Staatsanwaltschaft bei eBay abgemahnt wegen Versteigerung
Wie schwer es ist, vernünftige Auktionsbeschreibungen bei eBay einzustellen, durfte die Justiz jetzt einmal am eigenen Leibe erfahren, auch wenn sie sonst immer schnell dabei sind, Abmahnanwälten recht zu geben – denn die Staatsanwaltschaft Magdeburg versuchte ihren Etat damit aufzubessern, indem sie beschlagnahmte Ware bei eBay versteigern wollte. Das ist an sich nichts verwerfliches und gängige Praxis, und ob nun digital oder analog, da auch in anderen Bereichen bei sogenannten Polizeiauktionen Konfisziertes unter den Hammer kommt und so die Arbeit der Polizei besser finanziert werden kann, ist eigentlich egal – eigentlich, denn selbst die Staatsanwaltschaft und ihre Juristen waren unfähig, einen korrektes, unanfechtbares und einwandfreies Angebot bei eBay einzustellen.
Ein Problem, mit dem viele Händler bisher bei eBay zu kämpfen haben und sich teilweise gegenseitig deswegen mit Abmahnungen das Leben schwer machen.
So sollten Besitztümer von kriminellen, welche teure Schmuckstücke und andere edle Dinge mit Geld aus kriminellen Geschäften erworben haben versteigert werden, samt Wertgutachten. Bis dato auch nichts verwerfliches – doch jetzt die alte Crux, die erfahrenen eBayern schon lange bekannt ist: Die Staatsanwaltschaft nutzte einfach den Mustertext der Widerrufsbelehrung, der vom Bundesjustizministerium für gewerbliche und nicht private Händler herausgegeben wurde – die gleiche Widerrufsbelehrung, die zwar im Anhang des Gesetzes ist, aber die schon von mehreren Gerichten als rechtswidrig eingestuft wurde und die schon einige Händler teuer bezahlen mussten. Denn aufgrund der Ungültigkeit dieser hat sich schon so manche Kanzlei gut über Wasser halten können, indem sie gezielt auf Mandantenwunsch gegen solche Händler vorging – bisher entschied jedes Gericht, zu Recht, gegen diejenigen, die die Widerrufsbelehrung des Justizministeriums nutzten.
Ohne diesen Fakt zu beachten, stellte die Staatsanwaltschaft zwar perfekte Auktionen auf die Beine, aber nutzte ohne größere Bedenken die Widerrufsbelehrung, die schon oft anderen zum Verhängnis wurde, da die IEBA (International E-Business Association) schon lange gegen diese falsche Widerrufsbelehrung sowie die Gesetze, die die oft unverhältnismäßigen Abmahnungen rechtfertigen zu Felde zieht und eine Revision der teilweise überkomplizierten Gesetze fordert, die Online Händler das Leben schwer machen.
Dass Justizia selber auf die Falle hereinfällt, wegen der andere schon dutzendfach innerhalb kurzer Zeit vor Gericht landeten, ist dabei natürlich sehr erfreulich für die IEBA, da man nun den „Schuldigen“ ihren eigenen Tobak schmecken ließ:
Die IEBA faxte am 19. September eine Abmahnung an die Staatsanwaltschaft Magdeburg mit dem Hinweis, dass
- eine Widerrufsfrist von 2 Wochen unzulänglich ist, da die Rechtssprechung 4 Wochen vorsieht und
- die Staatsanwaltschaft erklärte, dass die Widerrufsfrist frühestens ab der Belehrung beginne, aber zig Gerichte schon entschieden, dass dies nicht der laut Gesetz geforderten Textform entspräche und zumindest per eMail versendet werden muss.
Beides 2 Dinge, die anderen Online Händlern schon des öfteren zum Verhängnis wurden.
Auf die Abmahnung reagierte die Staatsanwaltschaft jedoch einmal prompt – ein Teil des Textes wurde sofort abgeändert, 2 Tage später wurde die Widerrufsbelehrung komplett gegen eine vollkommen neu formulierte ausgetauscht, die rechtlich zulässig ist und von der Fachabteilung des Ministeriums geprüft wurde.
