Was ist besser an der Profiloberstufe in Niedersachsen?

vom 26.10.2007, 10:52 Uhr

Ab dem Schuljahr 2006/2007 wurde in Niedersachsen die neue Profiloberstufe eingeführt, nachdem das Zentralabitur erstmals im Jahr 2006 stattfand.

Zuerst zu dem System der Profiloberstufe:
Es gibt fünf verschiedene Schwerpunkte, die man wählen kann (nicht auf allen Schulen). Auf allen Schulen müssen mindestens das sprachlich das naturwissenschaftlich und das gesellschaftwissenschaftliche Profil angeboten werden.

1. der sprachliche Schwerpunkt mit Deutsch und den Fremdsprachen Englisch, Französisch oder Spanisch
2. der naturwissenschaftliche Schwerpunkt, in dem man die Naturwissenschaften oder Mathe als Kernfächer nehmen kann
3. der sportliche Schwerpunkt (nur an wenigen Schulen)
fest stehen Biologie und Sport als Schwerpunktfächer.
4. das künstlerische (oder musische) Profil
Als Schwerpunktfächer stehen hier entweder Kunst und Deutsch oder Musik und Deutsch fest
5. das gesellschaftliche Profil:
Man hat die Wahl zwischen Geschichte und Politik und Geschichte und Erdkunde als Leistungskurse.

Vorteile der Profiloberstufe:
- Durch die breite Fächerpalette, die man belegen muss erreicht man eine vertiefte Allgemeinbildung und lernt so mehr Grundlagen für verschiedene Studiengänge, was auch das Ziel der Kultusminister war und ihr Grund zu dieser Oberstufenreform.

Nachteile der Profiloberstufe:
- ,,exotische" Fächerkombinationen wie zum Beispiel Physik und Französisch sind nicht möglich, da im sprachlichen Profil kein Physik auf erhöhtem Niveau genommen werden kann. Wenn man in diesen Fall das naturwissenschaftliche Profil nimmt, kann man Französisch überhaupt nicht mehr weitermachen, nicht einmal als Grundkurs.

- Vor 2005 wurden die Grundkurse immer mit zwei oder drei Stunden pro Woche unterrichtet, die Leistungskurse fünf Stunden in der Woche.
Jetzt werden Leistungskurse mit vier Stunden pro Woche unterrichtet, die weiteren Kernfächer (Pflichtfächer wie Deutsch, eine Fremdsprache und Mathe) vierstündig.
So sind die Leistungskurse mit weniger Schulstunden nicht mehr so vertiefend.

- Man kann längst nicht mehr so viele Fächer abwählen, wie vor zehn Jahren, denn es müssen vier Halbjahre Religion und zwei Halbjahre Geschichte und Politk belegt werden. in einigen Profilen sogar noch Chemie oder Physik.
Mathe muss mit ins Abitur eingebracht werden.

- Wenn man nicht der Mainstream-Typ ist, der in einem der Bereiche, damit meine ich die zwei Schwerpunktfächer super gut ist, dann findet man nicht sehr leicht ein Profil, zumal manchen Kombinationen für die wichtigsten Fächer feststehen. So wird man im Zweifelsfall in ein Profil hineingedrückt.


Mich interessieren eure Meinungen zu der Profiloberstufe. Seht ihr Vorteile oder Nachteile?
Gibt es unter euch Schüler oder Schülerinnen, die lieber nach dem ganz alten System ihr Abitur abgelegt hätten? (Zwei Leistungskurse und mehr Wahlfreiheit)[/i]

» Jenna » Beiträge: 1270 » Talkpoints: -1,27 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich gehe zwar in Schleswig-Holstein zur Schule, aber hier werden wir auch mit der Profiloberstufe "gequält". Ich ging auf eine Realschule und nach meinem Realschulabschluss habe ich mir eine Gesamtschule mit Oberstufe als weiterführende Schule ausgesucht.

