Kennenlernen: Erster Chat und sie hat LRS - Wie verhalten?

vom 16.02.2009, 00:01 Uhr

Derzeit habe ich folgendes Problemchen: Ich habe morgen vor mit einem Mädchen zu chatten und habe heute erfahren, dass sie unter einer Lese- und Rechtschreibschwäche leidet. Irgendwie weiß ich damit momentan nicht umzugehen. Habe nun keine Ahnung, wie ich reagieren soll.

Für mich kommen da zwei Varianten in Frage: Ich könnte es gar nicht erwähnen und gebe ihr damit vielleicht eher das Gefühl normal zu sein. Viele mit diversen Krankheiten und Schwächen wollen ja darauf nicht gern angesprochen werden und sind froh, wenn das jemand ignoriert. Als zweite Variante käme für mich in Frage ihr klar und deutlich zu sagen, dass ich kein Problem damit habe und sie sich nicht schämen oder Angst haben muss.

Habe schon aus gewissen Quellen erfahren, dass sie sich da auch total bemüht möglichst fehlerfrei zu schreiben, hat sich auch in der Schule schon stark verbessert usw. Da habe ich ganz großen Respekt vor. Gibt ja auch genug, die diese Krankheit als Ausrede für ihre Trägheit benutzten. Heutzutage kann man das ja selbst in schwierigen Fällen stark eindämmen oder sogar entgütig loswerden. Aber das erfordert natürlich einen einsernen Willen. Den scheint sie ja zu haben.

Könnte mir irgendwie gut vorstellen, dass gerade im Internet einige nicht so verständnisvoll sind bzw. oft auch gar nicht wissen, dass es sich bei ihr um diese Schwäche handelt und was das überhaupt ist. Vielleicht wäre es also ganz sinnvoll beim Chatten ihr direkt eventuelle Ängste zu nehmen, oder?

Beide Varianten haben so ihre Vor- und Nachteile und letztendlich ist das auch eine Typfrage. Da ich sie ja nicht kenne, kann ich das also nicht einschätzen. Ich kann nur "raten", was besser ist. Ich würde gerne wissen für welche der beiden Möglichkeiten ihr euch entscheiden würdet und warum. Freue mich auf eure Antworten und Vorschläge.

Benutzeravatar

» Tidus9 » Beiträge: 275 » Talkpoints: 2,59 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Na, ja das als richtige Krankheit einzustufen, das finde ich etwas übertrieben. Heute hat angeblich jedes zweite Kind eine Lese-Rechtschreibschwäche, in Wirklichkeit haben die aber einfach nie richtig lesen und schreiben gelernt, weil die Eltern sich nicht richtig darum gekümmert haben und geübt haben.

Aber meinte wegen, wenn es so ist, dann ist es nichts, was sich im Alltag bemerkbar macht. Somit finde ich, dass du dir da zu viele Gedanken machst. Wenn sie jetzt eine Behinderung hätte, dann kann man drüber nachdenken, ob man das ansprechen sollte, statt es tot zu schweigen, aber doch nicht, weil jemand zu wenig liest.

Meine Eltern habe sich da auch nicht darum gekümmert und ich konnte bis zur sechsten Klasse nicht fließend lesen. Dann habe ich im Zeitalter des Internets so viel gelesen, als ich online war und habe in der Schulde endlich mal die Grammatik richtig erklärt bekommen und schon war ich „geheilt“.

» Naffi » Beiträge: 948 » Talkpoints: -1,22 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Ich kann nichts hundertprozentig sagen, aber die Informationen, die ich habe, besagen, dass sie definitiv schon immer diese Lese- und Rechtschreibschwäche hat. Das hat nichts damit zu tun, dass ihre Lehrer nicht in der Lage waren ihr Deutsch beizubringen, sie dazu zu faul oder zu blöd war. Und in der Grundschule eine 5 in Deutsch zu haben, ist schon heftig. Da muss man schon enorm viele Fehler machen. Im Übrigen haben sich ihre Eltern mit Sicherheit darum gekümmert, sonst könnte sie jetzt nicht in Deutsch auf zwei stehen. Da muss schon was passiert sein. Klar, Hauptschulniveau dürfte jetzt nicht überragend sein, aber schon einmal niveauvoller als Grundschule, wo sie die 5 hatte.

