Beim Praktikumsbericht ehrlich sein oder lieber beschönigen?
Hallo zusammen!
Ich verschimmele ja gerade in Cornwall auf meinem Zwangsenglandaufenthalt. Der wird nunmal leider von der Uni als Examensvorraussetzung verlangt. Nun bin ich dafür vom DAAD (Deutscher Akademischer Auslandsdienst) bezuschusst worden. Die verlangen nach Abschluß des Ganzen eine Stellungsnahme von mir. Ich soll meine Erfahrungen schildern, meinen Aufenthalt beurteilen und so weiter.
Mein Problem damit ist folgendes: Ich hasse diesen Aufenthalt. Ich hatte von Anfang an keine Lust dazu und betrachte es auch nach drei von vier zu absolvierenden Monaten immer noch als eine Zeit- und Geldverschwendung, die völlig sinnfrei ist und nur zwecks Schikane verlangt wird. Ich muss zwar einräumen, dass es auch noch deutlich schlimmer hätte kommen können, aber gefallen tut es mir hier kein Stück.
Ich habe alle meine sozialen Kontakte zurück lassen müssen, vor allem den Mann, mit dem ich zusammen lebe. Denn Internet-Kommunikation ist nicht wirklich ein adäquater Ersatz für real gelebte Freundschaften. Neue konnte ich hier nicht wirklich aufbauen, weil ich in einem totalen Kaff hocke, wo niemand lebt, mit dem ich was anfangen kann. Meine Gastfamilie geht mir im wesentlichen auf den Keks.
Das Essen bekommt mir nicht, ich habe quasi dauerhaft Verdauungsbeschwerden. Das Wetter ist übel. Ich friere ununterbrochen und bin regelmäßig krank. Mein Englisch hat sich kaum verbessert seit ich hier bin, zumindest nicht nach meinem Empfinden. Zumal mir von allen meinen Dozenten und auch den Leuten hier bestätigt wurde, dass ich recht hohes sprachliches Niveau habe, so dass ich kaum glaube, dass ich noch viel weiter komme, und wenn ich zehn Jahre hier verschwende.
Von der finanziellen Belastung, die so etwas trotz Zuschuss darstellt, mal ganz zu schweigen. Ich könnte noch eine ganze Weile so weiter machen, mit all den Dingen, die mir nicht gefallen.
Positives habe ich eigentlich nicht anzumerken. Gar nichts, bei Licht betrachtet. Und genau da liegt mein Problem: Am liebsten würde ich in diesem Bericht meinen ganzen, aufgestauten Unmut über diese sinnlose Aktion kund tun. Ich frage mich nur, ob das so klug ist. Immerhin habe ich Geld von denen bekommen, da wollen die vermutlich nicht unbedingt von mir hören, dass ich alles scheisse fand. Ich weiss zwar nicht, ob das irgendwelche Konsequenzen für mich haben kann, in Form von Rückforderungen oder so, und bezweifle das auch irgendwie, aber ganz wohl ist mir nicht dabei.
Auf der anderen Seite entspricht meine vollständige Ablehnung aber der Wahrheit. Ich empfinde diese gesamte Zeit hier als einzigen Horrortrip. Und ich sehe irgendwie keinen echten Sinn darin mir irgendwelche Lügengeschichten über positive Erlebnisse aus den Fingern zu saugen und und zu behaupten, dass es mir gefallen habe. Ich wäre da lieber ehrlich.
Zumal ich das Gefühl habe, durch etwaige Lobreden die Initiatoren dieser Chause noch in ihrem seltsamen Empfinden, das alles sei ganz toll und es sei eine prima Idee, diesen Müll zwangsweise einzuführen, zu unterstützen. Und das will ich auf keinen Fall. Ich habe sogar schon ernsthaft erwogen eine offizielle Beschwerde wegen unzumutbarer Härte an das Kultusministerium aufzusetzen. Da möchte ich nun nicht rumschleimen und behaupten etwas toll zu finden, das ich hasse und sinnfrei finde.
Wie also verhalte mich nun am besten? Soll ich mein gesamtes Missfallen in diesem Praktikumsbericht niederschreiben oder lieber versuchen, meine Sichtweise neutral und nichtssagend darzustellen, was ja die andere Alternative zu erlogenen Lobreden wäre?
Ich bin da echt ein bischen ratlos. Meine Meinung ist mir klar, ich weiss nur nicht, ob es so klug wäre, sie in voller Härte mitzuteilen.
Hallo!
Du solltest deine persönlichen Emotionen aus diesem Bericht rauslassen und nur objektiv das reinschreiben, was direkt zum Praktikum gehört. Auch wenn dir das Wetter auf die Nerven geht und das Essen nicht bekommt usw. Das hat alles nichts mit dem Praktikum selber zu tun und da musst du einfach unterscheiden. Denn ich denke, dass in einen Praktikumsbericht bestimmt nicht die Emotionen des Praktikanten zum Ausdruck gebracht werden sollen/dürfen.
Ein Praktikumsbericht ist doch ein Bericht über die Arbeit und die Praktikumsstelle und da solltest du krass unterscheiden und wirklich Gefühle nicht reinbringen. Du brauchst nicht zu lügen, solltst aber objektiv bleiben.
In einem Bericht sollst du, wie der Name schon sagt, berichten, was du im Praktikum geleistet hast und keinen Aufatz über den Aufenthalt schreiben.
Das habe ich vielleicht ungeschickt ausgedrückt. Mir fiel nur kein anderes Wort als Praktikumsbericht ein. Es soll eben nicht nur um meine Arbeit gehen, sondern auch um meine Erfahrungen im Ausland und darum wie es mir gefallen hat, ob ich es wieder tun würde, was gut war und was schlecht, etc.