Ich hatte dann die Wahl zwischen dem naturwissenschaftlichen und gesellschaftswissenschaftlichen Profil. Ich habe das gesellschaftwissenschaftliche Profil gewählt und habe mir anfangs nichts Böses dabei gedacht, dass man keine Leistungskurse mehr wählen konnte. Am ersten Schultag kam dann der Schock, wir müssen pro Woche 39 Stunden in der Schule verbringen. Wir waren der erste Jahrgang mit diesem Modell und fühlen uns wie Versuchskaninchen. Wir haben mehr Stunden als die jetzigen 12. und 13. Jahrgänge. Unser Oberstufenleiter hat auch seinen Unmut über das neue Profilabitur geäußert, denn die Lehrer sind damit auch völlig überfordert.

Ich denke der Staat hat einfach mal wieder nicht weit genug gedacht, denn er hat den Schulen auferlegt, was sie zu erfüllen haben, aber nicht wie. Ich bin wirklich immer mehr enttäuscht vom deutschen Bildungsystem und werde froh sein, wenn ich mit der Oberstufe fertig bin. :twisted:

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» Papa_Dogg » Beiträge: 126 » Talkpoints: 0,14 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Papa_Dogg hat geschrieben:Ich denke der Staat hat einfach mal wieder nicht weit genug gedacht, denn er hat den Schulen auferlegt, was sie zu erfüllen haben, aber nicht wie. Ich bin wirklich immer mehr enttäuscht vom deutschen Bildungssystem und werde froh sein, wenn ich mit der Oberstufe fertig bin. :twisted:

Der Staat ist schuld, der Staat ist schuld! Hauptsache schreien? Bildungspolitik ist immernoch Ländersache. Also musst du schreien Schleswig-Holstein ist schuld! (und nein, in unserem förderlistischen Staatsmodell nennt man die Bundesländer nicht Staaten, sondern Bundesländer.)

Ich wurde damals glücklicherweise nicht ins neue System gedrückt, ich war im letzten Jahrgang nach dem alten System (mit Zentralabitur). An unserer Schule gab es aber auch nur die drei Hauptzweige, wie sie hier beschrieben wurden, also Sprachen, Naturwissenschaften oder Gesellschaftswissenschaften. Aus irgendeinem Grund hat man uns in der 11. Klasse ordentlich eingeprägt, wie der nach uns folgende Jahrgang seine Leistungskurse auswählen darf, getreu dem Motto "Guckt was ihr für ein Glück habt und macht gefälligst das Beste draus!". Ich habe meine Leistungskurse dann jedenfalls nach meinen Neigungen gewählt, undzwar Biologie und Englisch. Übrigens die beliebtesten Leistungskurse in meinem Jahrgang an der Schule.

Im Grunde finde ich die Idee mit den vorgefertigten Profilen aber gar nicht so blöd. Das bringt die Schüler eher dazu, schonmal darüber nachzudenken, was sie eigentlich im möglichen Studium machen wollen und bereitet sie besser darauf vor. Wer Physik studieren möchte kommt um gewisses Chemie-Wissen nicht herum, und wer sich bisher erfolgreich davor "gedrückt" hat steht dann zu Studienbeginn nicht ganz so verloren da. Nach alten Profilen hätte derjenige vielleicht zwar Mathe und Physik als LKs belegt, Chemie dann aber abgewählt - einfach weil er es konnte (bestes Beispiel: Mein Bruder :D ).

Die völlig freie Wahl gab es ja auch vorher nicht; Mathe war noch nie abwählbar und mindestens eine Fremdsprache musste bis zum Abi erhalten bleiben, Naturwissenschaften konnte man auch nicht einfach alle wegballern selbst wenn man ohne genügend Grundkurse zusammenbekommen hätte etc. Sprich es ist keine Entziehung der völlig freien Wählbarkeit, es ist lediglich eine stärkere Einschränkungen im Vergleich zu vorher.

Als Schüler hätte mir das sicherlich nicht gefallen, aber mit ein paar Jahren Abstand betrachtet halte ich es wie gesagt für von der Grundidee gar nicht blöd. Die Umsetzung kann ich ja nur schwerlich beurteilen, vor allem weil es auf manchen Schulen auch deutlich chaotischer abläuft als auf anderen.

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» Taline » Beiträge: 3594 » Talkpoints: 0,75 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



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