Bekommt man Probleme, wenn man auf Demos geht?
Hallo,
ich engagiere mich sehr für Tierschutz und nehme aus diesem Grund auch oft an Demozügen teil oder betreue den Stand unserer Tierrechtsorganisation.
Meine Mutter will mir nun das alles verbieten, weil sie meint, dass ich dadurch im späteren Leben Probleme bekommen könnte. Sie ist überzeugt davon, dass man bei solchen Aktionen beobachtet und in eine Datenbank eingetragen wird, wo man wann teilgenommen hat und was der Hintergrund dieser Demo war, ihrer Meinung nach sogar von der Polizei selber. Wir hatten in Österreich ja auch vor kurzem den Fall, dass 10 Tierschützer in Untersuchungshaft genommen worden sind, ohne dass sie etwas kriminelles getan haben.
Diese Tatsache beunruhigt mich. Bekommen wirklich zukünftige potenzielle Arbeitgeber solche Daten? Oder kann jeder beliebige solche Sachen über mich erfahren? Ich möchte nämlich ungern meine Aktivität für den Tierschutz wegen solcher Sachen einschränken, aber will mir auch nicht unnötige Probleme aufhalsen.
Wieso sollte das Probleme geben?
Es gibt etwas im Gesetz das nennt sich Demonstrationsrecht. Sprich es ist dein gutes Recht zu demonstrieren, so lange es sich natürlich im friedlichen Rahmen bewegt. Es kann dir also, solange du nicht andere gefährdest, niemand verbieten.
Ausserdem befinden sich auf vielen Demonstrationen ja häufig tausende Menschen, diese alle zu protokollieren würde glaube ich die Kapazitäten der Polizei um ein vielfaches übersteigen. Ausserdem schreibst du ja sicher nicht deinen Namen oder deine Addresse auf die Plakate oder?
Von daher wird es da garantiert keine Probleme geben.
Ich halte das auch eher für Paranoia oder vielleicht auch schlicht eine Ausrede deiner Mutter, um dich vom demonstrieren abzuhalten.
Die Tatsache, dass es verboten ist, derartige Daten festzuhalten, heißt natürlich nicht, dass es nicht gemacht wird, siehe andere Fälle. Aber wie mein Vorredner schon sagte, halte ich die organisatorische Umsetzung auch ehre für schwierig. Und grundsätzlich hat jeder ein Demonstrationsrecht. Es kann dir vielleicht durch einen dummen Zufall passieren, dass du auf einem Foto auftauchst, dass dein Chef dann später sieht und deswegen beschließt dich nicht einzustellen. Aber die Chancen dafür gehen gegen Null und sowas muss man glaube ich nicht als generelles Risiko bei Demonstrationen einkalkulieren.
Dass es da eine systematische Erfassung gibt, auf die auch noch jeder normale Bürger beliebig zugreifen kann(was ja für ein solches Szenario nötig wäre, denn wenn dein Chef nicht zufällig bei einem der Geheimdienste arbeitet, die solche Daten wenn überhaupt speichern würden, hätte er ja trotz Vorhandenseins keine Einsicht in diese Daten und nach wie vor keine Informationen über dich.), halte ich für groben Unfug!
Hallo,
also ich kann dich beruhigen, bei friedlichen normalen Demonstrationen wird nichts beobachtet oder aufgenommen in eine Datenbank. Deine Mutter hat das wohl mal im Fernsehen gesehen und bezieht das nun auf alle Demos aber das ist falsch. Es kann wie gesagt höchtens mal vorkommen, das du dich irgendwo auf Demo Fotos mal wiederfindest, aber die haben nichts mit einer Datenbank für Demonstrierende zu tun. Das ist wohl eher ein Fall fürs Amyland.
Warum sollte also auch irgendein späterer Chef mal solche Daten einsehen können? Ware natürlich praktisch und vorteilhaft, wenn du auf Tierdemos gehst und dann im Tierbereich arbeiten möchtest.
Ich selbst war so mit 16/17 politisch recht aktiv. Ging damals auch auf viele Demos. Nahm an einer Mahnwache teil. Und organisierte zum Teil auch Demos. Allerdings alles auf dem friedlichen Wege. Allerdings war ich sicher auch "aktenkundig". Habe auch von Telefonen telefoniert, die durch den Staat abgehört worden sollen sein. Mit der Polizei habe ich mich aber nie direkt angelegt. Ich erinnere mich an eine Demo ( war meine erste) bei der andere unbedingt durch die Bannmeile wollten. Da habe ich auch später Abstand von genommen.
