Höhe der Vergütung für Zivildienstleistende
Hallo!
Der Sohn einer Bekannten muss nächstes Jahr seinen Zivildienst antreten, weil er nciht zur Bundeswehr will. Mit wieviel Vergütung monatlich kann er rechnen, wenn er seinen Zivildienst in einem Altenheim macht? Gibt es in verschiedenen Branchen, wie Krankenhaus. Sanitäterdienst im Krankenwagen oder andere Stellen eine andere Vergütung?
Meine Bekannte und ihr Sohn sind genausowenig im Internet fündig geworden wie ich und uns interessiert doch die Vergütung. Weiß jemand von euch, was ein Zivildienstleistender monatlich verdient?
In der Regel bekommen Zivildienstleistende die gleiche Besoldung wie ein Wehrdienstleistender bei der Bundeswehr. Doch meistens bekommen die Zivis sogar noch ein bisschen mehr. Wehrdienstleistende bekommen bestimmte Sachleistungen, die ein Zivi nicht bekommt und daher bekommt der Zivis meist mehr Geld.
Die Vergütung wird in Soldstufen eingeteilt. bei der ersten Soldstufe bekommt man 9,41 Euro pro Tag. Bei der zweiten Soldstufe 10,18 Euro (meist nach dem vierten Dienstmonat!). Stufe drei bekommt 10,95 Euro pro Tag, meist ab sieben Monaten Dienstzeit. Dann bekommen die Zivis meistens noch Weihnachtsgeld, in Höhe von 172,56 Euro und Entlassungsgeld in Höhe von 690,24 Euro.
In aller Regel gibt es zu dem Sold noch Kleidergeld, da beim Bund alles gestellt wird, der Zivi aber wenn überhaupt nur Hose und Oberteil bekommt. Der Rest sind dann ja die eigenen Sachen, die auch selber gewaschen werden müssen.
Dazu kommt teilweise auch noch Verpflegungsgeld. Als Zivildienstleistender hat man genauso wie ein Bundeswehrangehöriger Anrecht auf Frühstück, Mittag und Abendessen. Das soll eigentlich als Sachleistung angeboten werden, kann aber oft nicht komplett realisiert werden. Ich konnte zum Beispiel Wochentags kostenlos Mittag essen. Frühstück und Abendbrot wurden dagegen finanziell entschädigt genauso wie das Mittagessen am Wochenende.
Dadurch hatte ich vor 5 Jahren Anfangs glaube ich etwas mehr als 400 Euro zum Schluss 450 glaube ich. Wie oben schon erwähnt steigert sich der Sold ja nach dem 3. und nach dem 6.Monat wie beim Bundi. Der Sold war damals aber glaub ich auch noch etwas geringer als heute. Von daher wird er wohl eher mehr bekommen.
@Julian
Zivilidienstleistende und Wehrdienstleistende bekommen offiziell gleich viel, auch genausoviel Sachleistungen - da gibt es keinen Unterschied wie der eine bekommt mehr, der andere weniger.
Als Zivi kann man gegenüber einem Wehrdienstleistenden schon einen sehr guten Schnitt machen, mehr als der doppelte Sold sind im besten Fall locker drin , abgesehen davon, dass man effektiv weniger Dienst leisten muss (je nachdem).
Ich hatte im Grunde was die Bezahlung und die Dienstzeit angeht einen der bestmöglichen Posten: Zivi im Krankenhaus ohne Verpflegung mit Heimschläferstatus.
