Im Beisein von Kindern lästern
Ich saß gestern gut 12 Minuten an der Bushaltestelle und hab wieder mal auf den Bus gewartet. Da gesellte sich eine Hand voll Schulkinder, ca. 9 Jahre als, zu mir unter das Häuschen und haben sich unterhalten. Da fing ein Junge an, ganz traurig darüber zu reden, dass seine Oma ganz böse sei, meinte seine Mama, die hat sich wohl mit einer Freundin unterhalten. Denn als der erste Sohn geboren wurde hat diese sich wohl gefreut, als er dann kam, meinte sie: Na prima, und als sein kleiner Bruder geboren wurde meinte sie: Wenn ihr noch ein Kind bekommt, dann ziehe ich mich zurück und unterstütze euch nicht mehr. So seine Erzählung. Nun geht er nicht mehr zu seiner Oma, weil er das nicht schön findet, und seine Mama findet das gut.
Das hat mich schon nachdenklich gemacht, denn das war ja nicht für seine Ohren bestimmt und nur weil seine Mutter über die Schwiegermutter gelästert hat, geht er nicht mehr zu ihr. Man sollte sich da ja immer beide Seiten anhören, aber Kinder können das natürlich so noch nicht auseinander halten. Und Kinder nehmen die Eltern größtenteils ja schon zum Vorbild.
Was denkt ihr, und wie macht ihr das. Versucht ihr nicht über andere zu lästern, wenn eure Kinder dabei sind? Oder zumindest nicht, wenn eure Kinder die Personen kennen? Oder ist euch das egal?
Ich denke es ist nicht so klug die Kinder bei so etwas zuhören zu lassen. Es treten einfach zu schnell Situationen wie die beschriebene oder einfache Missverständnisse auf. Auch bei Leuten, die die Kinder nicht kennen ist es schnell passiert, dass sie irgendwas falsch aufschnappen und dann weiter erzählen.
Natürlich ist es oft so das dann die Mütter reden und reden und auf einmal sind sie beim Thema und die Kinder hören einfach zu. Das geht immer recht schnell. Ich finde, obwohl man es nicht vor den Kinder tun sollte, passiert es trotzdem ständig, dass die Kinder dabei zuhören.
Lästern in dem Sinne tue ich sowieso nicht. Bei uns ist es nur gelegentlich so, daß mein Mann und ich uns über seine Mutter unterhalten. Darüber, daß sie dieses Jahr wieder einmal nichts für die Kinder hat und so. Aber das tun wir hinter verschlossener Tür oder aber wenn die Kinder schlafen. Ich möchte, daß die Kinder das Bild ihrer Großeltern so in Erinnerung haben, wie es bisher war. Daß es zum Geburtstag und zu Weihnachten nichts gibt, dazu äußern wir uns, solang wie sie nicht fragen, nicht.
Auch über andere Personen sprechen wir nicht im Beisein der Kinder. Was bringen ihnen Informationen, die sie nicht verarbeiten können und gar noch durcheinander bringen?
Ich denke, dass zwischen sich über jemanden unterhalten und über jemanden lästern oft nur eine hauchdünne Grenze besteht, die man viel zu leicht übertritt. Deshalb bin ich der Meinung, dass es zwar nicht gut ist, wenn man vor Kindern lästert, aber es gleichzeitig wahrscheinlich teilweise sehr schwer zu vermeiden ist. In dem von Dir geschilderten Fall würde ich es nicht mal als Lästern bezeichnen, was da vorgefallen zu sein scheint. Die Mutter des Jungen wird dieser Freundin ihr Herz über die Oma ausgeschüttet haben und der Junge hat es mitbekommen. Das tut mir sehr leid für das Kind, besonders wenn ich sehe, wie es ihn beeindruckt und beeinflusst hat. Aber ich kann die Mutter hier durchaus verstehen.
Ob sie wiederum im Beisein ihres Kindes jemandem ihr Herz ausgeschüttet hat oder ob die Unterhaltung einfach lauter wurde und der Junge deshalb davon mitbekommen hat, steht wieder auf einem anderen Blatt, aber ich würde der Mutter erstmal nichts unterstellen. Klar ist es nicht schön, dass der Junge das gehört hat, aber ich denke nicht, dass die Mutter das so beabsichtigt hatte.
Lästern im Beisein von Kindern finde ich absolut abscheulich, aber wie gesagt: Die Grenze ist wirklich hauchdünn. Ich kann auch über jemanden lästern, ohne dass das zu Beginn der Unterhaltung mein Plan war. Ich kann mich über jemanden auslassen, über den ich mich geärgert habe und wünsche mir von dem, dem ich davon erzähle, irgendwelche Ratschläge, vielleicht auch Kritik an meinem Verhalten. Das kann als Lästern interpretiert werden, muss es aber nicht. Nur, weil ich mich über eine Person bei einer anderen Person beschwere, lästere ich nicht über sie.
