Selbstbestimmung über eigenen Körper
Hallo,
Es gibt Menschen, die sind der Meinung, dass eine komplette Selbstbestimmung über den eigenen Körper möglich und gesellschaftlich akzeptiert sein sollte, sofern mit diesen Handlungen keine anderen Menschen geschädigt werden. Zu dieser extremen, allumfassenden Selbstbestimmung über den eigenen Körper zählten natürlich auch jegliche schädliche Handlungen, die diesem zugefügt werden könnten, bis hin zum straffreien Suizid ohne gesundheitliche Begründung. Natürlich werden auch weniger tragische Aspekte hinzugezählt, beispielsweise die Selbstbestimmtheit über verschiedenste Körpermodifikationen, die möglicherweise auch das heute akzeptierte Maß übersteigen.
Was haltet ihr davon, Menschen den Umgang mit dem eigenen Körper nach eigenem Belieben straffrei zu erlauben? Natürlich mit der Vorraussetzung, dass dabei keine anderen Menschen Schaden nehmen. Dabei bedenke ich logischerweise auch "passive" Schäden. Beispielsweise solche, die dadurch entstehen, wenn jemand seinen Körper so schädigen würde, dass er damit Sozialleistungen beanspruchen würde. Es müsste demzufolge auch eine Option geben, für solche Menschen, auf solche Leistungen freiwillig zu verzichten.
Ich persönlich finde, dass das schon eine sehr konsequente Umsetzung des Freiheitsgedankens wäre. In einer Gesellschaft, die sich immer wieder als "frei" bezeichnet, wäre soetwas wohl nur fair. Dass es aber aufgrund diverser Moralvorstellungen und gesellschaftlicher Konventionen von vielen Menschen wohl nicht akzeptiert werden würde, kann wohl fast jeder voraussehen. Demnach weiß ich nicht, ob soetwas umsetzbar wäre. Wenn es wohl auch eine hohe Form von Toleranz wäre, Menschen einzugestehen, dass sie mit ihrem eigenen Körper alles machen dürften, was sie wöllten. Wobei ich mich auch frage, ob dann nicht vielleicht ein großes gesellschaftliches Chaos ausbrechen würde?
Ich finde es einfach ein wenig seltsam, anderen Menschen vorschreiben zu dürfen, was diese mit ihrem eigenen Körper tun. Sollte das nicht eigentlich nur sie etwas angehen?
Was darf man denn mit seinem Körper nicht machen, was strafbar wäre? Mir fällt spontan nichts ein. So lange man nur seinen eigenen Körper bearbeitet wüsste ich nicht, wie man sich das recht herausnehmen sollte jemanden darin zu beschränken. Warum sollte es jemanden Verboten sein, seinen ganzen Körper zu tätowieren etc., wenn er dies möchte.
Gerade der Grenzfall Suizid ist ein interessantes Thema und wäre bestimmt ein neues Thema wert. Denn sollte man nicht das Recht haben zu entscheiden, ob man leben möchte. Darf man dem Misanthropen verwehren sich umzubringen, wenn er das aus der Menschheit fordert? Das ganze liegt ja unter der Premisse das Leben ist unterm Strich schön und es lohnt sich zu leben. Es gibt Personen, die da anderer Meinung sind, die Menschheit hassen und nicht mehr leben wollen - darf man diese vom Suizidabbringen und somit "quälen"?
Was spricht dagegen jemanden zu verwehren nächtelang zu feiern, zu rauchen und frühzeitig an einem Herzinfarkt zu sterben, wenn er gleichzeitig arbeitet und somit seinen Teil zu Gesellschaft beiträgt.
Mir fehlt es gerade noch etwas an Beispielen, die Einschränkung liefern können über die Kontrolle des eigenen Körpers.
Generell halte ich nicht viel von den ganzen gesellschaftlichen Zwängen, die sich ergeben und sehe momentan keine Felder in denen es Sinn macht jemanden das Recht auf den Körper zu nehmen.
Es wäre mal interessant an welcher Stelle Du, wawa, die Selbstbestimmung über den eigenen Körper eingeschränkt siehst? Denn meines Wissens ist Automutilation nur im Zusammenhang mit der Wehrpflicht strafbar, sonst nicht. Und Suizid kann nur schwer strafrechtlich verfolgt werden. Aus diesem Grund hat man doch in Deutschland, rechtlich betrachtet, schon größtenteils die alleinige Bestimmung über den eigenen Körper. Oder habe ich da grundsätzlich etwas missverstanden?
