Aufsatz: Deutsche Außenpolitik von 1871 bis 1938

vom 14.09.2008, 14:46 Uhr

Ich habe diesen Aufsatz für meinen Geschichtskurs in der Oberstufe geschrieben, vielleicht hilft er ja wem weiter :)

Deutsche Außenpolitik von 1871 bis 1939/45

Die Grundproblematik der deutschen Außenpolitik ist Deutschlands Mittellage auf dem euro­päischen Kontinent. Es gibt 5 Großmächte in Europe: Frankreich, Großbritannien, Russland, Österreich-Ungarn und Deutschland. Letzteres befindet sich genau in der Mitte zwischen den übrigen Großmächten. Zudem besteht eine Erbfeindschaft zwischen Deutschland und Frank­reich. Da Deutschland stets einen Zwei-Fronten-Krieg zu befürchten hat, muss es Bündnisse mit den anderen schließen oder so stark sein, dass es einen Zwei-Fronten-Krieg gewinnen kann.

Bismarcks Ziel in der Außenpolitik des 1871 gegründeten Kaiserreichs war die Erhaltung des Status Quo, beziehungsweise der Friedenssicherung. Sein Leitmotiv lautete „Versuche zu Dreien zu sein, solange die Welt durch das unsichere Gleichgewicht von fünf Großmächten bestimmt wird!“. Deswegen schloss Bismarck Bündnisse zwischen Deutschland, Russland, Österreich-Ungarn und Großbritannien. Am 18.3.1890 wurde Bismarck von Kaiser Wilhelm II entlassen. Dessen Außenpolitik war gekennzeichnet durch den Wunsch, Deutschland zur stärksten Macht in Europa aufsteigen zu lassen. Hierzu stärkte er die Bündnisse mit Österreich-Ungarn, veranlasste den Aufbau einer deutschen Hochseeflotte und beteiligte sich an der Kolonialpolitik um auch auf diesem Gebiet Deutschland als ein gleichberechtigtes Land auszugeben.

Hierdurch ergaben sich mehrere Probleme. Zum einen kam es aufgrund der deutschen Flot­tenpolitik zu einem Interessenkonflikt mit Großbritannien, zum anderen kam es zu Differen­zen mit Russland wegen der Anlehnung an Österreich-Ungarn. Diese Differenzen zwischen Russland und Österreich-Ungarn kamen zu Stande aufgrund des gemeinsamen Interessenge­biets Balkan. Serbien war ein Teil des Vielvölkerstaats Öster­reich, Russland wollte jedoch im Zuge seiner panslawistischen Bewegung sämtliche slawi­schen Völker in einem Reich verei­nen. All dies führte zu verstärkten Bündnissen zwischen Russland, Frankreich und England und letztendlich zur Niederlage Deutschlands und Österreich-Ungarns im 1. Weltkrieg.

Die Ausgangslage in der Weimarer Republik war ein vom Versailler Vertrag von 1919 schwer belastetes Deutschland. Es war kein gleichberechtigter Partner der europäischen Großmächte mehr. Es war politisch, wirtschaftlich und militärisch geschwächt, zum Beispiel durch hohe Reparationszahlungen und strenge Vorgaben bezüglich des Berufsheers. Des Weiteren war es innenpolitisch zerrissen aufgrund des Übergangs vom Kaiserreich zur De­mokratie. Die Außenpolitik der Weimarer Republik strebte nun darauf hinaus, die vollständige Souve­ränität Deutschlands wiederherzustellen, die gleichberechtigte Anerkennung zu erwerben, sowie Handelsbeziehungen wiederherzustellen, um den wirtschaftlichen Wiederaufbau ein­zuleiten. Alles in allem strebte diese Außenpolitik also auf die Revision des Versailler Ver­trags.

Hierzu gab es ab 1923 die Verständigungspolitik Stresemanns. Diverse Verhandlungen führ­ten zur Senkung der Reparationszahlungen und zu Handels- und Wirtschaftsverträgen mit Großbritannien, der Sowjetunion, Italien und Frankreich. Außerdem wurden das Rheinland, sowie das Ruhrgebiet durch die Alliierten geräumt. 1926 wurde Deutschland in den Völker­bund aufgenommen.