Ich bin übrigens der Meinung, dass man sich im Beisein von Kindern grundsätzlich nicht über solche Themen unterhalten sollte und erlebe das in meiner eigenen Familie. Eine meiner beiden Schwestern ist seit Jahren mit meinen Eltern zerstritten und es kommen immer mal wieder entsprechende Kommentare. Meine Nichte hat sich so über die Jahre ihre Meinung über meine Eltern gebildet und ich finde, dass meine Schwester ihr die Möglichkeit, eine ganz eigene Meinung zu entwickeln, genommen hat, indem sie meine Nichte durch ihre Kommentare und Bemerkungen über meine Eltern beeinflusst hat.
Andererseits weiß ich nicht, wie nah Theorie und Praxis hier beieinander liegen und ob es wirklich möglich ist, wirklich nie im Beisein seiner Kinder über andere Leute zu sprechen. Ich würde sogar ausschließen, dass das möglich ist. Aber vielleicht kann man sich mehr zügeln und mehr Augenmerk darauf legen, wann man in diesen Grenzbereich zum Lästern oder Beschweren über eine bestimmte Person übergeht und das Gespräch irgendwann später fortsetzen, wenn das Kind es definitiv nicht mehr mithören kann.
In dem geschilderten Fall ist ja wirklich schwer zu entscheiden - ist es lästern oder haben sich zwei Freundinnen unterhalten, sie müssen gar nicht mal gelästert haben. Ich sehe es da ähnlich wie moin!: die Grenze ist schmal und schnell überschritten.
Unabhängig davon hat aber ein Kind mitgehört, ganz egal ob absichtlich oder eigentlich ungewollt. Und das sollte eigentlich nicht sein. Egal ob man wissentlich im Beisein eines Kindes lästert oder aber ob man einfach nur im Beisein eines Kindes sein Herz über etwas ausschüttet, was einen belastet. Es lässt sich manchmal gar nicht vermeiden, dass ein Kind da etwas mitbekommt, dass es eigentlich gar nicht hören sollte.
Mit meinen Freundinnen halten wir es daher so, dass wir uns auch mal ohne Kinder treffen und dann mal ungestört auch über solche Themen sprechen können, die uns belasten, aber nicht unbedingt für Kinderohren geeignet sind. So kann man dann auch mal in Ruhe über dämliche Ex-Männer, völlig irre Mütter usw. sprechen ohne das ein Kind das mitbekommt und sich dann parteiisch fühlen muss.
Trotzdem bleibt es natürlich nicht aus, dass man auch im Beisein des Kindes über die betreffende Person spricht, dann aber schon wesentlich gemäßigter und meist auch ohne Groll, den konnte man sich ja schon zuvor mal von der Seele reden.
Das ist das Schlimmste, was man machen kann. Aber viele Erwachsene wollen ja auch damit bezwecken, dass die Kinder sich von bestimmten Leuten fern halten. Meine Mutter war auch so ein Exemplar. Sie konnte sehr gut über andere reden, wenn die Kinder dabei waren und hat sogar noch unterstützt, wenn die Kinder dann auch Fragen gestellt haben.
Es gibt Erwachsene die sehr berechenbar sind und genau wissen, was sie mit dem reden über andere erreichen und machen es dann auch gezielt vor den Kindern. Manche Kinder lassen sich dann sehr beeinflussen und manche nicht. Ich habe es am eigenen Leib erfahren. Meine Mutter hat sehr schlecht über mich gesprochen, wenn meine Kinder bei ihr waren und mein Sohn hat sich sehr beeinflussen lassen und meine Tochter hat mir erzählt, was abgegangen ist.
Genauso kann man Kinder auch beeinflussen, wenn man positiv über einen redet. Kinder haben in der Beziehung noch nicht so den eigenen Willen und nicht alle Kinder haben die Neugier sich selber ein Bild von einem Menschen zu machen oder aber den Menschen über den gelästert wurde auch anzusprechen.
Das ist ein sehr schwieriges Thema. Ich möchte nicht bei jedem Gespräch die Kinder aus dem Raum schicken, weil eventuell Informationen falsch oder verdreht bei ihnen ankommen könnten. Außerdem sind meine Kinder sehr aufmerksame Kinder, denen eh kaum etwas entgeht, und da könnte ich sie gleich per se des Wohnzimmers verbannen. Das ist ja auch lächerlich. Daher versuche ich, ein Hörweitenverbot nur dann auszusprechen, wenn es um wirklich sensible Inhalte geht.
Allerdings habe ich sowieso einen sehr scharfen und schwarzen Humor, so dass meine Kinder sehr früh lernen mussten, damit zurecht zu kommen. Meine Themen sind allerdings, wenn Kinder im Raum sind, meist auch Kindergeeignet. Richtig lästern würde ich in Anwesenheit der Kinder nicht und die oben als Beispiel angeführten Inhalte finde ich absolut nicht gut wiedergegeben, denn da wird das Kind in eine Richterrolle gedrängt, die es weder voll verstehen noch ausführen kann: Übrigens auch sehr beliebt bei Paaren in der Trennung, die Kinder durch solche gezielten nebensächlichen Informationen als Exekutive zu benutzen, ganz gleich, was es bei dem Kind für einen Schaden anrichtet...
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