Ich verstehe auch nicht so recht, was der Threadersteller genau meint. Es kann doch jeder mit seinem Körper machen was er will, das einzige was mir jetzt spontan einfallen würde ist die Selbstverstümmelung, die dann im Nachhinein den Betrofenen zum Pflegefall werden ließe. Denn dann muss der Staat ran, verliert eine Arbeitskraft und muss auch noch zahlen. Es gibt ja auch Menschen, die sich absichtlich einen Daumen abhacken, um dann hinterher Geld zu bekommen und arbeitsunfähig zu werden, sowas ist natürlich nicht in Ordnung.
Aber vielleicht wird auch angespielt auf sogenannte Selbstbestimmung über den Körper, wie sie bei Magersüchtigen so wichtig ist. Im Prinzip kann sich ja auch jeder so dünn hungern wie er möchte, allerdings wird irgendwann ein Arzt eingreifen und denjenigen künstlich ernähren, vielleicht ist es auch das, was der Threadersteller meint? Und im Prinzip ist es ja richtig,dass jeder das Recht hat über sich selbst zu bestimmen und wer sich eben bis zum Tod herunterhungern möchte, der soll das doch bitte tun.
Es gibt ja auch inzwischen immerhin die Möglichkeit einer Patientenverfügung wenn totkranke Menschen nicht künstlich am Leben erhalten werden wollen und das finde ich wirklich sehr gut denn diese Würde der Selbstbestimmung über den Körper sollte man doch wirklich jedem lassen, schlimm genug, dass man sich teilweise Monatelang quälen muss, ehe man endlich stirbt und da nicht von ärztlicher Seite nachgeholfen werden darf wie das zum Beispiel in der Schweiz der Fall ist.
Grooovegirl hat geschrieben:Aber vielleicht wird auch angespielt auf sogenannte Selbstbestimmung über den Körper, wie sie bei Magersüchtigen so wichtig ist. Im Prinzip kann sich ja auch jeder so dünn hungern wie er möchte, allerdings wird irgendwann ein Arzt eingreifen und denjenigen künstlich ernähren, vielleicht ist es auch das, was der Threadersteller meint? Und im Prinzip ist es ja richtig,dass jeder das Recht hat über sich selbst zu bestimmen und wer sich eben bis zum Tod herunterhungern möchte, der soll das doch bitte tun.
Dieser Aspekt ist auch der erste, der mir dazu einfiel. Die Sache ist nur die, dass man sich in Deutschland nicht direkt zu Tode hungern kann, wenn man das denn gerne will. Speziell bei der hier stark betroffenen Gruppe von jungen Mädchen bis hin zu jung-erwachsenen Frauen wird doch meines Wissensstandes nach teilweise auch wegen vermutlicher psychischer Störung (ob die eine haben oder nicht möchte ich nicht beurteilen) dann das Recht über die Eigenbestimmung abgesprochen, beziehungsweise werden solche jungen Frauen dann für "nicht zurechnungsfähig" erklärt womit auch ihre eigenen Patientenverfügungen ihre Gültigkeit verlieren. Die Vormundschaft geht dann ja meistens an die Eltern bzw. nahe Verwandte, und dass diese nicht unbedingt den selben Wunsch haben kann man sich ja sicher vorstellen.
Oder ein ähnliches Beispiel bot ja auch Britney Spears, aufgrund ihrer Drogensucht und einem wohl beachtlichen Stapel von Problemen wurde ihrem Vater auch hier die Vormundschaft übertragen, womit sie ihr Selbstbestimmungsrecht zeitlich begrenzt verlor.
Die völlig freie Selbstbestimmung besitzen wir heutzutage also nicht - aber ich persönlich möchte auch sagen, dass ich eine solche Regelung durchaus befürworte. Vielleicht bin ich noch zu nahe an meiner schwierigen Zeit in der Pubertät dran, aber falls mir sowas in meinem Leben jemals wieder passieren sollte (was ich nicht hundertprotzentig ausschließen kann), wäre ich froh, wenn meine Familie etwas ähnliches durchsetzen würde, damit ich nicht aus meiner temporären Stimmung heraus etwas beschließe, was mich für den Rest meines Lebens derartig prägt - oder gar den Rest meines Lebens gar nicht mehr stattfinden lässt.
