Ingenieurstudium - Jeder vierte bricht es ab
Dass Ingenieure gesucht werden und damit Studenten dieser Fachrichtungen eigentlich recht gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben sollten ist bekannt. Trotzdem brechen 26 % der entsprechenden Studienanfänger das Studium ab. Das kann man einem Sammelband der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) entnehmen, der sich mit der Lehre in Bachelor- und Magisterstudiengängen beschäftigt.
Der Trend ist nicht neu, allerdings hat sich die Abbrecherquote in den letzten Jahren noch erhöht: brachen im Jahr 2004 21 % der Studenten der Ingenieurwissenschaften ihr Studium ab waren es im Jahr 2006 26 %
Schuldige sind auch schnell ausgemacht: die Umstellung auf Bachelor- und Masterabschlüsse einerseits und erhöhte Leistungsanforderungen andererseits.
Hallo,
ich studiere Maschinenbau und auf die gesamte Studienzeit bezogen liegen die Abbrecher- und Durchfallquoten teilweise wesentlich höher als hier beschrieben. Besonders in den ersten Semestern ist die Messlatte sehr hoch gelegt, was allerdings im Hinblick auf die später auf den Ingenieuren liegende Verantwortung auch nicht verwunderlich ist. Außerdem muss infolge des immens schnell voranschreitenden Entwicklungsstandes immer mehr Stoff gelehrt werden.
Die Umstellung auf Bachelor- bzw. Masterstudiengänge halte ich persönlich nicht wirklich für einen Grund für die hohe Abbrecherquote. Vielmehr gibt es viele Studenten, die nicht von solch hohen Ansprüchen ausgegangen sind oder sich den Studiengang schlicht und einfach anders vorgestellt haben. Bei mir war es anfangs auch so.
Ein weiterer Grund sind meiner Meinung nach auch die eingeführten Studiengebühren. Das Studium ist sehr zeitintensiv, wodurch sich schlecht "Geld verdienen" und Studium miteinander vereinbaren lassen. Semesterferien sind eigentlich keine Ferien, sondern "vorlesungsfreie Zeit" in der man sich auf Klausuren vorbereiten und eben diese schreiben muss. Außerdem müssen in den Ferien etliche Wochen Pflichtpraktikum untergebracht werden. Raum für Urlaub und Ferienjob bleibt da erstmal kaum. Wer wenig Geld zur Verfügung hat und auch mit Bafög nicht auskommt (oder erst gar keins bekommt), steht hier vor einem Problem, dem viele nicht gewachsen sind.
Ich denke auch, dass viele Studenten (egal in welcher Richtung) sich zu Anfang denken, ach das mach ich doch mit links und 40 Fieber. Studium ist nur party und faulenzen. Das böse Erwachen kommt dann mit den ersten Vorlesungen/Klausuren oder auch Hausarbeiten. "Acht mist, ich muss ja doch was tun. Nagut, dann mach ich halt BWL, das machen so viele, das kann also nicht schwer sein". Aber auch BWL muss man erst einmal hinbekommen.
Ich habe selber nach meiner Ausbildung zum Bankkaufmann ein Fernstudium VWL angefangen. Da ich dann irgendwann in die Selbständigkeit gegangen bin, musste ich feststellen, eins geht nur, entweder Geld verdienen oder Studieren. Wie abnormality schon geschrieben hat, beides ist definitiv nicht miteinander vereinbar.
Ich denke, dass der Leichtsinn ("Ich schaff das schon") auch ein Grund für den Anstieg bei der Statistik ist.
abnormality hat geschrieben:Vielmehr gibt es viele Studenten, die nicht von solch hohen Ansprüchen ausgegangen sind oder sich den Studiengang schlicht und einfach anders vorgestellt haben. Bei mir war es anfangs auch so.
Das hätte ich auch eher vermutet. Allerdings gab es auch schon Anfang der 90er Jahre Studenten, die sich ein ingenieurwissenschaftliches Studium einfacher vorgestellt hatten und es dann abbrachen, weil sie dem Druck einfach nicht gewachsen waren. Ich kann mich erinnern, dass in meinem Jahrgang die Abbrecherquote bei etwa 20 % lag. Es muss also noch einen weiteren Grund geben, warum die "traditionell" hohe Abbrecherquote noch etwas gestiegen ist.
Die Finanzierung kann natürlich ein Grund sein. Interessant wäre auch mal zu erfahren, wie genau der Unterschied zwischen früherem Diplomstudiengang und heutigen Bachelor-/Masterstudiengängen aussieht.
