Welchen Beruf wählen?
Meine Tochter ist nun soweit dass sie sich einen Beruf wählen muss denn die Schulzeit geht so langsam zu Ende. Sie hat aber überhaupt noch keine Vorstellung was sie denn werden sollte und das macht mir schon Sorgen, denn die anderen in ihrem Alter wissen schon lange in welche Richtung es gehen soll.
Wie kann ich ihr helfen dass sie mal in die Gänge kommt? Gibt es vielleicht so ein Art von Berufsberatung über das Arbeitsamt oder sowas?
Ich habe vor einigen Jahren meine Mittlere Reife gemacht und bei uns war es so, dass in der 9. Klasse also ein Jahr vor dem Abschluss einen Termin mit dem Berufsberater warnehmen konnte. Der hat dann beraten und einiges über Berufe erklärt. Was ich gut fand war das er jedem ein dickes Buch gegeben hat wo wirklich jeder Beruf drinstand plus die Voraussetzungen und Anforderungen die man erfüllen muss. Außerdem hatte er ein Computerprogramm wo man diverse Fragen beantwortet musste was man gerne macht usw. und das Programm hat dann eine Berufsgruppe erstellt die gut zu einem passen würde.
Frage doch mal beim Arbeitsamt nach oder schau mal im Internet vielleicht findest du da dieses Programm. Vielleicht wäre auch ein Termin bei einem Berufsberater sinnvoll, der kann deine Tochter sicher am Besten beraten.
Aber mir haben auch einige Praktika die ich in dieser Zeit gemacht habe sehr geholfen. Auf diese Weise konnte ich am besten feststellen ob mir der Beruf liegt oder eben nicht.
Berufsberater sollte man etwas mit Vorsicht genießen. Wir hatten damals auch ein Gespräch mit einem Berufsberater, aber der hat sich nicht für die persönlichen Vorlieben der Leute interessiert, sondern wollte die Leute zu Berufen drängen, die gerade "In" waren. Und dabei wurde er teilweise sogar richtig frech, schon fast beleidigend. Da wurde man schon fast für bescheuert erklärt, wenn man einen etwas exotischeren Beruf wählen wollte. Stattdessen wurde dann BWL oder so etwas empfohlen. Ich gehe mal davon aus, dass das nur eine Ausnahme war, aber man sollte trotzdem aufpassen, dass der Berater wirklich nur berät und nicht überredet.
Einen Test finde ich da schon etwas besser. Es gibt auch Tests von anerkannten Instituten. Leider ist mir der Name entfallen. Man muss dort auch etwas für den Test bezahlen, man bekommt aber auch eine indiviudelle Auswertung. Allerdrings sollte man dann auch nicht blind einen empfohlenen Beruf ergreifen, sondern schon etwas drüber nachdenken, ob das wirklich das richtige ist.
Eine Hilfe für die Berufswahl sind sicherlich auch Praktikas. So kann man schon einmal ein bisschen in die Berufswelt hineinschnuppern. Allerdings reicht dafür eine Woche kaum. Ich denke man braucht schon 3-4 Wochen, um abschätzen zu können, ob man mit einem Job klar kommt. Leider hat man kaum die Zeit, da viel auszuprobieren.
Also bei mir war es genauso, dass ich selbst nach dem Abitur nicht wusste, in welche Richtung ich meine berufliche Zukunft lenken sollte. Das Problem der meisten jungen Leute in dieser Situation heutzutage ist, dass sie einfach keinen Überblick über sämtliche Berufe und kein Wissen über die Charakterisierung der jeweiligen - in Hinsicht auf den realen beruflichen Alltag oder alleine schon den der Ausbildung - haben. Ich bin zum Berufsinformationszentrum gegangen, hab mich beraten lassen, was aber im Endeffekt nicht ausgereicht hat, um ein für mich ausreichend vorstellbares Bild des Jobs, den ich gerne ausüben möchte, zu entwickeln. Dabei liegt es nicht an der Fülle an Informationen. Im Gegenteil, die meisten Beschreibungen, auch im Internet auf der Seite der Arbeitsagentur, sind sehr ausführlich, jedoch wie ich finde zu kriptisch, um einen mit einer Informationsflut erdrückten und sich der Wichtigkeit dieser Entscheidung bewussten, jungen Menschen eine Möglichkeit der Entscheidung zu bieten.
Ich persönlich hatte mich erst einmal dazu entschlossen, ein Freiwilliges Soziales Jahr in der Kultur (FSJ) zu beginnen, um mir Zeit zu verschaffen. In dieser Zeit, in der ich erstmals eine berufsalltagsähnliche Situation erlebt hatte, habe ich viele Möglichkeiten ausgelotet und konnte diese erste Erfahrung in meine Gedanken mit einbeziehen.
Wichtig ist meiner Meinung nach, dass man sich nicht - wie von der weitläufigen Ansicht als sinnvoll angesehen - für irgendeine Ausbildung entscheidet, um erstmal eine zu haben, sondern man sollte sich Zeit lassen und zwar solange, bis man sich seiner eigenen Vorstellung eines Jobs, bei dem man sich freut, frühs aufzustehen, sicher ist. Denn selbst, wenn man dabei weniger Geld bekommen sollte und sich viel Zeit gelassen hatte für die Suche, hat man sich meines Erachtens weitaus mehr Lebensqualität damit erarbeitet.
Sicherlich würde ich Ihnen raten, ihre Tochter weiterhin anzuspornen. Am besten setzen Sie sich mit ihr hin und fragen sie explizit nach Dingen, die ihr Spaß machen würden (etwas mit Menschen z.B.) und welche ihr kein Spaß bereiten würden (Bürojob z.B.). Wenn Sie dann eine Auflistung der Pros und Kontras aufgestellt haben, gehen Sie mit ihr alle Berufe, zum Beispiel auf der Seite der Arbeitsagentur, durch und sortieren sie erstmals anhand der Auflistung aus. Danach können Sie bestimmte Wichtigkeiten von ihr festlegen lassen (Nähe zum Elternhaus/Wohnort, Verdienst, Art der Ausbildung, Karrierechancen, Abwechslung, etc.) und das mit einer einfachen Skala (je nach Anzahl der Kriterien). Dann sortieren sie danach weiter aus.
Somit haben Sie schon einmal eine überschaubare Anzahl von Ausbildungen vor sich. So hatte ich es in meinem FSJ gemacht. Das gute dabei ist, dass einerseits auf die Interessen und Wünsche Ihrer Tochter trotz ihrer Unentschlossenheit Rücksicht genommen wird und andererseits, dass Sie keine Befürchtungen haben müssen, dass objektive Kriterien bei der Suche unberücksichtigt gelassen werden.
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