansehensverlust hinnehmen müssen, Le Pen verbessert nicht gerade das Image Frankreichs im EU Parlament, Blocher sorgte auch weithin auch außerhalb der Schweiz für Aufregung, die FPÖ an der Regierung hat Österreich erst einmal in die außenpolitische Isolation gedrängt und das gleiche passiert momentan mit Israel, die drauf und dran sind ihre Bündnispartner zu vergraulen - wobei Israel hier wohl am stärksten von allen genannten Beispielen die Auswirkungen spüren könnte. Österreich und die Schweiz sind einfach zu klein und in der Hinsicht zu unbedeutend (es würde ja auch keinen interessieren, wenn ein Rechter in Slowenien, Luxemburg oder Kamerun Präsident wird) um langanhaltend abgestraft zu werden - Frankreich hat(te) noch das Glück, dass Le Pen mehr oder weniger für sich steht aufgrund der Distanz die die Franzosen ohnehin zu ihm aufgebaut haben.

Und wir haben das seltene Glück dass jegliche rechtsextremen Kandidaten auch immer wunderbar auf das Pochen was die meisten versuchen erfolgreich zu verdrängen - und so Vorurteile im Ausland immer perfekt bedienen.

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» Subbotnik » Beiträge: 9308 » Talkpoints: -7,05 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Subbotnik hat geschrieben:Was die Minderheiten angeht: Ich meine hier keine Einmalerfolge wie der der DVU in Sachsen-Anhalt, sondern dass egal wie hoch die Wahlbeteiligung liegt die Parteien der Linken und Rechten ihre Stammwählerschaft in Relation gesehen immer stärker an die Urnen bringen können als die großen Volksparteien - und das ist keine Medienmeinung sondern eben ein Fakt.

Ist natürlich richtig. Ihre Stammwählerschaft kriegen sie immer mobilisiert, aber die ist verhältnismäßig unbedeutend klein. Dadurch kriegen sie eben statt 1%, dann 3%. Bei einer Personenwahl vielleicht etwas mehr. Aber selbst das reicht ja meist nicht aus um die 5%-Hürde zu schaffen.

Aber im Endeffekt hast du sicher recht, dass man deutschlandtypisch sicher sehr viel Aufwand betreiben würde um die Wahl als Direktwahl durchzuführen. Ich würde es mir bei einem "echten" Wahlkampf auch lustig vorstellen, wenn jetzt hier bei mir neben den Plakaten für die Europawahl und Kommunalwahl auch noch Plakate für eine Präsidentenwahl hängen würden. Da wüsste sicher keiner mehr, wenn er auf ein Plakat schaut, für welches Amt diese Person nun kandidiert ;).

» Klehmchen » Beiträge: 5487 » Talkpoints: 1.012,67 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


Nur nochmal als Nachsatz: Ich hab ja im Grunde nichts gegen Direktwahlen und bin immer für mehr direkte Demokratie - nur sollten wir dann endlich mal anfangen, die Jugend (da wo man noch was ändern kann) endlich mal vernünftig politisch zu bilden und das ganze nicht auf den Gemeinschaftskundeunterricht / Politische Bildung und 2 Klassen abzuwälzen.

Ich träum hier immer von Schweizer Verhältnissen, wo teilweise im Idealfall die politische Bildung schon im Kindergarten anfängt. Dann hätten wir am Ende vielleicht auch mal die mündigen Staatsbürger, die mit der Direktwahl, mehr direkter Demokratie und Volksentscheiden nicht überfordert wären. Klar, das werden auch nicht alle sein, aber der Anteil wird deutlich höher ausfallen als jetzt wo man sich manchmal echt nur an den Kopf greifen kann was da geäußert wird - und nach dem "Wahlschein mit vorhergehender Geistesprüfung" schreit :wink:.

Dass das nicht passiert, hm, ich würde mal glatt vermuten dass neben den höheren Kosten unsere Politiker in der Mehrheit damit zufrieden sind wie es (für sie) läuft...

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» Subbotnik » Beiträge: 9308 » Talkpoints: -7,05 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


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