Und da kann ich nur sagen: Es war scheisse, ich würde es nie wieder tun und hätte es auch jetzt nicht getan, wenn es kein Zwang wäre und es war eigentlich nichts gut daran. Das kann ich zwar sachlich formulieren, aber nicht weglassen.
Hallo.
Ich würde schon erwähnen, daß der Ort sehr unglücklich gewählt ist. Auch, daß deine Englischkenntnisse sich nicht großartig verändert haben. Leider schreibst du nicht, ob dich die Gastfamilie in deinem Unterfangen dort unterstützt.
Alles andere - der fehlende Kontakt zu deinen Freunden, das Wetter, das Essen - das würde ich nicht erwähnen. Es sind Sachen, die dich im privaten, in deinem Sozialleben betreffen. Darauf kan der DAAD keinen Einfluß nehmen.
Gruß,
Merlinda
Du hattest geschrieben, dass du von Anfang an keine Lust dazu hattest und es nur gemacht hast, weil es eine Auflage war. Aber irgend welche Erwartungen hast du doch bestimmt in deinen Aufenthalt dort gelegt, die dann nicht erfüllt wurden.
Was war deine Tätigkeit, hat die dich in irgend einer Weise in deinem Studium weiter gebracht? Wenn sich deine Sprachkompetenz dort nicht verbessern ließ, lag es daran, dass du vorher schon so gut warst, oder aber weil in dem "Kaff" keiner ein ordentliches Englisch gesprochen hat? Wie kann man das rüberbringen, was kann man als Alternative zu dem Praktikum nennen, was für dein Studium besser und effektiver gewesen wäre. Sind nur für dich die Verhältnisse im Praktikum ungenügend, oder würde eine andere Person, sagen wir mal mit schlechteren Englischkenntnissen etwas von dem Praktikum haben?
Wie die anderen schon schrieben, die Emotionen würde ich weg lassen, aber ich würde versuchen das Praktikum aus der Sicht eines Anderen zu sehen, ob es allgemein nichts bringt oder aber nur dir nicht, weil du andere Erwartungen hattest.
Hi,
Also ich glaube da ist es wie mit jedem anderen universitäre Bericht auch: er soll sowohl das Positive als auch das Negative beinhalten.
Ich sitze gerade an den Vorbereitungen meiner Diplomarbeit und hier werden regelmäßig Berichte über den Stand der Dinge und die Hilfe der Professoren etc. verlangt. Und es heißt immer, solange man das ganze sachlich aber faktisch korrekt wiedergibt, können auch Probleme oder Missfallen geäußert werden.
Zudem gehört zu einem ausgewogenen Bericht die Erörterung beider Seiten. Wenn du als jemand, der keine Sprachprobleme hat, keinen Fortschritt mehr machen konntest, kannst du ja anmerken dass dir der Aufenthalt in einem anderen Land zum Beispiel sprachlich mehr gebracht hätte und dass man das bei zukünftigen Aufenthalten bei anderen Personen in Betracht ziehen könnte.
Auch kannst du erwähnen, dass es für gebundene Personen schwierig ist, diesen Aufenthalt ohne negativen Beigeschmack zu durchlaufen, da es im privaten Bereich hohe Preise zu zahlen gibt.
Nichtsdestotrotz solltest du natürlich auch die positiven Erlebnisse aufzählen, erklären was du daraus gelernt hast und welchen Nutzen du ziehen kannst.
Solange sich Positives wie Negatives ungefähr die Waage halten und dein Endresümee nicht zu vernichtend ausfällt, sollte es keine Probleme geben. Und wie bereits erwähnt, kommt es immer auf den Ton an. Kannst du deine Argumente sachlich vorbringen kann dir keiner etwas anhaben. Emotional darf es natürlich nicht werden und ausfallend schon gar nicht. Abgesehen davon muss es dir aber erlaubt sein, alle deine Eindrücke zu schildern.
Den Fakt, dass du von Anfang an nicht dort hin wolltest, würde ich nicht erwähnen. Aus dem einfachen Grund, dass du ja vorher wusstest, worauf du dich einlässt. Oder hat man dir erst eine Woche vorher gesagt, dass so ein Auslandsaufenthalt Pflicht ist? das glaube ich ehrlich gesagt eher weniger. Die Vorraussetzungen für die Examenszulassung sollten zumindest zu Beginn des Studiums festgesetzt gewesen sein. das heißt, dir auch bekannt gewesen sein. Davon gehe ich jetzt einfach mal aus. Deswegen ist es auch kein Härtefall den du beim Kultusministerium geltend machen kannst. Schließlich warst du von Anfang an informiert und hättest ja noch was anderes studieren können, wenn dir die Rahmenbedingungen des Studiums nicht gefallen.
In den Praxisbericht würde ich, wie bereits erwähnt, nicht zu viele Emotionen fließen lassen. Wann musst du ihn denn abgeben? Vielleicht ist es ja besser ihn erst zu schreiben, wenn du wieder zu Hause bist. Dann hast du etwas Abstand und siehst einiges vielleicht nicht mehr ganz so schwarz.
Eine Lobeshymne sollte es aber auf keinen Fall werden.
Diese Berichte dienen ja grundsätzlich der Verbesserung des Programms. Also ist konstruktive Kritik erwünscht. Allerdings nicht in jedem Bereich: das Wetter kann der DAAD nämlich nicht ändern aber er kann zum Beispiel andere Gastfamilien finden, die nicht im hinterletzten Kaff Südenglands wohnen.
Sei also ehrlich, aber sachlich.
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