Mobbing in der Ausbildung

vom 14.02.2009, 04:13 Uhr

Habt ihr so etwas schon erlebt, davon gehört oder anderweitige Erfahrungen damit gemacht? Ich habe es leider erlebt und das ist echt eine Erfahrung, die ich nicht unbedingt als Bereicherung bezeichnen würde, auch wenn mir das so schnell nicht wieder passieren kann.

Das war so: Im August 2008 habe ich eine Ausbildung zum Bankkaufmann gemacht. Welche ist uninteressant, aber keine kleine Allerweltsbank, sondern eine sehr große Bank in Berlin mit massenhaft Kunden und Filialen. Damit wäre für alle Berliner schon einmal geklärt von welcher ich spreche. ;D Nun ja, jedenfalls war der Bankkaufmann seit der 3. Klasse mein absoluter Traumberuf. Daran hat sich auch nach einem Praktikum in der Bank nichts geändert. So bin ich dann Mitte August voller Elan in die Ausbildung hineingegangen und habe mich recht schnell mit den ganzen neuen Dingen vertraut gemacht.

Ich war auch einer von den wenigen, die lieber zur Arbeit als zur Schule gegangen sind. Natürlich gehörte ich in der Schule trotzdem nicht zu den schlechten, auch nicht die Elite aber eben die bessere Hälfte. Mich haben die Fächer ja auch alle interessiert, nicht wie früher Bio, Physik oder Geschichte, wo man sich dann immer dachte: „Wer braucht den Müll für später? Ich jedenfalls nicht.“

Aber erstmal ganz von vorn: Die ersten Tage waren so klasse, ich war absolut begeistert von meinen Kollegen und der Filiale. Wir waren zu der Zeit Platz 1 von unserem Vertriebsbereich und da ich ein Mensch bin der total erfolg sortiert ist, dachte ich: „Das hier ist dein Platz!“ Dann kam das erste Gespräch mit meinem Teamleiter. Er schien auch recht interessiert zu sein und begeistert von meinen Plänen später einmal Filialleiter werden zu wollen.

Einen Monat war ich neben meiner Freundin auch total in meinen Job verknallt. *g* Aber dann kam das erste Gespräch mit meinem Teamleiter. Es hagelte nur Kritik, alles oft Kleinigkeiten. Gut, irgendwie war das Gespräch nicht gerade motivierend, aber ich bin ein Kämpfer und habe das weggesteckt. Danach waren nämlich erstmal zwei Wochen Schule. Als ich wiederkam, habe ich mich mental sehr gut vorbereitet. Da man mir die Kritikpunkte aufgeschrieben und kopiert hatte, habe ich diese alle am Abend vorher noch einmal verinnerlicht und vom ersten Tag an alles versucht zu ändern.

Übrigens waren das nicht 2-3 Punkte sondern 3 Seiten Kritik, also schon eine ganze Wand, die da auf mich zukam. Größtenteils hatte ich die Sache auch vom ersten Tag an im Griff. Ich war von mir selbst überrascht und mit der Entwicklung zufrieden. Zu der Zeit war mein Teamleiter im Urlaub und mein Filialleiter hat mir nach 3 Tagen (!!) nachdem ich wieder dort war gesagt: „Wenn Sie so weitermachen, bestehen Sie die Probezeit nicht.“ Da bin ich erstmal kreidebleich geworden und konnte gar nichts mehr sagen. Damit hatte ich nicht gerechnet. Ich war total verzweifelt.

Bin dann übers Wochenende erstmal bei meinen Eltern gewesen und habe mich mental wieder gestärkt. Dann habe ich noch mal richtig Gas gegeben und meinen Einsatz gezeigt. Bin jeden morgen als erster oder als zweiter dort gewesen und die Arbeit war erledigt bevor viele überhaupt „Guten Morgen“ gesagt hatten. Außerdem habe ich mich, wie eigentlich schon von den ersten Wochen an, im Ideenmangement engagiert. Dort reicht man Ideen ein, wie man bestimmte Dinge optimieren könnte. Ich bin sehr kritisch, aber auch kreativ. Dementsprechend hatte ich in 3 Monaten 5 Vorschläge eingereicht. Die große Masse der Mitarbeiter hat das in 10-20 Jahren noch nie getan, von einem Azubi ganz zu schweigen. Dann habe ich mir selbst Werbemethoden überlegt, wie wir die Kunden zu uns holen können, habe für die Kollegen telefonisch eingeladen und denen damit viel Arbeit abgenommen, sodass sie Zeit für die Kunden Vorort hatten.

Zum Verständnis: Diese Nachricht von dem Filialleiter kam an einem Donnerstag und am darauffolgenden Montag war ein Seminar in der Ausbildungsabteilung. Da habe ich mit meinem Ausbilder direkt darüber gesprochen. Die haben vereinbart, dass ich mich in eine kommende Kampagne reinknie und zeige, dass das der richtige Beruf für mich ist. Das habe ich getan, jedenfalls so gut es ging. Wir sollten Online-Banking anbieten. Das war schwierig, weil die Kunden alles andere als aufgeschlossen waren für dieses Thema. Ich glaube, da wäre die Aufgabe Immobilienfinanzierungen ab 100.000 Euro anzubieten fast leichter gewesen. Aber mal im Ernst: Ich habe nicht aufgegeben und auch ein paar Verträge abschließen können. Laut meiner Ausbilderin war das aber gar nicht nötig, hauptsache ich spreche die Kunden an und bin nett und höflich. Alles das habe ich getan und da wir Strichliste führen mussten, hatte ich es quasi „blau auf weiß“.

