Kein Solidaritätszuschlag mehr
Das ist doch mal wieder ein (leider trauriges Beispiel) dafür, wie Diskussionen meist laufen. Dabei ist das Geld nicht nur in solch fragwürdige Projekte geflossen. Erst vor kurzem wurde vom Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) ein Gutachten präsentiert, dass feststellte, dass sich die von Bund und Land in die Salutas Pharma GmbH (eine Tochter von Sandoz) investierten Gelder in Höhe von 81,5 Millionen Euro nicht nur innerhalb weniger Jahre in Form von Steuerzahlungen getilgt wurden.
Selbst wenn man eine Verzinsung mit 6% annehmen würde. Nein, seit 6 bzw. 3 Jahren verdienen Bund bzw. das Land wiederum in Form von Steuereinnahmen. Sicher gebe es noch mehr solche Beispiele. Nichtsdestotrotz gibt es sowohl in Ost und West Steuerverschwendung vom Feinsten. Keine Frage. Dass wegen der der schönen Bezeichnung Solidaritätszuschlag dabei aber mehr Augenmerk auf den Osten gelegt wird ist auch verständlich.
Letzten Endes sehe ich einer eventuellen Abschaffung des Soli recht gelassen entgegen. Klar würde dann den Bürgern mehr im Portemonnaie bleiben, nur würde sich das der Staat an anderer Stelle wieder holen müssen. Im Prinzip liefe die Abschaffung des Soli in meinen Augen nur darauf hinaus dem Kind einen anderen Namen zu geben.
JotJot hat geschrieben:Im Prinzip liefe die Abschaffung des Soli in meinen Augen nur darauf hinaus dem Kind einen anderen Namen zu geben.
Das mit Sicherheit, allerdings würde dadurch wenigstens das "Falschdenken" von wegen die "Wessis" finanzieren den "Ossis" ihr Spaßbäder und Straßen etc aufhören. (Hoffe ich zumindest) alleine das wäre schon ein kleiner Fortschritt. Wenn sie sich also das Geld auf andere Weise wiederholen wollen, dann dürfen sie das gerne tun. (Als ob die mich um Erlaubnis fragen würden).
Estrella78 hat geschrieben:Wenn man über den Solidaritätszuschlag diskutiert, sollte man sich zuerst mal darüber im Klaren sein, wofür der ursprünglich verwendet werden sollte: Nicht um irgendwelche Haushaltslöcher zu stopfen, sondern um die Kosten der deutschen Einheit zu finanzieren.
Unsinn, seit wann sollen denn Steuern die aus einem bestimmten Grund eingeführt wurden nur dafür verwendet werden? Schließlich leben wir in Deutschland, dem Land der sumpfigen Kassen wo Umweltsteuern zur Querfinanzierung von Sozialversicherungen benutzt werden usw. Das ist reines Wunschdenken, dass hier Steuern "ihrem Namen nach" eingesetzt werden.
Abgesehen davon: Dass ein Physiker (Oskar Lafontaine) besser rechnen und logisch kann als ein Deutschlehrer (Helmut Kohl) hätte damals auch schon den Ossis klar sein müssen in ihrer Naivität - aber stattdessen haben sie den Köder gefressen, der sich schöner anhörte und Deutschland im Grunde ruiniert hat (Danke CDU!). Lafontaine prophezeite schon 1990 dass die Wiedervereinigungspläne Kohls, die nationale Besoffenheit und Kohls (damals wie heute lächerliches) 10 Punkte Programm den Karren in den Dreck fahren, konkret meinte er damit:
- Kohls hochtrabende Pläne sind unbezahlbar!
- DDR muss sich zuerst selbst sanieren (politisch / wirtschaftlich)
da es ansonsten:
- zum sofortigen Zusammenbruch des Großteils der Industrie und Landwirtschaft in Ostdeutschland mangels Konkurrenzfähigkeit komme,
- es dadurch zu Massenarbeitslosigkeit komme, die man aufgrund der zerstörten arbeitgebenden Infrastruktur auf Jahrzehnte nicht überwinden kann
- was wiederum zu Steuererhöhungen en gros sowie jahrzehntelangen Milliardenzahlungen in den Osten führt.
