Parteityp der Allerweltspartei
Der Parteityp der Massenintegrationspartei wurde, idealtypisch betrachtet, ab den 1960er Jahren von der Allerweltspartei abgelöst. Gleichbedeutend für die Bezeichnung Allerweltspartei werden ebenfalls die Bezeichnungen Volkspartei sowie Catch-All-Party (zurückgehend auf Otto Kirchheimer) verwendet.
Dieser Parteityp unterscheidet sich vom vorhergehenden vor allen Dingen darin, dass die Ideologie nicht mehr so relevant ist. Eine vormals vorhandene Ideologie wird nun weniger als grundlegendes Entscheidungskriterium herangezogen, sondern ist eher eine mögliche Entscheidungshilfe unter vielen bei wahlpolitischen Entscheidungen.
Die Volksparteien wie beispielsweise die CDU und CSU versuchen, möglichst die ganze Bevölkerung mit ihren Wahlprogrammen anzusprechen. Ebenso tut es inzwischen die SPD, welche seit dem Godesberger Programm auch direkt Kleinunternehmer und Christen anzusprechen versucht. Die Wähler der Volksparteien sind nicht mehr in erster Linie nur die Mitglieder der Partei, sondern nunmehr die gesamte Bevölkerung. In den Wahlprogrammen geht es inzwischen weniger um klassenpolitische Positionen, als vielmehr um Bildungspolitik, die Sicherstellung der sozialen Sicherung sowie um wirtschaftspolitische Fragen.
Problematisch ist, dass diese breiten Themen nur in begrenztem Maße zur Verfügung stehen, es können also nicht viele Parteien viele verschiedene, alle betreffende Fragen aufarbeiten und in ihr Programm aufnehmen. Vielmehr kommt es dazu, dass die Volksparteien sich in ihren Programmen immer weiter annähern, so dass sie zum Teil für den allgemeinen Wähler in ihren Positionen gar nicht mehr zu unterscheiden sind. So kommt es, dass Wahlen teilweise keine Wahlen mehr zwischen Parteien sind, sondern zu Wahlen von Persönlichkeiten werden. Es geht nicht mehr darum, welche Partei welche Ziele propagiert, denn diese sind sich alle sehr ähnlich und manchmal nur in einzelnen Details zu unterscheiden. Der Wähler schaut nun subjektiv darauf, welchem Parteikandidaten eher am ehesten zutraut, die aktuell anstehenden Probleme des Landes zu lösen.
Das Dilemma besteht darin, dass die Parteien aufgrund ihrer mangelnden Profilierung nun nicht mehr auf eine beständige Wählerschaft hoffen können, auf diese allerdings angewiesen wären. Daher versuchen sie weiterhin, alle Bevölkerungsgruppen anzusprechen. Hierbei lassen sie allerdings weiterhin Minoritäten aus, die nun keine politische Vertretung mehr haben oder eben nur durch kleine Randparteien vertreten werden, die jedoch zu wenige Stimmen erhalten, um sich an der Regierungsbildung beteiligen zu können. Gelingt es Volksparteien, an die Regierungsmacht zu kommen, bleiben sie ihrem Grundsatz treu, möglichst keinen Wähler durch die Vertretung irgendwelcher Sonderinteressen zu verprellen. Hierdurch wird in der Politik in der Regel der kleinste gemeinsame Nenner aller Bevölkerungsbedürfnisse gefahren.
Die Gefahr besteht hierbei allerdings darin, dass die vernachlässigten Gruppen vermehrt kleine Parteien wählen und ihre Stimmen von den Volksparteien abziehen. Auch eigentlich treue Wähler könnten mit der Zeit dazu tendieren, lieber kleine Parteien mit konkretem Profil zu wählen, da sie hier das Gefühl haben, zu wissen, für welche Position sie abstimmen, während die Volksparteien ja nur noch nach dem Mund der Allgemeinheit entscheiden und sich keine profilbildenden Positionen mehr einzunehmen trauen.
Die Konsequenz daraus kann sein, dass Wahlen keine eindeutigen Mehrheiten mehr ergeben, sondern dass vermehrt Koalitionsbildungen notwendig werden.
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