Jungen - zunehmend „Bildungsverlierer“

vom 19.01.2009, 22:44 Uhr

Seit einigen Jahren wird bei der Förderung der Geschlechter stark auf die Mädchen geachtet – diese sollen an typisch männliche Berufe herangeführt werden. Was aber ist mit den Jungen? Diese werden immer häufiger als „Bildungsverlierer“ bezeichnet.

Warum? Erziehung ist laut Ansicht vieler (nicht nur in Deutschland) Frauensache und bleibt bis zu den weiterführenden Schulen auch überwiegend in weiblicher Hand. Ganz egal ob Elternhaus, Kinderkrippe bzw. -garten oder Grundschule. Sehr selten findet man hier Männer, die die Erziehung in der Hauptsache in die Hand nehmen. Schlimmstenfalls haben Jungen heuzutage erst an den weiterführenden Schulen regelmäßig Kontakt zu Männern.

Dies muss zwar nicht negativ sein, Statistiken lassen dies aber vermuten: So gehen mehr Jungen als Mädchen auf Förderschulen, Gymnasien und Hochschulen besuchen dagegen mehr Mädchen als Jungen. Außerdem drehen Jungen häufiger eine Ehrenrunde und bleiben leider auch häufiger ganz ohne Abschluss. Schulstudien namens IGLU und PISA deckten teils deutliche Leistungsunterschiede zwischen Jungen und Mädchen auf – zu Ungunsten der Jungen. Diese Liste ließe sich problemlos erweitern.

Im Rahmen einer Vortragsreihe widmete sich nun auch Dr. Jürgen Budde vom Zentrum für Schul- und Bildungsforschung der Universität Halle diesem Thema. Budde forscht übrigens schon lange zum Thema Jungen und Männlichkeit, hat schon seine Doktorarbeit dazu verfasst.

Bei seinen Forschungen stieß der Wissenschaftler nun darauf, dass die Benachteiligung der Jungen selten offensichtlich erfolgt, ganz oft nur unterschwellig. Als Beispiel berichtete Budde von einer Sitution in einer Schule in Österreichs, die sich ganz bewusst mit den Unterschieden zwischen den Geschlechtern auseinandersetzt. Von ihrer Lehrerin nach den Vorsätzen für das neue Jahr befragt, wurden die Mädchen nach Aussagen wie „putzen helfen“ ausdrücklich gelobt. Die Jungen hingegen, die Wünsche wie „mehr Fußball spielen“ äußerten, mussten damit leben, dass es gar keinen Kommentar gab oder sogar der Sinn des Wunsches in Frage gestellt wurde. Interpretiert hat Budde dies so: Störendes Verhalten wird eher von Jungen eher erwartet als von Mädchen. So werden Beiträge von Jungen auch eher störend ausgelegt – das Bild aller Jungen wird hier durch das Verhalten einiger weniger Jungen geprägt. Das Problem: zurückhaltende und leise Jungen irritieren die Lehrer und werden so leicht übersehen.

Was sollte also getan werden? Budde spricht sich für mehr Rücksicht auf das spezifische Rollen- und Lernverhalten von Jungen aus. So sollten unter anderem typische Lernorte der Jungen (wie Computer) stärker anerkannt werden, die Didatik in für Jungen traditionell problematische Fächer muss jungengerechter werden. Als Beispiel wurden Abenteuergeschichten zum Lesen üben angeführt. Damit die Mädchen durch solche Umstellungen nicht benachteiligt werden, sprechen sich übrigens immer mehr Fachleute für (zumindest zeitweilig) getrennten Unterricht der Geschlechter aus.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Hallöchen,

So ein Unsinn. Jungen werden gewiss nicht diskriminiert. Es gibt immernoch Berufe, in denen Männer bevorzugt werden. Und was bitte hat das Loben fürs Putzen und den Wunsch nach Fußball spielen mit den Berufen zu tun - und vor allem mit der Diskriminierung in Berufen? Nichts!

Und in den Schulen richtet sich der Unterricht nach wie vor nach den Mädchen und Jungen, da gibt es weder Abenteuergeschichten, noch Prinzessinengeschichten oder dergleichen. Das wird alles neutral gemacht. Sicherlich findet man was, wenn man nur genug danach sucht. Aber das kann man genauso gut wieder herumdrehen und behaupten, dass Mädchen diskriminiert werden.

Da ist es doch unsinniger den Unterricht geschlechtergetrennt zu gestalten. Sozial ist das dann sicherlich nicht.

