Wird man im Alter automatisch konservativ?
Ihr habt euch sicher auch schon oft gefragt, wie ihr in zehn, zwanzig, fünfzig Jahren aussehen und verhalten werdet. Ich tue das jedenfalls, und manchmal erschrecke ich bei dem Gedanken daran. Und zwar hauptsächlich wegen meines Vaters, der gerade Sechzig geworden ist. Ich selber bin einunddreißig und es befremdet mich wenn ich sehe, wie mein Vater von Tag zu Tag konservativer wird. Früher war er ein äußerst neugieriger, lebhafter Mann, der sich für alle technologischen oder gesellschaftlichen Veränderungen interessierte.
Beispielsweise war er vermutlich einer der Ersten in Deutschland, der einen C64 (kennt den noch jemand?) hatte. Als noch fast keiner ein Handy hatte, kaufte er sich eines. Internet? Kein Problem! Aber seit ein paar Jahren altert er nicht nur körperlich, sondern auch geistig. Vor kurzem wollte ich ihn von den Vorteilen eines modernen LCD-Fernsehers mit HDTV überzeugen. Keine Chance – „Ich habe doch einen funktionierenden Röhrenfernseher!“.
DVDs interessieren ihn auch nicht, er hat ja die meisten Filme auf Video. GPS fürs Auto? Gibt doch Straßenkarten. Und so weiter. Mich deprimiert die Aussicht, irgendwann die Entwicklungen einfach zu „verweigern“. Wie seht ihr das? Positiver?
Ich denke, dass hat einfach etwas mit dem Denken und der Erfahrung zu tun. Ich bin 15 Jahre und denke auch schon stückweit so, weil ich Erfahrungen gemacht habe. Zum Beispiel hat die Qualität der Schuhe extrem abgenohmen. Damals hat man sich für 50 DM ordentliche Schuhe gekauft, die Jahre gehalten haben, heute sind 60 Euro Schuhe nach zwei Wochen aufgerissen.
In Sache Technik machen ältere Menschen oft die Erfahrung, dass sie nicht damit klar kommen oder sich verfahren und nicht mehr weiter wissen; dann ziehen sie meist den Schlußstrich und sagen einfach, dass sie nie wieder ein Navigationssytem benutzen.
Es hat aber auch etwas mit dem Alter zu tun, denn wenn das Leben zu Ende geht, dann merkt man das und dann denkt man auch über die Kindheit und das ganze Leben nach und gerade in diesen Phasen denkt man, wie schön doch die Vergangenheit war und dann wünscht man sich alles, was damals postiv war, zurück und verurteilt das Aktuelle.
Ich kann mit gut vorstellen, dass ich auch einmal so werden.
lg
david
Zum Threadersteller: Ist dein Vater Rentner? Ich selbst habe für mich die Erfahrung gemacht das Leute die nicht mehr so im Arbeitsleben stehen Entwicklungverweigerer werden (schönes Wort übrigens )
Waren sie früher Technikfreaks sind sie das dann nicht mehr so.
Gründe hierfür sehe ich darin das sie keinen mehr wirklich haben bei dem sie damit angeben können Es kann aber auch einfach sein das man ab einem gewissen Punkt einfach nicht mehr immer das neuste braucht oder haben möchte, sondern erstmal abwartet und sich besser informiert bzw. umfassender.
Sieh mal früher gab es einen Computer, heute hat man die Auswahl zwischen 10 Stück mit noch mal 20 unterschiedlichen BEtriebssystemen. Früher gab es 5 Fernsehhersteller, heute gibt es 20 mit 1000 verschiedenen Fernsehgrößen und technischen Besonderheiten, es ist einfach eine Menge und Käufe wollen gut überlegt sein. Ich denke aber es ist einfach auch die Reizüberflutung
Konservativ wird man meiner Meinung nach nur wenn man irgendwann in den Prozess der Lethargie verfällt und nach und nach nichts neues mehr annehmen möchte und sich seine eigene kleine nostalgische Welt aufbaut aus der man aufgrund von Bequemlichkeit auch gar nicht mehr raus möchte.
Das fängt im Grunde bei Kleinigkeiten an und nicht einmal mit so elementaren Dingen wie das Ablehnen von neuen gesellschaftlichen Prozessen oder technischen Entwicklungen, sondern indem man irgendwann einfach "den Anschluss verliert" bzw. sich nicht mehr selbst so richtig auf dem Laufendem hält.