Bevor die Frist ablief, nach der die Staatsanwaltschaft eine Unterlassungserklärung unterzeichnen musste, faxte diese der IEBA einen ziemlich geknickten Brief zu, der zugab, dass man sich auf den Mustertext des Justizministeriums berufen habe, „ohne die Besonderheiten des Fernabsatzes über Ebay zu berücksichtigen“. Man bitte um Verständnis für diesen Fehler seitens der IEBA, da es sich um ein erstmaliges Versehen handelte und man „konnte hierbei auf keinerlei Erfahrungen zurückgreifen und musste sich bisher mit verbraucherschützenden Normen in der Verwertung nicht auseinandersetzen." – also im Grunde die gleiche Erklärung, die schon zig Händler vor Gericht anführten und gegenüber abmahnwütigen Anwälten und die großzügig ignoriert wurde. "Wenn ich mich als Online-Händler am Muster-Text des Justizministerium orientiere, bin ich ganz schnell dran, kriege eine Abmahnung und muss zahlen. Da interessiert niemanden, ob man neu im Geschäft ist.", so Jens Krumbeck, Vorsitzender der IEBA.
Der IEBA ist trotzdem damit zufrieden, man wollte schließlich nicht wie andere aus Geldmacherei klagen, sondern aus Protest gegen dieses Gesetz und diesen Mustertext, dieser Fall habe letztendlich gezeigt, „dass der Gesetzgeber kleinen Händlern ein Regelungs-Konvolut zumutet, an dem sogar eine Staatsanwaltschaft mit ihrem Heer an Juristen scheitert.“, so Michael Hermann, Anwalt der IEBA. Bei einem normalen Anwaltsschreiben, so die IEBA, hätte die Staatsanwaltschaft schnell mit einer Kostennote von 500 bis 1.500 Euro rechnen können samt Unterlassungserklärung – ein mittlerweile fast schon übliches Schreiben in dieser Höhe von Anwälten, die im Auftrag ihrer Mandanten handeln.
Solche Gerichtsverfahren sind in Deutschland ein Roulette-Spiel (siehe Kasten unten). Der IEBA-Vorsitzende Krumbeck: "Die Gerichte urteilen so unterschiedlich, dass sich das immer noch lohnt. Wir hören bei IEBA fast täglich von neuen Abmahnungen.". Und genau das kritisiert die IEBA, so wie viele andere, denn mittlerweile ermögliche die gängige Gesetzeslage Anwaltskanzleien wieder ein blühendes Geschäft – eine einfache Rechnung: Wenn ein Anwalt 200 Leute abmahnt und ihnen eine Kostennote von 700 – 800 Euro (im Schnitt) zusendet, liegt der Umsatz dieses Anwaltes höher als der von einigen Online Händlern im ganzen Jahr. Und dabei muss man bedenken, dass eine Abmahnung samt Kostennote schnell geschrieben sein kann und 200 Abmahnungen in einem Monat durchaus von einer gut eingespielten Kanzlei „erwirtschaftet“ werden können.
Neben dieser Abmahnpraxis, mit der sich viele fast ausschließlich zu finanzieren scheinen, kritisiert der IEBA auch das Bundesjutizministerium, dass dies zig Händler mit dem falschen Widerrufstext zusätzlich in die „Abmahnfalle“, die noch andere „Trümpfe“ hat, tappen lässt, keine Aufklärung leistet und den Text nicht einmal im Ansatz abändert und diesen noch verteidigt, obwohl allein in diesem Jahr knapp 1.600 Selbstständige im Internet eine Petition einreichten, nur um diesen einen Missstand zu beheben, ohne von den anderen zu sprechen.
Nachdem aber Justizia selber einmal das Messer am Hals hatte, sieht man da endlich einmal Handlungsbedarf – eine Überarbeitung des Textes soll erfolgen, solange müssen alle anderen noch warten.
Achso:
Der Schmuck, der Stein dieses Anstoßes, der im Internet teuer verkauft werden sollte, ging dann weit unter dem Wertgutachten weg – man könnte fast sagen: Außer Spesen nix gewesen .
Daß der Staatsanwaltschaft solche Fehler unterlaufen, finde ich toll. Da haben sich die Justitiare in Magdeburg wohl auf die faule Haut gelegt und den entsprechenden Gesetztestext der Widerrufsbelehrung genommen, ohne sich vorher mal die Mühe zu machen, aktuelle Gerichtsurteile zu diesem Fall zu studieren. Das ist mal wieder typisch Behörde.