20 Jahre später kann man ja mal darüber nachdenken, wer Recht hatte - der der rechnen und abstrakt sowie logisch denken kann und es irgendwie schon immer wusste oder der, der mit den Ossis realitätsfremd von blühenden Landschaften phantasierte, sich seinen Posten (und die anderer) mit Steuergeldern und Verschwendung von Volkseigentum (billig verschachern & Vetternwirtschaft - ich sag nur Leuna & Elf Aquitain als ein Beispiel von vielen) durch seine undurchdachten Wahlversprechen erkaufte (bis 1998) und unseren Staat sowie die Wirtschaft damit auf Jahre hinaus sabotierte!
Dass das alles uns noch auf Jahre hinaus mit Kosten belastet, dass kann sich jeder Erstsemester in BWL / VWL nach 3 Tagen Studium denken - Aussagen wie diese finde ich daher hochgradig belustigend:
Estrella78 hat geschrieben:Und ich denke, dass es jetzt, 20 Jahre nach der Einheit, durchaus an der Zeit ist, über dessen Abschaffung zu diskutieren. Deutschland war 40 Jahre geteilt, nun ist es die Hälfte dieser Zeit schon wieder vereint und der Osten aus dem Gröbsten heraus. Ganz aufholen wird er sowieso nicht können.
20 Jahre? Ich würde eher nüchtern sagen: reden wir frühestens in noch einmal 20 Jahren (eher 40) darüber - dann hat man in Ostdeutschland vielleicht ansatzweise eine Basis geschaffen um darüber ernsthaft nachzudenken. Bis dahin kann man sich für diese halbsanierte Ruine noch dumm und dämlich zahlen - nur als Beispiel: Wir haben von der ehemaligen Abbruchbude in die Herr Kohl Ostdeutschland verwandelt hat gerade einmal den Vorgarten saniert. Bis Mieter im Erdgeschoss einziehen können und mal ordentlich die Kasse füllen ist es noch ein langer Weg, geschweige denn vom Rest!
Durch diesen Wiedervereinigungswahnsinn der den Zusammbruch ganzer historisch gewachsener Regionen verursachte und die enorme Belastung die daraus entstand haben wir zumindest eines erreicht - dass andere geteilte Staaten wie z. B. Korea (Südkorea) eine Reunion auf genau diesem Weg kategorisch ausschließen!
Diamante hat geschrieben:Und wenn der Staat den Solidaritätszuschlag für was anderes nimmt, ist doch bewiesen, dass es ihn eigentlich gar nicht mehr braucht. Zumindest nicht für den Aufbau Ost. Also für das, wofür der Solidaritätszuschlag eigentlich gedacht war.
Steuern und Zweckentfremdung siehe oben - ansonsten: bitte? Was denkst Du wieviele Steuern für etwas "völlig anderes" verwendet werden? Kurze Antwort: fast jede Steuer wird zweckentfremdet, es schwankt nur der Anteil, wieviel davon. Und das heißt ja nicht dass der Staat das Geld nicht mehr braucht - wenn Du arbeiten gehst und dein Haus abbezahlt hast gehst Du ja auch nicht zu deinem Arbeitgeber und sagst: "Zahlen Sie mir ruhig weniger, ich brauch jetzt nicht mehr soviel Geld...". Geld kann man immer gebrauchen und auch immer ausgeben .
Diamante hat geschrieben:Ursprünglich hiess es im Jahr der Wende, dass alle Bürger für ein Jahr, maximal 2 Jahre durch den Solidaritätszuschlag hilft, dass Ost und West zueinander finden. Dass alle helfen den Osten aufzubauen. Was mittlerweile aber 20 Jahre her ist.
Siehe oben, wer dämlichen Versprechungen glaubt die damals schon als wahnwitzig abgestempelt wurden. Ich fand da mal in dem Zusammnhang die Aussage lustig: "Früher haben sie uns im PolÖk davor gewarnt und wir haben uns heimlich schlapp gelacht weil wir es nicht glauben konnten - nach der Wende haben wir das Glauben schnell gelernt!".