1933 hatte Deutschland mit einer innenpolitisch instabilen Lage zu kämpfen. Die Weltwirt­schaftskrise von 1929 hatte eine hohe Arbeitslosigkeit, sowie große soziale Not mit sich ge­führt. Die Unfähigkeit des Parlaments Mehrheiten zu bilden führte zur allgemeinen Politik­verdrossenheit und dem Erstarken antidemokratischer Parteien, wie der KPD, DNVP und der NSDAP. Schließlich kam es 1933 zur Machtergreifung der NSDAP. Die NS-Außenpolitik kann in drei Phasen eingeteilt werden. Die erste Phase beinhaltete die Gleichstellung mit den übrigen europäischen Großmächten. In der zweiten Phase sollte ein großdeutsches Reich geschaffen werden und in der dritten Phase sollte schließlich die Vor­herrschaft in Europa errungen werden. Um dies zu erreichen wurde zunächst das deutsche Selbstbewusstsein gestärkt, besonders durch die Revision des Versailler Vertrages. Die ent­militarisierten Zonen wurden aufgehoben, es wurde wiederaufgerüstet und ehemals deutsche Gebiete wie das Saarland wurden zurück gewonnen.

Dann mussten Bündnispartner gefunden werden. 1936 wurde ein Freundschaftspakt mit Ita­lien abgeschlossen, die so genannte Achse Berlin-Rom. Im selben Jahr unterstützte Hitler Franco im spanischen Bürgerkrieg und ließ den spanischen Ort Guernica durch deutsche Flugzeuge bombardieren. Um ein großdeutsches Reich zu schaffen wurde 1938 Österreich angegliedert. Das Ziel dieser Politik war, dass alle Gebiete in denen deutsch gesprochen wird, auch zu Deutschland gehö­ren sollten. Im gleichen Jahr wurde auch das Sudetenland angegliedert. Dies geschah nach Beschluss der Münchner Konferenz, an der zwar mehrere europäische Großmächte, jedoch kein Vertreter der Tschechoslowakei beteiligt war.

1939 überfiel Hitler die Tschechoslowakei und schuf das „Protektorat Böhmen und Mähren“. Am 23.8.1939 wurde der Hitler-Stalin-Pakt abgeschlossen. Dies war ein Nichtangriffs Pakt zwischen Deutschland und Russland, welcher außerdem ein „geheimes Zusatzprotokoll“ ent­hielt, in dem die Teilung Polens geregelt wurde. Die Abschließung dieses Pakts sollte einen Zweifrontenkrieg verhindern. Am 1.9.1939 überfiel Hitler Polen, was zum Ausbruch des zweiten Weltkriegs führte.

Während aller drei Epochen versuchten die deutschen Politiker mit Rücksicht auf die Mittel­lage Deutschlands den Frieden zu erhalten oder das Land derart zu stärken, dass ein Krieg siegreich geführt werden konnte. Die Vorgehensweisen unterschieden sich extrem. Bismarck versuchte durch das Schließen von Bündnissen die Mehrheit der europäischen Großmächte auf seine Seite zu ziehen. Dazu verzichtete er auf weltpolitische Aspekte wie zum Beispiel die Kolonialpolitik oder auch einen Hegemonialanspruch Deutschlands in Eu­ropa. Dadurch war es dem erklärten Gegner Deutschlands, Frankreich, nicht möglich einen Krieg zu beginnen.

Kaiser Wilhelm II versuchte Deutschland so zu stärken, dass es den anderen Mächten überle­gen war. Er riskierte dabei einen Bruch mit den vorherigen Bündnispartnern Großbritannien und Russland, die sich als Reaktion darauf mit Frankreich zusammenschlossen. Das Scheitern seiner Politik zeigte sich letztendlich in der deutschen Niederlage im 1. Weltkrieg. Die Weimarer Republik versuchte die Bündnispolitik zur Friedenssicherung wiederaufleben zu lassen. Dadurch gelang es Deutschland wieder zum gleichberechtigten Partner in Europa zu werden. Der Nationalsozialismus versuchte Deutschland zur Hegemonialmacht in Europa zu machen Dabei wurde bewusst das Risiko eines Krieges in Kauf genommen. Allerdings kann man nicht unbedingt davon ausgehen, dass der Krieg auch geführt werden sollte.

Wie man aus dieser Ausarbeitung erkennen kann, gab es in der deutschen Außenpolitik zwi­schen 1871 und 1939 zwei unterschiedliche Vorgehensweisen, die sich aus der Mittellage Deutschlands in Europa ergebende politische Bedrohung abzuwenden: Während der „Ära Bismarcks“ und der Weimarer Republik versuchte Deutschland durch das Schließen von Bündnissen den Frieden zu erhalten. Während der von Kaiser Wilhelm II und dem Nationalsozialismus bestimmten Zeiten ver­suchte Deutschland, so stark zu werden, dass es im Kriegsfall in der Lage sein sollte seine Gegner zu besiegen. Aus dem Verlauf der Geschichte lässt sich ableiten, dass nur das Setzen auf Bündnispartner einen Krieg und letztendlich eine Niederlage Deutschlands verhindern konnte.

» tutuless » Beiträge: 9 » Talkpoints: 3,81 »



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