Es ist ja auch nicht so, dass man einer Person "einfach so" daran hindern könnte, was immer sie will mit sich selbst zu machen. Speziell was körperliche Modifikationen angeht ist eigentlich beinahe alles erlaubt, was ich mir gerade vorstellen kann (komplett Tättowierung, Piercings in unbegrenzter Menge, Zunge spalten, Implantate irgendwo einsetzen, Ohren anlegen oder auch anspitzen, Geschlechtsumwandlung, mehrere der genannten Dinge auf einmal...). Lediglich die mutwillige Amputation bzw. damit einhergehende Invalidität (und was außer Amputationen dafür sorgt) zieht meines Wissens nach Konsequenzen nach sich, allerdings sind diese auch nicht unbedingt mit Gefängnisstrafen anzusetzen.
Wawa666 hat geschrieben:Was haltet ihr davon, Menschen den Umgang mit dem eigenen Körper nach eigenem Belieben straffrei zu erlauben? Natürlich mit der Vorraussetzung, dass dabei keine anderen Menschen Schaden nehmen. Dabei bedenke ich logischerweise auch "passive" Schäden. Beispielsweise solche, die dadurch entstehen, wenn jemand seinen Körper so schädigen würde, dass er damit Sozialleistungen beanspruchen würde. Es müsste demzufolge auch eine Option geben, für solche Menschen, auf solche Leistungen freiwillig zu verzichten.
Fraglich finde ich sowieso, wer diese passiven Schäden wie deklariert? Angenommen eine Frau bringt sich um weil sie nicht mehr leben möchte, und ihr Mann wird dadurch stark depressiv. So hat ihr Suizid ihm geschadet - hat sie nun niemandem außer sich selbst geschadet oder doch? Noch fragwürdiger wird es, wenn man eine Schwangerschaft und ein ungeborenes Kind mit in die Überlegungen einbezieht, aber auch wenn man einen bereits geborenen Säugling dazunimmt, der dann ohne Mutter und bei einem depressiven Vater aufwachsen müsste, was da in der Theorie für psychische Schäden möglich wären...
Ich selbst finde, dass eigentlich keine unserer Handlungen ohne Konsequenzen für andere bleibt, egal ob die Handlung nur an uns selbst stattfindet oder nicht. Ob allerdings wegen der Konsequenzen, die andere aus unseren Handlungen davon tragen, auch irgendeine Form von "Strafe" nötig wäre ist ein völlig anderes Paar Schuhe.
Die einfache Frage ist, wo beginnt die Selbstbestimmung und wo hört sie auf? Was ist in dieser Selbstbestimmung mitenthalten und wozu ist man fähig? Auch im juristischen Bereich bewegt man sich hier auf gläsernem Boden, da man zwar einige Tatbestände regeln will, aber nicht regeln kann, weil es eben in die Privatsphäre eines Menschen eindringt, die wiederum so stark durch Grundrechte geschützt ist, dass hier ein Eingriff auch mit Vorbehalt nicht möglich ist.
Bei Personen über 18 Jahren sieht die Regelungsdichte schon sehr seicht aus, unter 18 Jahren wird es wiederum für die Eltern interessant, wofür sie zur Haftung gezogen werden dürfen.
Interessant ist auch ein Beispiel von Taline: Die Frau bringt sich aus irgendeinem Grund, der Mann wird schwer depressiv. Was und wer ist genau die Ursache dafür, dass der Mann schwer depressiv ist und kann er sich, abgesehen von der "Krankheit" schadlos halten? Die Person ist mit ihren Rechten und Pflichten untergegangen, das heißt, der Rechtsnachfolger müsste sich um die Erledigung kümmern, was wiederum womöglich beim Mann hängen bleibt. Hier sehen wir dann: Hat sich die Frau selbst umgebracht und über ihren Körper bestimmt, ohne dass andere zu Schaden kommen? Oder muss man hier sagen, dass man von den Schaden absehen muss, da hier die Selbstbestimmung wichtiger ist?
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