Im Grunde ist Konservatismus ziemlich naiv - vor allem wenn man es auf die Politik bezieht, denn wie schon das Wort conservare (=bewahren) ausdrückt ist eine solche Haltung bei genauer Kenntnis der Geschichte ziemlich unsiinig, da alles dynamisch ist und stets im Wandel begriffen ist. Man kann sich also darum bemühen etwas zu "bewahren", aber es wird nie gelingen und Entwicklungen lassen sich nicht aufhalten.
Konservative sind für mich soetwas wie Sand im Getriebe der Geschichte die Entwicklungen nur behindern und verlangsamen, aber niemals aufhalten oder zurückhalten können - höchstens teilweise für ihre Generation, was aber wiederum ziemlich egoistisch ist (Probleme den nächsten überlassen statt selbst anzugehen). Also im Grunde verrät die Selbstbezeichnung schon einiges über Konservative - gerne glorifizieren sie sich ja als Traditionalisten und "Menschen die alte Werte schätzen", aber im Grunde sind sie reaktionär / rückwärtsgewandt, Feinde des Fortschritts und somit auch im weiteren Sinne Misanthropen (im wortwörtlichen Sinne).
Bisschen weit weg vom Thema, aber da führt es letzendlich hin - was sich in so kleinen Abwehrhaltungen anders äußert. Ein guter Grund eben nicht konservativ zu werden indem man sich immer ein negatives Beispiel vor Augen hält .
hi
ich glaube es liegt auch daran, dass unsere Gesellschaft und die dazugehörigen Medien sich einfach zu schnell entwickeln. Wie soll man da hinterher kommen? Teilweise habe ich ja schon Probleme damit zu wissen, was gerade aktuell ist und das neuste auf dem Markt. Nun mal ehrlich, wie soll das ein älterer Mensch schaffen, will nicht sagen, dass man einstaubt im Alter aber es ist doch unheimlich wie schnell die Entwicklung geht. Das man da dann irgendwann sagt ich brauch kein Navi ich habe ne Straßenkarte oder sich nicht mit den neusten Handys (die auch in meinen Augen zu viele Funktionen haben) auseinandersetzten will kann ich durchaus verstehe. Ich glaube nicht, dass Dein Vater mit dem Alter konservativer wird, es ist nur einach zu viel.
Wie Du das handhabst für Dich liegt ja an Dir, wenn Du Dich permanent mit allem auseinander setzten willst nur um "up to date" zu sein, dann mache das und dann weiß man auch was aktuell ist aber will man das? Hat man nicht irgenedwann andere Interessen? Ich persönlich habe keine Lust mich ständig mit allen Neuheiten auseinander zusetzten und als mein Mann sich neulich ein neues Navi kaufte und nach meiner Meinung fragte, habe ich ihm bloß gesagt, dass ich davon keine Ahnung habe was man braucht und was nicht und wenn er sich damit auseinander gesetzt hat und es für gut befindet dann passt das schon. Ich habe keine Zeit mich neben allem auch noch damit auseinander zusetzen da gehen die Interessen halt auseinander aber bin ich deshalb konservativ? Nein ich glaube meine Priorität liegt woanders.
Sicher ich war mal anders und wollte immer das Neuste und immer auf dem Laufenden sein aber das hat für mich an Wichtigkeit verloren. So wird es bei Deinem Vater auch sein und ich finde es o.k. warum soll man sich damit auseinander setzten wenn es einen nicht interessiert? Du kannst es ja anders machen, nur weil Dein Vater es so macht musst Du ihm ja nicht nacheifern, jedem so wie er es mag. Ich glaub das passt schon wie er sich verhält wenn er damit zufrieden ist .
lieben Gruß
stance
Das Thema wurde schon mal ähnlich diskutiert. Der Rentner der Zukunft. Wie dort schon geschrieben, hat das Konservativ-Sein weniger etwas mit dem Alter zu tun, sondern ist mehr eine Einstellung, die man schon länger in sich trägt und meist auch schon in der Jugend "auslebt". Konservativ ist ja an und für sich nichts Schlechtes. Immerhin ist es ja nicht schlimm etwas zu bewahren. Und so ein wenig konservativ bin ich auch, habe selbst noch einen alten Röhrenfernseher, weil ich nicht der TV-Gucker bin. Deswegen würde ich auch wieder sagen, dass man pauschal gar nicht sagen kann, dass man je älter man wird auch konservativer wird.
Was mir an Deiner Schilderung, Colaflasche, auffällt ist, dass Dein Vater scheinbar auf einmal sein Interesse an Dingen verliert, die ihn noch vor einiger Zeit sehr wohl interessiert haben. Kann es sein, dass es dafür einen Grund konkreten Grund gibt? Denn ich habe schon den Eindruck, dass dieses Verhalten nicht von ungefähr kommt.