Schnell zur Verkürzung der Dienstzeit, da das kürzer ist: Bei mir standen knapp 20 Arbeitstage Lehrgang - 10 Tage + 5 Tage wegen Krankenhausdienst -> Pflegeausbildung, Nothelferausbildung & Co. sowie der 5tägige Rechte und Pflichten Lehrgang auf dem Plan - die größtenteils Kinderkram waren und nur Sonderurlaub (wenn man es genau betrachtet) - also schoneinmal knapp einen Monat weniger arbeiten müssen bei voller Vergütung und Fahrtkostenerstattung . Dazu kommt, dass man als Zivi keine Überstunden machen darf, aber die natürlich im Pflegedienst oft anfielen - ich habe jeden Tag knapp 0,5 - 1,5 Stunden länger gemacht und immer fleißig aufgeschrieben, unter`m Strich hieß dass dann noch einmal 1 Monat bei voller Bezahlung "abfeiern".
Abzüglich Urlaub hieß das dann, dass ich 6 Monate statt 9 Monate effektiv geabeitet habe, dann eben meist 8 Stunden bei einer typischen Krankenhauswoche (also auch mal 12 Arbeitstage am Stück).
So nun zur Bezahlung:
Die Soldstufen hat Julian ja bereits angesprochen, lass ich weg.
Verpflegungsgeld - wurde komplett ausbezahlt, keine Verpflegung heißt mal eben eine wunderschöne Verdopplung, das heißt: nochmal 7,70 Euro pro Tag. Die Stufen bei einer angebotenen Verpflegung sind:
- Frühstück: 1,10 Euro
- Mittagessen: 1,35 EUR
- Abendessen: 1,15 EUR
und bei keiner Verpflegung logischerweise:
- Frühstück: 2,20 EUR
- Mittagessen: 2,70 EUR
- Abendessen: 2,30 EUR
Mein Tipp: Das Essen ist meist eh unterirdisch, am besten konkret nach einer Stelle suchen, die keine Verpflegung anbietet.
Kleider- und Wäschegeld
Das Kleidergeld beträgt 0,69 Euro, das Wäschgeld 0,49 Euro pro Tag, also noch einmal 1,18 Euro pro Tag. Der Überwurf und dessen Waschen im Krankenhaus zählt nicht als echte Dienstkleidung! Hierfür müsste man schon komplett ab der Unterwäsche ohne Schuhe eingekleidet werden, also wie beim Bund.
Mobilitätszuschlag
Wenn man von der Dienststelle eine Wohnung gestellt bekommt und die weiter als 30 km vom Heimatort entfernt ist gibt`s den Mobilitätszuschlag, genau sind es 0,51 Euro pro Kilometer, maximal 204 Euro im Monat. Den habe ich leider nicht abgreifen können, weil ich lieber in meiner eigenen Wohnung gewohnt habe. Wenn man sich aber geschickt bei der Suche anstellt nochmal ein netter Zuschlag .
Weihnachtsgeld und Entlassunggeld wurden ja auch schon angesprochen.
Fahrtkosten
Die Fahrkosten zur Zivistelle werden natürlich ebenfalls erstattet, hier wird meist immer ein Monatsticket des öffentlichen Nahverkehrs zugrundegelegt. bei mir waren das nochmal 46 Euro extra. Achso, kostenlose Fahrten nach Hause gibt`s (trotz Mobilitätszuschlag) auch noch an dienstfreien Tagen.
Dazu kommen noch Sonderleistungen wie die Weiterbezahlung von Versicherungen, Verträgen, Mietkäufen, Unterhalt usw. wenn das soundsolange vor dem Zivildienst bestand (meist 6 - 12 Monate), das bekommen Wehrdienstleistende aber auch.
Um jetzt mal konkrete Zahlen zu nennen:
- in der ersten drei Monaten habe ich 579,70 Euro pro Monat verdient, maximal hätte ich auch 783,70 Euro (Mobilitätszuschlag) bekommen,
- in den nächsten drei Monaten 602,80 Euro pro Monat, maximal hätte ich auch 806,80 Euro (Mobilitätszuschlag) bekommen,
- in den letzten 3 Monaten 625,90 Euro pro Monat, maximal hätte ich auch 829,90 Euro (Mobilitätszuschlag) bekommen,
ohne jetzt noch auf alle weiteren Sondervergünstigungen einzugehen - ich habe auf den Mobilitätszuschlag verzichtet weil ich lieber in eine WG gezogen bin, da war die Funkomponente größer und man hatte mehr Freiheiten. Generell ist der Zivildienst wie eine Ausbildung ohne echten Zwang (außer dass man anwesend sein muss) zu sehen - ich bin abends meist noch Feiern gegangen oder hab tagelang bei meiner damaligen Freundin zugebracht und bin öfters mal ziemlich "zerrüttet" zum Dienst erschienen.