Ich habe in meinem Leben bisher einmal ein polizeiliches Führungszeugnis gebraucht. Da wurde absolut nichts davon aufgezählt.
Mein damaliger Arbeitgeber fand nicht gut was ich da mache. Direkt verboten hat er mir meine Aktivitäten auch nicht. Und solange ich pünktlich zur Arbeit kam und meinen Pflichten nachkam, war das dann doch ok für ihn. Am nächsten Arbeitsplatz waren meine Aktivitäten durch eine Kollegin in der Filiale in der ich war bekannt. Aber ausser ein paar Grundsatzdiskussionen gab es deswegen keinerlei Probleme. Allerdings habe ich mit der Zeit gelernt, das ich meine Meinung nicht Jedem aufs Auge drücken würde. An meinem letzten Arbeitsplatz war man eher ausländerfeindlich eingestellt. Allerdings halt nur so die typischen Stammtischparolen. Da fiel es mir schwer, meinen Mund zu halten. Aber ich habe es sicherlich 10 Monate geschafft. Und auch dann habe ich nur mal versucht zum Denken anzuregen. Immerhin sind Ausländer ja auch nur Menschen wie sie und ich. Kam nicht sonderlich gut an und ich habe auch nicht provokant auf meiner Meinung beharrt.
Lange Rede, kurzer Sinn. Solange du nichts illegales machst, kann dir recht wenig passieren. Ich würde allerdings auch nicht bei einem Vorstellungsgespräch mit meiner Meinung hausieren gehen. Was man in seiner Freizeit tut, geht nur einen selbst was an. Solange es dem Betrieb nicht schadet und man seiner Arbeit nachkommt.
Das ist natürlich schon mal sehr beruhigend. Ich werde diesen Thread auch meiner Mum zeigen, vielleicht gibt sie dann endlich Ruhe. Sie übertreibt in solchen Hinsichten leider ziemlich oft.
Hier in Österreich haben wir leider das Problem, dass Tierschützer von 'oben' kriminalisiert werden, und auch unserer Organisation erheblich geschadet wurde, ohne dass es klare Beweise für mögliche kriminelle Taten gibt. Wie auch, wenn nie welche stattgefunden haben? Deshalb verstehe ich auch die Bedenken meiner Mutter, aber ich denke, solche Sachen treffen eher Leute, die noch aktiver sind als ich, auch wenn ich es ihnen nicht wünsche.
EmskoppEL hat geschrieben:also ich kann dich beruhigen, bei friedlichen normalen Demonstrationen wird nichts beobachtet oder aufgenommen in eine Datenbank.
Dass gar nichts aufgenommen würde stimmt so eher nicht, zumindest bin ich schon mehr als einmal als Jugendliche auf Film und Bild festgehalten worden während (friedlichen!) Demonstrationen. Wir wurden auch schon vor Beginn der eigentlich Demonstration direkt von Bundesbeamten gefilmt. Vor allem lässt sich vorher ja auch einfach nicht bestimmen, ob eine Demo friedlich bleiben wird oder nicht, man kann höchstens versuchen, das Gewaltpotenzial einzuschätzen (und entsprechend werden dort dann auch eine bestimmte Zahl Bundesbeamter hingeschickt um Demonstranten/Gegendemonstranten zu schützen).
Inwieweit diese Videos und das Bildmaterial dann aber wieder ausgewertet werden ist eine völlig andere Geschichte. Erstmal wäre es für die Beamten sowieso schwierig genug, den Namen oder andere, sensible Daten die eine Zuordnung des Gesichts ermöglichen, zu bekommen. In CSI und ähnlichen Fernsehserien angewandte Techniken der Gesichtserkennung wo Überwachungskamerabilder mit biometrischen Daten aus Pässen abgeglichen werden gibt's dann so ja doch nicht.
Aber vor allem: Selbst wenn es Daten über Demonstranten geben würde, dann wären diese nicht einfach mal so zugänglich, vor allem nicht für potenzielle Arbeitgeber. Davor musst du also wirklich keine Angst haben.
Man munkelt allerdings (in Deutschland) nach wie vor, dass es beim Verfassungsschütz Datensätze über gewaltbereite Demonstranten für politisch extrem (rechts wie links) motivierte Bürger geben würde - ob da wirklich was dran ist, oder genauer gesagt ob es sich wirklich um bloße Erfassung von Demonstrationsteilnahmen handelt und diese Personen nicht eher durch ganz andere Straftaten auf einer solchen Liste gelandet sind, wage ich mal zu bezweifeln.