Ich glaube durchaus, dass man je älter man wird eventuell die eine oder andere konservative Einstellung mehr dazu bekommt.
Erstmal zum Konservativen grundsätzlich: Es ist beides notwendig, Fortschritt und Bewahren, damit eine Weiterentwicklung der Menschheit mit einem gewissen Gleichgewicht der Kräfte einhergeht. Das zeigt im Gegensatz zum vorher schon (wiedermal angeblich kundig und sehr einseitig betrachtet) erläutert wurde, die Geschichte. Das Alte war immer notwendig, damit das Neue sich überhaupt bilden konnte und nur wirklich kraftvolle und überlebensfähige neue Entwicklungen konnten sich gegen bereits bewährtes Altes durchsetzen. Eine Art natürliche Auslese auf dem Sektor des Fortschritts also.
Ebenso kann ich mir gut vorstellen, dass man im Alter - man muss sich vorstellen, dass Zukunft da ein Begriff ist, von dem man sich langsam trennen muss, was für uns sicher schwer vorstellbar ist - so vieles Neues in seinem Leben gesehen hat, sich an so vieles gewöhnen musste und so vieles exakt von diesen Dingen auch hat wieder gehen sehen, dass man allem Neuen gegenüber eine misstrauischere und auch weniger überzeugte und begeisterte Haltung entwickelt als jemand, der diese Erfahrungen aufgrund seines Alters noch nicht gesammelt hat.
Abgesehen davon könnte hier - in diesem doch auf technische Entwicklungen spezialisierten Fall von Verweigerungshaltung gegenüber Neuem - auch ein anderer Grund liegen: Vielleicht spielen diese Dinge für deinen Vater einfach keine Rolle mehr, weil er vielleicht für sich andere Prioritäten in seinem Lebensstadium setzt, als über alle Entwicklungen der Gegenwart und Zukunft bescheid zu wissen und seine Zeit damit zu verbringen sich mit diesen Dingen zu beschäftigen und sich an sie zu gewöhnen, die Handhabung zu erlernen, etc.
Ich denke, das man im Alter einfach ehr Priroritäten setzt. Denn wenn ich einen Fernseher habe, der funktioniert, wieso soll ich dafür Geld ausgeben, um das Neuest zu haben, wenn ich mir von dem Geld was anderes gönnen kann.
So geht es jedenfalls meinem Mann und mir. Mein Stiefsohn rollt auch mit den Augen, wenn ich ihm sage, dass wir nicht das aller Neueste brauchen. Wir wollen mehr reisen. Aber irgend woher muß das Geld dafür ja kommen.
Wenn sich allerdings ein älterer Mensch so garnicht mehr für schöne Dinge interessiert, dann würde ich das auch mal hinterfragen. Meine Eltern, eigentlich meine Mutter spart, spart und spart, weil sie Angst hat ein Pflegefall zu werden und sie dann möglichst gut betreut werden möchte. Da ist dann kein Platz mehr für Gedanken an neuer Technologie.
Ich finde die haltung deines Vaters nicht sonderlich verwerflich oder selbstschädigend. Man muss nicht aus Prinzip Techniken abschwören, die man viele Jahre lang effizient zu nutzen gelernt hat. Im Alter ist man vielleicht einfach so weit, zu erkennen, dass es nicht unbedingt immer auf den neuesten Schnickschnack ankommt. Ändert sich was, wenn er nun alle seine Filme von Videokassette auf DVD lädt?
Nicht unbedingt. Die filme bleiben die selben und das ist doch irgendwie ausschlaggebend. Vielleicht ist man reif genug, zu schätzen, was man für sich erprobt und für nützlich und wirkungsvoll befunden hat. Vielleicht hat er ganz andere Ideale und Lebenschwerpunkte, als die anpassung an irgendwelche komischen Datenträgerformate.
Ich kann mir gut vorstellen, dass man dieser ständigen Schnelllebigkeit des Technikmarktes irgendwann derart überdrüssig ist, dass man ins Grübeln kommt und dann richtigerweise feststellt, dass sich in Wirklichkeit gar nicht so viel ändert bzw. dass das, was man hat, schon genug Möglichkeiten für mindestens ein ganzes Restleben bereitstellt.
Ich verstehe grad nicht wo das großartig konservativ sein soll - ich nutz auch lieber Straßenkarten als das GPS (GPS nur im Segelflugzeug), schwöre immernoch Stein und Bein auf meinen Amiga und bin gern auf A1k.org unterwegs und für HDTV Fernseher kann ich mich immernoch nicht begeistern, da meine alte, leicht veränderte Röhrenkiste von Bang & Olufsen die im mittleren Preissegment immernoch von der Optik her locker aussticht. Und konservativ fasse ich allgemein als Beleidigung auf, da Konservative in meinen Augen Ewiggestrige und Erzfeinde unserer modernen Gesellschaft sind (heißt: Ich sehe mich nicht als konservativ ).