Das einzig lustige daran: heute wie damals lässt sich halt jeder (Ost wie West) immernoch von ähnlich hanebüchenen Versprechen über den Tisch ziehen (anders kann man bestimmte Meinungen und Wahlergebnisse nicht verstehen) - zumindest hier ist Deutschland schon auf einem Level, im Osten wie im Westen hat man das eigenständige Denken schon vor Jahrzehnten verlernt (im Osten vielleicht etwas später).
jasper hat geschrieben:Ich bin immernoch der Überzeugung, dass man den Mehrwertsteuersatz ein wenig rauf setzen sollte (25% oder ähnlich) und einige andere Steuern dafür wegfallen sollten. Dadurch wird nämlich jeder zur Finanzierung der Staatsausgaben mit heran gezogen, der hier Urlaub macht etc.
Das ist doch völlig nebensächlich hier ein paar Urlaubern 6 % mehr aus der Tasche zu ziehen, dass rettet nicht vor`m Finanzkollaps - trotzdem sehe ich es genauso, dass die Verbrauchssteuern teilweise deutlich erhöht werden müssen (Norwegen / Schweden) mit Härteregelungen gegenüber Sozialschwachen oder einer Zwei Klassen Besteuerung (Gebrauchsgüter 7 % / Luxusgüter 25 %) und andere im Gegenzug natürlich gesenkt werden sollten. Konsumsteuern sind sowieso sinnvoller im volkswirtschaftlichen Kontext als Abgaben ohne sich direkt erschließenden Sinn! Achso: Luxusgüter in meinem Verständnis = alle Güter, die nicht direkt zum Leben gebraucht werden (Fernseher, Auto, Reisen usw.).
Der Vorwurf, dass Konsumsteuern den Konsum bremsen ist ohnehin von vorgestern - wer das wirklich noch ernsthaft glaubt, der hat entweder keine Ahnung oder die Entwicklungen und Erkenntnisse der letzten 50 Jahre in der BWL / VWL komplett verpennt!
Ich denke hier nicht an den Polen auf der Durchreise, der 6 % mehr für sein Eis zahlen soll, sondern vor allem an die etwas Wohlhabenderen - denn gerade bei "Luxusgütern" machen 6 % an der Steuerschraube viel im Staatssäckel! Aber so gesehen ist dass dann fast wieder DDR, da waren Luxusgüter ja auch deutlich teurer und Gebrauchsgüter stark subventioniert.
Sunny08 hat geschrieben:Allerdings plädiere ich dafür, dass er in Zukunft für den "Aufbau West" verwendet wird. Ich bin zwar waschechter Ossi und lebe auch im Osten, aber bei uns sind die meisten Straßen und öffentlichen Gebäude dank der Sanierungen der letzten zwanzig Jahre gut in Schuss.
Dito - vor allem, wenn man sich bestimmte Regionen im Westen anschaut. Da erfüllen viele mittlerweile die gleichen Kriterien wie damals jene im Osten, die stark gefördert wurden - NRW ist hierfür ein Paradebeispiel!
P.S. Bei solchen Themen reift in mir immer wieder das Wunschdenken, die Demokratie mangels geeigneter Kandidaten abzuschaffen und mit einer Technokratie zu ersetzen um endlich mal das Vernunftprinzip wieder in der Politik einzuführen - oder man tauscht einfach das Volk aus, z. B. gegen die Schweizer, wo selbst die 6. Klässler meist mehr politische Bildung und Weitsicht besitzen als bei uns der durchschnittliche Deutsche mit seinen 50 Lenzen!
Wer da welche Vorurteile hat und ob die berechtigt sind ist doch zweitrangig, die Tatsache, dass der Solidaritätszuschlag existiert, dass es im TV regelmäßig Berichte über leere Spaßbäder im "Osten" gibt und dass eben viele in ihrer Umgebung mitbekommt, dass die Infrastruktur nicht mehr so gut instand gehalten wird sorgt bei diesen Menschen für ein Ungerechtigkeitsgefühl und das ist nun mal nicht förderlich für die Einheit.
Ich habe übrigens lange im Osten gelebt und wenn ich mir zum Beispiel das Ruhrgebiet anschaue muss ich sagen, dass einige Regionen dort einen Solidaritätszuschlag wesentlich nötiger hätten, aber darum ging es mir eigentlich gar nicht. Ich wollte mit meinem überspitzen Beispiel nur ausdrücken, dass der Solidaritätszuschlag nicht dazu beiträgt in unserem Land eine wirkliche Einheit zu erreichen, sondern die Spaltung eher noch verstärkt.
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