In Österreich klafft die Gesellschaft entzwei, sobald es um Tierschutzorganisationen geht, da hier etliche Vereine bereits wegen illegalen Aktivitäten angezeigt worden sind. Doch die Aussage, dass in Österreich die Tierschützer von oben kriminalisiert werden, ist ein vollkommener Topfen. Ich habe selbst an etlichen Fällen mitgewirkt, wo wir sogar kriminelle Taten in diversen inländischen Firmengebieten feststellen konnten, also stimmt mal die Aussage, dass alle Tierschutzvereine unschuldig sind, gar nicht. Meiner Meinung nach geht es hier in diesem Thema nicht nur darum, ob man Probleme bekommt, wenn man bei Demonstrationen aktiv mitwirkt, sondern auch darum, ob die (ehrenamtliche) Arbeit geschätzt wird oder eher ungern gesehen wird.
Dass du schon allein deswegen, weil demonstrierst, Probleme bekommst, ist nur dann möglich, wenn die Demonstration einerseits nicht geplant und angemeldet wurde, andererseits wenn es zu Auseinandersetzungen kommt bzw die Rahmenbedingungen für die Demonstration gesprengt werden, sei es dadurch, dass die öffentliche Ruhe und Sicherheit gefährdet wird oder zum Beispiel gegen das Vermummungsverbot verstoßen wird. Im Grunde genommen sind es einzelne sehr wichtige wenige Punkte, die man beachten muss, ohne die man nicht auskommt.
Allerdings stecken dahinter etliche organisatorische Feinheiten, unter anderem auch Listen, wie Taline angesprochen hat. Diese liegen "laut Gerüchten" etlichen Behörden vor, da man durch das Ansammeln von wenigen Stichproben auf genügend Datensätze kommt, auf die man immer wieder zurückgreifen kann, sobald sich etwas anbahnt. In diesen Datensätzen zu erscheinen heißt allerdings noch nicht, dass man kriminell ist oder gar geahndet werden kann, es geht viel darum, sektorenabhängige Kategorisierungen herzustellen mit konkreten und wichtigen Namen.
Es wurde in einem Beitrag erwähnt, dass die Tatsache verboten ist, derartige Daten festzuhalten. Welche Behörde oder Institution darf aufgrund welcher Gesetzeslage welche Daten aus welchem Grund nicht festhalten? Wenn hier nun jemand auf die Idee kommt, Datenschutz zu nennen - nationale Sicherheit geht deutlich vor, wonach zwar ein verfassungsimmanenter Schranken entsteht, allerdings aufgrund gewissen Staatszielbestimmungen auf andere Bereiche verzichtet werden muss, zumal eine reine stichprobenartige Befragung durch die Polizei nicht unbedingt gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen verstoßen muss, zumal sie intelligent fragen könnten und die Ergebnisse ja nur internen Sicherheitszwecken dienen, also nicht an die Öffentlichkeit gelangen.
Somit müsstest du dir eigentlich nur Gedanken darüber machen, dass du womöglich auf irgendwelchen Fotos erscheinst oder gar im Fernsehen in einem kurzen Videoausschnitt gezeigt wirst, wo zeitgleich dein potenzieller Arbeitnehmer zusieht. Allerdings würde ich nicht in jedem Lebenslauf erwähnen, dass du hier und da mitgewirkt hast, denn nicht jede ehrenamtliche Tätigkeit beziehungsweise Vereinstätigkeit wird positiv gewertet, falls kein direkter Zusammenhang zur Arbeit vorhanden ist, würde ich dies einfach weglassen, auch beim Bewerbungsgespräch nicht darauf eingehenm denn hier kann es sehr leicht sein, dass der Schuss nach hinten losgeht und du von deinen erwünschen Vorteilen diverse Nachteile erleidest, was ich dir nicht wünsche. Sofern es nicht deine Aufklärungspflichten gegenüber dem Arbeitgeber verletzt, braucht es ihn nicht zu interessieren, wo du in deiner Freizeit bist, was du genau machst, ob du dich für Tiere einsetzt oder an irgendwelchen Demonstrationen beteiligt bist.
Demokratie und Demonstrationen lassen sich zwar kaum trennen, allerdings finde ich die Tatsache etwas schockierend, dass einige Leute direkt Vorurteile gegenüber Demonstrationen haben. Hier geht es weder um eine Revolte, noch um Revolutionsgedanken, sondern vielmehr darum, die Meinung kundzutun und etwas bestimmtes zu bewecken, unabhängig davon, ob man dies auch mit einer Demonstration erreichen kann. Auf jeden Fall ist es eine einfache und kostensparende Form die Medien auf sich aufmerksam zu machen.
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