Ich bezweifle, dass das mit "nicht richtig können begründbar ist". Schon gar nicht mit "zu wenig Lesen". Davon bekommt man doch keine Lese- und Rechtschreibschwäche. Ich habe als Kind auch nie gelesen und heute bin ich immer noch keine Bücherratte. Ich lese auch nur im Netz den ein oder anderen längeren Text, aber das war’s dann auch. Scheint nicht geschadet zu haben, denn ich habe schon an der FAZ mitgeschrieben und bei einem Autorenwettbewerb den 1. Preis gewonnen. Das ging auch ohne Bücher.

Dann zu dem sich im Alltag bemerkbar machen: Ich gebe dir da natürlich grundsätzlich recht, aber wenn du genau gelesen hast, treffe ich sie das allererste Mal und eben nicht im Alltag, sondern im Chat. Da funktioniert die Kommunikation nun einmal nur über das Schriftbild. Da ist lesen und schreiben das Einzige, was zwischen uns vermittelt.

Benutzeravatar

» Tidus9 » Beiträge: 275 » Talkpoints: 2,59 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Hallo!

Ich würde mir an deiner Stelle gar nicht so viele Gedanken machen. Damit machst du dich schon vor eurer Verabredung verrückt. Lass es einfach auf dich zukommen.

Ich würde sie erstmal nicht auf ihre Lese- und Rechtschreibschwäche ansprechen. Da ich finde, dass es gar nicht so ein großes Thema ist, über das man nun unbedingt reden müsste. Warte doch einfach ab, ob sie das Thema anspricht. Dann kannst du dich ja auch dazu äußern. Ansonsten würde ich da erstmal nichts sagen und vielleicht etwas ansprechen, was ihr unangenehm ist.

Sicher habt ihr genug andere Themen über die ihr reden könnt. Es scheint ja euer erstes Treffen zu sein, da hat man doch sowieso ganz viel zu erzählen und möchte noch alles mögliche über den anderen erfahren. Vielleicht wäre es ihr auch sehr peinlich, wenn du sie direkt darauf ansprechen würdest.

Benutzeravatar

» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge



LRS ist eine Krankheit und hat nichts mit Vernachlässigung durch die Eltern, Minderbegabung oder ähnlichem zu tun. Es handelt sich dabei um eine Störung beim Erwerb der Schriftsprache, also nichts mit Lesen oder Sprechen.

Tidus, wie geht denn das Mädchen damit um? Nur mal ein Beispiel: Einer meiner Bekannten hat mit sehr guten Ergebnissen ein Studium trotz LRS absolviert. Der geht mit diesem Handicap ganz offensiv um. Ich weiß, wenn er neue Bekanntschaften macht und im Verlauf mit diesen chattet, dann weist er die gleich darauf hin, dass er eben mit der Schriftsprache so seine Probleme hat. Das ist natürlich der Optimalfall.

Ansonsten würde ich wohl das Thema ansprechen und nachfragen, ob die Gerüchte über sie stimmen. Wenn ja, dann ist das ja ein guter Zeitpunkt um der Frau (dem Mädchen) zu sagen, dass es Dich nicht stört. Wenn an den Gerüchten nichts dran ist, dann ist das auch ein Einstieg ins Gespräch :wink:

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Danke für eure Tipps.

@JotJot: Wie das Mädchen damit umgeht, kann ich dir nicht genau sagen, da ich ja, wie ich schrieb, sie einfach nicht kenne. Allerdings habe ich ja schon gehört, dass sie wohl schon große Fortschritte gemacht hat und deshalb denke ich, dass sie damit klarkommt. Fraglich ist natürlich, ob sie nicht doch den schriftlichen Kontakt mit anderen Menschen so gut es geht, meidet. Auch wenn man es vorher sagt, kann ich mir vorstellen, dass es einige geben wird, die sie dann nicht ernst nehmen.

Den Vorschlag, wie man in das Thema einsteigen könnte, finde ich sehr clever und das werde ich dann wohl auch so machen. Das hat was.

