Umweltschutz von unten
Umweltschutz war in den vergangenen Jahren des letzten Jahrzehnts eher von oben nüchtern als Absichtserklärung vorgetragen. Die Bürger haben es mehr oder weniger akzeptiert, Grüne galten lange als Spinner.
Diese Einstellung hat sich in den letzten Jahren massiv geändert. Gerade die Bevölkerung hat inzwischen erkannt, dass Umweltschutz nicht nur gut fürs Weltklima ist, sondern nebenbei auch vor Ort sehr sinnvoll sein und zudem den Geldbeutel langfristig entlastet. Und genau das hat die Politik jahrelang gepredigt und nun gleich wieder vergessen.
Ich denke, dass man diesen Wandel durchaus inzwischen als eine Art "Bewegung" definieren kann. Es gibt immer mehr kleine, unabhängige Stromanbieter, vielerorts entstehen privat finanzierte Ökostromkraftwerke und vor allem haben die großen Umweltschutzorganisationen es geschafft, ihren Ökostrom nicht mehr nur den eigenen Mitgliedern schmackhaft zu machen, sondern jedem Stromkunden.
Darüber hinaus steigen auch die Marktanteile von Bioprodukten, vom Waschmittel bis zum Joghurt jährlich an. Es gibt mittlerweile ein steigendes Interesse seitens der Konsumenten, die "Geschichte" des erworbenen Produktes zu kennen. Gerade im Textilbereich wird dies inzwischen sogar zu einer Art Qualitätsmerkmal. So gibt es die Initiative "Baumwolle aus Afrika", bei der zwar nur bedingt auf Öko geachtet wird, dafür aber sehr viel Wert auf nachhaltige Produktion und Strukturen gelegt wird.
Diesen Zug hat die Politik anscheinend gerade komplett verpasst, bzw. man lässt sich wohl zu sehr von der Lobby der Großindustrie beeinflussen. Haben gerade die Großkonzerne früher die Ökoanbieter egal für welche Produkte nur müde belächelt, so verlieren sie heute viele ihrer Kunden an genau diese ehemaligen Nieschenabieter, die heute breite Märkte erreichen. Und statt selbst auf diese Bewegung aufzuspringen, nutzt man lieber die gute alte Lobbyarbeit, um die Politik unter Druck zu setzen.
Ich möchte diese Feststellung mit einer Aufforderung an alle Leser beenden: wer will sollte sich einfach mal die Mühe eine Person in seiner Umgebung auf umweltschädliches Verhalten aufmerksam machen. Umweltschutz lebte schon immer vom Mitmachen - und gerade jetzt ist es wichtig, dass dies nicht vergessen wird.
Naja, Bewusstsein zum eigenen Stromverbrauch ist ja ganz nett, vor allem in einem Land, dass für seine Kohlekraftwerke berühmt und berüchtigt ist. Wenn da die wichtigsten Stromfresser gegen energieeffiziente Geräte ausgetauscht werden, dann ist das zweifellos positiv.
Aber wir sollten nicht vergessen, dass dies nur ein kleines Teil im ganzen Puzzle ist. Viel entscheidender ist der Energieverbraucht in den Bereichen Heizung, Verkehr und Konsum.
Heizenergie ist einer der grössten Verbraucher in unseren Breiten. Im Süden (z.B. Südspanien) lässt sich das dann einfach mit Kühlen vergleichen. Die verbrauchten Energiemengen sind enorm. Dabei ist die Art des Energieträgers sekundär. Klar ist Heizöl der Träger, der in der CO2-Bilanz am schlechtesten Abschneidet, Erdgas ist auch nicht toll. Aber der Ersatz von kaputten Fensterdichtungen, Reparatur von schlecht schliessenden Türen, das Senken der Raumtemperaturen (ein Grad mit der Temperatur runter heisst 6% weniger Heizkosten!), das sind viel wichtigere Faktoren als eine Glühbirne gegen eine Stromsparlampe auszuwechseln.
Verkehr ist auch ein schönes Beispiel. Deutschland als das Land der Autofahrer. Ich kenne kein anderes Land das auf der Autobahn keine Geschwindigkeitsbegrenzung kennt. Eigentlich absolut unvorstellbar! Geradezu irrwitzig! Der Verbrauch von Treibstoff steigt bei Geschwindigkeiten von über 100 oder meinetwegen 120 Stundenkilometer enorm an. Aber erstaunlicherweise traut sich da keine Regierung daran, ein goldenes Kalb. Eine vernünftige Tempolimite, steuerliche Abmahnung von grossen Verbrauchern und Förderung von Alternativtreibstoffen würde auch hier viel bringen. Aber die Regierung hat Angst um die Arbeitsplätze und fördert steuerlich den Absatz von dicken Boliden. Ein Rezept das in Amerika zum Niedergang der grossen Drei geführt hat. Und sie werden wieder gestützt, auch wenn die Aufstellung der Produkte völlig am Markt vorbei zielt.