Achso: Trinkgelder gibt es im Krankenhaus auch noch oft, bei mir waren das locker 70 Euro im Monat da ich immer schön nett war - ehrlicherweise habe ich die aber natürlich in die Stationskasse gegeben, auch wenn die konkret für mich waren.
Dafür gab`s selten Mecker wenn ich mal später kam, eher gehen wollte, mich vor unangenehmen Pflichten gedrückt und lieber einen FSJler hingeschickt habe (Stichwort: Arsch abwischen) oder im Grunde dienstuntauglich auf der Zivistelle erschien - und natürlich wurde stationsintern (vom Personal organisiert) immer ein Frühstück, Mittagessen, Nachmittagsvesper oder Abendessen organisiert wo ich umsonst ohne Probleme dank Trinkgeldsponsoring mitessen durfte (war ja nicht offiziell, also trotzdem ein Anspruch auf Verpflegungsgeld).
Dazu kam, dass ich mit einem anderem hier im Forum noch Fahrgemeinschaft hatte, so dass wir im Grunde Fahrtkosten zu einem Drittel des Geldes hatten was ausbezahlt wurde. (Ob man vom Fahrtgeld Benzin ins eigene Auto tankt oder eine Karte für den Nahverkehr kauft war unserer Zivistelle egal, solang man zum Dienst erschien!).
Zum Vergleich: Ein Wehrdienstleistender bekommt nur 282,30; 305,40; 328,50 Euro da alle Boni und Freiheiten (Militär eben ) größtenteils entfallen (außer die angesprochenen sozialen Sonderleistungen) - als Zivi bekommt man also fast immer das doppelte gezahlt.
Zwar ist man theoretisch gleichgestellt, da die Vergütung eben beim Bund in Sachleistungen umgerechnet wird, aber nur beim Zivildienst hat man da auch wirklich was von, da man frei darüber entscheiden kann wie man es ausgibt und für was, z. B. das Verpfelungsgeld für besseres, selbstgemachtes Essen, Partys, Alkohol statt Saft usw. - halt was in dem Alter eher als wichtig angesehen wird. Praktisch wird man beim Zivildienst also de facto bevorzugt.
Zum Sanitäterdienst: Die bekommen leicht mehr, da hier glaube ich Überstunden vergütet werden - der Dienst ist aber natürlich richtig hart, mit Füße hochlegen ist da nichts, dafür bekommt man auch eine anerkannte Ausbildung. Konkret hat das Sorae mal hier: Bundeswehr vs. Zivildienst - "Bezahlung" angesprochen. Im Krankenhaus wird man zwar in der Regel auch wie als Krankenpfleger Azubi 2. / 3. Lehrjahr behandelt und so eingesetzt (auch wenn das entgegen der Vorschriften ist), nur wird das natürlich nicht wirklich schriftlich anerkannt.
Dann bleibt nur noch zu sagen: Der Sohn deiner Bekannten soll sich zeitnah nach einer guten Stelle umsehen, Zivildienst ist finanziell immer die bessere Wahl. Eine bessere Möglichkeit ins Arbeitsleben hineinzuschnuppern bei vergleichsweise guter Bezahlung und ohne großen Zwang gibt es fast gar nicht - die positiven / negativen Erfahrungen die ich da gemacht habe haben mich rückblickend echt um einiges reifer gemacht und mir auch mehr geholfen, was ich nach dem Abi eigentlich genau mit meinem Leben anfangen wollte.
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