Warum treten immer mehr Leute aus der Kirche aus?
valentin hat geschrieben:Ich persönlich finde es aber dennoch sehr sozial, wenn man zum Beispiel die Kirchensteuer bezahlt. Die Kirche macht ja auch recht viel, siehe Kindergärten und Diakonie.
So ein Schwachsinn, die Kirchen geben nicht einmal 10 % der Einnahmen seitens des Staates für Caritatives, Soziales, usw. aus! Und wenn man es genau nimmt, nicht einmal 5 %, denn die Einnahmen der Kirchen setzen sich zu 50 % aus der Kirchensteuer zusammen und die anderen 50 % werden so vom Staat zugeschossen, also Steuergelder die jeder bezahlt, auch alle, die nicht in der Kirche sind.
Soviel zu deiner Sozialträumerei, nicht einmal kostenintensive Spendenorganisationen haben so einen geringen "Wirkungsgrad"!
valentin hat geschrieben:Zudem müsst ihr sehen, dass es viele nicht einsehen oder auch nicht einsehen können, dass sie von ihrem ohnehin geringen Lohn oder sogar Hartz 4 auch noch was für die Kirche zahlen soll. Das ist aber wenn man genau überlegt eigentlich gar nicht so. Die Kirchensteuer richtet sich ja nach dem Einkommen und auch der Größe der Familie. Das werden bestimmt einige nicht wissen.
[...]
Meiner Meinung nach gibt man für andere Sachen (Zigaretten ...), die total unnütz und sinnlos sind sehr bviel aus, da kann man auch mit ein paar Euros pro Monat die Kirche unterstützen.
Na Du hast halt echt keine Ahnung, denn die Kirchensteuer berechnet sich anhand der Einkommenssteuer bzw. Lohnsteuer (Nicht pauschal anhand des Einkommens!) der Hebesatz liegt hier bei 8 - 9 %!
Logischerweise zahlen Arbeitslose keine Lohnsteuer und die Steuer richtet sich nach der Steuerklasse und Freibeträgen sowie abzugsfähigen Beträgen, klar dass hier, da die Kirchensteuer eben an der EInkommenssteuer festgemacht wird, diejenigen die wenig Einkommenssteuer zahlen (die sich u. A. anhand der genannten Faktoren bemisst) weniger Kirchensteuer zahlen müssen.
Ich bin seit gut 10 Jahren kein Mitglied mehr in der Kirche. Diese Kirchensteuer beachtete ich am Anfang noch gar nicht, jedoch als ich dann geheiratet habe und mir die Abrechnungen genauer angesehen habe, ist es mir doch schon aufgefallen. Ich gehe nie in die Kirche und bin absolut gegen sie, weshalb ich meine "Mitgliedschaft" abtrat. Nun bin ich meine Kirchensteuer los und auch amtlich zu keiner Religion gehörend. Ich finde außerdem, wenn man religiös ist, braucht das nicht jeder Mensch und die Regierung zu wissen. Manche wollen ja auch nicht, dass andere mitbekommen, ob sie nun Moslem, Christ, Jude oder einer anderen Religion angehörig sind.
Was mich hier sehr aufregt, ist die Taufe. Man sollte die Kinder nicht einfach taufen, wenn sie noch gar keine Ahnung von Religion haben, geschweigedenn sprechen oder Dinge wirklich wahrnehmen können. Wenn man denn schon religiös ist oder sein will, sollte das von einem selbst kommen und nicht weil die Eltern oder Großeltern einem Kind etwas aufdrängen, das ist auch der Grund warum mein Kind nicht getauft ist und falls es Interesse an Religion hat, später selbst entscheiden soll.
Ich werde aus der Kirche austreten, weil ich davon einfach nichts habe. Früher war ich mit meinen Eltern manchmal in der Kirche aber seit die auch nicht mehr gehen, zieht mich da nichts mehr hin. Ich bin generell eh sehr schlecht auf die Kirche zu sprechen, habe bisher noch nie mitbekommen, dass die in unserer Stadt mal etwas sinnvolles getan hätten und wenn sie Geld sammeln, dann immer nur für sich selbst.
Ich möchte außerdem eh nicht heiraten und wenn, dann muss das nicht kirchlich passieren. Die Kirchensteuer macht doch einiges aus und ich sehe z.B. auch nicht ein, jeden Monat 20 Euro für etwas zu zahlen, das ich nie nutze und das ich gar nicht haben will. Wozu auch? Dann trete ich lieber aus und mache mit dem Geld etwas Sinnvolleres. Die könnte man auch spenden.
Warum immer mehr Leute aus der Kirche austreten, ist eine gute Frage. Ich denke, dass es hierfür verschiedene Gründe gibt. Den einen wird es wahrscheinlich tatsächlich ums Geld gehen, die anderen werden den Glauben verloren haben und wieder andere, könnte ich mir vorstellen, sind vielleicht von zu Hause aus dermaßen "dressiert" worden, dass Glaube und Kirche für sie nichts Schönes mehr war, sondern nur aus Druck und Zwang bestand.
Vielleicht machen aber auch viele Gott - oder wie immer man ihn nennen mag - für ihr eigenes Schicksal und das der Welt verantwortlich oder erhoffen sich stets Hilfe, ohne etwas dafür zu tun.