Ich stimme dem zu und habe das auch miterlebt, dass sehr viele Studenten mit einer komplett falschen Einstellung an das Studium herangegangen sind. Die meisten Studienabbrecher an meiner Uni gab es auch in den ersten Semestern, denn gerade da fangen die ersten an zu zweifeln.
Nach einem Semester Party denken sich vielleicht einige noch, die Kurve kriegen zu können, aber nach dem zweiten Semester steigen doch schon sehr viele aus dem Studium aus. Auch sieht man an den Grundstudiumsklausuren weit höhere Durchfallquoten als in den Klasuren im Hauptstudium.
Es mag ja Studiengänge geben, bei denen funktioniert das mit Saufen und Party, aber ein Ingenieursstudium gehört sicher nicht dazu. Natürlich ist das auch mal drin, aber man muss auch die Zeit finden etwas arbeiten zu gehen.
Das Problem ist einfach, dass viele die Mathematik unterschätzen. Man muss schon etwas Talent und sehr viel Spaß an der Mathematik mitbringen, um so ein Studium zu überstehen. Das Interesse an der Technik reicht nunmal eben nicht. Damit kommt man dann vielleicht im Hauptstudium durch, weil es ja dann wirklich praxisnäher wird, aber am Anfang steht nunmal die Mathematik. Und dabei ist es nicht nur das Fach Mathematik selbst, auch für andere Fächer braucht man sie als Werkzeug.
Dazu kommt natürlich, dass viele schon im Abitur Probleme haben. Im Studium geht es so weiter, nur dass man quasi jedes Semester die Belastung eines Abiturs hat, eigentlich sogar noch wesentlich mehr.
Ich denke aber auch, dass die Bachelorstudiengänge schon einiges zu den Abbrecherquoten beitragen. An meiner ehemaligen Hochschule wurden die Prüfungsbedingungen noch weiter verschärft, man darf nun in noch weniger Klausuren durchfallen. Außerdem wurde auch der Zeitaufwand noch einmal erhöht. Und wir waren damals schon sehr sehr gut ausgelastet.
Die Masterstudiengänge haben dann sicherlich nicht mehr eine so hohe Abbrecherquote, weil das dann eher die besseren Leute machen und die es sich auch genau überlegen, ob sie diesen Studiengang durchziehen. Außerdem hat man da schon mindestens 3 Jahre Studienerfahrung und weiß sich ganz gut einzuschätzen.
Ich denke auch eher nicht, dass sich die gestiegene Abbrecherquote mit der Umstellung auf das Bachelor-/Master-System begründen lässt.
Ingenieurberufe sind dafür bekannt, dass der Arbeitsmarkt noch über reichlich Kapazitäten in diesem Bereich verfügt und Berufsanfänger sehr gute Chancen im Job und attraktive Verdienstmöglichkeiten haben. Das zieht natürlich viele Leute an, auch solche, die sich keine expliziten Gedanken um das Studium gemacht haben. Viele Studenten sehen sich vorschnell als Entwickler in namenhaften Unternehmen und verschwenden keinen Gedanken an das harte Studium das vor ihnen liegt. Auf diese Weise entstehen völlig falsche Vorstellungen.
Ich denke, dass es durchaus Fächer gibt, die man mit weniger Aufwand studieren kann und die Universität oder Fachhochschule dennoch mit einem recht guten Abschlusszeugnis verlässt. Die Naturwissenschaften und die Ingenieurswissenschaften gehören meiner Meinung nach allerdings nicht dazu.
Viele denken sicher, dass sie mit ein bisschen Mathematik und Physik weit kommen werden, da diese Fächer ja bereits relativ intensiv in der Schule behandelt wurden. Dem ist definitiv nicht so. Die Mathematik an einer Universität (höhere Mathematik) ist eine ganz andere Qualität als die Schulmathematik. Wer nicht bereit ist, wirklich hart zu arbeiten, wird keinen Erfolg in einem solchen Studium haben, das auf Fakten basiert und sich nicht durch eine schöne Wortwahl zurechtbiegen lässt.
Der finanzielle Aspekt war auch früher vorhanden, auch zu den Zeiten als es noch keine umfassenden Studiengebühren gab. Der Lebensunterhalt musste immer schon finanziert werden. Für sozial schwache Studenten werden Bildungskredite vergeben, mit denen sich die Studiengebühren finanzieren lassen. wer zusätzlich Bafög erhält, muss auch nicht die Summe der beiden Förderungen zurückzahlen sondern einen einheitlichen, begrenzten Betrag. Dadurch sind die Chancen auch für nicht so wohlhabende Studenten gegeben.
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