Konsum. Stichwort graue Energie. Alles was wir konsumieren muss zuerst aufwändig produziert werden. Einige Artikel brauchen mehr Energie zur Produktion als andere. Einige Artikel werden mit dem Flugzeug von weither transportiert, andere kommen aus der Umgebung. Holz als nachwachsender, lokaler Rohstoff, braucht massiv weniger Energie als ein Rohstoff der als Substitut eingesetzt werden kann. Diese Konsumationsbewusstsein gilt es zu schärfen. Warum einen Stahlbalken im Hochbau verwenden wenn es ein Holzbalken viel energieeffizienter machen kann? Warum Äpfel aus Neuseeland wenn es gute europäische Lageräpfel gibt?
Ich möchte hier nicht polemisch gegen alles Neue, Schöne wettern. Ich möchte auch nicht gegen die Ansätze wie Stromsparen sprechen. Aber wir sollten das Eine tun und das Andere nicht lassen. Also weiterhin Stromfresser raus, aber sich auch klarmachen, dass dies nicht ausreicht.
Zudem noch ein Wort zum Energieverbrauch. Eigentlich haben wir mehr als genug Energie. In der Schweiz geistert das Gespenst der 2'000 Watt Gesellschaft rum. Also eine beliebige Beschränkung des Verbrauchs. Dabei bringt allein die Sonne ein zigfaches dieser Energie auf die Erde. Daher ist eine Beschränkung nur mässig sinnvoll. Es ist doch viel wichtiger, dass diese Energie die wir brauchen auf nachhaltige, CO2-neutrale Art und Weise produziert wird. Wenn ich einen Lebensstil habe, der statt 2'000 Watt 5'000 Watt verbraucht, dann ist das doch in Ordnung, solange ich besorgt bin, dass diese 5'000 Watt auf nachhaltige, CO2-neutrale Art und Weise produziert wird, wohl am Besten mit erneuerbaren Energien wie Windkraft, Solarenergie, Holz, Wärmepumpe. Es macht aus meiner Sicht auch nur wenig Sinn ein Haus mit 40 Centimeter Wärmedämmung einzupacken und eine kontrollierte Lüftung einzubauen, nur damit man keine Energie mehr braucht. 20 Centimeter ohne Zwangslüftung, dafür mit Solarzellen und Wärmepumpe bringen den besseren Komfort, halbieren den Grauenergiebedarf und sind zudem CO2-neutral.
Also nicht blind alles machen was gerade ökologisch in und politisch korrekt ist. Man muss sich mit der Materie auseinandersetzen. Man muss bereit sein immer wieder sich und andere zu hinterfragen. Dann erkennt man, was wirklich wichtig ist und wohin die Zielrichtung gehen soll, nämlich in Richtung eines nachhaltigen Umganges mit unseren Ressourcen.
Ich bin ja auch relativ "grün" eingestellt und achte darauf, mich möglichst umweltfreundlich zu verhalten. Das Problem ist, dass man oft gar nicht weiß, welches Verhalten wirklich am umweltfreundlichsten ist. Dazu war in der GEO 12/2008 ein sehr interessanter Bericht, den ich jedem nur empfehlen kann. Danach überdenkt man schon die eine oder andere Verhaltensweise, die man bisher für ökologisch sinnvoll hielt.
Umweltschutz geht jeden an, das ist richtig. Aber leider sehen das viele Leute nicht ein. Gerade bei mir im Betrieb sagen viele: Deutschland tut schon so viel für den Umweltschutz - sollen die anderen, größeren Länder wie USA und China doch erstmal gleichziehen. Das im Vergleich kleine Deutschland könne doch keinen so großen Effekt erzielen.
Außerdem denken viele, dass sie als Einzelperson gar keinen Beitrag zum Umweltschutz leisten können. Das würde sich ohnehin nicht auswirken. Nur: wenn jeder so denkt, kommen wir in dieser Hinsicht gar nicht weiter. Es sollte vielmehr jeder wirklich etwas tun, dann hat das in der Summe einen durchaus großen Effekt und fördert auch umweltfreundliche Produkte. Eben eine "Revolution" von unten.
Es heißt immer, Klimaschutz kostet. Natürlich sind ökologische Produkte, dazu gehört auch der meiste fair gehandelte Kaffee oder andere Fair-Trade-Produkte, an der Kasse etwas teurer. Aber dafür weiß man, dass sie einigermaßen umweltfreundlich produziert wurden. Würde man die Umweltschäden, die die günstigeren Produkte verursachen, in den Preis einrechnen, wären sie wahrscheinlich noch teurer. Aber die Umwelt als Allgemeingut gehört niemandem, sodass auch keiner eine Rechnung dafür stellt, was ihr angetan wurde.
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