Aber grundsätzlich finde ich die ganze Sache mit Abmahnungen eine riesengroße Schweinerei. Da gibt es Anwälte, die den ganzen lieben langen Tag nichts anderes zu tun haben, als das Internet nach diesen Schwachpunkten abzugrasen, um dann schön saftige Abmahnungen rauszuschicken. Auf gut Deutsch, diese Jungs leben von Nichts! Denn was tun sie schon? Ziehen Händlern, die es nicht besser wissen und sich auf die Gesetzestexte verlassen, das Geld mit Abmahnungen aus der Tasche. Und verdienen dabei gar nicht mal so schlecht. Während die abgemahnten Händler erstmal die Kosten für die Abmahnung wieder reinholen müssen. Dieses System ist dermaßen ungerecht. Aber solange sich noch immer irgendein Schlupfwinkel finden läßt, sind die Anwälte die ersten, um abzusahnen...
Ich habe diese Versteigerungen auch sehr interessiert verfolgt, da ich in Sachsen-Anhalt lebe. Diese ganze Geschichte hat nämlich in der regionalen Tagespresse viel Staub aufgewirbelt.
Natürlich habe auch ich die Angebote mal angeschaut und war auf den ersten Blick erstaunt, wie einfach gestaltet diese ganze Geschichte war. Mal ehrlich, die Auktionstexte sahen für mich aus, wie von Laien gestaltet. Ich könnte mir gut vorstellen, dass irgendein IT-Angestellter diesen Angebot erstellt hat.
Absolut gerechtfertigt finde ich daher auch die Abmahnung, die von der IEBA kam. Bleibt zu hoffen, dass die Gesetzgeber nun etwas weniger regelungswütig sind.
Was den Spott über den Magdeburger Versuch angeht, da kann ich nicht zustimmen. Ich finde den Versuch, konfiszierte Gegenstände einmal auf anderen Wegen zu versteigern sehr mutig. Auch wenn sich hier und da noch Stolpersteine zeigten.
Und außer Spesen wurde ja sehr wohl noch Gewinn gemacht, da diese Abmahnung ja nicht mit einer Kostennote verbunden war. Die versteigerten Gegenstände wurden ja auch nicht erst für viel Geld gekauft, um dann wieder verkauft zu werden. Auch auf anderen Versteigerungen werden sicher nicht die von den Gutachtern geschätzten Preise erzielt!
Wie gesagt, ich finde diesen Schritt eine mutige, wenn auch verbesserungswürdige Aktion.
Das skandalöse an dem Fall ist doch eigentlich die Tatsache dass das Justizministerium immernoch diesen Mustertext anbietet und damit die Händler massenweise ins offene Messer laufen lässt! Wie soll ich denn bitte als Händler ahnen, dass ausgerechnet der Mustertext des Justizministeriums absolut komplett falsch ist und mir damit nahezu garantiert früher oder später die erste Abmahnung ins Haus flattert!?
Und das schlimmste daran ist eigentlich, dass dieser Mustertext von den Zuständigen im Justizministerium immernoch als gut und zutreffend verteidigt wird, obwohl schon seit Monaten klar ist, dass das ganze Ding totaler Müll ist der der Gesetzeslage überhauptnicht entspricht.
Meiner Meinung nach hätte die IEBA die Staatsanwaltschaft Magdeburg eigentlich aus Prinzip vor den Kadie schleifen sollen (aber letztenendes hätte die Strafe dann ja eh wieder der Steuerzahler bezahlt... ).
Man kann auf jeden Fall nur hoffen, dass man an den verantwortlichen Stellen jetzt endlich mal aufwacht, mindestens den Mustertext ändert und besser noch gleich das ganze Gesetz noch einmal überarbeitet.
MfG
Phantomlord
struppi66 hat geschrieben:Aber grundsätzlich finde ich die ganze Sache mit Abmahnungen eine riesengroße Schweinerei. Da gibt es Anwälte, die den ganzen lieben langen Tag nichts anderes zu tun haben, als das Internet nach diesen Schwachpunkten abzugrasen, um dann schön saftige Abmahnungen rauszuschicken. Auf gut Deutsch, diese Jungs leben von Nichts! Denn was tun sie schon? Ziehen Händlern, die es nicht besser wissen und sich auf die Gesetzestexte verlassen, das Geld mit Abmahnungen aus der Tasche.
So blöd wie es klingt - eigentlich ist dieses Vorgehen zu begrüßen um andere Verbraucher zu schützen und vor möglichen Gefahren oder unseriösen Gebaren zu bewahren.
Wie gesagt: Der größte Skandal ist dabei nicht das Abmahnen, sondern das Vorgehen des Justizministeriums, das wider richtiges Wissen handelt und so, wie erwähnt, eben andere ins Messer laufen lässt, denn nicht jeder Händler kann sich eine Rechtsabteilung leisten, vor allem, wenn er noch neu im Geschäft ist.
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