Möchte allerdings ein paar Aussagen richtigstellen, die ich für nicht ganz korrekt halte. Habe mich gestern ein bisschen informiert, was LRS eigentlich bedeutet und wie man das behandeln kann usw. Da konnte ich schon viele interessante Dinge erfahren:

LRS ist nicht angeboren. Ich denke, dass du LRS mit Legasthenie verwechselst. Zweiteres ist nämlich genetisch bedingt und die Lese- und Rechtschreibschwäche wird dagegen durch familiäre, psychische und/oder physische Ursachen hervorgerufen. Außerdem kann es in der Tat mit einer Minderbegabung zusammenhängen oder sogar mit den Unterrichtsmethoden der Lehrer. Die Gründe sind im Gegensatz zur Legasthenie bei der LRS sehr vielseitig.

Das nur so zur Aufklärung. Wer sich noch einmal selbst vergewissern oder vielleicht noch mehr darüber erfahren möchte, kann alles hier nachlesen: Klick

Benutzeravatar

» Tidus9 » Beiträge: 275 » Talkpoints: 2,59 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ich weiß im Moment garnicht, weshalb aus der Lese-Rechtschreib-Schwäche so eine große Sache gemacht wird? Wen einer schlechte Augen hat, dann wird derjenige doch auch nicht ausgegrenzt, zumindest, wenn es ein Erwachsener ist. Und viel anders wird sich die LRS ja auch nicht kenntlich machen.

Solange der- oder diejenige davon Betroffene sich in irgendeiner Form verständigen kann, ist doch alles in Ordnung. So eine wilde Sache ist das doch wahrlich nicht.

» Rockefeller » Beiträge: 127 » Talkpoints: 19,66 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Wenn auch später als geplant, hat der Chat nun stattgefunden und einige interessiert vielleicht, wie es denn nun gelaufen ist.

Ich habe sie, wie JotJot es mir geraten hat, direkt darauf angesprochen und gefragt ob es stimmt. Natürlich habe ich das recht schnell gemerkt, da sie zum einen extrem langsam schreibt und anfangs auch trotzdem die Hälfte falsch geschrieben hat. Aber später ging es eigentlich. Eigentlich erstaunlich, wie man total verunstaltete Worte trotzdem lesen kann ohne irgendwelche Schwierigkeiten dabei zu haben. Aber ich glaube, dass es auch so ist wenn man beim Buch jedes zweite Wort überliest. Da versteht man den Sinn meist trotzdem noch einwandfrei.

Übrigens habe ich auch nachgefragt, was sie denn nun eigentlich hat: LRS oder Legasthenie und die LRS war schon richtig. Das heißt also, dass es aus verschiedensten Gründen aufgetreten ist. Welche das sind, weiß sie selbst nicht, da man keine Tests mit ihr durchgeführt hat. Da frage ich mich schon ernsthaft, ob sich die Eltern da wirklich genug gekümmert haben. Man sollte das nicht einfach ignorieren. Wenn man sich das vor Augen hält, ist es wirklich ein Wunder, dass sie diese großen Fortschritte gemacht hat.

Nun ja, so weit erst einmal die erfreulichen Dinge. Es wurde ja mehrfach gesagt, dass diese Sache keinen Belang hat - das war dann doch anders. Ich chatte ja nun nicht zum ersten Mal und habe deutlich gemerkt, dass es schwer ist in den "Redefluss" zu kommen. Wenn man jetzt einmal von der Schreibgeschwindigkeit absieht, die eigentlich noch sehr erträglich ist, sind sehr kurze Sätze ein Problem. Ich finde auch beim Chatten sollte man ab und an mal 2-3 zusammenhängende Sätze schreiben. Doch wer so große Schwierigkeiten beim Schreiben hat, wird natürlich alles so knapp wie möglich formulieren.

Also ein bisschen anstrengend ist es schon beim Chatten, doch das hat auch anderweitige Gründe.

Benutzeravatar

» Tidus9 » Beiträge: 275 » Talkpoints: 2,59 » Auszeichnung für 100 Beiträge


@Tiduss, ich habe noch mal bei meinem Bekannten nachgefragt, der sagt zwar immer er hätte LRS, es handelt sich tatsächlich um Legastenie. :oops: Der Sohn guter Freunde dagegen hat tatsächlich LRS und wenn man die äußeren Umstände betrachtet, sind tatsächlich einige Unterschiede zu erkennen.

Mit dem Wissen um diesen Unterschied kann ich mir gut vorstellen, dass ein Chat mit einem solchen Gegenüber schon etwas mühselig ist.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^