Bei mir war es genau umgekehrt. Ich wurde im März 45 Jahre alt. Meine Mutter stammte aus einer sehr streng katholischen Familie. Meine Großmutter war dermaßen rigoros und - sehe ich so, gewissermaßen auch teilweise fanatisch - streng, dass mein Großvater sie immer mit dem Satz ärgerte: "Du bist päpstlicher als der Papst."
Meine Mutter empfand alles nur noch als Druck, Zwang und Folter, bekam Bücher, die auf dem Index standen, und die sie dennoch las, auf den Kopf geschlagen. Mein Vater war Protestant, wurde überhaupt nicht christlich erzogen. Als die beiden heirateten, zudem noch protestantisch, war das ein Skandal hoch drei für meine Oma, denn eine so genannte "Mischehe" grenzte für sie schon an etwas Satanisches und so rang sie auf dem Sterbebett meiner Mutter das Verprechen ab, sich katholisch nachtrauen zu lassen.
Wir Kinder wurden protestantisch getauft. Ich weiß nicht mehr ganz genau das Jahr, aber es war entweder 1976 oder 1972, als sie beide mit uns Kindern gemeinsam aus der Kirche austraten. Im Nachhinein finde ich nicht richtig, dass ich nicht danach gefragt wurde, aber gut. War eben so.
Dennoch - geglaubt hat meine Mutter immer. Für sie war nur dieser Druck nachhaltig Horror. Ich bin wurde zwar nicht christlich erzogen, und damit meine ich, dass wir nicht zur Kirche gingen und dass bei uns zuhause auch nicht aus der Bibel vorgelesen wurde. Aber ich fühlte mich von allein immer dem Glauben, und insbesondere dem katholischen zugeneigt. So war es Jahre mein Wunsch, wieder einzutreten und zu konvertieren.
Im Mai 2007 kam meine Mutter ins Krankenhaus. Es ging ihr sehr schlecht und ich saß dann abends alleine zu Hause, voller Angst und Panik. Dann nahm ich mir die Bibel zur Hand, las darin und da war wieder dieser Wunsch, oder eher schon Drang, der Wiedereintritt in die Kirche und gleichzeitig zu konvertieren. Also fasste iich diesen Enschluss, suchte das Pfarrbüro auf und der Pfarrer legte den Termin zur Firmung fest. Ich muss erwähnen, dass meine Mutter sehr dominant war und dieses eigentlich die erste Enscheidung in meinem Leben war, die ich alleine getroffen habe, ohne jemanden zu fragen, ob ja, ob nein, ob richtig oder falsch.
Als ich sie im KH, wie jeden Tag, besuchte, teilte ich ihr meinen Entschluss fest und ich hatte ehrlich gesagt mit sehr hartnäckigen Diskussionen und Widerrede gerechnet. Zu meiner positiven Überraschung jedoch meinte sie wörtlich: "Wenn DU meinst, es ist für dich gut und richtig, dann tu es, und wenn ich wieder nach Hause kommen sollte, werde ich den Schritt mit dir gehen." Sie kam aber leider nicht mehr nach Hause, sondern verstarb am 6. August 2007.
Unser Pfarrer übernahm jedoch die Bestattung und sagte, dass allein ihr Wunsch, den sie seinen Kollegen gegenüber geäußert hatte, wieder einzutreten, genügt hätte für eine katholische Bestattung. Und mir hatte so sehr daran gelegen.
Vielleicht klingt es für andere lächerlich, aber mir gibt der Glaube halt, ich wurde in einer sehr netten Gemeinde, eigentlich sind es zwei, die nun "fusionieren" werden, sehr herzlich aufgenommen, habe Aufgaben übernommen und kann mittlerweile sogar, trotz meiner Sozialphobie, zu den Gottesdiensten mitten unter anderen Menschen sitzen, ohne dass mich die Panik überkommt.
Ich darf fast täglich erleben, dass mein Schritt völlig richtig war. Es herrscht in unseren Gemeinden auch ein sehr starker Zusammenhalt, jeder hat mich damals einzeln begrüßt und aufgenommen und ich fand das ein sehr schönes Gefühl.
Ich bin selbst psychisch erkrankt (aber nicht voll bekloppt, hoffe, dass das auch nicht so rüberkommt), beging 2002 einen Suizidversuch, habe seit meiner Kindheit ständig diese Gedanken. Aber mein Glaube hilft mir, dagegen anzugehen, und ich denke, wenn Glaube, ob nun dieser oder ein anderer, so etwas Positives in einem Menschen bewirkt, dann kann es von Grund auf nichts Schlechtes sein.
Vielleicht treten Menschen auch aus, weil sie sich zu vieles in materieller Hinsicht erwarten. Ich kann da nur mutmaßen und nicht einfach eine Behauptung aufstellen.
Meines Erachtens gibt es da vielfältige Gründe. Schade ist es aber allemal, denn, welchem Glauben man nun auch immer angehört, es ist nicht von der Hand zu weisen, dass es vielen Menschen zumindest Halt gibt, und dieses ist auch wichtig.
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