Ich würde aus meiner Sicht sagen: Dein Vater denkt vielleicht auch etwas praktisch, da viele neue Technologien nicht zwangsweise besser sind als die alten und man sich hier oft mit Kinderkrankheiten rumplagen darf. Warum sollte man denn ausgereifte Technik über Bord werfen und stattdessen auf irgendetwas kaufen, wo überhaupt nicht klar ist, ob das Sinn macht. Hätte deinen Vater einen HD DVD Player gekauft, weil das ja modern ist ( / war) könnte er damit jetzt das Regal abstützen, weil das Ding letztendlich doch durch den Sieg von Blu Ray (wie damals Betamax) überflüssig geworden ist.
Gut, dass er immernoch auf VHS schwört ist da natürlich kein Argument da DVDs rundum besser sind - aber hier kann ich mir vorstellen, dass er vielleicht meint im Recht zu sein, abgeleitet von dem anderen Kram. Auf der anderen Seite: Ich kenn auch noch viele mit VHS, die niemals eine DVD oder einen DVD Player kauften, weil
- der im Rechner reicht (das DVD Laufwerk) und
- dass sowieso nicht so lange bestehen wird.
Die Einstellung habe ich zwar im Grunde auch, aber auf der anderen Seite denk ich mir: Was jucken mich 300 Euro für einen DVD Player - Geld ist zum ausgeben da (solang man immer genug hat) und es gibt noch eBay, da zahl ich nur Hälfte und kauf mir noch einen für`s Schlafzimmer.
Die (die nur VHS haben) kaufen sich jetzt halt bzw. wenn`s billiger wird, nur Blu Ray Kram und steigen komplett auf das neue um, was ich im Grunde auch so mache (aber als DVD Besitzer & Sammler warte ich ab was nach Blu Ray kommt ) - ansonsten hat man immer was halbes und nicht ganzes, wie all jene die zuhause im TV Rack einen VHS Player & DVD Player oder ein Kombigerät haben, weil sie den Film auf VHS und den auf DVD haben. Und bald noch welche auf Blu Ray.
Würd mich nerven, wenn sich da auf 2 qm² 150 Formate türmen und das nervt mich auch bei anderen, wenn da 5 Minuten der Abendplanung nur dafür draufgehen, den DVD Player oder den VHS player anzuwerfen - Kanalsuche, Kabel, "Nee, den Film haben wir ja auf DVD, muss ich nochmal suchen..." und dann geht das oder das nicht sofort usw. weil man wegen der ganzen Verzettelei mit zig Formaten nicht genug Kohle hat sich was anständiges zu kaufen, wo vielleicht alles laufen könnte, z. B. einen vernünftigen Fernseher für den man nicht bei ALDI in der Schlange steht oder nur irgendwelche Provisorien unterhält (eben selbst in dem Bewusstsein, dass es ja "nicht für lange ist..." - ja warum dann kaufen?).
P.S. Bis vor ein paar Monaten hab ich immernoch mit meinem fast 8 Jahre alten Athlon XP Rechner gearbeitet - einfach weil der gereicht hat und überhaupt kein Bedarf nach einem neuen (und dann kam Vista ) bestand. Als kleine Rechner für "niedere Aufgaben" setze ich immernoch auf meine bald 20 Jahre alten 386/486 - einfach weil es keine anderen Rechner mit mehr Leistung braucht und diese in den Nischen wo ich sie brauche perfekt eingebettet und immernoch nicht ausgereizt sind. Warum sollte man sie dann ersetzen?
Also prinzipiell steht vor dem Neukauf und neuen Technologien aus meiner Sicht nicht die Frage, ob man konservativ ist wenn man nicht gleich in den Laden rennt, sondern: "Brauche ich es jetzt wirklich schon, ist es wirklich besser - oder will ich es nur haben weil es das gibt?" - und wenn dein Vater das mit Nein beantworten kann (weil er halt z. B. nur alte Filme auf VHS guckt statt American Pie oder Batman, nur noch 20 km um sein Dorf herum unterwegs ist und dort eh jede Ecke kennt oder sein mittlerweile uralt Handy nur zum Telefonieren benutzt (ja, das gibt es tatsächlich ): Warum braucht er dann einen DVD Player, ein GPS oder ein iPhone?
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