In der Zwischenzeit hatte ich mich auch mit einer Auszubildenden in Verbindung gesetzt, die dort schon gearbeitet hat und gewechselt ist. Warum wollte mir niemand verraten. Letztendlich habe ich nachvollziehen können warum: Es war sexuelle Belästigung durch drei Mitarbeiter zu denen auch die beiden Leiter gehörten. Ich konnte nicht verstehen, weshalb die noch in der Position arbeiten durften. Echt schade, dass sie keine Anzeige erstattet hat. Es hätte mir Probleme erspart.

Sie war auch am Ende ein guter Leistungsvergleich. Sie gehörte nämlich zu den sehr guten und auch sehr engagierten Auszubildenden. Sogar in meiner Filiale hatte sie in der ersten Beurteilung 18 von 21 Punkten. Nun haben die Azubis immer nach den ersten 4 Monaten eine Kampagne, die ein Jahr läuft. Man sucht sich ein Produkt aus, das man neben den anderen gezielt verkauft. So wie ich es vor hatte, hat sie Bausparen gewählt. Das Jahr war bei ihr fast zu Ende und sie hatte einen Bausparer bisher. Bei mir hatte die Kampagne noch gar nicht begonnen und ich hatte bereits zwei ziemlich sicher in Aussicht. Bis Weihnachten hätte ich die gehabt.

Jetzt zu meiner Beurteilung: Im Verkäuferischen hatte ich 0 von 3 Punkten und auch im Einsatzverhalten (ich erinnere an das Ideenmanagement) 0 von 3 Punkten. Das sah aber auch irgendwie überall so aus und ich kam auf 4 von 21 Punkten. Somit war die Probezeit für mich gelaufen und ich durfte sofort alles abgeben und musste die Filiale verlassen. Man hat dann mit mir einen Aufhebungsvertrag gemacht, sodass ich für spätere Bewerbungen keine Kündigung seitens des Arbeitgebers habe. Da würde niemand glauben, dass es am Arbeitgeber lag, egal was ich dort erzähle.

Neben Ausbildungsabteilung und der anderen Auszubildenden habe ich mich auch an die Jugendauszubildendenvertretung gewandt. Dort schrieb man mir wortwörtlich: Tut mir Leid, aber ich kann leider nichts für Sie tun. Immer wieder bekam ich gesagt, dass man nichts unternehmen kann. Und leider zu spät, habe ich erfahren: Man kann! Die IHK hätte informiert werden müssen, dann wäre Druck gekommen, der die gezwungen hätte eine Lösung zu finden mich da irgendwie in eine andere Filiale zu stecken, aber hinterher ist man immer schlauer.

Kennt ihr solche Sachen? Und was meint ihr zu meiner Story?

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» Tidus9 » Beiträge: 275 » Talkpoints: 2,59 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Da hast du ja wirklich keine schöne Ausbildungszeit gehabt. Aber du bist nicht der Einzige, dem sowas passiert ist. Mir ging es nämlich genau so. Allerdings war es bei mir alles etwas offensichtlicher, dass ich nicht gemocht wurde und ich auch deswegen ganz offen nieder gemacht wurde.

Ich durfte immer nur putzen und habe nach einiger Zeit auch gar nicht mehr richtig etwas gelernt. Die anderen Auszubildenden waren viel weiter als ich und durften auch schon mehr machen. Mir ging das nachher alles psychisch sehr nahe und ich war deswegen dann auch oft krank und habe im Betrieb gefehlt. Dadurch wurde dann natürlich noch mehr getuschelt und gelästert, sogar die Fillialleitung machte dabei mit. Wo man eigentlich denkt, dass diese hinter einem steht und das Ganze schlichten würde.

Bei einer Aufgabe wusste ich nicht genau, wie es machen sollte und holte mir Hilfe. Da wurde ich dann im Kleinkindton gefragt, ob ich mich überforder fühlen würde. Ich hatte später das Gefühl, dass mich dort niemand mehr mochte. Eine andere Auszubildende, die ein Jahr weiter war als ich, hat mir das Leben besonders schwer gemacht. Da kam es auch schon mal vor, dass die mich an der vollen Kasse vor allen Kunden nieder gemacht hatte.

Es ging dann soweit, dass ich dauernd Krank wurde und auch schon Stress mit den Chefs bekam. Ich traute mich aber nie, dort etwas zu sagen. Dann habe ich meine Ausbildungszeit von 3 Jahre auf 2 Jahre verkürzt. Ich habe dann den weniger gut bezahlten Beruf gelernt. Am Ende bin dann ich dann vom Arzt nur noch krank geschrieben worden, damit ich nicht mehr in den Betrieb musste. Ich bin dann nur noch zur Berufsschule gegangen und habe meine Prüfungen gemacht.

Ich habe mich so einschüchtern lassen, dass ich nicht mal mehr in den Betrieb gegangen bin, um dort meine Sachen abzuholen. Das hat dann meine Mutter für mich gemacht. Sie sagte, dass dort auch nie einer mal nach mir gefragt hätte. Später habe ich dann von einer anderen Ausbildenden erfahren, dass dort immer noch gelästert wurde, dass ich gekündigt hätte und noch anderes. Sogar heute, nachdem das alles nun schon ein paar Jahre her ist, habe ich oft noch Alpträume von der Zeit. Manchmal kommen sie Kleinigkeiten wieder hoch. Ich habe auch seitdem keinen Fuß mehr in diesen Betrieb gesetzt.

Ich denke, dass es viele Auszubildende gibt, die ungerecht behandelt werden und sich nicht trauen, etwas zu unternehmen. Oder es ist wie bei dir und es wird gesagt, dass man dagegen nichts machen kann, auch wenn es nicht so ist.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge


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