Liebe Grüße
winny

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» winny2311 » Beiträge: 15159 » Talkpoints: 4,91 » Auszeichnung für 15000 Beiträge


In gewisser Weise muss ich JotJot recht geben, in einigen Fällen ist mir während der schulischen Laufbahn aufgefallen, dass bei Jungen z.B. ein naturwissenschaftliches Interesse und Verständnis einfach vorrausgesetzt wurde, fragte dann ein Junge nochmal nach, bekam er oft keine, oder eine diskriminierende Antwort. Fragte hingegen ein Mädchen den gleichen Sachverhalt nach, bekam sie eine fundierte Antwort, weil von dem Lehrer (männlich) einfach ausgegangen wurde, dass ein Mädchen das einfach nicht verstehen kann.

Diese Verhalten (ich war während der ganzen Gymnasiumszeit Elternvertreterin, hatte also nicht nur einen Fokus auf meinen Sohn, sondern auch auf die Mitschüler) konnte ich ins besondere bei älteren Lehrern, männlichen, so wie weiblichen beobachten. Die "Junglehrer" gingen viel lockerer und unvoreingenommener an das Vermitteln des Unterrichtsstoffes dran. Es mag also eventuell ein generations bedingter Umstand sein, wie der Unterrichtsstoff den Schülern neutral unterbreitet wird.

Wenn ich da an den Spruch eines Physik/Mathe Lehrers denke : Frauen können das nicht, den fehlen die Gene dazu, dann sehe ich mich da leider bestätigt. Diese Aussage traf er während einer Lehrerkonferenz, in der es um die schulische Leistung der einzelnen Schüler ging, er wusste nicht, dass ich bereits vor der Tür stand, weil im Anschluss die Elternvertreter über eben selbige Leistungen unterrichtet werden sollten. Vom gleichen Lehrer bekam ich zu hören, dass mein Sohn doch gut wäre (er hatte gerade eine fünf zurück gebracht), und er da keine Probleme sehen würde, er müsse eben nur nicht so empfindlich reagieren, wenn er mal einen Spruch machen würde.

Diese Geschichten hatten mich manches mal geärgert und ich hatte mich gefreut, als er endlich andere Lehrer bekam, die die Schüler neutral behandelten und bei denen es nicht darum ging jemanden auf Grund seines Geschlechts in irgend einer weise zu fördern, oder zu fordern. Getrennten Unterricht würde ich übrigens nicht gut finden, weil dann bei den Jungs gleich wieder etwas in einer bestimmten Richtung vorrausgesetzt wird, was vielleicht eben noch nicht so da ist.

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» akasakura » Beiträge: 2635 » Talkpoints: 1,50 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Im ersten Absatz ist mir in der Tat eine Ungenauigkeit unterlaufen: so sollte es heißen, dass beispielsweise Mädchen an typisch männliche Berufe herangeführt werden, umgekehrt findet aber keine solche Förderung für Jungen statt. Der Fokus wurde (durchaus berechtigt) stärker auf Mädchen gerichtet, dann wieder auch die Jungen zu fördern wurde eher vernachlässigt. Auch wenn hier beispielhaft von Berufen geschrieben wurde, so war doch aber eindeutig von Jungen als Bildungs- und nicht als Berufsbildungsverlierern die Rede.

Der Vergleich Abenteuer- und Prinzessinnen-Geschichten hinkt wohl auch ziemlich. So gibt es oft Geschichten über Familien im Alltag und Tieren (Fibel meiner Nichte), die Jungen nur bedingt ansprechen. Die würden sich vielleicht eher von Geschichten über spannende Familienausflüge begeistern lassen. Es geht auch gar nicht darum alle "mädchenhaften" Geschichten durch "jungentypische" zu ersetzen, sondern vielmehr darum ein Gleichgewicht zu schaffen, so dass sich sowohl "typische" Mädchen und Jungen angesprochen fühlen als auch solche Kinder, die dem Klischee nicht entsprechen.

Ich habe ähnliche Erlebnisse, wie die von bijin berichteten, in petto. Mir ist sogar schon im Kindergarten aufgefallen, dass es hieß, für einen Jungen ist das doch gut. Da wäre etwas Neutralität doch schöner, beispielsweise, indem man auf die Entwicklung des Kindes abstellt, wenn man solche Beurteilungen abgibt.

Der getrennte Unterricht ist sicherlich nicht unsozial, wenn man auch genau überlegen sollte, welche Fächer besser gemeinsam und welche getrennt unterrichtet werden sollten. Ich fand es aber durchaus gut mich in bestimmten Disziplinen während des Sportunterrichts nicht mit Jungen messen zu müssen.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



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